Übertragung tariflichen Mehrurlaubs

September 20, 2017

Übertragung tariflichen Mehrurlaubs

Gleichlauf – Ersatzurlaubsanspruch – Manteltarifvertrag

BAG 9 AZR 207/16 Urteil vom 14.2.2017,

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass tariflicher Mehrurlaub, der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgeht,

verfallen kann, wenn er nicht innerhalb der tarifvertraglich festgelegten Frist geltend gemacht wird.

Im vorliegenden Fall war der tarifliche Mehrurlaub nach dem Manteltarifvertrag (MTV) am 31. März des Folgejahres verfallen, obwohl der Arbeitnehmer bis dahin krankheitsbedingt arbeitsunfähig war.

Sachverhalt:

Der Kläger war bei der Beklagten als Betriebsschlosser beschäftigt.

Auf das Arbeitsverhältnis fand der MTV Anwendung, der einen tariflichen Jahresurlaub von 30 Tagen vorsah. Im Jahr 2014 gewährte die Beklagte dem Kläger 19 Urlaubstage.

Ab Oktober 2014 war der Kläger arbeitsunfähig krank.

Übertragung tariflichen Mehrurlaubs

Im April 2015 klagte er auf Feststellung, dass ihm noch elf Urlaubstage aus dem Jahr 2014 zustünden.

Die Parteien einigten sich im gerichtlichen Vergleich darauf, dass dem Kläger noch ein Tag gesetzlichen Urlaubs zustand.

Streitig blieben zehn Tage tariflicher Mehrurlaub.

Problematik:

  • Verfall des tariflichen Mehrurlaubs: War der tarifliche Mehrurlaub des Klägers am 31. März 2015 verfallen, obwohl er bis dahin arbeitsunfähig krank war?
  • Abweichendes Fristenregime im MTV: Enthielt der MTV ein vom Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) abweichendes Fristenregime für den tariflichen Mehrurlaub?

Entscheidung des BAG:

Das BAG wies die Revision des Klägers zurück. Der Kläger hatte keinen Anspruch auf die Feststellung, dass ihm noch zehn Tage Urlaub zustünden.

Begründung:

  • Zulässigkeit der Feststellungsklage: Die Feststellungsklage war zulässig, da der Kläger ein rechtliches Interesse an der Feststellung seines Urlaubsanspruchs hatte.
  • Kein Anspruch auf Ersatzurlaub: Dem Kläger stand kein Anspruch auf Ersatzurlaub zu, da der tarifliche Mehrurlaub bereits verfallen war, bevor Verzug eintreten konnte.
  • Verfall des tariflichen Mehrurlaubs: Der tarifliche Mehrurlaub war gemäß § 15 Abschn. I Ziff. 7 MTV mit Ablauf des 31. März 2015 verfallen.
  • Eigenständiges Fristenregime im MTV: Der MTV enthielt ein eigenständiges Fristenregime für den tariflichen Mehrurlaub, das vom BUrlG abwich. Der Urlaub musste im laufenden Urlaubsjahr gewährt und genommen werden und erlosch, wenn er nicht bis zum 31. März des folgenden Jahres geltend gemacht wurde.
  • Keine Übertragung wegen Krankheit: Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit des Klägers hinderte den Verfall des tariflichen Mehrurlaubs nicht, da der MTV keine Übertragung des Urlaubs wegen Krankheit vorsah.
  • Tarifliche Regelung weicht vom BUrlG ab: Die tarifliche Regelung wich vom BUrlG ab, da der Urlaubsanspruch auch ohne Vorliegen von Übertragungsgründen bis zum 31. März des Folgejahres bestand.

Folgen für die Praxis:

  • Beachtung tarifvertraglicher Fristen: Arbeitnehmer müssen die tarifvertraglich festgelegten Fristen für die Geltendmachung von Urlaubsansprüchen beachten.
  • Eigenständige Regelungen für Mehrurlaub: Tarifvertragsparteien können für den Mehrurlaub vom BUrlG abweichende Regelungen treffen.
  • Kein Gleichlauf mit gesetzlichem Urlaub: Es besteht kein Gleichlauf zwischen den Fristen für den gesetzlichen Mindesturlaub und den tariflichen Mehrurlaub, wenn der Tarifvertrag ein eigenständiges Fristenregime vorsieht.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Tarifautonomie im Urlaubsrecht.
  • Es zeigt, dass Tarifvertragsparteien den Mehrurlaub auch hinsichtlich der Fristen für die Geltendmachung frei regeln können.
  • Die Entscheidung des BAG ist in der Literatur überwiegend positiv aufgenommen worden.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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