Steuerbefreiung bei mittelbarem Erwerb verbliebener Restanteile im Wege der Erbauseinander­setzung

Oktober 5, 2025

Steuerbefreiung bei mittelbarem Erwerb verbliebener Restanteile im Wege der Erbauseinander­setzung

Die nachfolgende Zusammenfassung des Urteils des Finanzgerichts Köln (FG Köln, Urteil vom 25.09.2013 – 5 K 3747/09) erklärt die komplexe Materie der Grunderwerbsteuer im Zusammenhang mit einer Erbauseinandersetzung und der Vereinigung von Gesellschaftsanteilen für Laien.

Urteil FG Köln: Grunderwerbsteuer bei Erbschaft und Anteilsvereinigung

Der Sachverhalt: Worum ging es?

Der Fall dreht sich um die Grunderwerbsteuer (GrESt), die beim Kauf von Grundstücken fällig wird. Hier ging es nicht direkt um den Kauf eines Grundstücks, sondern um die Vereinigung von Anteilen an einer Gesellschaft, die Grundstücke besitzt.

Eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die die Grundstücke hielt) gehörte zu 10% dem Kläger und zu 90% einer KG (Kommanditgesellschaft).

Der Kläger war bereits vor dem Erbfall indirekt an der KG beteiligt, durch die er einen Teil der 90% der GmbH-Anteile hielt.

Nach dem Tod seiner Eltern erbte der Kläger Anteile an der KG.

In einer Erbauseinandersetzung mit seiner Schwester (der Miterbin) erhielt der Kläger schließlich alle restlichen Anteile an der KG.

Ergebnis:

Der Kläger hielt nun 100% der Anteile an der grundbesitzenden GmbH – 10% direkt und 90% indirekt über die KG.

Der Grunderwerbsteuer-Auslöser: Die „Anteilsvereinigung“

Das deutsche Grunderwerbsteuergesetz (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG) sieht eine Besteuerung vor, wenn mindestens 95% (zum Zeitpunkt des Urteils) der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand eines Erwerbers vereinigt werden. Dies wird als fiktiver Grundstückserwerb betrachtet, selbst wenn das Grundstück zivilrechtlich Eigentum der Gesellschaft bleibt.

Steuerbefreiung bei mittelbarem Erwerb verbliebener Restanteile im Wege der Erbauseinander­setzung

Mit der Erbauseinandersetzung vereinigte der Kläger 100% der Anteile an der grundbesitzenden GmbH in seiner Hand (direkt und indirekt).

Das Finanzamt sah darin den Tatbestand der Anteilsvereinigung als erfüllt an und setzte Grunderwerbsteuer fest.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln (FG Köln)

Der Kläger klagte gegen den Steuerbescheid und argumentierte, dass der Erwerb der Anteile im Rahmen der Erbfolge und Erbauseinandersetzung steuerfrei sein müsse. Das FG Köln gab dem Kläger weitestgehend Recht.

Steuerfreiheit für den mittelbaren Erwerb (90%)

Das Gericht stellte fest, dass die Anteilsvereinigung zwar grundsätzlich steuerbar war, aber zu 90% des Wertes steuerbefreit wurde. Dies betraf den Teil der Anteile, den der Kläger mittelbar über die KG erwarb.

Die Befreiung erfolgte gestützt auf zwei wichtige Steuerbefreiungsnormen:

Erwerb von Todes wegen (§ 3 Nr. 2 GrEStG):

Ein Grundstückserwerb von Todes wegen (durch Erbschaft) ist von der Grunderwerbsteuer befreit. Dies galt für die Anteile, die der Kläger direkt nach dem Tod der Eltern erbte.

Erwerb durch Erbauseinandersetzung (§ 3 Nr. 3 GrEStG):

Auch der Erwerb im Rahmen einer Erbauseinandersetzung (Verteilung des Nachlasses unter den Erben) ist steuerfrei. Dies betraf die restlichen Anteile, die der Kläger im Vertrag mit seiner Schwester erhielt.

Der Durchbruch:

Das Gericht wandte diese personenbezogenen Steuerbefreiungen (die eigentlich für direkte Grundstücksübertragungen gedacht sind) auch auf den fiktiven Grundstückserwerb im Rahmen der Anteilsvereinigung an. Es folgte damit einer neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), die eine Doppelbelastung mit Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer für denselben Lebensvorgang (die Erbfolge) vermeiden will.

Fazit 90%:

Da der Erwerb der 90%igen mittelbaren Beteiligung durch Erbfall und Erbauseinandersetzung erfolgte, war dieser Teil des fiktiven Erwerbs von der Grunderwerbsteuer befreit.

Keine Steuerfreiheit für den unmittelbaren Altkonsens (10%)
Die 10% der Anteile, die der Kläger bereits unmittelbar an der GmbH hielt (der Altkonsens), bevor die Anteilsvereinigung durch den letzten Erwerb ausgelöst wurde, blieben steuerpflichtig.

Für diese 10% konnte der Kläger keine Steuerbefreiung nach §§ 5 und 6 GrEStG (die Befreiungen für Gesellschaften bürgerlichen Rechts oder Personengesellschaften) geltend machen, da die grundbesitzende Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft (GmbH) war.

Das Ergebnis

Das FG Köln hob den Grunderwerbsteuerbescheid überwiegend auf. Die Grunderwerbsteuer musste nur für den Wert der 10% der GmbH-Anteile gezahlt werden, die der Kläger bereits vor dem Erbfall unmittelbar hielt, da hierfür keine der Steuerbefreiungen galt. Die restlichen 90% des Anteilsgewinns durch Erbfall und Erbauseinandersetzung blieben steuerfrei.

Wichtige Kernaussage:

Wenn ein Erbfall eine Anteilsvereinigung auslöst, die zur Grunderwerbsteuer führt, kann die Steuerbefreiung für Erwerbe von Todes wegen und Erbauseinandersetzungen auch auf diesen fiktiven Erwerb angewendet werden, um eine doppelte Belastung zu vermeiden.

Hinweis:

Dieses Urteil wurde später vom Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt, was die Rechtssicherheit für ähnliche Fälle deutlich erhöhte.

RA und Notar Krau

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