Testamentsgestaltung in der Patchwork-Familie
RA und Notar Krau
Die Gestaltung eines Testaments in einer Patchworkfamilie ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die unterschiedliche Interessen berücksichtigen muss: die des Partners, die der eigenen Kinder und die der Kinder des Partners.
Der Erblasser muss entscheiden, welche dieser Interessen im Vordergrund stehen und welche nachrangig sind.
Die Regelungen im Testament hängen von den spezifischen Zielen des Erblassers ab.
In Patchworkfamilien ist es oft notwendig, eine Verfügung von Todes wegen zu erstellen, um die Nachlassverteilung klar zu regeln.
Dabei muss geprüft werden, ob bereits bindende Verfügungen (z. B. durch ein gemeinschaftliches Testament oder einen Erbvertrag) bestehen, die einer neuen Regelung entgegenstehen könnten.
Sollten bestehende erbrechtliche Bindungen vorhanden sein, kann es nötig sein, Wege zu finden, diese zu durchbrechen.
Dies kann durch lebzeitige Verfügungen, Ausschlagung des Erbes oder Anfechtung der bindenden Verfügung geschehen.
In einigen Fällen ist es auch möglich, die Bindung zu umgehen, wenn ein berechtigtes Eigeninteresse des Erblassers besteht.
Vor der Erstellung eines neuen Testaments sollte genau überlegt werden, ob eine erbrechtliche Bindung überhaupt gewünscht ist.
Eine solche Bindung kann die zukünftige Handlungsfreiheit einschränken und sollte daher nur nach sorgfältiger Abwägung eingegangen werden.
Eine wesentliche Zielvorgabe kann die Absicherung des Partners sein. Hier gibt es verschiedene Gestaltungsoptionen:
Eine ausgewogene Lösung könnte darin bestehen, dem Partner ein Nießbrauchsrecht oder ein Wohnungsrecht zu vermachen, was ihm die Nutzung bestimmter Nachlassgegenstände ermöglicht, ohne dass diese in seinen Besitz übergehen.
Ein weiteres Ziel kann die gleichberechtigte Behandlung aller Kinder, unabhängig von ihrer Abstammung, sein.
Hier treten jedoch Schwierigkeiten auf, wenn die Anzahl der Kinder auf beiden Seiten unterschiedlich ist.
In solchen Fällen könnte ein Berliner Testament in Betracht gezogen werden, das beide Partner als gegenseitige Alleinerben einsetzt und die Kinder nach dem Tod des letzten Partners als Schlusserben.
Problematisch ist jedoch das Pflichtteilsrecht, das im ersten Erbfall nur den leiblichen Kindern des Verstorbenen zusteht.
Um hier eine Gleichbehandlung zu gewährleisten, könnte ein notarieller Pflichtteilsverzicht erforderlich sein, den jedoch die Kinder oft nur ungern erklären.
Wenn der Erblasser vor allem seine eigenen Kinder absichern möchte, kann dies durch eine Vorerbschaft oder durch die Zuweisung von Vermächtnissen geschehen.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Vermächtnis nur einen schuldrechtlichen Anspruch begründet, der erst noch erfüllt werden muss.
Eine Testamentsvollstreckung könnte hierbei helfen, Streitigkeiten zu vermeiden.
In einigen Fällen soll das Stiefkind ganz oder teilweise vom Erbe ausgeschlossen werden.
Dies kann durch eine Vorerbschaft des Partners oder durch ein Herausgabevermächtnis verhindert werden.
Umgekehrt ist es auch möglich, das Stiefkind bevorzugt zu berücksichtigen, was jedoch zu Problemen mit dem Pflichtteilsrecht der eigenen Kinder führen kann.
Neben erbrechtlichen Gestaltungen können auch familienrechtliche Anordnungen getroffen werden, um den Nachlass optimal zu regeln:
Die Testamentsgestaltung in Patchworkfamilien erfordert eine sorgfältige und durchdachte Planung, die den verschiedenen Interessen gerecht wird.
Die erbrechtlichen Instrumente wie Vorerbschaft, Nießbrauch und Testamentsvollstreckung sind komplex, bieten aber effektive Lösungen, um die gewünschten Ziele zu erreichen.