Stufenklage Auskunft über Bestand Nachlass durch Vorlage notarielles Nachlassverzeichnis – OLG Köln 08/09/22 – 24 U 18/22
Der Kläger machte im Wege der Stufenklage Ansprüche im Zusammenhang mit dem Todesfall seiner Mutter, der Erblasserin L., geltend.
Die Erblasserin hinterließ diverse Nachlassverfügungen, darunter ein notarielles Testament mit einer Pflichtteilsstrafklausel.
Der Kläger forderte vom Beklagten, Auskunft über den Bestand des Nachlasses durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erhalten.
Das Landgericht Köln hatte die Klage abgewiesen, da es keinen Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis nach § 2314 Abs. 1 BGB sah.
Der Kläger habe aufgrund der Pflichtteilsstrafklausel seinen Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht und verfolge einen Vermächtnisanspruch.
Daher bestehe kein Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis.
Auch ein berechtigtes Interesse des Klägers an einem notariellen Nachlassverzeichnis zur Vorbereitung eines potentiellen Schadensersatzanspruchs gegen den Beklagten sei nicht dargelegt worden.
Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.
Der Kläger ist als Vermächtnisnehmer zugleich Pflichtteilsberechtigter und hat daher gemäß § 2314 BGB Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses.
Diese Auskunftspflicht erstreckt sich nicht nur auf den tatsächlich vorhandenen, sondern auch auf den fiktiven Nachlass.
Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Pflichtteilsanspruch verjährt ist, wenn der Pflichtteilsberechtigte die Auskunft benötigt, um beispielsweise gegen Beschenkte gemäß § 2329 BGB vorgehen zu können.
Der Kläger benötigt die Auskunft, um beurteilen zu können, ob seine Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche das ihm ausgesetzte Vermächtnis übersteigen.
Falls dem so wäre, hätte er einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe der Differenz.
Der Beklagte war mit der Erfüllung seiner Verpflichtung zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses in Verzug, was potenziell Schadensersatzansprüche gemäß §§ 286 Abs. 1, 2314 BGB begründet.
Der Auskunftsanspruch verjährt eigenständig.
Die Verjährung setzt Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus.
Der Kläger erlangte die erforderliche Kenntnis erst am 12.01.2017 durch die Eröffnung der Verfügungen von Todes wegen, sodass die Klageerhebung in unverjährter Zeit erfolgte.
Der Beklagte argumentierte, dass er ohne Mitwirkung des Miterben die Auskunftsverpflichtung nicht erfüllen könne.
Das OLG wies darauf hin, dass die Erben als Gesamtschuldner haften und der Beklagte daher verpflichtet ist, die Mitwirkung des Miterben einzufordern.
Ein notarielles Nachlassverzeichnis bietet eine höhere Richtigkeitsgewähr als ein privatschriftliches Nachlassverzeichnis.
Dem Kläger steht der Anspruch auf ein notarielles Nachlassverzeichnis zu, um seine Ansprüche umfassend prüfen zu können.
Tenor des Urteils
Das Teilurteil des Landgerichts Köln vom 27.01.2022 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erteilen, das insbesondere Immobilien, bewegliche Sachen, Forderungen, Beteiligungen an
Gesellschaften, lebzeitige Zuwendungen, Lebensversicherungen, Verträge zugunsten Dritter, Forderungen gegen Dritte und Erbverzichte möglicher gesetzlicher Erben umfasst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Anforderungen an eine Abhilfeentscheidung durch das Nachlassgericht.
Zur Auskunftspflicht des Erben gegenüber einem Pflichtteilsberechtigten.
Erfordernis der Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.
Verjährung von Auskunftsansprüchen.
Gesamtschuldnerische Haftung der Erben.
Die Entscheidung des OLG Köln verdeutlicht die Rechte eines Pflichtteilsberechtigten, insbesondere den Anspruch auf ein notarielles
Nachlassverzeichnis zur umfassenden Prüfung und Geltendmachung seiner Ansprüche, auch wenn der Pflichtteilsanspruch selbst verjährt ist.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.