Testament keine Erbeinsetzung Vermächtnisanordnung

September 16, 2017

Testament keine Erbeinsetzung Vermächtnisanordnung

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 116/02

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Erblasser verstarb 1978 und hinterließ ein handschriftliches Testament, in dem er sein Grundstück seinen Großneffen und seiner Schwester zuwendete.

Das Testament enthielt keine Orts- und Datumsangabe.

Nach dem Tod des Erblassers wurde zunächst ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt.

20 Jahre später beantragten die im Testament Bedachten die Einziehung des Erbscheins, da sie der Ansicht waren, dass das Testament eine Erbeinsetzung darstelle.

Der Sohn des Erblassers (Beteiligter zu 1) widersprach dem Antrag und behauptete, das Testament sei unwirksam oder als Vermächtnis auszulegen.

Entscheidung des Gerichts:

Das Bayerische Oberste Landesgericht wies die weitere Beschwerde der im Testament Bedachten zurück.

Das Testament war als Vermächtnis auszulegen.

Begründung:

Testament keine Erbeinsetzung Vermächtnisanordnung

  1. Formwirksamkeit des Testaments:
  • Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Erblasser das Testament eigenhändig errichtet hatte.
  • Es lagen keine Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit oder einen Widerruf des Testaments vor.
  1. Auslegung des Testaments:
  • Das Testament enthielt keine eindeutige Aussage darüber, ob die Bedachten als Erben eingesetzt werden sollten.
  • Daher war das Testament auslegungsbedürftig.
  • Maßgeblich war der wirkliche Wille des Erblassers.
  1. Vermächtnisanordnung:
  • Der Erblasser hatte nur über das Grundstück verfügt, nicht aber über sein sonstiges Vermögen.
  • Dies sprach für eine Vermächtnisanordnung.
  • Auch der Wert des Grundstücks war nicht entscheidend, da der Erblasser das Grundstück in erster Linie als Familienbesitz vererben wollte, unabhängig von seinem Wert.
  • Der Erblasser hatte zudem bewusst nicht über sein gesamtes Vermögen verfügt.
  • Die Anordnung, einen Grabstein für das Elterngrab zu setzen, war kein Indiz für eine Erbeinsetzung.
  • Die erteilte Vollmacht bezog sich nur auf das Grundstück und war ebenfalls kein Indiz für eine Erbeinsetzung.
  • Der Erblasser wollte nicht das gesetzliche Erbrecht seines Sohnes beschränken.

Testament keine Erbeinsetzung Vermächtnisanordnung

  1. Keine Erbeinsetzung:
  • Die im Testament Bedachten sollten nicht in die Rechtsstellung des Erblassers eintreten.
  • Dies ergab sich aus dem Wortlaut des Testaments („verteilt“) und dem Verhalten der Beteiligten nach dem Tod des Erblassers.
  • Die Minderjährigkeit der Bedachten konnte ein Grund für den Erblasser gewesen sein, sie nicht als Erben einzusetzen.

Fazit:

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht die Grundsätze der Testamentsauslegung bei der Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis.

  • Maßgeblich ist der wirkliche Wille des Erblassers.
  • Die Zuwendung eines Grundstücks kann auch dann ein Vermächtnis sein, wenn es den Hauptteil des Vermögens ausmacht.
  • Entscheidend ist, ob die Bedachten in die Rechtsstellung des Erblassers eintreten sollen.
RA und Notar Krau

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