Unberechtigtes Verlangen des Grundbuchamtes nach Erbschein

Juni 4, 2018

Unberechtigtes Verlangen des Grundbuchamtes nach Erbschein

OLG München 34 Wx 293/14

RA und Notar Krau

Das Oberlandesgericht München (OLG) hatte in diesem Fall über die Beschwerde einer Frau (Beteiligte zu 1) gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts zu entscheiden.

Das Grundbuchamt hatte die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis der Erbfolge verlangt, obwohl die Frau ein notarielles Testament vorgelegt hatte, in dem sie als Alleinerbin eingesetzt war.

Hintergrund des Falls:

Der Erblasser hatte die Beteiligte zu 1, seine spätere Ehefrau, in einem notariellen Testament als Alleinerbin eingesetzt.

Nach dem Tod des Erblassers beantragte die Beteiligte die Berichtigung der Grundbücher.

Das Grundbuchamt verlangte jedoch die Vorlage eines Erbscheins, da Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung bestanden.

Der Erblasser hatte mehrere Schlaganfälle erlitten und stand unter Betreuung.

Unberechtigtes Verlangen des Grundbuchamtes nach Erbschein

Es lagen jedoch auch medizinische Gutachten vor, die die Testierfähigkeit bejahten.

Entscheidung des OLG München:

Das OLG gab der Beschwerde statt und entschied, dass das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins nicht verlangen durfte.

Begründung:

  1. Rechtliche Rahmenbedingungen:

    • Die Vorlage eines notariellen Testaments reicht grundsätzlich zum Nachweis der Erbfolge aus.
    • Das Grundbuchamt darf nur dann einen Erbschein verlangen, wenn ernsthafte Zweifel an der Erbenstellung bestehen.
    • Bloße Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers reichen hierfür nicht aus.
  2. Bewertung der Gutachten:

    • Das OLG wertete die vorliegenden medizinischen Gutachten.
    • Ein Gutachten, das speziell die Testierfähigkeit untersuchte, bejahte diese ausdrücklich.
    • Auch andere Gutachten, die im Rahmen des Betreuungsverfahrens erstellt wurden, schlossen die Testierfähigkeit nicht aus.
    • Eine Sachverständige hatte sogar retrospektiv bestätigt, dass der Erblasser bei der Testamentserrichtung testierfähig gewesen sei.

Unberechtigtes Verlangen des Grundbuchamtes nach Erbschein

  1. Berücksichtigung des Betreuungsverfahrens:

    • Die Tatsache, dass der Erblasser unter Betreuung stand, berührte seine Testierfähigkeit nicht.
    • Auch für Betreute gilt die Vermutung der Testierfähigkeit.
  2. Beurteilung des Grundbuchamtsverlangens:

    • Das OLG kam zu dem Schluss, dass keine zureichenden Gründe für ernsthafte Zweifel an der Erbenstellung der Beteiligten vorlagen.
    • Es war nicht zu erwarten, dass eine zusätzliche Beweiserhebung im Erbscheinsverfahren die Testierfähigkeit widerlegen würde.
  3. Schlussfolgerungen des OLG:

    • Das notarielle Testament in Verbindung mit der Niederschrift über die Eröffnung reichte im vorliegenden Fall zum Nachweis der Erbfolge aus.
    • Das Grundbuchamt durfte die Vorlage eines Erbscheins nicht verlangen.

Fazit:

Das OLG München hat in diesem Beschluss die Anforderungen an den Nachweis der Erbfolge im Grundbuchverfahren präzisiert.

Es hat klargestellt, dass das Grundbuchamt nur in begründeten Ausnahmefällen einen Erbschein verlangen darf, wenn ernsthafte Zweifel an der Erbenstellung bestehen.

Im vorliegenden Fall waren diese Zweifel nicht begründet, da die vorliegenden Gutachten die Testierfähigkeit des Erblassers nicht widerlegten.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Der Beschluss ist für die Praxis relevant, da er die Bedeutung der sorgfältigen Prüfung der Erbfolge durch das Grundbuchamt hervorhebt.
  • Er zeigt auch die Grenzen des Grundbuchamtsverlangens nach einem Erbschein auf.
  • Im vorliegenden Fall hätte das Grundbuchamt möglicherweise anders entschieden, wenn die Gutachten die Testierfähigkeit des Erblassers eindeutig widerlegt hätten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das OLG München in diesem Beschluss die Rechte der Beteiligten als Erbin gestärkt

und die Bedeutung des notariellen Testaments für den Nachweis der Erbfolge hervorgehoben hat.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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