Testamentsauslegung Vererblichkeit Nacherbenrecht

Juli 15, 2024

Testamentsauslegung Vererblichkeit Nacherbenrecht

BGH Hinweisbeschluss vom 24.01.2024 – IV ZR 404/22

Zusammenfassung RA und Notar Krau

Der Senat beabsichtigt, die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Kammergerichts vom 24. November 2022 gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückzuweisen.


I. Sachverhalt


Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Übertragung von Kommanditanteilen und die Rechtsnachfolge nach dem Erblasser,

der ein Unternehmen als Kommanditgesellschaft (KG) gegründet hatte.

Der Erblasser hinterließ seine Ehefrau und drei Söhne.

Der Erblasser und seine Ehefrau unterschrieben am 29. Januar 1972 eine handschriftliche Verfügung, die für den Fall ihres gleichzeitigen Todes eine gemeinsame Testamentsvollstreckung anordnete.

Diese Verfügung wurde am 20. Juli 1972 ergänzt und verlängert.

Ein weiteres Testament des Erblassers vom 28. März 1972 bestimmte, dass seine Söhne nur erben sollten, wenn sie eine Berufsausbildung abgeschlossen hatten und fleißig waren.

Testamentsauslegung Vererblichkeit Nacherbenrecht

Seine Frau sollte bis dahin das Vermögen der Kinder verwalten und davon profitieren.

Am 21. Oktober 1972 erstellte der Erblasser ein weiteres Testament, das im Fall des gleichzeitigen Todes beider Ehepartner eine Erbaufteilung unter den drei Söhnen vorsah, verbunden mit Testamentsvollstreckung.

Die Söhne sollten eine Ausbildung im Lebensmittelhandel durchlaufen und hätten nach Erfüllung bestimmter Bedingungen ein Recht auf eine Position als Komplementär in der Firma.

Der Erblasser starb am 4. Dezember 1972.

Das Nachlassgericht erteilte einen Erbschein, der die Ehefrau des Erblassers als Vorerbin und die drei Söhne als Nacherben auswies.

Der Vater der Kläger starb 2003 ohne abgeschlossene Berufsausbildung.

Die Witwe des Erblassers übertrug 2005 einen Kommanditanteil von 150.000 DM an den Beklagten zu 2 gegen Nießbrauchrecht.

2009 wurde ein weiterer Vertrag geschlossen, in dem eine monatliche Zahlung an die Witwe des Erblassers vereinbart wurde.

Nach ihrem Tod erbte ihr Ehemann, der Beklagte zu 1, als Vorerbe.

Er starb 2016 während des Rechtsstreits.

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Das Nachlassgericht erteilte 2021 einen Erbschein, der die Beklagten als Erben auswies.

Ein Erbschein von 2014 bezeichnete die Kläger als Erben des Erblassers zu je 1/16.

Die Kläger verlangten die Feststellung der Unwirksamkeit der Geschäftsanteilübertragungen von 2005 und 2009, da diese gegen das Erbrecht der Nacherben verstießen.

Der Beklagte zu 2 verlangte widerklagend die Feststellung, dass die Kläger nicht Nacherben seien.

Das Landgericht und das Kammergericht wiesen die Klagen und die Widerklage ab.

Das Kammergericht stellte fest, dass die Kläger nicht Nacherben des Erblassers geworden sind.

II. Rechtsausführungen des Berufungsgerichts

Das Berufungsgericht stellte fest, dass den Klägern das rechtliche Interesse an der Feststellung der Unwirksamkeit der Geschäftsanteilsübertragungen fehle, weil sie nicht Erben nach dem Erblasser geworden seien.

Der Nacherbfall sei an eine abgeschlossene Berufsausbildung gekoppelt gewesen, die der Vater der Kläger nicht erfüllt habe.

Die Verfügungen des Erblassers deuteten nicht darauf hin, dass der Nacherbfall auch mit dem Tod der Vorerbin eintreten sollte.

Die Anordnungen der verschiedenen Testamente seien für unterschiedliche Fälle vorgesehen und hätten nebeneinander Bestand.

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Die Widerklage sei begründet, da die Kläger nicht Nacherben des Erblassers geworden seien.

III. Voraussetzungen für die Zulassung der Revision


Die Zulassung der Revision sei nicht erforderlich, da keine grundsätzliche Bedeutung oder Fortbildungsbedarf des Rechts vorliege.

Die Revisionen hätten auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Kläger nicht Nacherben nach dem Erblasser geworden seien.

Die Übertragung der Geschäftsanteile betreffe daher kein Recht der Kläger.

a) Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerfrei entschieden, dass sich die Voraussetzungen des Nacherbfalls nach dem Testament vom 28. März 1972 richten

und dieser nur bei Abschluss einer Berufsausbildung durch den Nacherben eintreten sollte.

Der Erblasser habe keinen formwirksamen Willen erklärt, den Nacherbfall auch mit dem Tod der Vorerbin eintreten zu lassen.

b) Auf Grundlage dieser Testamentsauslegung seien die Kläger mit dem Tod ihres Vaters nicht an dessen Stelle Nacherben des Erblassers geworden.

Daher müsse nicht entschieden werden, ob eine stillschweigende Ersatznacherbeneinsetzung der Kläger anzunehmen gewesen sein könnte.

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Die Nacherbeneinsetzung sei gemäß § 2109 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam geworden.

c) Das Berufungsgericht habe zu Recht entschieden, dass es den Beklagten nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt sei, sich auf die fehlende Erbenstellung der Kläger zu berufen.

Es liege kein widersprüchliches Verhalten vor, das die Beklagten an der Rechtsausübung hindern könnte.

d) Die Widerklage sei zulässig, soweit sie sich auf die Feststellung richte, dass die Kläger nicht Nacherben des Erblassers geworden seien.

Der Klageantrag sei entsprechend auszulegen und es bestehe ein Feststellungsinteresse.

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Kammergerichts werden daher gemäß § 552a Satz 1 ZPO zurückgewiesen.

RA und Notar Krau

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