Testamentsauslegung Zuwendung Vermögensgegenstände

August 19, 2017

Testamentsauslegung Zuwendung Vermögensgegenstände

OLG München 23 U 3098/06

Testamentsauslegung: Zuwendung fast der gesamten Vermögensgegenstände des Erblassers in unterschiedlichen Werten an die Kinder

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München hatte in diesem Fall über die Auslegung eines Testaments zu entscheiden,

in dem die Erblasserin ihren vier Kindern verschiedene Vermögensgegenstände unterschiedlichen Werts zugewendet hatte.

Kernaussage des Urteils:

Wendet ein Erblasser in seinem Testament seinen Kindern einzelne Vermögensgegenstände in unterschiedlichem Wert zu, so ist in der Regel davon auszugehen, dass er sie zu Erben mit

unterschiedlichen Erbquoten einsetzen und nicht Vorausvermächtnisse bei gleichen Erbquoten anordnen wollte.

Sachverhalt:

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament ihren vier Kindern verschiedene Vermögensgegenstände zugewendet:

  • Dem Kläger zu 1) die Hälfte des Grundstücks S.höfe 8 mit einem neu errichteten Wohnhaus.
  • Dem Kläger zu 2) die andere Hälfte des Grundstücks S.höfe 8 mit einem alten Bauernhaus, belastet mit einem Wohnrecht für die Beklagte zu 1).
  • Dem Beklagten zu 2) 1.000 m² des Grundstücks S.höfe 8 sowie das Erbe an einem Wohnungseigentum in T.
  • Der Beklagten zu 1) ein Wohnrecht an Stube, Kammer und Küche des alten Bauernhauses auf dem Grundstück S.höfe 8.

Testamentsauslegung Zuwendung Vermögensgegenstände

Die Kläger waren der Ansicht, dass die Erblasserin ihre Kinder zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt und Vorausvermächtnisse angeordnet habe.

Die Beklagten hingegen meinten, dass die Erblasserin eine Teilungsanordnung getroffen habe.

Entscheidung des Gerichts:

Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Erblasserin ihre Kinder nicht zu gleichen Teilen, sondern mit unterschiedlichen Erbquoten als Erben eingesetzt hat.

Die Erbquoten ergeben sich aus dem Verhältnis des Werts der ihnen jeweils zugewandten Vermögensgegenstände zum Wert des Gesamtnachlasses.

Begründung:

  • Die Erblasserin hat in ihrem Testament nahezu ihr gesamtes Vermögen verteilt.
  • Die Erblasserin hat ihren Kindern Vermögensgegenstände von unterschiedlichem Wert zugewendet.
  • Es ist davon auszugehen, dass die Erblasserin eine ungleiche Verteilung des Nachlasses beabsichtigt hat.
  • Gegen eine Erbeinsetzung zu gleichen Teilen und die Anordnung von Vorausvermächtnissen spricht, dass die Kinder in diesem Fall im gleichen Umfang für Nachlassverbindlichkeiten haften würden, obwohl sie mit Nachlassgegenständen von unterschiedlichem Wert bedacht worden wären.
  • Die Erblasserin hat im Testament keine Ausgleichspflicht zwischen ihren Kindern angeordnet.
  • Es ist davon auszugehen, dass die Erblasserin es ihren Kindern nicht überlassen wollte, einen wertmäßigen Ausgleich zu suchen.

Testamentsauslegung Zuwendung Vermögensgegenstände

Konsequenzen:

Da die Erbquote der Beklagten zu 1) den Pflichtteil nicht erreichte, war die Teilungsanordnung ihr gegenüber nicht wirksam.

Die Kläger konnten daher die Übertragung der ihnen testamentarisch zugewandten Nachlassgegenstände nicht verlangen.

Revision:

Die Revision wurde nicht zugelassen, da das Gericht lediglich gesicherte Rechtsprechungsgrundsätze

auf den Einzelfall angewendet und eine Testamentsauslegung vorgenommen hat, der keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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