Testamentsauslegung Anwachsung der Anteile

Dezember 21, 2024

Testamentsauslegung Anwachsung der Anteile

KG Berlin 6 W 39/23

Beschluss vom 16.8.2024

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Ein Ehepaar hatte in einem gemeinschaftlichen Testament vom 4.11.2010 zunächst fünf Schlusserben zu je 20 % eingesetzt.

Anschließend strichen sie einen Erben und erhöhten die Anteile der verbleibenden vier auf 25 %.

Schließlich strichen sie zwei weitere Erben, sodass nur noch zwei Erben übrig blieben.

Statt die Anteile dieser beiden zu erhöhen, ergänzten sie den handschriftlichen Zusatz

„Wer noch 25 %?“.

Nach dem Tod des Ehemannes beantragte die Nichte eines der verbliebenen Erben einen Erbschein, der sie und den anderen verbliebenen Erben zu je 50 % als Erben ausweisen sollte.

Testamentsauslegung Anwachsung der Anteile

Entscheidung des Gerichts:

Das KG entschied, dass die Nichte keinen Anspruch auf den beantragten Erbschein hat.

Begründung:

  1. Auslegung des Testaments:
    • Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des wirklichen Willens der Erblasser zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.
    • Der Zusatz „Wer noch 25 %?“ zeigt, dass die Erblasser keine Anwachsung der Anteile der verbliebenen Erben beabsichtigten.
    • Eine eidesstattliche Versicherung des Erblassers aus dem Jahr 2017, die eine Anwachsung nahelegt, ist nicht aussagekräftig, da der Erblasser zu diesem Zeitpunkt bereits an Demenz litt und die Erklärung von der Nichte vorbereitet wurde.
    • Die Nichte ist nicht konkludent als Ersatzerbin eingesetzt, da das Testament keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass die Erblasser die Möglichkeit des Vorversterbens ihrer Tante bedacht hatten.
  2. Ergänzende Testamentsauslegung:
    • Eine ergänzende Testamentsauslegung ist nicht möglich, da keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass mit der Erbeinsetzung der Tante deren gesamter Stamm bedacht werden sollte.
    • Das Testament selbst enthält keine Hinweise darauf, da nur die Tante und nicht auch deren Bruder und/oder Cousin als Erben eingesetzt wurden.
    • Auch die Umstände außerhalb des Testaments sprechen nicht für eine Ersatzerbeneinsetzung. Insbesondere ist die Nichte selbst im Testament nicht bedacht, obwohl sie nach ihren Angaben ein enges Verhältnis zu den Erblassern hatte.
  3. Wirksamkeit des Testaments:
    • Die Wirksamkeit des Testaments vom 4.11.2010 ist zweifelhaft, da es sich möglicherweise nur um einen Entwurf handelt.
    • Die Erblasser hatten bereits vor und nach dem 4.11.2010 weitere Testamente errichtet.
    • Das Testament wurde hinter einem Bilderrahmen gefunden, was ein ungewöhnlicher Aufbewahrungsort ist.

Testamentsauslegung Anwachsung der Anteile

Fazit:

Das KG wies den Erbscheinsantrag der Nichte zurück, da weder eine ausdrückliche noch eine konkludente Erbeinsetzung oder eine ergänzende Testamentsauslegung zu ihren Gunsten möglich war.

Zudem äußerte das Gericht Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments vom 4.11.2010.

Sollte sich das Testament als wirksam erweisen, dürfte für die verbleibenden 75 % die gesetzliche Erbfolge gelten.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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