Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 066/04

Juni 10, 2020

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 066/04

Beschluss vom 07. September 2004

Testamentsauslegung

Zuwendung einer Eigentumswohnung als Alleinerbeneinsetzung

Zusammenfassung von RA und Notar Krau


Sachverhalt:


Die ledige und kinderlose Erblasserin verstarb am 18. Juli 2003 im Alter von 59 Jahren.

Ihr Lebensgefährte (Beteiligter zu 1) und ihr Bruder (Beteiligter zu 2) sind die Hauptbeteiligten.

Die Erblasserin hinterließ ein eigenhändiges Testament vom 5. Juli 2003, in dem sie verfügte, dass der Beteiligte zu 1 ihre Eigentumswohnung samt Mobiliar erhalten soll.

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Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus der im Testament genannten Eigentumswohnung, die Anfang 2003 für 110.000 € erworben wurde,

sowie aus Bankguthaben und Wertpapieren im Wert von rund 110.000 €.

Verfahrensgang:


Amtsgericht München (16. Februar 2004):

Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Beteiligten zu 2 als Alleinerbe aufgrund gesetzlicher Erbfolge.

Landgericht München I (25. Mai 2004):

Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts, Anweisung zur Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Beteiligten zu 1 als Alleinerbe.


Bayerisches Oberstes Landesgericht: Zurückweisung der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 2.

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Tenor:


I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird zurückgewiesen.


II. Der Beteiligte zu 2 hat die dem Beteiligten zu 1 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.


III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 110.000 € festgesetzt.

Gründe:


Auslegung des Testaments:


Erblasserwillen und testamentarische Verfügung:

Das Testament vom 5. Juli 2003 ist auslegungsbedürftig, da unklar ist, ob der Beteiligte zu 1 als Alleinerbe oder nur als Vermächtnisnehmer der Wohnung eingesetzt wurde.

Bayerisches Oberstes Landesgericht 1Z BR 066/04


Maßgeblich ist der Wille der Erblasserin zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung.

Die Erblasserin war sich der Zusammensetzung ihres Vermögens bewusst und hatte vor, das Geldvermögen noch zu Lebzeiten zu verschenken, was jedoch nicht mehr umgesetzt wurde.


Rechtliche Beurteilung:

Die Zuwendung der Eigentumswohnung kann als Erbeinsetzung gelten, wenn sie den Hauptnachlassgegenstand darstellt und der Nachlass im Wesentlichen dadurch erschöpft wird.


Außertestamentarische Umstände und Äußerungen der Erblasserin deuten darauf hin, dass sie den Beteiligten zu 1 als Alleinerben einsetzen wollte.

Insbesondere beabsichtigte sie, ihr restliches Vermögen noch zu Lebzeiten zu verschenken.


Zeugenaussagen und Beweiswürdigung:

Zeuginnen und der Beteiligte zu 1 bestätigten, dass die Erblasserin plante, ihr Geldvermögen noch zu Lebzeiten zu verteilen.


Der Beteiligte zu 2 selbst bestätigte, dass die Erblasserin ihm gegenüber erklärte, die Wohnung solle der Beteiligte zu 1 erhalten und er selbst nichts erben solle.

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Rechtliche Nachprüfung:

Die Auslegung des Landgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Sie berücksichtigt alle wesentlichen Umstände und folgt den gesetzlichen Beweisregeln und Verfahrensvorschriften.


Die Auslegung, dass die Erblasserin den Beteiligten zu 1 als Alleinerben eingesetzt hat, ist schlüssig und nachvollziehbar.


Fazit:


Die Zuwendung der Eigentumswohnung an den Beteiligten zu 1 ist als Erbeinsetzung zu werten, da die Erblasserin damit über ihren wesentlichen Nachlass verfügen wollte.

Der Beteiligte zu 1 ist somit Alleinerbe geworden.

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird zurückgewiesen, und er trägt die Kosten des Verfahrens.

Schlussfolgerung:


Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der konkreten Willensrichtung des Erblassers bei der Auslegung von Testamenten,

insbesondere wenn es um die Frage geht, ob eine Zuwendung als Erbeinsetzung oder als Vermächtnis zu verstehen ist.

Außertestamentarische Umstände und die Vorstellungen des Erblassers über die Zusammensetzung seines Vermögens zum Zeitpunkt des Todes sind dabei von erheblicher Bedeutung.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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