Testamentsauslegung – Erbeinsetzung nach Quote – OLG Stuttgart 8 W 198/16

Oktober 7, 2020

Testamentsauslegung – Erbeinsetzung nach Quote – OLG Stuttgart 8 W 198/16

Inhaltsverzeichnis RA und Notar Krau

  1. Tenor des Urteils
    • Aufhebung des Beschlusses des Notariats I Herrenberg
    • Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten Ziff. 3
    • Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2
    • Gebührenfreiheit und Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens
    • Festsetzung des Gegenstandswerts
  2. Gründe für die Entscheidung
    1. Sachverhalt
      • Tod der Erblasserin und ihres Ehemanns
      • Notarielles Testament vom 28.04.2011
      • Privatschriftliches Testament vom 28.08.2012
      • Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 1 und 2
      • Widerspruch und Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 3
    2. Rechtliche Bewertung
      • Aufhebung des notariellen Testaments durch das privatschriftliche Testament
      • Wertung des Testaments vom 28.08.2012 als Erbeinsetzung zu ungleichen Quoten
      • Keine bloße Teilungsanordnung oder Vorausvermächtnisse
      • Bewertung der Grundstücke und Vermögensgegenstände
    3. Ergebnis
      • Zurückweisung des Erbscheinsantrags der Beteiligten Ziff. 3
      • Bestimmung der Erbquoten nach Wertverhältnis der zugewandten Vermögensgruppen
      • Unanwendbarkeit der Regelung des § 2091 BGB
      • Fortbestehen einer gesamthänderischen Bindung und deren Einfluss auf die Erbteile
  3. Kosten und Vollstreckung
    • Kostenregelung nach § 81 Abs. 1 FamFG
    • Festsetzung des Gegenstandswerts des Beschwerdeverfahrens nach §§ 61, 40 Abs. 1 GNotKG
    • Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfahren erster Instanz durch das Nachlassgericht
  4. Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde
    • Begründung nach § 70 FamFG

Testamentsauslegung – Erbeinsetzung nach Quote – OLG Stuttgart 8 W 198/16

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 wird der Beschluss des Notariats I Herrenberg – Nachlassgericht – vom 03.05.2016, Az. 1 NG 15/2014,

aufgehoben.

2. Der Erbscheinsantrag der Beteiligten Ziff. 3 vom 25.11.2015 wird

zurückgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2 zurückgewiesen.

4. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

5. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 131.125,01 festgesetzt.

Zusammenfassung

Das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart (Az. 8 W 198/16) befasst sich mit der Auslegung eines privatschriftlichen Testaments vom 28. August 2012.

Die Erblasserin, die am 2. März 2014 verstarb, hatte ihr Vermögen ungleichmäßig auf ihre drei Kinder verteilt.

Das Testament enthält detaillierte Zuweisungen von Vermögensgegenständen an jedes Kind, wobei das Vermögen nicht gleichmäßig verteilt wurde.

Testamentsauslegung – Erbeinsetzung nach Quote – OLG Stuttgart 8 W 198/16

Die zentrale Frage war, ob diese testamentarischen Verfügungen eine Erbeinsetzung nach Quoten darstellen oder lediglich eine Teilungsanordnung gemäß § 2048 BGB vorliegt.

Zwei der drei Kinder beantragten einen Erbschein, der ihnen höhere Erbquoten zusprach, gestützt auf die Annahme,

dass die testamentarischen Zuweisungen ungleichwertig seien und somit eine Erbeinsetzung nach Quoten implizieren.

Das dritte Kind hingegen argumentierte, dass das Testament eine gleichmäßige Teilungsanordnung vorsah

und alle drei Kinder zu gleichen Teilen erben sollten, wie es im ursprünglichen notariellen Testament vom 28. April 2011 vorgesehen war.

Das OLG Stuttgart entschied zugunsten der Beschwerdeführer (den beiden Kindern), indem es das privatschriftliche Testament als Erbeinsetzung nach unterschiedlichen Quoten interpretierte.

Die Erblasserin habe in ihrem Testament das gesamte Vermögen einzeln und in ungleichem Wert auf ihre Kinder aufgeteilt.

Diese Vorgehensweise sei nach gängiger Rechtsprechung als Erbeinsetzung und nicht als Teilungsanordnung zu werten.

Das Testament könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine Erbeinsetzung zu gleichen Teilen gewollt war,

da die Erblasserin ausdrücklich bestimmte Vermögensgegenstände den einzelnen Kindern zugewiesen und damit ungleiche Erbquoten festgelegt habe.

Das OLG hob somit den Beschluss des Nachlassgerichts auf, der dem Erbscheinsantrag des dritten Kindes entsprochen hatte, und stellte fest,

dass die Erbquoten anhand des Werts der zugewiesenen Vermögensgegenstände zu bestimmen seien.

Die Entscheidung unterstreicht, dass eine ungleiche Zuweisung von Vermögenswerten im Testament in der Regel auf eine gewollte ungleiche Erbeinsetzung hinweist.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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