Stufenklage – Kostenentscheidung nach übereinstimmender Hauptsacheerledigung infolge Auskunftserteilung

Juli 13, 2019

Stufenklage – Kostenentscheidung nach übereinstimmender Hauptsacheerledigung infolge Auskunftserteilung

OLG Düsseldorf I – 7 W 70/12

Beschluss 27.8.2012

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 27. August 2012 befasst sich mit der Kostenentscheidung

nach übereinstimmender Erledigungserklärung in einer Stufenklage, die einen Pflichtteilsanspruch betrifft.

Der Kläger hatte die Beklagte auf Auskunftserteilung und Wertermittlung verklagt und erhielt daraufhin ein Teilanerkenntnisurteil.

Nach Erfüllung des Pflichtteilsanspruchs erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt.

Stufenklage – Kostenentscheidung nach übereinstimmender Hauptsacheerledigung infolge Auskunftserteilung

Das Landgericht hatte entschieden, dass die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits tragen müsse, da sie durch ihren Verzug

bei der Auskunftserteilung Anlass zur Klage gegeben habe und sich somit nicht auf § 93 ZPO berufen könne.

Auch wenn sich der Pflichtteilsanspruch nach Auskunftserteilung als geringer herausstellte als ursprünglich geschätzt,

wurde dem Kläger keine anteilige Kostentragung auferlegt, da die ursprüngliche Schätzung nicht willkürlich war.

Das OLG Düsseldorf bestätigte diese Entscheidung.

Es führte aus, dass bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung die Frage, ob tatsächlich ein Fall der Erledigung vorliegt, nicht weiter zu prüfen sei.

Zudem stehe dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu, da sie die Auskunft schuldhaft nicht rechtzeitig erteilt hatte.

Daher sei es gerecht, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen.

Allgemein:

In § 93 der Zivilprozessordnung (ZPO) geht es um die Kosten eines Rechtsstreits, wenn der Beklagte die Klageforderung sofort anerkennt.

Diese Vorschrift ist eine Ausnahme von der Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt.

Wesentlicher Inhalt des § 93 ZPO:

Hat der Beklagte keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben und erkennt er den Anspruch sofort an, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last.

Die beiden zentralen Voraussetzungen für die Anwendung des § 93 ZPO sind demnach:

  1. Keine Veranlassung zur Klageerhebung durch den Beklagten: Der Beklagte darf durch sein Verhalten vor dem Prozess keinen Anlass für die Klage gegeben haben. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er sich nicht in Verzug befand, die Forderung nicht bestritten oder die Leistung nicht unberechtigt verweigert hat.
  2. Sofortiges Anerkenntnis: Der Beklagte muss den Anspruch unverzüglich und ohne Vorbehalte anerkennen, sobald er Kenntnis von der Klage erlangt.

Was bedeutet das im Detail?

  • Veranlassung zur Klage: Eine Veranlassung zur Klage liegt vor, wenn der Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten davon ausgehen musste, dass er sein Recht nur durch eine Klage durchsetzen kann. Beispiele hierfür sind:
    • Der Beklagte ist in Verzug geraten (z.B. durch Mahnung).
    • Der Beklagte hat die Forderung ausdrücklich bestritten.
    • Der Beklagte hat eine fällige Leistung ohne rechtlichen Grund verweigert.
  • Sofortiges Anerkenntnis: Das Anerkenntnis muss „sofort“ erfolgen. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass es innerhalb von Stunden geschehen muss. Entscheidend ist, dass es ohne schuldhaftes Zögern und noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung erklärt wird. Ein Anerkenntnis in der Klageerwiderung ist in der Regel „sofort“.

Rechtsfolgen des § 93 ZPO:

Erfüllt der Beklagte beide Voraussetzungen, so trägt ausnahmsweise der Kläger die Kosten des Rechtsstreits, obwohl er in der Sache Recht bekommen hat.

Dies soll verhindern, dass unnötige Prozesse geführt werden.

Bedeutung in der Praxis:

§ 93 ZPO spielt in der Praxis eine wichtige Rolle, insbesondere bei einfachen Forderungsprozessen.

Oftmals erkennen Beklagte die Forderung nach Zustellung der Klage sofort an, um die Kosten des Rechtsstreits zu vermeiden.

Abgrenzung zu anderen Vorschriften:

§ 93 ZPO ist insbesondere abzugrenzen von § 91 ZPO (Kostenentscheidung nach Obsiegen/Unterliegen) und § 92 ZPO (Kostenentscheidung bei teilweisem Obsiegen/Unterliegen).

§ 93 ZPO stellt eine Sonderregelung dar, die nur unter den genannten Voraussetzungen zur Anwendung kommt.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

§ 93 ZPO ist eine wichtige Vorschrift im Zivilprozessrecht, die sicherstellen soll, dass keine unnötigen Prozesse geführt werden.

Sie kommt zur Anwendung, wenn der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt.

In diesem Fall trägt ausnahmsweise der Kläger die Kosten des Rechtsstreits.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Anwendung des § 93 ZPO immer eine Einzelfallbetrachtung erfordert.

Die genauen Umstände des jeweiligen Falles sind entscheidend für die Frage, ob eine Veranlassung zur Klage vorlag und ob das Anerkenntnis „sofort“ erfolgte.

Im Zweifelsfall sollte immer ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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