Unklare Forderungen – SCHUFA und DSGVO

Oktober 31, 2025

Unklare Forderungen – SCHUFA und DSGVO

Das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 22. November 2024 (Az. 17 U 2/24) beleuchtet eine wichtige Frage für alle Verbraucher, die mit Inkassoforderungen und Negativeinträgen bei Auskunfteien wie der Schufa konfrontiert sind: Wann ist die Meldung einer offenen Forderung an die Schufa unzulässig?

Das Kernproblem: Vermischung von Haupt- und Nebenforderungen

Der zentrale Punkt der Entscheidung ist die Art und Weise, wie eine Forderung bei der Schufa gemeldet wird. Das OLG stellte fest, dass die Weitergabe von Daten an eine Wirtschaftsauskunftei gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen kann, wenn die Gläubiger oder Inkassounternehmen die Hauptforderung (die eigentliche Schuld, z. B. die Kosten für Strom) und Nebenforderungen (z. B. Zinsen, Mahngebühren, Verzugsschäden oder Inkassokosten) nicht klar voneinander trennen.

Ein Schuldner hat demnach das Recht, den Widerruf einer solchen Datenübermittlung zu verlangen, wenn diese rechtswidrig erfolgt ist.

Der konkrete Fall: Eine alte und unklare Forderung

Dem Urteil lag der Fall eines Kunden zugrunde, der bereits im Jahr 2014 mit Abschlagszahlungen bei seinem Energieversorger in Verzug geraten war. Der Vertrag wurde gekündigt und der Kunde erhielt eine Schlussrechnung. Im Laufe der Jahre wechselte die Forderung den Besitzer, bis sie 2019 von einem Inkassounternehmen erworben wurde.

Im März 2021 meldete diese Inkassogesellschaft die gesamte offene Schuld als negatives Merkmal bei der Schufa. Diese gemeldete Gesamtforderung enthielt nicht nur die ursprünglichen Rückstände, sondern auch diverse Nebenforderungen wie Mahngebühren, Nichterfüllungsschäden und sonstige Kosten.

Nachdem der Kunde im Oktober 2022 die Verjährung der ursprünglichen Forderung einwandte, versuchten ihm verschiedene Unternehmen unter Berufung auf seine schlechte Bonität (niedriger Schufa-Score) Verträge zu verweigern. Der Kunde klagte auf Widerruf des Schufa-Eintrags und forderte 5.000 Euro Schadensersatz.

Die Entscheidung des OLG: Eintrag muss gelöscht werden

Das OLG gab dem Kunden bezüglich des Schufa-Eintrags recht: Die Meldung war rechtswidrig und musste widerrufen werden.

Die Hauptgründe für die Unrechtmäßigkeit waren:

Fehlende Differenzierung und Ungewissheit: Das Inkassounternehmen hatte die Hauptforderung und die verschiedenen Nebenforderungen undifferenziert in einer Gesamtsumme an die Schufa gemeldet. Das OLG sah den Bestand und die Fälligkeit dieser Gesamtforderung als zweifelhaft an.

Nebenforderungen sind keine Kündigungsgründe:

Forderungen wie Mahngebühren oder Überweisungsgebühren sind in der Regel nicht diejenigen, deren Nichtbegleichung eine fristlose Kündigung eines Vertrags rechtfertigt. Die Nichtzahlung solcher Kosten erlaubt auch keinen sicheren Schluss auf mangelnde Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswillen.

Unklare Forderungen – SCHUFA und DSGVO

Datenschutz (DSGVO) überwiegt:

Die Meldung einer verjährten und unklaren Forderung verletzt die Rechte des Kunden. Da die ursprüngliche Forderung aus dem Jahr 2014 stammte und bei der Meldung im Jahr 2021 bereits verjährt war, musste der Kunde vernünftigerweise nicht mehr mit einer Verarbeitung seiner Daten rechnen. Der Schutz der persönlichen Daten des Kunden überwog daher das Interesse des Inkassounternehmens an der Datenverarbeitung.

Sorgfaltspflicht verletzt:

Das Inkassounternehmen hat laut OLG seine Pflicht zur Minimierung des Fehlerrisikos nicht erfüllt, indem es die Forderungen nicht nach Art unterschieden hat. Damit ist das Interesse an der Datenverarbeitung von vornherein kein „berechtigtes Interesse“ im Sinne der DSGVO.

Kein Schadensersatz für den Kunden

Obwohl der Eintrag gelöscht werden musste, verneinte das OLG den Anspruch des Kunden auf Schadensersatz (5.000 €).

Der Grund:

Es konnte nicht eindeutig festgestellt werden, dass die unrechtmäßige Meldung des Inkassounternehmens allein für das Scheitern der Vertragsabschlüsse verantwortlich war. Der Kunde hatte zuvor bereits andere, vom Inkassounternehmen unabhängige, negative Vorkommnisse in seiner Bonitätshistorie (wie die Verweigerung und spätere Abgabe einer Vermögensauskunft sowie ein durchlaufenes Verbraucherinsolvenzverfahren). Diese Umstände hatten den Bonitätsscore des Kunden wesentlich beeinflusst.

Fazit für Verbraucher

Das Urteil stärkt die Position von Verbrauchern, da es festlegt:

Inkassounternehmen dürfen offene Forderungen nicht einfach als Gesamtsumme melden, wenn darin streitige oder nicht entscheidungsrelevante Nebenforderungen enthalten sind.

Alte, verjährte Forderungen dürfen in der Regel nicht mehr als Negativmerkmal bei der Schufa gemeldet werden.

Gläubiger und Inkassounternehmen müssen bei der Meldung größtmögliche Sorgfalt walten lassen und für Klarheit sorgen, um die Datenrechte der Betroffenen zu schützen.

Wird ein unklarer oder alter Eintrag gemeldet, können Schuldner erfolgreich die sofortige Löschung (Widerruf) des Eintrages verlangen. Ein Schadensersatzanspruch wegen einer Bonitätsschädigung setzt allerdings voraus, dass nachgewiesen wird, dass der unrechtmäßige Eintrag allein oder zumindest maßgeblich für die erlittenen Nachteile verantwortlich war.

RA und Notar Krau

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