Sozialhilfe – Eingliederungshilfe – Vermögenseinsatz – Behindertentestament – Hessisches LSG Urteil 26.6.2013 – L 6 SO 165/10
Das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Juni 2013 (Az.: L 6 SO 165/10) befasst sich mit der Frage, ob Vermögen, das durch einen Testamentsvollstrecker aufgrund eines sogenannten Behindertentestaments freigegeben wurde, im Rahmen der Sozialhilfe als verwertbares Vermögen berücksichtigt werden kann.
Die Klägerin, geboren 1953, leidet am Down-Syndrom und lebt seit 1997 in einer stationären Einrichtung.
Ihre Eltern hatten in einem gemeinschaftlichen Testament von 1997 verfügt, dass sie nach ihrem Tod das Vermögen ihrer Tochter zur Verfügung gestellt wird, jedoch unter der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, um sicherzustellen, dass es für ihre persönlichen Bedürfnisse genutzt wird.
Der Testamentsvollstrecker sollte entscheiden, welche Mittel freigegeben werden.
Strittige Überweisungen:
Im Jahr 2005 wurden durch den Testamentsvollstrecker insgesamt 6.800 Euro (1.800 Euro für Taschengeld und 5.000 Euro für andere persönliche Bedürfnisse) auf das Konto der Klägerin überwiesen.
Diese Gelder wurden auf einem sogenannten Taschengeldkonto der Klägerin hinterlegt, das von ihrer Betreuungseinrichtung verwaltet wurde.
Der Sozialhilfeträger, der die Kosten für die Unterbringung der Klägerin trägt, forderte, dass die Klägerin 4.129,29 Euro dieses Vermögens als Eigenanteil für die Sozialhilfe einsetzt, da das Vermögen den zulässigen Freibetrag von 2.600 Euro übersteige.
Die Klägerin argumentierte, dass das Geld aus dem Nachlass stamme und gemäß dem Behindertentestament zweckgebunden sei, wodurch es nicht als frei verfügbares Vermögen betrachtet werden dürfe.
Entscheidung des Landessozialgerichts:
Das Gericht entschied zugunsten des Sozialhilfeträgers.
Es stellte fest, dass mit der Überweisung der Gelder auf das Taschengeldkonto der Klägerin die Verfügungsmacht des Testamentsvollstreckers endete und die Klägerin, vertreten durch ihre Betreuerin, die Verfügungsgewalt über diese Beträge erhielt.
Da das Geld nicht länger unter der Verwaltung des Testamentsvollstreckers stand und keine konkrete Zweckbindung durch den Testamentsvollstrecker mehr existierte, wurde es als verwertbares Vermögen angesehen.
Das Gericht betonte, dass das sogenannte Behindertentestament zwar grundsätzlich zulässig sei und der Sozialhilfeträger keinen Zugriff auf das Vermögen während der Testamentsvollstreckung habe.
Jedoch endet diese Schutzfunktion, sobald der Testamentsvollstrecker das Vermögen freigibt.
Sobald das Vermögen in die Verfügungsgewalt der Klägerin übergeht, unterliegt es den allgemeinen Regeln des § 90 SGB XII und muss daher, soweit es den Freibetrag übersteigt, für die Sozialhilfe eingesetzt werden.
Das Urteil stellt klar, dass Vermögen, das von einem Testamentsvollstrecker freigegeben wird, als verwertbares Vermögen gilt, wenn es dem behinderten Erben zur Verfügung steht, auch wenn es ursprünglich durch ein Behindertentestament geschützt war.
Dieses Vermögen muss dann im Rahmen der Zumutbarkeitsgrenzen des § 90 SGB XII für die Sozialhilfeleistungen eingesetzt werden.
Das Gericht hob das Urteil der Vorinstanz auf, welches die Klage der Klägerin unterstützt hatte, und entschied zugunsten des Sozialhilfeträgers.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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