Testamentsauslegung Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis

September 16, 2017

Testamentsauslegung Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 100/98

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Eine kinderlose Erblasserin hatte in einem eigenhändigen Testament von 1987/89 ihr Hausgrundstück einem Ehepaar (Beteiligte zu 7 und 8)

zugewendet und ihr sonstiges Vermögen (Geld, Schmuck, Antiquitäten etc.) auf mehrere Personen verteilt.

Das Hausgrundstück machte zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung den Hauptteil ihres Vermögens aus.

Die Beteiligten zu 7 und 8 beantragten einen Erbschein, der sie als Miterben ausweist.

Verwandte der Erblasserin (Beteiligte zu 1 bis 4) widersprachen dem Antrag, da sie der Ansicht waren, die Beteiligten zu 7 und 8 seien lediglich Vermächtnisnehmer.

Entscheidung des Gerichts:

Testamentsauslegung Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis

Das Bayerische Oberste Landesgericht hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies das Amtsgericht an, den beantragten Erbschein zu erteilen.

Die Beteiligten zu 7 und 8 waren als Miterben eingesetzt.

Begründung:

  1. Form des Testaments:
  • Das Testament war formwirksam, obwohl es in zwei Teilen mit zeitlichem Abstand errichtet worden war.
  • Entscheidend war, dass die Erblasserin das Testament eigenhändig unterschrieben hatte.
  1. Auslegung des Testaments:
  • Die bloße Bezeichnung als „Erben“ im Testament war nicht entscheidend.
  • Maßgeblich war der auszulegende sachliche Inhalt der letztwilligen Verfügung.
  • Hatte der Erblasser sein Vermögen im Testament aufgeteilt, war im Zweifel von einer Erbeinsetzung auszugehen.
  • Die Zuwendung eines Hausgrundstücks, das den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, sprach für eine Erbeinsetzung.
  • Die Zuwendung von Geldsummen oder einzelnen Gegenständen sprach hingegen eher für Vermächtnisse.

Testamentsauslegung Abgrenzung Erbeinsetzung und Vermächtnis

  1. Erbeinsetzung der Beteiligten zu 7 und 8:
  • Die Erblasserin hatte den Beteiligten zu 7 und 8 das Hausgrundstück, den Hauptteil ihres Vermögens, zugewendet.
  • Zudem hatte sie ihnen die Verwaltung des Hauses und die Grabpflege übertragen.
  • Dies sprach dafür, dass sie als Erben eingesetzt werden sollten und die wirtschaftliche Stellung der Erblasserin fortsetzen sollten.
  1. Vermächtnisse an die übrigen Personen:
  • Die übrigen im Testament bedachten Personen hatten lediglich einzelne Gegenstände oder Geldsummen erhalten.
  • Dies sprach dafür, dass sie lediglich Vermächtnisnehmer waren.
  1. Keine gesetzliche Erbfolge:
  • Die Erblasserin hatte in ihrem Testament zum Ausdruck gebracht, dass sie ihr gesamtes Vermögen verteilen wollte.
  • Daher war kein Raum für die Annahme einer gesetzlichen Erbfolge.

Fazit:

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts verdeutlicht die Grundsätze der Testamentsauslegung bei der Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnis.

  • Maßgeblich sind der Wille des Erblassers und die Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
  • Die Zuwendung eines Hausgrundstücks, das den wesentlichen Teil des Vermögens ausmacht, spricht für eine Erbeinsetzung.
  • Die Zuwendung von Geldsummen oder einzelnen Gegenständen spricht hingegen eher für Vermächtnisse.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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