Übertragbarkeit des Rechts der Annahme der Erbschaft
Erbschaft annehmen: Wer darf entscheiden und wie geht das?
Stellen Sie sich vor, Sie erfahren, dass Sie eine Erbschaft antreten sollen. Eine aufregende Nachricht, die aber auch Fragen aufwirft: Darf ich die Erbschaft überhaupt annehmen? Kann das jemand anderes für mich tun? Und was passiert, wenn ein Kind erbt? Diese Fragen sind wichtig, denn die Annahme einer Erbschaft hat weitreichende Folgen. Als Rechtsanwalt und Notar Krau beleuchte ich für Sie, wie die Annahme einer Erbschaft funktioniert, wer sie erklären darf und welche Besonderheiten es gibt.
Die Entscheidung, eine Erbschaft anzunehmen, ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Sie können dieses Recht nicht einfach auf jemand anderen übertragen – es ist fest mit Ihrer Position als potenzieller Erbe verbunden.
Aber das bedeutet nicht, dass Sie die Annahmeerklärung höchstpersönlich abgeben müssen. Sie können eine andere Person dazu bevollmächtigen. Das ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn Sie selbst aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer Reise nicht dazu in der Lage sind. Eine solche Vollmacht kann speziell für die Erbschaftsannahme ausgestellt sein (eine sogenannte Spezialvollmacht) oder Teil einer umfassenderen Generalvollmacht sein, die alle Ihre finanziellen Angelegenheiten abdeckt. Die Vollmacht braucht dabei keine besondere Form, sie muss also nicht schriftlich sein oder notariell beurkundet werden – auch wenn dies in der Praxis oft empfehlenswert ist, um Missverständnisse zu vermeiden.
Wichtig ist jedoch: Eine „Anscheins-“ oder „Duldungsvollmacht“ – also die bloße Vermutung, jemand sei bevollmächtigt, oder das dulden eines Handelns ohne tatsächliche Vollmacht – reicht hierfür nicht aus. Ebenso wenig kann jemand die Erbschaft für Sie annehmen, wenn er gar keine Vollmacht hat und Sie das nachträglich „genehmigen“ wollen. In diesem Fall zählt nicht der Zeitpunkt der ursprünglichen, unwirksamen Erklärung, sondern der Zeitpunkt Ihrer Genehmigung als Annahme.
Was passiert, wenn ein Kind erbt? Ein minderjähriges Kind kann die Erbschaft nicht allein annehmen, da es noch nicht voll geschäftsfähig ist und die Annahme einer Erbschaft nicht nur Vorteile mit sich bringt (man kann ja auch Schulden erben!). Deshalb übernehmen in der Regel die Eltern, die das Sorgerecht haben, diese Aufgabe für ihr Kind. Ist nur ein Elternteil sorgeberechtigt, ist dieser allein zuständig. Auch ein Vormund kann ein minderjähriges Kind vertreten.
Die Zustimmung der Eltern ist aber nicht dasselbe wie die Annahme der Erbschaft durch die Eltern selbst. Wenn die Eltern der Annahme der Erbschaft durch ihr Kind zustimmen, gilt dies als Annahme des Erbes für das Kind.
Es gibt jedoch Situationen, in denen die Eltern von der Verwaltung des Erbes ausgeschlossen sind, zum Beispiel bei einem Interessenkonflikt. Dann muss ein sogenannter Zuwendungspfleger für das Kind bestellt werden, der die Entscheidung über die Annahme oder Ausschlagung trifft. Auch wenn die Eltern oder der Vormund aus anderen Gründen (z.B. Krankheit, Abwesenheit) an der Vertretung gehindert sind, wird ein Ergänzungspfleger bestellt.
Manchmal sind Erben nicht greifbar oder nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen.
Gut zu wissen: Für die Annahme einer Erbschaft ist in der Regel keine gerichtliche Genehmigung notwendig. Weder Eltern, Vormund noch Betreuer brauchen dafür die Zustimmung eines Familien- oder Betreuungsgerichts.
Auch müssen Ehe- oder Lebenspartner, die in Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung leben, nicht die Zustimmung des anderen Partners einholen, um eine Erbschaft anzunehmen. Selbst bei einer Gütergemeinschaft, wo das Vermögen beider Partner gemeinsam verwaltet wird, ist die Zustimmung des anderen Partners für die Annahme einer Erbschaft nicht erforderlich.
Das Recht, eine Erbschaft anzunehmen, ist, wie erwähnt, sehr persönlich und kann nicht einfach auf andere übertragen oder gar gepfändet werden. Auch ein Insolvenzverwalter, Sozialhilfeträger oder Testamentsvollstrecker darf diese Entscheidung nicht für Sie treffen.
Aber: Das Recht, eine Erbschaft anzunehmen oder auszuschlagen, ist vererblich. Das bedeutet, wenn Sie sterben, bevor Sie sich für oder gegen die Erbschaft entschieden haben, geht dieses Recht auf Ihre Erben über.
Bei einer sogenannten Vor- und Nacherbschaft wird der Erbe in zwei Phasen geteilt: Der Vorerbe erhält das Erbe zunächst für eine bestimmte Zeit oder bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses, danach geht es an den Nacherben über.
Der Nacherbe kann die Erbschaft schon dann annehmen, wenn der Erbfall eintritt – also noch bevor er tatsächlich zum Nacherben wird. Auch wenn er über sein Nacherbenanwartschaftsrecht (das ist quasi sein zukünftiges Recht auf das Erbe) verfügt, kann das als stillschweigende Annahme gewertet werden. Die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beginnt für den Nacherben allerdings erst, wenn der Nacherbfall tatsächlich eintritt.
Ich hoffe, dieser Überblick hilft Ihnen, die komplexen Aspekte der Erbschaftsannahme besser zu verstehen. Bei weiteren Fragen oder konkreten Anliegen stehe ich Ihnen als Rechtsanwalt und Notar Krau gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr RA und Notar Krau