Teilunwirksamkeit eines Nottestaments – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 01. Juni 1995 – 1Z BR 162/94
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Landgerichts München II vom 25. Juli 1994 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 351.000 DM festgesetzt.
Gründe
I. Hintergrund des Falls
Der Erblasser, der im Alter von 66 Jahren verstarb, war mit der Beteiligten zu 1 verheiratet und kinderlos.
Am 15. September 1969 hatte er ein notariell beurkundetes Testament errichtet, in dem er seine Ehefrau als Alleinerbin einsetzte.
Ein weiteres eigenhändig geschriebenes und unterzeichnetes Dokument vom 22. März 1992, das als „Erbvertrag“ bezeichnet wurde, bestätigte diese Einsetzung.
Der Beteiligte zu 2, der Neffe des Erblassers, legte ein weiteres Dokument vor, das am 9. Juni 1993 verfasst wurde und maschinenschriftlich festhielt, dass der Erblasser seinen Besitz zu gleichen Teilen an seine Frau und an den Neffen, also den Beteiligten zu 2, übertragen wollte.
Dieses Dokument war angeblich vom Erblasser diktiert und von ihm unterzeichnet worden, jedoch war der Chef der Inneren Abteilung des Kreiskrankenhauses, der als Zeuge fungierte, mit dem Beteiligten zu 2 verwandt.
II. Entscheidung des Gerichts
Landgerichtsausführung
Das Testament vom 9. Juni 1993 wurde vom Landgericht als unwirksam betrachtet, da der Zeuge X, der Vater des Beteiligten zu 2, als Zeuge ausgeschlossen war gemäß § 7 Nr. 3 BeurkG.
Dieses Ausschlusskriterium gilt für alle Zeugen und nicht nur für denjenigen, der die Beurkundung leitet. Die Beteiligung eines ausgeschlossenen Zeugen macht die Beurkundung insgesamt unwirksam.
Eine Heilung des Mangels ist nur bei Mängeln der Niederschrift möglich.
Rechtliche Würdigung
Der Senat des Obersten Landesgerichts hält diese Bewertung für zutreffend.
Das Testament vom 9. Juni 1993 erfüllt nicht die Anforderungen eines Nottestaments nach § 2250 BGB, da der Erblasser sich zwar in Todesgefahr befand und das Testament vor drei Zeugen errichtete, jedoch die Niederschrift nur von einem der Zeugen unterzeichnet wurde.
Der Erblasser selbst hat das Dokument unterschrieben, doch fehlt die Bestätigung des Chefarztes.
Selbst wenn das Dokument formell gültig wäre, wäre die Einsetzung des Beteiligten zu 2 unwirksam, da die Mitwirkung seines Vaters als Zeuge gegen § 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 7 Nr. 3 BeurkG verstößt.
Diese Bestimmungen verhindern, dass Verwandte in gerader Linie als Zeugen auftreten, wenn einer der Begünstigten ihr Verwandter ist.
3. Unwirksamkeit der Verfügung
Die Erbeinsetzung des Beteiligten zu 2 ist unwirksam.
Dies führt zur Unwirksamkeit der gesamten letztwilligen Verfügung nur insoweit, als sie die Einsetzung des Beteiligten zu 2 betrifft.
Die letztwillige Verfügung zugunsten der Ehefrau bleibt gültig, da sie formell korrekt ist und die Einsetzung des Beteiligten zu 2 nicht heilbar ist.
4. Kosten und Geschäftswert
Der Beteiligte zu 2 muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen, die der Beteiligten zu 1 entstanden sind.
Der Geschäftswert wurde auf 351.000 DM festgesetzt, basierend auf den bisherigen Feststellungen.
Schlussfolgerung
Das Gericht entschied, dass das Nottestament vom 9. Juni 1993 teilweise unwirksam ist, da die Einsetzung des Beteiligten zu 2 aufgrund der Beteiligung seines Vaters als Zeuge rechtswidrig ist.
Damit bleibt die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin gemäß den formgültigen Testamenten von 1969 und 1992.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.