Tod Kontoinhaber soziales Netzwerk – Anspruch der Erben auf Zugang zu dem Benutzerkonto

Dezember 26, 2019

Tod Kontoinhaber soziales Netzwerk – Anspruch der Erben auf Zugang zu dem Benutzerkonto

BGH Urteil 12.7.2018 – III ZR 183/17 –

RA und Notar Krau

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über.

Dem Zugang zu dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.

vorgehend KG Berlin 21. Zivilsenat, 31. Mai 2017, 21 U 9/16, Urteil
vorgehend LG Berlin 20. Zivilkammer, 17. Dezember 2015, 20 O 172/15, Urteil
nachgehend LG Berlin 20. Zivilkammer, 13. Februar 2019, 20 O 172/15, Beschluss

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 31. Mai 2017 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 20 des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Tod Kontoinhaber soziales Netzwerk – Anspruch der Erben auf Zugang zu dem Benutzerkonto

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Juli 2018 (Az. III ZR 183/17) befasst sich mit der Frage,

ob Erben Anspruch auf Zugang zu einem Benutzerkonto in einem sozialen Netzwerk haben, wenn der Kontoinhaber verstirbt.

Der Fall betraf die Eltern einer minderjährigen Tochter, die bei einem Unfall ums Leben kam und ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk hatte.

Die Eltern wollten Zugang zu diesem Konto erlangen, um möglicherweise Hinweise auf die Todesumstände ihrer Tochter zu finden und um eventuelle Schadensersatzansprüche abzuwehren.

Der BGH entschied, dass der Nutzungsvertrag des sozialen Netzwerks mit dem Tod der Kontoinhaberin gemäß § 1922 BGB auf die Erben übergeht.

Daher haben die Erben Anspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto sowie den darin gespeicherten Inhalten.

Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht der Verstorbenen noch das Fernmeldegeheimnis oder Datenschutzrecht stehen diesem Anspruch entgegen.

Tod Kontoinhaber soziales Netzwerk – Anspruch der Erben auf Zugang zu dem Benutzerkonto

Wichtige Punkte des Urteils waren:

  1. Erbrechtliche Vererbung des Vertrags: Der Vertrag über das Benutzerkonto geht auf die Erben über, die somit alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen übernehmen, einschließlich des Zugangsrechts zu den gespeicherten Daten.
  2. Keine Hindernisse durch Fernmeldegeheimnis: Das Fernmeldegeheimnis (§ 88 TKG) schützt die Kommunikationsinhalte, betrifft jedoch nicht die Erben, da diese durch die Gesamtrechtsnachfolge in die Position des Verstorbenen eintreten und damit berechtigt sind, Zugang zu den Inhalten zu erhalten.
  3. Datenschutz und Persönlichkeitsrechte: Der Schutz personenbezogener Daten erstreckt sich nach dem Tod nicht auf den Verstorbenen. Die Daten der Kommunikationspartner der Verstorbenen dürfen den Erben zugänglich gemacht werden, da die Interessen der Erben (z.B. zur Klärung der Todesumstände oder zur Abwehr von Ansprüchen) überwiegen.
  4. Vertragsbedingungen des Netzwerks: Regelungen des sozialen Netzwerks zum „Gedenkzustand“ eines Kontos, die den Zugang nach dem Tod verhindern sollen, wurden als unwirksam erachtet, da sie die Erben in ihren erbrechtlichen Ansprüchen unzulässig benachteiligen.

Das Urteil stellt somit klar, dass digitale Inhalte und Verträge im Todesfall vererbbar sind und die Erben grundsätzlich Anspruch auf Zugang zu diesen Inhalten haben,

auch wenn das soziale Netzwerk dies in seinen Nutzungsbedingungen anders regelt.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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