Umfang der Vollmacht eines Grundstückskäufers zur Belastung des Kaufgegenstandes mit Grundpfandrechten

November 2, 2025

Umfang der Vollmacht eines Grundstückskäufers zur Belastung des Kaufgegenstandes mit Grundpfandrechten

OLG Düsseldorf – 02. Dezember 1999 – 3 Wx 305/99

OLG Düsseldorf – Rangvorbehalt und Vollmacht zur Finanzierung beim Grundstückskauf

Worum geht es in diesem Fall?

Dieser Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf klärt, ob ein Käufer eines Grundstücks, der zur Finanzierung des Kaufpreises eine Vollmacht vom Verkäufer erhalten hat, diese Vollmacht auch dazu nutzen darf, einen sogenannten Rangvorbehalt im Grundbuch auszuüben.

  • Der Kaufvertrag: Die Verkäuferin (Beteiligte zu 1) verkaufte Wohnungen an die Käufer (Beteiligte zu 2).
  • Finanzierung und Vollmacht: Die Käufer brauchten Fremdmittel (Kredit) und erhielten vom Verkäufer eine Vollmacht, das Grundstück zur Absicherung des Kredits mit Grundpfandrechten (z. B. einer Grundschuld) zu belasten. Die Vollmacht umfasste auch die Berechtigung, „alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen Gericht und Gläubiger gegenüber abzugeben“.
  • Auflassungsvormerkung und Rangvorbehalt: Im Grundbuch wurde für die Käufer eine Auflassungsvormerkung eingetragen (sichert ihren Anspruch auf Eigentumsübertragung). Gleichzeitig wurde ein Rangvorbehalt zugunsten des Verkäufers eingetragen, der es ihm ermöglichte, bestimmte Grundpfandrechte vor dieser Vormerkung eintragen zu lassen. Es wurde aber vertraglich vereinbart, dass dieser Rangvorbehalt nur für die Grundpfandrechte genutzt werden darf, welche die Käufer zur Kaufpreisfinanzierung benötigen.
  • Das Problem: Die Käufer bestellten die benötigte Grundschuld (zugunsten der Bank, Beteiligte zu 3) und erklärten gleichzeitig, dass diese Grundschuld unter Ausnutzung des Rangvorbehalts mit Vorrang vor der Vormerkung eingetragen werden soll. Das Grundbuchamt und die Vorinstanz (Landgericht) waren der Meinung, dass die erteilte Vollmacht die Ausnutzung des Rangvorbehalts nicht einschließt – dafür sei eine separate Erklärung des Verkäufers notwendig.

Umfang der Vollmacht eines Grundstückskäufers zur Belastung des Kaufgegenstandes mit Grundpfandrechten

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf

Das OLG Düsseldorf gab den Käufern (und der Bank) recht und entschied, dass die Vollmacht die Ausübung des Rangvorbehalts einschließt.

  1. Ziel der Auslegung: Bei der Auslegung von notariellen Urkunden (wie der Vollmacht) muss man nicht nur auf den genauen Wortlaut schauen, sondern auch auf den Sinn und Zweck der Erklärung. Was wollten die Parteien mit der Regelung erreichen?
  2. Vertragszweck: Der gesamte Kaufvertrag war darauf ausgerichtet, dass die Käufer die Finanzierung schnell und ohne weitere Mitwirkung des Verkäufers sichern können.
  3. „Erforderliche Erklärungen“: Die Vollmacht ermächtigte die Käufer ausdrücklich, „alle in diesem Zusammenhang erforderlichen Erklärungen“ abzugeben.
  4. Erforderlichkeit des Rangs: Für die Gläubigerbank (Beteiligte zu 3) ist es üblich und oft zwingend erforderlich, dass ihre Grundschuld an erster (oder einer sehr guten) Rangstelle im Grundbuch eingetragen wird, um das Darlehen auszuzahlen. Ohne die Ausnutzung des Rangvorbehalts wäre die erteilte Finanzierungsvollmacht für die Käufer „weitgehend wertlos“, da die Bank das Geld voraussichtlich nicht auszahlen würde.
  5. Vertragliche Begrenzung: Da vertraglich bereits festgelegt war, dass der Rangvorbehalt nur für die Finanzierungsgrundpfandrechte der Käufer genutzt werden darf, lag die Ausübung dieses Rechts im beiderseitigen Interesse: Die Käufer erhalten ihren Kredit und die Verkäuferin (die erst nach Zahlung des Kaufpreises Eigentum überträgt) erhält schnellstmöglich das Geld.

Fazit des Urteils:

Die Verkäuferin (Beteiligte zu 1) musste nicht gesondert die Ausnutzung des Rangvorbehalts erklären. Die ursprünglich erteilte Vollmacht an die Käufer (Beteiligte zu 2), alle erforderlichen Erklärungen für die Finanzierung abzugeben, umfasste auch die Berechtigung, die Eintragung der Grundschuld unter Ausnutzung des Rangvorbehalts zu bewilligen und zu beantragen.

Kernaussage für die Praxis: Eine allgemeine Vollmacht zur Bestellung von Finanzierungsgrundpfandrechten, die auch die Abgabe aller erforderlichen Erklärungen umfasst, schließt in der Regel auch die Ausübung eines im Vertrag vereinbarten Rangvorbehalts ein, wenn dies für die Durchführung der Finanzierung üblich und notwendig ist.

RA und Notar Krau

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