Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG
Zusammenfassung des BFH-Urteils II R 56/22 zur Grunderwerbsteuervergünstigung
Das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Mai 2025 (II R 56/22) befasst sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) gewährt werden kann, insbesondere im Hinblick auf das Merkmal des „herrschenden Unternehmens“.
Das GrEStG sieht in § 6a eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer für Rechtsvorgänge vor, die durch Umwandlungen (wie Verschmelzungen, Spaltungen oder Ausgliederungen) entstehen, wenn diese Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns stattfinden. Ziel der Regelung ist es, die Umstrukturierung von Unternehmen zu erleichtern, ohne dass dabei Grunderwerbsteuer anfällt.
Voraussetzung für diese Steuervergünstigung ist unter anderem, dass an dem Vorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und eine oder mehrere abhängige Gesellschaften oder mehrere abhängige Gesellschaften beteiligt sind (§ 6a Satz 3 GrEStG).
Eine L-GmbH (die Anteile an einer grundbesitzenden P-GmbH hielt) spaltete die Anteile der P-GmbH zur Neugründung auf eine Klägerin (GmbH) ab. Die vier natürlichen Personen (Gesellschafter) der L-GmbH erhielten im Gegenzug die Geschäftsanteile an der neu gegründeten Klägerin in den gleichen Beteiligungsverhältnissen.
Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest, da der Übergang der P-GmbH-Anteile auf die Klägerin nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerbar war. Die Klägerin beantragte die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG, mit der Argumentation, dass ihre vier Gesellschafter (natürliche Personen) in ihrer Gesamtheit als herrschendes Unternehmen anzusehen seien.
Gilt die Steuervergünstigung des § 6a GrEStG auch dann, wenn eine Gruppe natürlicher Personen – die nicht in der Form einer Gesellschaft zusammengeschlossen ist – die erforderliche 95%-Beteiligung an den beteiligten Gesellschaften hält und als „herrschendes Unternehmen“ betrachtet werden soll?
Der BFH hob zwar das Urteil der Vorinstanz aus formalen Gründen auf (wegen eines geänderten Steuerbescheids), wies die Klage in der Sache aber ab: Die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG wird nicht gewährt.
Eine Gruppe natürlicher Personen, die nicht in der Rechtsform einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zusammengeschlossen ist, ist kein Rechtsträger im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne.
Da die Gruppe kein Rechtsträger ist, kann sie auch kein herrschendes Unternehmen im Sinne von § 6a Satz 3 und 4 GrEStG sein.
§ 6a Satz 4 GrEStG verlangt, dass das herrschende Unternehmen zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist. Keiner der einzelnen Gesellschafter erfüllte diese 95%-Beteiligung an der L-GmbH und der Klägerin.
Eine zusammenfassende Betrachtung der Beteiligungen mehrerer Einzelpersonen, um auf die erforderliche 95%-Quote zu kommen, ist im Wortlaut des § 6a GrEStG nicht vorgesehen. Die Gesellschafter hatten sich auch nicht zu einer Gesellschaft (z.B. einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) zusammengeschlossen.
Obwohl die Umstrukturierung als solche (Abspaltung zur Neugründung) grundsätzlich begünstigt wäre, fehlt es an der notwendigen Konzernstruktur, in der ein formeller Rechtsträger (das herrschende Unternehmen) die erforderliche Mindestbeteiligung von 95 % an den abhängigen Gesellschaften hält. Die bloße Identität der Gesellschafter auf Ebene der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft genügt nicht, um die Steuervergünstigung in Anspruch nehmen zu können.
Die Regelung des § 6a GrEStG dient ausschließlich der Neutralisierung der Grunderwerbsteuer bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns, also einer Unternehmensgruppe, die durch einheitliche Leitung oder eine Beherrschungsstruktur gekennzeichnet ist.
Dieses Urteil macht deutlich, dass der Gesetzgeber die Vergünstigung streng an die rechtliche Form der Beherrschung bindet:
Es muss ein einheitlicher Rechtsträger (z.B. eine andere GmbH, eine AG, eine Stiftung, oder eine Einzelperson, die selbst 95% hält) existieren, der die beteiligten Gesellschaften mit mindestens 95 % beherrscht.
Die bloße Tatsache, dass die gleichen natürlichen Personen die Anteile an den beteiligten Gesellschaften halten, reicht nicht aus, um als „herrschendes Unternehmen“ im Sinne der Grunderwerbsteuerbefreiung zu gelten, wenn sie nicht ihrerseits einen eigenen Rechtsträger (z.B. eine Holding-Gesellschaft oder eine formelle Personengesellschaft) bilden.
Wenn Sie Ihr Vermögen umstrukturieren und dabei Grundstücke übertragen, müssen Sie sicherstellen, dass die beteiligten Gesellschaften nicht nur von den gleichen Personen, sondern von einem einzigen, grunderwerbsteuerrechtlich anerkannten herrschenden Rechtsträger beherrscht werden, um die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu können.
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