Übergabevertrag und Erbverzicht

Mai 13, 2020

Übergabevertrag und Erbverzicht – Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 10.2.1981 – BReg 1 Z 125/80

RA und Notar Krau

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. Februar 1981 (BReg 1 Z 125/80) befasst sich mit einem Übergabevertrag und einem Erbverzicht.

In diesem Fall übergaben Eltern ihr landwirtschaftliches Anwesen an einen ihrer Nachkommen unter Vereinbarung eines Leibgedinges.

Der Nachkomme erklärte sich damit einverstanden, mit allen Ansprüchen gegen den künftigen Nachlass der Eltern abgefunden zu sein

und verzichtete ausdrücklich auf seine Pflichtteilsansprüche, nicht jedoch auf sein gesetzliches Erbrecht.

Der Fall hatte zuvor das Landgericht Memmingen beschäftigt, das am 2. September 1980 einen Beschluss gefasst hatte.

Sachverhalt


Am 22. März 1980 verstarb eine Hausfrau, die mit ihrem Ehemann, einem Landwirt, verheiratet war, der bereits 1974 gestorben war.

Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor, darunter der Beteiligte zu 1.

Ein notariell beurkundeter Vertrag vom 4. März 1960 hatte das landwirtschaftliche Anwesen auf den Sohn übertragen.

Übergabevertrag und Erbverzicht

Der Vertrag enthielt eine Klausel, die festlegte, dass der Übernehmer durch die Übergabe mit allen Ansprüchen abgefunden sei

und auf seine gesetzlichen Pflichtteilsansprüche gegenüber dem künftigen Nachlass seiner Eltern verzichte.

Die Geschwister des Übernehmers hatten anlässlich der Übergabe keine Zuweisung erhalten, da sie bereits abgefunden waren.

Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus einem Sparguthaben von 6584,22 DM.

In der Nachlassverhandlung vor dem Amtsgericht Memmingen am 12. Mai 1980 erklärten die Beteiligten zu 2) bis 4),

dass keine Verfügung von Todes wegen getroffen worden sei, und beantragten einen Erbschein, der sie zu bestimmten Erbanteilen ausweise.

Sie vertraten die Ansicht, der Übernehmer habe nur auf seinen Pflichtteil verzichtet, nicht jedoch auf sein Erbrecht.

Der Beteiligte zu 1) beantragte hingegen einen Erbschein, der ihn und die Beteiligte zu 2) als Miterben zu gleichen Teilen ausweise, da sein Bruder auf das gesetzliche Erbrecht verzichtet habe.

Die Beteiligte zu 2) schloss sich schließlich diesem Antrag an.

Entscheidungen der Vorinstanzen

Das Amtsgericht Memmingen wies die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1) und 2) zurück und entschied,

dass der Übergabevertrag lediglich einen Verzicht auf den Pflichtteil, nicht jedoch auf das gesetzliche Erbrecht enthalte.

Übergabevertrag und Erbverzicht

Die Annahme einer freiwilligen Zuwendung in Form der gesetzlichen Erbfolge sei nicht untersagt worden.

Gelegentliche Äußerungen der Erblasserin änderten nichts an dieser Beurteilung.

Die Erinnerung des Beteiligten zu 1) wurde vom Richter dem Landgericht Memmingen zur Entscheidung vorgelegt, welches die Beschwerde ebenfalls als unbegründet zurückwies.

Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts

Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Es stellte fest, dass der Übergabevertrag vom 4. März 1960 keinen Verzicht des Übernehmers auf sein gesetzliches Erbrecht enthielt.

Ein solcher Verzicht muss deutlich erkennbar und ausdrücklich erklärt werden.

Der Vertrag enthielt nur einen Verzicht auf den Pflichtteil.

Der Wortlaut des Vertrages und die Umstände der Übergabe deuteten nicht darauf hin, dass ein Erbverzicht gewollt war.

Die Vorinstanzen hatten korrekt festgestellt, dass ein solcher Verzicht nicht vorlag.

Das Gericht setzte den Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde auf 1097 DM fest.

Es wies die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurück und entschied, dass dieser die Kosten zu erstatten hat, die den Beteiligten zu 3) und 4) im Verfahren entstanden sind.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass bei der Auslegung von Verträgen und Verzichtserklärungen der eindeutige Wille der Vertragsparteien entscheidend ist

und dass ein Erbverzicht klar und unmissverständlich erklärt werden muss, um wirksam zu sein.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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