Testamentsauslegung bei ungenauer  Bezeichnung der Erbteile

August 21, 2017

Testamentsauslegung bei ungenauer  Bezeichnung der Erbteile

OLG Karlsruhe 14 Wx 52/10

Erbscheinserteilung bei einer telefonisch eingeholten Auskunft,

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in seinem Beschluss vom 12.11.2010 entschieden, dass eine testamentarische Verfügung,

in der die Erbteile nur ungenau beschrieben sind, ausgelegt werden muss, um den Willen des Erblassers zu ermitteln.

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament drei gemeinnützige Organisationen als Erben eingesetzt

und ihnen „einen bedeutenden Betrag“, „einen großen Teil“ bzw. „einen Teil“ ihres Vermögens zugewendet.

Das Nachlassgericht erteilte einen Erbschein, der die Erbteile zu je 1/3 auswies.

Eine der Organisationen legte Beschwerde ein und beantragte eine höhere Erbquote.

Testamentsauslegung bei ungenauer  Bezeichnung der Erbteile

Entscheidung des OLG:

Das OLG hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf und legte das Testament aus.

Es entschied, dass die ungenauen Bezeichnungen der Erbteile im Testament eine Auslegung erfordern, um den Willen der Erblasserin zu ermitteln.

Begründung:

  • Testamentsauslegung: Ziel der Testamentsauslegung ist es, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen.
  • Ungenauigkeit: Die im Testament verwendeten Begriffe „bedeutender Betrag“, „großer Teil“ und „ein Teil“ sind ungenau und lassen keine eindeutige Bestimmung der Erbquoten zu.
  • Gesamtzusammenhang: Zur Auslegung ist der gesamte Inhalt des Testaments und die Begleitumstände zu berücksichtigen.
  • Differenzierung: Die Erblasserin wollte die Erbteile differenzieren. Die Bezeichnung „ein Teil“ deutet auf einen geringeren Erbteil hin als „ein bedeutender Betrag“ oder „ein großer Teil“.
  • Ergänzende Auslegung: Das OLG legte das Testament ergänzend aus und bestimmte die Erbquoten wie folgt: 2/5 für die beiden Organisationen mit den höheren Erbteilen und 1/5 für die Organisation mit dem geringeren Erbteil.

Weitere Punkte:

Testamentsauslegung bei ungenauer  Bezeichnung der Erbteile

  • Erbscheinserteilung: Das OLG stellte klar, dass die bloße Ankündigung der Erteilung eines Erbscheins noch keine Erteilung im Sinne des FamFG darstellt.
  • Verfahrensfehler: Das Nachlassgericht hatte verfahrensfehlerhaft gehandelt, indem es den Inhalt einer telefonisch eingeholten Auskunft nicht rechtzeitig den Beteiligten mitgeteilt hatte. Dies führte jedoch nicht zur Zurückverweisung der Sache, da die Beteiligten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

Kernaussage:

Bei ungenauer Bezeichnung der Erbteile in einem Testament ist eine Auslegung erforderlich, um den Willen des Erblassers zu ermitteln und die Erbquoten zu bestimmen.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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