Streit um Wirksamkeit Anordnung Vermächtnis – OLG Nürnberg 3 U 2727/19

November 12, 2020

Streit um Wirksamkeit Anordnung Vermächtnis – OLG Nürnberg 3 U 2727/19

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Parteien, eine Tochter und ein Sohn, stritten über die Wirksamkeit eines Vermächtnisses ihres verstorbenen Vaters zugunsten des Sohnes.

Der Vater hatte in einem Erbvertrag mit seiner Mutter seine Abkömmlinge als Erben eingesetzt, sich aber das Recht vorbehalten, Vermächtnisse anzuordnen.

Im Jahr 2004 verfasste er ein handschriftliches Dokument, in dem er bestimmte Gegenstände aus dem Nachlass vermächtnisweise herausgeben wollte, ohne jedoch den Begünstigten zu benennen.

Der Sohn behauptete, der Vater habe später auf einer Kopie dieses Dokuments handschriftlich hinzugefügt, dass er, der Sohn, diese Gegenstände erhalten solle.

Das Landgericht wies die Klage der Tochter auf Zahlung von Mieteinnahmen aus einem der vermachten Grundstücke ab und erklärte das Vermächtnis für unwirksam.

Problematik:

Streit um Wirksamkeit Anordnung Vermächtnis – OLG Nürnberg 3 U 2727/19

  • Wirksamkeit des Vermächtnisses: Fraglich war, ob die handschriftliche Ergänzung auf der Kopie des Dokuments aus dem Jahr 2004 das Vermächtnis wirksam werden ließ.
  • Formgültigkeit des Testaments: Zu klären war, ob die Ergänzung auf der Kopie den Formerfordernissen für ein Testament genügte.
  • Vorhandensein des Originals: Weiterhin war zu prüfen, ob das Originaldokument im Zeitpunkt der Ergänzung noch vorhanden war.

Entscheidung des OLG Nürnberg:

Das OLG Nürnberg änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab und wies die Berufung des Sohnes im Übrigen zurück.

Das Vermächtnis war unwirksam.

Begründung:

Streit um Wirksamkeit Anordnung Vermächtnis – OLG Nürnberg 3 U 2727/19

  • Unvollständige Vermächtnisanordnung: Das Dokument aus dem Jahr 2004 enthielt keine wirksame Vermächtnisanordnung, da der Begünstigte nicht genannt wurde.
  • Ergänzung auf der Kopie: Auch die Ergänzung auf der Kopie konnte das Vermächtnis nicht wirksam werden lassen, da sie ebenfalls unvollständig war und nicht erkennen ließ, ob eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis angeordnet werden sollte.
  • Kombination der Urkunden: Eine wirksame Vermächtnisanordnung konnte auch nicht aus der Kombination der beiden Urkunden hergeleitet werden.
  • Formerfordernisse: Ein Testament kann zwar durch die Kombination von unvollständigen Erklärungen in verschiedenen Urkunden errichtet werden, jedoch müssen diese die Form des § 2247 BGB wahren.
  • Vorhandensein des Originals: Im Zeitpunkt der Ergänzung auf der Kopie muss das Originaldokument noch vorhanden sein.
  • Beweislast: Die Beweislast für das Vorhandensein des Originals trägt derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des Testaments beruft.
  • Keine Überzeugung vom Vorhandensein des Originals: Das Gericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass das Originaldokument im Zeitpunkt der Ergänzung noch vorhanden war.
  • Keine weiteren Beweismittel: Eine Beweisaufnahme durch Vernehmung weiterer Zeugen war nicht erforderlich, da auch deren Aussagen keine Rückschlüsse auf das Vorhandensein des Originals zuließen.

Streit um Wirksamkeit Anordnung Vermächtnis – OLG Nürnberg 3 U 2727/19

Wesentliche Aussagen des Urteils:

  • Unvollständige Vermächtnisanordnung: Eine Vermächtnisanordnung ist unwirksam, wenn der Begünstigte nicht benannt wird.
  • Ergänzung auf Kopie: Eine Ergänzung auf einer Kopie eines Testaments kann dieses nicht wirksam werden lassen, wenn das Original nicht mehr vorhanden ist.
  • Formgültigkeit: Ein Testament muss die Form des § 2247 BGB wahren, auch wenn es aus mehreren Urkunden besteht.
  • Beweislast: Die Beweislast für das Vorhandensein des Originals trägt derjenige, der sich auf die Wirksamkeit des Testaments beruft.

Bedeutung für die Praxis:

Das Urteil verdeutlicht die strengen Formerfordernisse für Testamente und die Bedeutung des Originals bei der Ergänzung von unvollständigen Verfügungen.

Es zeigt auf, dass eine Ergänzung auf einer Kopie eines Testaments nur wirksam ist, wenn das Original im Zeitpunkt der Ergänzung noch vorhanden ist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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