Statthafte Klageart und Klagefrist für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach DSGVO

Juni 13, 2025

Statthafte Klageart und Klagefrist für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach DSGVO

Zusammenfassung des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Mai 2025 (IX R 2/23)

RA und Notar Krau


Worum ging es in diesem Fall?

Ein Bürger wollte von seinem Finanzamt wissen, welche persönlichen Daten es über ihn gespeichert hat. Das ist ein Recht, das die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Artikel 15 jedem zusteht. Er bat das Finanzamt um diese Informationen und um Kopien der Daten.

Das Finanzamt gab ihm zwar einige Informationen, lehnte aber die vollständige Herausgabe von Kopien zu bestimmten Vollstreckungsmaßnahmen ab. Das war am 4. Dezember 2019. Das Finanzamt informierte ihn damals nicht darüber, wie er gegen diese Ablehnung vorgehen kann (also keine „Rechtsbehelfsbelehrung“).

Der Bürger war damit nicht einverstanden und reichte am 25. Februar 2021 Klage beim Finanzgericht ein. Er meinte, es gäbe keine feste Frist für solche Klagen nach der DSGVO, und man könne seinen Auskunftsanspruch jederzeit geltend machen.


Was hat das Finanzgericht entschieden?

Das Finanzgericht wies die Klage des Bürgers als unzulässig ab. Es war der Meinung, die Klage sei zu spät eingereicht worden.


Was hat der Bürger dagegen gemacht?

Der Bürger legte Revision (eine Art Beschwerde) beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Er argumentierte, das Finanzgericht habe die Klage zu Unrecht als unzulässig bewertet, da es keine Klagefrist für Auskunftsansprüche nach der DSGVO gebe. Außerdem sei kein vorheriges Verwaltungsverfahren nötig. Er meinte, seine Klage sei wie eine „Leistungsklage“, die jederzeit eingereicht werden könne, ähnlich wie in Zivilverfahren. Die DSGVO erlaube es nicht, die Geltendmachung seines Rechts durch Fristen einzuschränken, die im deutschen Finanzgerichtsgesetz (FGO) stehen.

Statthafte Klageart und Klagefrist für die Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs nach DSGVO


Wie hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden?

Der BFH hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Das bedeutet, die Richter des BFH haben dem Finanzgericht zugestimmt und die Klage des Bürgers ebenfalls als unzulässig angesehen.

Die wichtigsten Punkte der Entscheidung des BFH:

  1. Welche Klageart ist die richtige? Der BFH hat klargestellt, dass eine Klage, mit der man von einer Behörde Auskunft nach Artikel 15 DSGVO verlangt, eine Verpflichtungsklage ist. Das bedeutet, man möchte die Behörde dazu zwingen, einen bestimmten „Verwaltungsakt“ (hier: die Auskunft) zu erlassen. Der BFH sieht die Auskunft nach der DSGVO als einen Verwaltungsakt an, weil die Behörde prüfen muss, welche Daten sie hat und ob es Gründe gibt, diese nicht herauszugeben. Das ist mehr als nur eine einfache Information.
  2. Gibt es eine Klagefrist? Ja, es gibt eine Klagefrist. Da die Auskunft ein Verwaltungsakt ist, gelten die normalen Fristen des Finanzgerichtsgesetzes (FGO).
    • Wenn die Behörde die Auskunft ablehnt, beträgt die Frist für die Klage einen Monat.
    • Wenn die Behörde aber, wie in diesem Fall, bei der Ablehnung nicht über die Rechtsbehelfe belehrt hat, verlängert sich die Frist auf ein Jahr.
    • Die Klage des Bürgers wurde am 25. Februar 2021 eingereicht, die Ablehnung war aber schon am 4. Dezember 2019. Damit war die Jahresfrist abgelaufen, und die Klage war zu spät.
  3. Was ist mit EU-Recht und Fristen? Der BFH hat erklärt, dass die deutschen Klagefristen mit dem EU-Recht, insbesondere der DSGVO, vereinbar sind. Die DSGVO überlässt es den Mitgliedstaaten, wie genau die gerichtlichen Verfahren ablaufen. Wichtig ist nur, dass die Regeln nicht ungünstiger sind als bei ähnlichen nationalen Fällen und dass sie die Ausübung der Rechte nicht unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Der BFH sah die Jahresfrist als angemessen an und nicht als eine unzumutbare Hürde. Außerdem kann jemand, der eine Auskunft nach der DSGVO will, nach einer Ablehnung jederzeit einen neuen Antrag stellen.
  4. Muss man vorher einen Antrag stellen? Ja, der BFH hat bestätigt, dass man erst einen Antrag auf Auskunft bei der Behörde stellen muss, bevor man klagt. Man kann nicht einfach so klagen, wenn man vorher keinen Antrag gestellt hat und die Behörde diesen abgelehnt oder darauf nicht reagiert hat. In diesem Fall ging es um die Ablehnung vom 04.12.2019, welche der Kläger hätte mit einem Antrag erwidern können.

Fazit:

Das Urteil des BFH stellt klar, dass Auskunftsansprüche nach der DSGVO gegenüber Finanzbehörden als Verpflichtungsklagen zu behandeln sind und dass hierfür die Klagefristen des Finanzgerichtsgesetzes gelten. Auch wenn keine Rechtsbehelfsbelehrung erfolgt, gibt es eine Jahresfrist. Es ist wichtig, solche Anträge und Klagen rechtzeitig einzureichen. Man kann aber immer wieder einen neuen Antrag auf Auskunft stellen, wenn der alte abgelehnt wurde.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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