Testament oder Vollmacht kein Testierwille

September 13, 2017

Testament oder Vollmacht kein Testierwille

OLG Rostock 3 W 98/14

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte zwei handschriftliche Schriftstücke mit der Überschrift „Testament“ hinterlassen,

in denen sie bestimmte, dass ihr Sohn R.S. nach ihrem Tod „über ihr gesamtes Vermögen bevollmächtigt“ werden soll.

R.S. verstarb vor der Erblasserin.

Die Kinder von R.S. (Beteiligte zu 1 und 2) beantragten einen Erbschein als Erben der Erblasserin.

Die Schwester der Erblasserin (Beteiligte zu 3) beantragte ebenfalls einen Erbschein und machte geltend,

dass es sich bei den Schriftstücken nicht um Testamente, sondern um Vollmachten handele.

Prozessverlauf:

  • Das Nachlassgericht stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Erteilung des von den Kindern von R.S. beantragten Erbscheins vorliegen.
  • Die Schwester der Erblasserin legte Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG Rostock:

Testament oder Vollmacht kein Testierwille

Das OLG Rostock änderte den Beschluss des Nachlassgerichts und wies den Erbscheinsantrag der Kinder von R.S. zurück.

Die Schriftstücke vom 24.07.2002 und 17.09.2002 enthalten keine Erbeinsetzung, sondern eine postmortale Bevollmächtigung von R.S.

Begründung:

  • Auslegung der Schriftstücke: Die Schriftstücke vom 24.07.2002 und 17.09.2002 sind auslegungsbedürftig, da sie zwar mit „Testament“ überschrieben sind, aber im Text von einer „Bevollmächtigung“ die Rede ist. Das OLG Rostock hat die Schriftstücke ausgelegt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Erblasserin R.S. nicht als Erben einsetzen, sondern ihm lediglich eine Vollmacht erteilen wollte.

  • Kein Testierwille: Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erblasserin R.S. als Erben einsetzen wollte. Die Verwendung des Wortes „bevollmächtigt“ spricht vielmehr für eine Vollmachtserteilung.

  • Gesamtumstände: Auch die Gesamtumstände sprechen gegen eine Erbeinsetzung. Die Erblasserin hatte ein gutes Verhältnis zu allen ihren Kindern. Es gab keinen Anlass, R.S. als Alleinerben einzusetzen.

  • Mutmaßlicher Wille: Da sich der tatsächliche Wille der Erblasserin nicht mehr ermitteln lässt, hat das OLG Rostock ihren mutmaßlichen Willen ermittelt. Es ist davon auszugehen, dass die Erblasserin R.S. mit der Abwicklung der Erbschaftsangelegenheiten beauftragen wollte.

Ausführliche Darstellung der Begründung:

Testament oder Vollmacht kein Testierwille

Das OLG Rostock hat die Grundsätze der Testamentsauslegung dargelegt und betont, dass der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen ist.

Im vorliegenden Fall war der Wortlaut der Schriftstücke nicht eindeutig.

Daher hat das OLG Rostock die Schriftstücke ausgelegt und die Gesamtumstände berücksichtigt.

Das Gericht hat die Bedeutung der Überschrift „Testament“ hervorgehoben.

Die Überschrift lässt nicht ohne weiteres den Schluss auf einen Testierwillen zu. Gegenstand des Testaments kann auch eine Vollmachtserteilung sein.

Das OLG Rostock hat die Bedeutung des Wortes „bevollmächtigt“ hervorgehoben.

Die Verwendung dieses Wortes spricht gegen eine Erbeinsetzung und für eine Vollmachtserteilung.

Die Entscheidung des OLG Rostock ist für die Praxis relevant, da sie die Anforderungen an die Auslegung von Testamenten und die Abgrenzung

zwischen Erbeinsetzung und postmortaler Bevollmächtigung klarlegt.

Fazit:

Das OLG Rostock hat in seiner Entscheidung die Rechte der gesetzlichen Erben gestärkt und die Bedeutung der Testamentsauslegung im Erbrecht hervorgehoben.

Die Entscheidung ist für die Praxis relevant, da sie die Anforderungen an die Auslegung von Testamenten und die Abgrenzung zwischen Erbeinsetzung und postmortaler Bevollmächtigung klarlegt.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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