Stufenklage – Auskunft Nachlass – übereinstimmende Erledigungserklärung

April 21, 2025

Stufenklage Auskunft Nachlass – übereinstimmende Erledigungserklärung

Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 21. Februar 2025, Az.: 10 W 1/25,

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Braunschweig befasste sich in seinem Beschluss vom 21. Februar 2025 mit der Frage der Kostenverteilung in einem Rechtsstreit,

der durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Parteien beendet wurde.

Der Fall betraf eine sogenannte Stufenklage, bei der der Kläger zunächst Auskunft über den Nachlass seines enterbten Vaters von der als Alleinerbin eingesetzten Beklagten forderte, anschließend die

Versicherung der Richtigkeit dieser Auskunft an Eides statt begehrte und schließlich die Zahlung seines Pflichtteils sowie Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen wollte.

Der Kläger hatte die Beklagte bereits vorgerichtlich zur Auskunftserteilung aufgefordert, nachdem diese den Auskunfts- und Pflichtteilsanspruch dem Grunde nach anerkannt,

jedoch die Auskunft trotz mehrfacher Fristverlängerungen nicht erteilt hatte.

Daraufhin erhob der Kläger die Stufenklage.

Am Tag der Zustellung der Klage leistete die Beklagte eine Zahlung von 25.000 Euro an den Kläger.

In ihrer Klageerwiderung verwies die Beklagte auf noch fehlende Steuerunterlagen des selbstständigen Erblassers und legte ein vorläufiges Nachlassverzeichnis vor.

Stufenklage – Auskunft Nachlass – übereinstimmende Erledigungserklärung

Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde auf Antrag der Beklagten ein Sachverständiger zur Prüfung einer möglichen Nachlassinsolvenz beauftragt, und das Verfahren ruhte einvernehmlich.

Später wurde das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger beantragte die Fortsetzung des Verfahrens, da die erteilte Auskunft seiner Ansicht nach unvollständig war, insbesondere hinsichtlich pflichtteilsergänzungspflichtiger Schenkungen.

Die Beklagte gab an, keine eigenen Kenntnisse über solche Zuwendungen zu haben und reichte ein ergänztes vorläufiges Nachlassverzeichnis ein.

Nachdem die Forderung des Klägers zur Insolvenztabelle anerkannt worden war, stellte er in Aussicht, den Rechtsstreit nach erfolgter Verteilung für erledigt zu erklären, woraufhin das Verfahren erneut ruhte.

Nach Beendigung des Nachlassinsolvenzverfahrens vertrat der Kläger weiterhin die Ansicht, sein Auskunftsanspruch sei nicht vollständig erfüllt.

In der Folge erging ein Versäumnisurteil gegen den Kläger, gegen das er Einspruch einlegte und mitteilte, dass seine Forderung im Insolvenzverfahren wertgestellt worden sei.

Daraufhin erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt, wobei sich der Kläger die Kostenlast vorbehielt und die Beklagte beantragte, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Das Landgericht Braunschweig entschied, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.

Es begründete dies damit, dass die Beklagte voraussichtlich auf der Leistungsstufe unterlegen wäre, der Kläger jedoch auf der Auskunfts- und Versicherungsstufe.

Der Auskunftsanspruch sei durch die Erteilung eines formell ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses erfüllt worden, und Anhaltspunkte für eine mangelnde Sorgfalt bei der Erstellung lägen nicht vor.

Gegen diese Kostenentscheidung legte der Kläger sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Braunschweig ein.

Stufenklage – Auskunft Nachlass – übereinstimmende Erledigungserklärung

Er argumentierte, dass die Auskunft erst mit dem Schriftsatz vom 31. Januar 2020 vollständig erteilt worden sei und die Klage bis zu diesem Zeitpunkt geboten und erfolgreich gewesen wäre.

Die spätere Erledigungserklärung nach der Auskehr des Nachlasses durch den Insolvenzverwalter sei irrelevant für den Zeitpunkt der Erledigung des Auskunftsanspruchs.

Das Oberlandesgericht Braunschweig gab der sofortigen Beschwerde des Klägers statt und änderte die Kostenentscheidung des Landgerichts ab. Es legte der Beklagten die Kosten des gesamten Rechtsstreits auf.

Das Gericht stellte fest, dass die Kostenentscheidung gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands zu treffen sei,

wobei der voraussichtliche Ausgang des Rechtsstreits ohne die Erledigungserklärung maßgeblich sei.

Zudem sei zu berücksichtigen, ob der Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben habe.

Das Oberlandesgericht betonte, dass bei einer Stufenklage für die Kostenentscheidung jede Stufe kalkulatorisch gesondert zu betrachten sei.

Im vorliegenden Fall habe das Landgericht ermessensfehlerhaft die Verzugs der Beklagten mit der Auskunftserteilung bei Klageerhebung unberücksichtigt gelassen.

Der Kläger habe die Beklagte bereits vorgerichtlich zur Auskunftserteilung aufgefordert, nachdem diese lediglich ein Anerkenntnis dem Grunde nach abgegeben

und die Frist zur Auskunftserteilung fruchtlos verstreichen lassen hatte.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts wäre der Kläger auf der Auskunftsstufe voraussichtlich erfolgreich gewesen, da die Beklagte die Auskunft erst im Laufe des Prozesses vollständig erteilt habe.

Der Kläger habe nach der vollständigen Auskunftserteilung auch nicht an seinem Auskunftsantrag festgehalten,

sondern die Erledigung des Rechtsstreits nach der Anerkennung seiner Forderung im Nachlassinsolvenzverfahren in Aussicht gestellt.

Stufenklage – Auskunft Nachlass – übereinstimmende Erledigungserklärung

Die zweite Stufe der Stufenklage (Versicherung an Eides statt) sei mangels Aufrufs für die Gesamtbeurteilung des Prozessausgangs ohne wesentliche Bedeutung.

Auch für die Leistungsstufe erachtete das Oberlandesgericht eine Kostenbelastung der Beklagten als billig.

Zwar hatte die Beklagte durch die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis über den Nachlass verloren

und wäre somit für einen Zahlungsantrag nicht mehr passivlegitimiert gewesen.

Jedoch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund der schuldhaft verzögerten Auskunft der Beklagten den Weg der Stufenklage wählen musste.

Die später erfolgte Befriedigung seiner Forderung im Insolvenzverfahren bestätigte das Bestehen seines Pflichtteilsanspruchs.

In Fällen schuldhaft verzögerter Auskunftserteilung werde überwiegend die Ansicht vertreten, dass der Beklagte auch die Kosten der Leistungsstufe zu tragen habe,

wenn die Hauptsache nach Auskunftserteilung übereinstimmend für erledigt erklärt werde.

Zusammenfassend entschied das Oberlandesgericht Braunschweig, dass die Beklagte die Kosten des gesamten Rechtsstreits sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen habe, da sie durch ihr

verzögertes Verhalten Anlass zur Klageerhebung gegeben und der Kläger auf der ersten Stufe (Auskunft) voraussichtlich obsiegt hätte.

Die Kostenentscheidung des Landgerichts wurde entsprechend abgeändert.

Der Beschwerdewert wurde auf die Wertstufe bis 1.500 Euro festgesetzt.

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Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

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