Testamentsauslegung Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 08. Mai 2003 – 1Z BR 124/02
Zusammenfassung RA und Notar Krau
I. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 3 und 4 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 12. September 2002 werden zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 3 und 4 haben die der Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Der Erblasser, ledig und kinderlos, starb im Alter von 68 Jahren.
Er lebte zuletzt mit seiner Mutter, der verstorbenen Beteiligten zu 2, in A.
Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1965 verband den Erblasser eine langjährige Freundschaft mit der Beteiligten zu 1, die nach dem Tod ihres Ehemanns im Jahr 1998 enger wurde.
Der Erblasser wohnte offiziell bei der Beteiligten zu 1 und später auch bei seiner Schwester (Beteiligte zu 3) im Allgäu.
Sein Bruder war bereits 1999 verstorben, und dessen einziger Sohn ist der Beteiligte zu 4.
Der Erblasser hinterließ ein eigenhändig geschriebenes Testament vom 16.11.2000, das folgende Bestimmungen enthielt:
Beteiligte zu 1:
Auto, Barschaft, Anteil an einer Eigentumswohnung oder einem Reihenhaus, Beerdigung im Familiengrab und Grabpflege, Erbteil am Reihenhaus.
Beteiligte zu 3:
Stilmöbel, Kommode, Rauchtisch (nicht verkaufbar bis zum Tod der Beteiligten zu 1).
L.: Miteigentum am Grundstück B., Eisenbahnsachen, Amateurfunkanlage.
Weiter ordnete der Erblasser Testamentsvollstreckung an und ernannte die Beteiligte zu 1 zur Testamentsvollstreckerin.
Der Pkw wurde im August 2001 dem Schwiegersohn der Beteiligten zu 3 geschenkt.
Das Bankguthaben betrug kurz vor seinem Tod ca. 17.000 DM, das möglicherweise durch eine Überweisung zugunsten der Beteiligten zu 3 nicht in den Nachlass fiel.
Der Erblasser war zu 1/8 an einer Erbengemeinschaft beteiligt, deren Anteil ca. 24.000 DM wert war. Die Stilmöbel gehörten nicht dem Erblasser, sondern seiner Mutter.
Der Nachlass beinhaltete außerdem einen Immobilienfondsanteil im Wert von 4.800 DM.
Die Beteiligte zu 1 beantragte einen Erbschein als Alleinerbin, dem das Nachlassgericht mit Vorbescheid vom 14.1.2002 entsprach.
Die Beteiligten zu 2 bis 4 legten dagegen Beschwerde ein und behaupteten, gesetzliche Erben zu sein.
Das Landgericht wies die Beschwerde zurück und erteilte den Erbschein zugunsten der Beteiligten zu 1. Gegen diese Entscheidung legten die Beteiligten zu 2 bis 4 weitere Beschwerde ein.
II. Entscheidung des Gerichts
Zulässigkeit der Beschwerden:
Die Beschwerden sind zulässig, obwohl das Verfahren gegen den Vorbescheid durch die Erteilung des Erbscheins gegenstandslos wurde.
Das Ziel der Einziehung des Erbscheins und Erteilung eines eigenen Erbscheins konnte mit der weiteren Beschwerde weiterverfolgt werden.
Auslegung des Testaments:
Das Landgericht legte das Testament vom 16.11.2000 so aus, dass die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin eingesetzt wurde.
Einzelne unwirksame Verfügungen, wie die über die Stilmöbel, beeinflussten nicht die Wirksamkeit der übrigen Verfügungen.
Rechtliche Überprüfung der Auslegung:
Die Testamentsauslegung ist Aufgabe des Tatsachengerichts, und die Rechtsbeschwerde überprüft nur auf Rechtsfehler.
Die Auslegung des Landgerichts entsprach den gesetzlichen Auslegungsregeln und war frei von Rechtsfehlern.
Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung:
Das Testament wurde als auslegungsbedürftig angesehen, da keine ausdrückliche Erbenbestimmung vorlag.
Der Erblasser verfügte praktisch über sein gesamtes Vermögen, weshalb die im Testament bedachten Personen als Erben und nicht nur als Vermächtnisnehmer angesehen werden konnten.
Verfügungen über Vermögensgegenstände:
Das Landgericht stellte fest, dass der Erblasser der Beteiligten zu 1 wesentliche Vermögenswerte zuwenden wollte, darunter auch die Beerdigung und Grabpflege.
Dies wurde als weiteres Indiz für die Erbeinsetzung gewertet.
Unwirksamkeit einzelner Verfügungen:
Die unwirksamen Verfügungen über die Stilmöbel und die Testamentsvollstreckung beeinträchtigten nicht die Wirksamkeit der Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1.
Auch die Verfügung über die Stilmöbel war nur für den Fall getroffen, dass der Erblasser diese nach dem Tod seiner Mutter erben würde.
Anfechtung wegen Irrtums:
Die Anfechtung der Erbeinsetzung durch die Beteiligten zu 2 bis 4 wegen Irrtums konnte nicht greifen, da diese nicht formgerecht gegenüber dem Nachlassgericht erklärt wurde und auch sachlich unbegründet war.
Kostenentscheidung:
Die Kostenfolge ergab sich aus dem Gesetz, und der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wurde auf 50.000 EUR festgesetzt.
Das Gericht bestätigte somit die Auslegung des Testaments zugunsten der Beteiligten zu 1 als Alleinerbin und wies die Beschwerden der Beteiligten zu 3 und 4 ab.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.