Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 9. Juli 2014 befasst sich mit der Frage, ob eine testamentarische Verfügung mit dem Wortlaut

„Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles“

wirksam ist.

Das Gericht entschied, dass diese Formulierung nicht hinreichend bestimmt ist und somit keine gültige Erbeinsetzung darstellt.

Hintergrund des Falles:

Die Erblasserin, Frau J.R., verstarb am 25.02.2013 und hinterließ mehrere Verfügungen von Todes wegen,

darunter ein Testament vom 01.09.2009 mit der oben genannten Formulierung.

Testament nicht hinreichend bestimmt

Ein ehemaliger Nachbar der Erblasserin, der Beteiligte zu 3), beantragte die Erteilung eines Erbscheins als Alleinerbe,

da er der Erblasserin in den letzten Stunden ihres Lebens im Krankenhaus beigestanden habe.

Entscheidung des Gerichts:

Das Oberlandesgericht Köln wies die Beschwerde des Beteiligten zu 3) zurück und bestätigte die Entscheidung des Nachlassgerichts,

dass die Verfügung der Erblasserin vom 01.09.2009 keine wirksame Erbeinsetzung darstellt.

Begründung:

  1. Unbestimmtheit der Verfügung:

Gemäß § 2065 BGB muss sich die Erblasserin selbst über den Inhalt aller wesentlichen Teile ihres letzten Willens schlüssig werden, insbesondere über die Person des Erben.

Die Person des Erben muss zwar nicht namentlich genannt sein, aber anhand des Inhalts der Verfügung

und gegebenenfalls unter Berücksichtigung äußerer Umstände zuverlässig feststellbar sein.

Testament nicht hinreichend bestimmt

Die Formulierung

„Wer mir in den letzten Stunden beisteht“

ist jedoch unbestimmt.

Sowohl das Kriterium „beistehen“ als auch der zeitliche Faktor „in den letzten Stunden“ sind interpretationsbedürftig.

Was genau unter „beistehen“ zu verstehen ist (körperliche Pflege, Hilfe im Haushalt, seelischer Beistand)

und welche Intensität und welcher zeitliche Aufwand erforderlich sind, ist nicht eindeutig festgelegt.

Ebenso ist unklar, welcher Zeitraum unter „in den letzten Stunden“ zu verstehen ist.

  1. Verstoß gegen das Drittbestimmungsverbot:

Die Unbestimmtheit der Verfügung führt dazu, dass ein Dritter (hier das Nachlassgericht) die Person des Erben anhand eigener Kriterien bestimmen müsste.

Dies verstößt gegen das Drittbestimmungsverbot des § 2065 BGB.

Die Auswahlkriterien müssen so klar formuliert sein, dass ein Dritter den Erben bestimmen kann, ohne dass sein eigenes Ermessen mitbestimmend ist.

  1. Keine wirksame Bestimmung des Erben:

Auch die Tatsache, dass der Beteiligte zu 3) im Krankenblatt als „Angehöriger/Bezugsperson“ aufgeführt war, führt nicht zu einer wirksamen Erbeinsetzung.

Dieser Eintrag erfolgte nicht durch die Erblasserin und erfüllt somit nicht die Formvorschriften für ein Testament. Zudem stellt der Eintrag inhaltlich keine Erbeinsetzung dar.

Die bloße Bezeichnung als „Bezugsperson“ ist nicht gleichbedeutend mit der Bestimmung als Erbe gemäß der unbestimmten Verfügung.

Fazit:

Die testamentarische Verfügung

„Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles“

ist unwirksam, da sie nicht die notwendige Bestimmtheit hinsichtlich der Person des Erben aufweist und gegen das Drittbestimmungsverbot verstößt.

Zusätzliche Informationen:

  • Der Beschluss des OLG Köln verweist auf eine Entscheidung des BayObLG (FamRZ 1991, 610), in dem eine ähnliche Formulierung („Wer mir bis zuletzt die Treue hält, soll mein Erbe sein“) ebenfalls als unwirksam angesehen wurde.
  • Der Beteiligte zu 3) berief sich auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt (NJW-RR 1995, 711), wonach eine Verfügung mit dem Wortlaut „wer mich zuletzt pflegt, bekommt alles“ wirksam sein kann, wenn der Erblasser vor seinem Tod pflegebedürftig war und seine Pflegeperson selbst bestimmt hat. Das OLG Köln sah den vorliegenden Fall jedoch als nicht vergleichbar an, da die Erblasserin durch die Bezeichnung des Beteiligten zu 3) als „Bezugsperson“ nicht diejenige Person im Sinne ihrer Verfügung benannt hat, die ihr „in den letzten Stunden beistehen“ soll.