Teilweise Nichtigkeit einer Dienstbarkeit bei zeitlich unbefristetem Belegungsrecht (BGH, Urteil vom 8.2.2019 – V ZR 176/17)
Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich in seinem Urteil vom 8. Februar 2019 mit der Frage der (teilweisen) Nichtigkeit einer Dienstbarkeit,
die ein zeitlich unbefristetes Belegungsrecht für Sozialwohnungen sicherte.
Der Fall betraf die Klage einer Wohnungsbaugesellschaft gegen eine Stadt auf Feststellung, dass sie Wohnungen frei vermieten könne
und die Stadt die Löschung einer entsprechenden Dienstbarkeit bewilligen müsse.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (Reichsbund) erwarb von der beklagten Stadt Grundstücke, um darauf im Rahmen des § 88d des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) Sozialwohnungen zu errichten.
Die Stadt gewährte ein zinsgünstiges Darlehen.
Im Gegenzug verpflichtete sich der Reichsbund schuldrechtlich und sicherte dies durch Eintragung einer beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit zugunsten der Stadt, die Wohnungen unbefristet nur an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen zu vermieten.
Die Klägerin erwarb später die Grundstücke und übernahm die Verpflichtungen.
Sie begehrte nun die Feststellung, dass die Belegungsrechte ab einem bestimmten Zeitpunkt entfallen seien und die Stadt die Löschung der Dienstbarkeit bewilligen müsse.
Der BGH hob die vorinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Sache zurück.
Er stellte fest, dass die zeitlich unbefristete schuldrechtliche Verpflichtung zur Vermietung an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen gemäß § 134 BGB nichtig ist,
da sie gegen die Vorgaben des § 88d II Nr. 2 II. WoBauG verstößt.
Diese Norm sah für die vereinbarte Förderung keine unbefristeten Belegungsrechte vor.
Auch die Überlassung kostengünstigen Baulands durch die Kommune rechtfertige keine unbefristete Bindung.
Solche Bindungen seien zudem mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungsrecht unvereinbar,
da sie den Subventionsempfänger auch dann belasten würden, wenn die Vorteile der Subvention aufgebraucht seien.
Hinsichtlich der dinglichen Sicherung durch die beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestätigte der BGH zwar, dass eine solche Dienstbarkeit
zugunsten einer juristischen Person auch ohne zeitliche Befristung bestellt werden kann.
Die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung könne jedoch dazu führen, dass die Stadt die Dienstbarkeit ohne Rechtsgrund erlangt habe
und gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB zur Bewilligung der Löschung verpflichtet sei.
Der BGH wandte jedoch § 139 BGB (Teilnichtigkeit) entsprechend an. Da anzunehmen sei, dass die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit der unbefristeten Regelung eine Belegungsbindung für einen
möglichst langen rechtlich zulässigen Zeitraum vereinbart hätten, sei die Dienstbarkeit nicht insgesamt nichtig.
Es bedürfe weiterer Feststellungen, um diesen zulässigen Zeitraum zu bestimmen, insbesondere im Hinblick auf die Laufzeit des vergünstigten Kredits und die damit verbundenen Vorteile.
Zeitlich unbefristete schuldrechtliche Belegungsrechte im Rahmen der Förderung nach § 88d II. WoBauG sind nichtig.
Dies gilt auch bei Überlassung kostengünstigen Baulands.
Solche unbefristeten Bindungen verstoßen gegen § 88d II Nr. 2 II. WoBauG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungsrecht.
Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit zur Sicherung von Belegungsrechten kann grundsätzlich unbefristet zugunsten einer juristischen Person bestellt werden.
Die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verpflichtung kann einen Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit gemäß § 812 I 1 Alt. 1 BGB begründen.
Gemäß § 139 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit eine Belegungsbindung für einen
möglichst langen rechtlich zulässigen Zeitraum vereinbart hätten (entsprechende Anwendung).
Dieser Zeitraum ist unter Berücksichtigung der gewährten Vorteile (insbesondere Laufzeit des Kredits) zu ermitteln.
Das Urteil des BGH präzisiert die Grenzen zulässiger Belegungsbindungen im geförderten Wohnungsbau und im Kontext verwaltungsrechtlicher Verträge.
Es betont die Bedeutung der zeitlichen Begrenzung solcher Bindungen und die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes.
Gleichzeitig bestätigt es die grundsätzliche Zulässigkeit unbefristeter beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten zugunsten juristischer Personen,
schränkt deren Wirkung aber durch die Möglichkeit der teilweisen Nichtigkeit und des Anspruchs auf Löschung bei Fehlen eines Rechtsgrundes ein.
Die analoge Anwendung des § 139 BGB ermöglicht es, die mit der Förderung verbundenen Ziele zumindest für einen rechtlich zulässigen Zeitraum aufrechtzuerhalten.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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