Umkleidezeiten im Betrieb – BAG 6 AZR 207/20

November 20, 2021

Umkleidezeiten im Betrieb – BAG 6 AZR 207/20

RA und Notar Krau

Kernaussage:

Das Urteil befasst sich mit der Frage, ob Umkleide– und Wegezeiten im Betrieb als vergütungspflichtige Arbeitszeit gelten.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass diese Zeiten grundsätzlich vergütungspflichtig sind, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, im Betrieb spezielle Arbeitskleidung zu tragen.

Die Entscheidung wurde jedoch aufgrund fehlender Feststellungen zur tatsächlichen Dauer der Umkleidezeiten an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Sachverhalt:

Der Kläger, ein Zugchef bei der Deutschen Bahn, war verpflichtet, Unternehmensbekleidung zu tragen.

Er klagte auf Vergütung oder Zeitgutschrift für die im Betrieb benötigten Umkleide- und Wegezeiten.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das Landesarbeitsgericht gab ihr teilweise statt.

Die Beklagte legte Revision ein.

Umkleidezeiten im Betrieb – BAG 6 AZR 207/20

Entscheidungsgründe:

  • Vergütungspflicht von Umkleidezeiten: Das BAG bestätigte seine Rechtsprechung, dass Umkleide- und Wegezeiten im Betrieb grundsätzlich vergütungspflichtige Arbeitszeit sind, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, spezielle Arbeitskleidung zu tragen. Dies gilt auch, wenn die Kleidung nicht besonders auffällig ist und der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, sich zu Hause umzuziehen.
  • Keine tarifliche Ausschlussregelung: Die Vergütungspflicht wurde nicht durch den Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung ausgeschlossen. Der Tarifvertrag enthielt keine Regelung zur Vergütung von Umkleidezeiten, und die Betriebsvereinbarung überließ die Ermittlung des ausreichenden Umfangs der Umkleidezeiten dem Arbeitgeber.
  • Keine Verjährung: Die Ansprüche des Klägers auf Zeitgutschrift waren nicht verjährt, da er rechtzeitig Klage erhoben hatte.
  • Schätzung der Umkleidezeiten: Das Landesarbeitsgericht hatte die Umkleide- und Wegezeiten auf 29 Minuten geschätzt. Das BAG hob diese Entscheidung auf, da eine vollständige Aufklärung der tatsächlichen Zeiten möglich gewesen wäre und keine Schätzung erforderlich war. Die Sache wurde zur Feststellung der tatsächlichen Zeiten an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
  • Feststellungsantrag unzulässig: Der Feststellungsantrag des Klägers wurde als unzulässig angesehen, da er kein Feststellungsinteresse mehr hatte, nachdem die Beklagte eine neue Unternehmensbekleidung eingeführt hatte.

Umkleidezeiten im Betrieb – BAG 6 AZR 207/20

Fazit:

  • Umkleide- und Wegezeiten im Betrieb sind grundsätzlich vergütungspflichtige Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, spezielle Arbeitskleidung zu tragen.
  • Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen können die Vergütungspflicht ausschließen, müssen dies aber ausdrücklich regeln.
  • Die tatsächliche Dauer der Umkleide- und Wegezeiten muss im Einzelfall ermittelt werden und kann nicht pauschal geschätzt werden, wenn eine vollständige Aufklärung möglich ist.
  • Ein Feststellungsantrag ist unzulässig, wenn kein Feststellungsinteresse mehr besteht.

Hinweis:

Das Urteil bezieht sich auf die Rechtslage vor dem 1. April 2017.

Seitdem gilt § 611a Abs. 2 BGB, der die Vergütungspflicht von Umkleidezeiten konkretisiert.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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