Umgang mit Ablehnungsgesuch kann Befangenheit begründen
Datum: 29.04.2013
Gericht: Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper: 20. Zivilsenat
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: 20 W 30/13
Dieser Fall dreht sich darum, ob ein Richter in einem Zivilprozess befangen ist und deshalb vom Fall ausgeschlossen werden muss.
Es gab ein Gerichtsverfahren (die Hauptsache) vor dem Landgericht Köln (die Vorinstanz), in dem ein Beklagter und ein Kläger beteiligt waren. Richter Dr. X war in diesem Verfahren zuständig.
Der zuständige Richter Dr. X und der Anwalt des Beklagten (der Prozessbevollmächtigte) hatten ein Telefonat über das weitere Vorgehen im Prozess.
Kurz darauf stellte der Beklagte einen Ablehnungsantrag (Ablehnungsgesuch) gegen Richter Dr. X. Das bedeutet, der Beklagte wollte, dass dieser Richter den Fall nicht weiter bearbeitet, weil er befürchtete, der Richter sei nicht unparteiisch.
Es geht nicht darum, ob der Richter tatsächlich voreingenommen ist. Es reicht aus, wenn ein vernünftiger Mensch (hier der Beklagte) aus objektiven Gründen die Befürchtung haben kann, der Richter sei nicht unvoreingenommen und unparteiisch. Man spricht von der Besorgnis der Befangenheit.
Das Recht, Richter abzulehnen, ist ein wichtiges Verfahrensrecht, das sicherstellen soll, dass jeder Bürger ein faires Verfahren vor einem neutralen Richter bekommt.
Das Landgericht Köln hatte entschieden, dass das Ablehnungsgesuch unbegründet ist, also zurückgewiesen wurde. Das heißt, es sah keinen Grund, Richter Dr. X abzulehnen.
Der Beklagte war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte eine sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Köln ein.
Die sofortige Beschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem man die Entscheidung eines Gerichts in bestimmten Fällen schnell von einem höheren Gericht (hier dem OLG) überprüfen lassen kann.
Das OLG Köln gab dem Beklagten Recht und änderte die Entscheidung des Landgerichts ab.
Das OLG sah die Besorgnis der Befangenheit als begründet an und nannte dafür einen klaren Grund:
Nachdem der Beklagte den Ablehnungsantrag gestellt hatte, rief Richter Dr. X den Anwalt des Beklagten an.
Aufgrund der späteren dienstlichen Äußerungen (Stellungnahmen) des Richters an das Gericht konnte das OLG feststellen, dass Richter Dr. X in diesem Telefonat sein Unverständnis und seine Missbilligung (also seine Kritik) über die Einreichung des Ablehnungsantrags zum Ausdruck brachte. Er hielt dem Anwalt vor, das Gesuch trotz eines vorherigen Gesprächs über das weitere Vorgehen eingereicht zu haben. Der Richter erklärte zudem, er halte künftige Absprachen mit dem Anwalt nicht mehr für sinnvoll.
Das OLG stellte klar: Das Recht auf Ablehnung eines Richters ist ein legitimes (zulässiges und wichtiges) Verfahrensrecht. Es steht dem Richter nicht zu, die Ausübung dieses Rechts durch eine Partei zu kritisieren oder zu tadeln.
Durch seine Kritik hat der Richter den Eindruck erweckt, nicht unparteiisch zu sein, weil er ein Recht kritisiert, das gerade zur Sicherung seiner eigenen Unparteilichkeit dient. Diese Reaktion des Richters rechtfertigt daher die Besorgnis der Befangenheit.
Das OLG Köln erklärte das Ablehnungsgesuch gegen Richter Dr. X für begründet.
Richter Dr. X musste den Fall abgeben. Ein anderer, als neutral geltender Richter, musste die weitere Bearbeitung des Rechtsstreits übernehmen.
Kosten: In solchen Fällen werden für das Beschwerdeverfahren keine Gerichtsgebühren erhoben. Die Kosten für die Anwälte im Ablehnungsverfahren werden in der Regel erst am Ende des gesamten Hauptprozesses entschieden.
Ein Richter darf einen Verfahrensbeteiligten nicht dafür rügen oder ihm die weitere Zusammenarbeit verweigern, weil er sein gesetzliches Recht auf einen Ablehnungsantrag nutzt. Eine solche Reaktion begründet die Besorgnis, dass der Richter befangen ist.
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