Überlegungsfrist für Befangenheitsantrag – Maximal zwei Tage

Oktober 12, 2025

Überlegungsfrist für Befangenheitsantrag – Maximal zwei Tage

OLG Brandenburg 1. Senat für Familiensachen – Entscheidung 9 WF 208/24 – Beschluss vom 11.10.2024

Gerne fasse ich diesen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg für juristische Laien zusammen. Es geht dabei um den Versuch, eine Richterin wegen Befangenheit abzulehnen.

Worum geht es in der Entscheidung 9 WF 208/24?

Die Entscheidung betrifft einen Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Brandenburg vom 11. Oktober 2024.

Kurz gesagt:

Das Gericht hat die sofortige Beschwerde einer beteiligten Person (der Beschwerdeführerin) gegen eine frühere Entscheidung des Amtsgerichts Cottbus zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hatte versucht, eine Richterin am Amtsgericht wegen angeblicher Befangenheit aus dem Verfahren zu drängen. Das OLG hält diesen Versuch für unbegründet.

Fachbegriff – Einfache Erklärung

Beschwerdeführerin

Die Person, die sich beschwert und eine höhere Instanz (hier das OLG) einschaltet, um eine Entscheidung zu überprüfen.

Sofortige Beschwerde

Ein Rechtsmittel, also die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung schnell von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen.

Zurückgewiesen

Die Beschwerde wurde als unbegründet abgewiesen. Die ursprüngliche Entscheidung (hier die des Amtsgerichts) bleibt bestehen.

Ablehnungsgesuch/Befangenheitsgesuch

Der Antrag, einen Richter oder eine Richterin aus einem Verfahren auszuschließen, weil man befürchtet, er oder sie sei nicht unparteiisch (befangen).

Besorgnis der Befangenheit

Der juristische Grund für ein Ablehnungsgesuch. Es bedeutet nicht, dass der Richter tatsächlich parteiisch ist, sondern dass aus objektiver Sicht eines vernünftigen Beteiligten Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen. Es reicht der „böse Schein“.

Unverzüglich

Ein juristischer Ausdruck, der „ohne schuldhaftes Zögern“ oder „sofort, sobald man davon weiß“ bedeutet.

Verfristung

Bedeutet, dass eine Frist (hier die Frist zur Einreichung des Ablehnungsgesuchs) abgelaufen ist. Die Handlung ist dann verspätet und wird nicht mehr berücksichtigt.

Der Sachverhalt und die Begründung des OLG

Die Beschwerdeführerin versuchte, eine Richterin des Amtsgerichts wegen Befangenheit abzulehnen. Das OLG prüfte die Gründe, die dafür vorgebracht wurden.

Die Frist wurde nicht eingehalten (Verfristung)

Der wichtigste Grund für die Ablehnung des Gesuchs:

Wenn man einen Richter ablehnen will, muss man die Gründe dafür unverzüglich vorbringen, also so schnell wie möglich, sobald man davon erfährt.

Überlegungsfrist für Befangenheitsantrag – Maximal zwei Tage

Das OLG legt hier einen strengen Maßstab an und hält eine Frist von maximal 3 bis 4 Tagen für angemessen, um die Sachlage zu prüfen.

Die Beschwerdeführerin hatte am 30. Mai 2024 Unterlagen erhalten, auf die sich ihr Ablehnungsgesuch vom 20. Juni 2024 stützte.

Ergebnis:

Das Ablehnungsgesuch wurde mehr als zwei Wochen später eingereicht, was das OLG als deutlich zu spät ansieht. Diese Gründe dürfen daher nicht mehr berücksichtigt werden.

Die späteren Gründe sind nicht objektiv genug

Für die Gründe, die sich auf später erhaltene Akteneinsichten beziehen, prüfte das OLG, ob eine Besorgnis der Befangenheit tatsächlich vorliegt:

Der Maßstab:

Es kommt nicht auf die rein subjektive Vorstellung der Beschwerdeführerin an, sondern darauf, ob ein verständiger Verfahrensbeteiligter objektiv berechtigten Grund hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

Kein Instrument zur Fehlerkontrolle:

Eine Befangenheitsablehnung ist kein Mittel, um fehlerhafte Gerichtsentscheidungen oder bloße Verfahrensverstöße zu rügen. Dafür gibt es Rechtsmittel wie die Beschwerde. Nur wenn die Entscheidungen oder die Verfahrensführung willkürlich erscheinen und eine Richterin dadurch den Anschein erweckt, sachfremd oder parteiisch zu sein, kann eine Ablehnung erfolgreich sein.

Die vorgebrachten Rügen:

Die Beschwerdeführerin rügte unter anderem fehlende Aktenvermerke, mangelnde Information oder angebliche Datenschutzverstöße.

Ergebnis des OLG:

Das Gericht befand, dass die Art und Weise der Aktenführung und der sonstigen Verfahrensleitung allein nicht den Anschein einer Befangenheit begründet. Auch wenn es Verfahrensfehler gegeben hätte (was die Beschwerdeführerin nicht einmal richtig belegt hat), würden diese nicht ausreichen, um eine Befangenheit der Richterin anzunehmen. Die Behauptungen waren dem Gericht zu pauschal.

Die Schlussfolgerung

Das OLG wies die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück, da die Gründe entweder zu spät vorgebracht wurden oder keine objektive Befangenheit der Richterin belegen konnten. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens muss die Beschwerdeführerin tragen.

Fazit

Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass die Richterin am Amtsgericht nicht als befangen gilt. Der Versuch, sie abzulehnen, scheiterte sowohl an einer zu späten Einreichung des Gesuchs als auch daran, dass die vorgebrachten Gründe nicht ausreichten, um objektiv Zweifel an ihrer Unparteilichkeit zu begründen.

RA und Notar Krau

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