Testamentsanfechtung gemäß § 2079 BGB

Juli 21, 2017

Testamentsanfechtung gemäß § 2079 BGB

Erbscheinsantrag,

Erbscheinsverfahren,

OLG Schleswig 3 Wx 108/15

Beschluss vom 7. Dezember 2015,

RA und Notar Krau

Das OLG Schleswig entschied, dass die Anfechtung eines Testaments nach § 2079 BGB grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Testaments führt.

Einzelne Verfügungen bleiben nur wirksam, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Erblasser sie auch bei Kenntnis des übergangenen Pflichtteilsberechtigten getroffen hätte.

Sachverhalt:

Testamentsanfechtung gemäß § 2079 BGB

Der Erblasser hatte in seinem Testament seinen Sohn A zum Alleinerben eingesetzt und seine Ehefrau enterbt.

Nach der Testamentserrichtung wurde ein weiterer Sohn B geboren.

Der Ergänzungspfleger von B focht das Testament gemäß § 2079 BGB an.

Das Nachlassgericht gab dem Erbscheinsantrag von B statt, der A als Erben zu ¾ und B als Erben zu ¼ auswies.

Die Ehefrau legte Beschwerde ein und beantragte, selbst als Erbin zu ½ und ihre beiden Söhne zu je ¼ einzusetzen.

Entscheidungsgründe:

Testamentsanfechtung gemäß § 2079 BGB

  • Anfechtung nach § 2079 BGB:

    • Die Anfechtung des Testaments durch den Ergänzungspfleger von B war zulässig, da der Erblasser bei der Testamentserrichtung die Existenz von B nicht kannte.
    • Die Anfechtung führte grundsätzlich zur Gesamtnichtigkeit des Testaments.
    • Ausnahmen von der Gesamtnichtigkeit sind nur möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Erblasser die jeweilige Verfügung auch bei Kenntnis des übergangenen Pflichtteilsberechtigten getroffen hätte.
  • Enterbung der Ehefrau:

    • Die Enterbung der Ehefrau blieb wirksam, da der Erblasser diese auch bei Kenntnis von B angeordnet hätte.
    • Der Erblasser hatte die Enterbung ausdrücklich angeordnet und damit seinen Willen deutlich gemacht.
    • Die Gründe für die Enterbung (steuerliche Vorteile) hätten auch bei Berücksichtigung von B Bestand gehabt.
  • Erbeinsetzung der Söhne:

    • Die testamentarische Erbeinsetzung von A war unwirksam.
    • Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass der Erblasser A auch bei Kenntnis von B als Alleinerben eingesetzt hätte.
    • Es war davon auszugehen, dass der Erblasser beide Söhne zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hätte.
  • Testamentsvollstreckung:

    • Die Testamentsvollstreckung blieb bestehen, da anzunehmen war, dass der Erblasser diese auch bei Kenntnis von B angeordnet hätte.

Testamentsanfechtung gemäß § 2079 BGB

Ergebnis:

Das OLG Schleswig änderte den Beschluss des Nachlassgerichts und wies den Erbscheinsantrag von B zurück. A und B wurden als gesetzliche Erben zu je ½ eingesetzt.

Die Testamentsvollstreckung wurde bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres beider Söhne angeordnet.

Zusätzliche Hinweise:

  • Das OLG Schleswig stellte die verschiedenen Auffassungen zur Wirkung der Anfechtung nach § 2079 BGB dar und begründete seine Entscheidung für die Gesamtnichtigkeit des Testaments.
  • Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung des hypothetischen Erblasserwillens bei der Auslegung von Testamenten.
  • Die Kostenentscheidung erfolgte nach billigem Ermessen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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