Umdeutung unwirksame testamentarische Regelung in auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung

Juli 21, 2017

Umdeutung gem. § 2065 II BGB unwirksamen testamentarischen Regelung in auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung

OLG München 31 Wx 168/15

RA und Notar Krau

Der Erblasser hatte in einem gemeinschaftlichen Testament mit seiner dritten Ehefrau diese als Vorerbin und seine beiden Söhne aus erster Ehe als Nacherben eingesetzt.

Er hatte seiner Ehefrau jedoch die Möglichkeit eingeräumt, die Nacherbenbestimmung innerhalb des Kreises seiner Abkömmlinge zu ändern.

Die Ehefrau hatte in einem späteren Testament von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und einen der Söhne als Alleinerben eingesetzt.

Nach dem Tod der Ehefrau beantragte dieser Sohn einen Alleinerbschein.

Das Nachlassgericht gab dem Antrag statt. Der andere Sohn legte Beschwerde ein.

Entscheidung des OLG München:

Umdeutung unwirksame testamentarische Regelung in auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung

Das OLG München hob den Beschluss des Nachlassgerichts auf. Die dem Sohn erteilte Alleinerbschein sei unwirksam,

da die der Ehefrau im gemeinschaftlichen Testament eingeräumte Möglichkeit zur Änderung der Nacherbenbestimmung gemäß § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam sei.

Kernaussage:

Die unwirksame testamentarische Regelung, die der Ehefrau des Erblassers die Änderung der Nacherbenbestimmung erlaubte,

kann in eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung umgedeutet werden.

Begründung:

  1. Unwirksamkeit der Änderungsermächtigung:

Die Ermächtigung der Ehefrau zur Änderung der Nacherbenbestimmung ist nach § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam.

Nach dieser Vorschrift kann der Erblasser die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, nicht einem anderen überlassen.

  1. Umdeutung in eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung:

Die unwirksame Regelung kann jedoch in eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung umgedeutet werden.

Umdeutung unwirksame testamentarische Regelung in auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung

Dies ist zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 140 BGB erfüllt sind, d.h. wenn die Umdeutung dem Willen des Erblassers entspricht.

a) Zulässigkeit der auflösend bedingten Nacherbeneinsetzung:

Eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung ist grundsätzlich zulässig.

Der Erblasser kann einen Nacherben wirksam unter der Bedingung einsetzen, dass der Vorerbe nicht anderweitig von Todes wegen über den Nachlass verfügt.

b) Umdeutung im vorliegenden Fall:

Im vorliegenden Fall ist die Umdeutung in eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung zulässig.

Der Wille des Erblassers war darauf gerichtet, dass sein Grundbesitz seinen Abkömmlingen zufällt.

Dies kann durch die Umdeutung erreicht werden.

c) Sicherung des Grundbesitzes:

Die Sicherung des Grundbesitzes für die Abkömmlinge kann durch die Umdeutung gewährleistet werden.

Die auflösende Bedingung tritt nur ein, wenn die Ehefrau zu ihren Lebzeiten keine Verfügungen über den Grundbesitz trifft.

  1. Wirksamkeit der auflösenden Bedingung:

Die Ehefrau hat in ihrem Testament vom 24.11.1993 im Rahmen der auflösenden Bedingung testiert.

Die Bedingung ist mit ihrem Tod eingetreten, da sie keine Verfügungen über den Grundbesitz getroffen hatte.

  1. Keine abweichende Auslegung:

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau mit ihrem Testament vom 24.11.1993 nur die Nacherbenbestimmung ändern wollte.

Sie hat den Sohn ausdrücklich als Alleinerben eingesetzt.

  1. Ergebnis der Umdeutung:

Durch die Umdeutung ist die Ehefrau Alleinerbin des Erblassers geworden. Ihr Alleinerbe ist der Sohn, den sie in ihrem Testament vom 24.11.1993 eingesetzt hat.

Fazit:

Der Beschluss des OLG München zeigt, dass unwirksame testamentarische Regelungen in bestimmten Fällen umgedeutet werden können.

Im vorliegenden Fall konnte die unwirksame Änderungsermächtigung in eine auflösend bedingte Nacherbeneinsetzung umgedeutet werden.

Dies entspricht dem Willen des Erblassers und sichert den Grundbesitz für seine Abkömmlinge.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnen

Februar 9, 2025
Ausschlagungsfrist Kenntnis des Betreuers dem Erben zuzurechnenBeschluss OLG Celle vom 02.12.2024 (6 W 142/24) zum ErbscheinsverfahrenRA u…
Nachweis Errichtung Testament

Nachweis Errichtung Testament

Februar 9, 2025
Nachweis Errichtung TestamentOLG Brandenburg Beschluss vom 28.11.2024 – 3 W 131/24RA und Notar KrauIn dem vorliegenden Beschluss des O…
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im Erbscheinsverfahren

Februar 9, 2025
Akteneinsichtsrecht nicht beteiligter Dritter im ErbscheinsverfahrenBeschluss OLG Brandenburg vom 30.12.2024 – 11 VA 3/24RA und Notar Krau…