Unmöglich gewordene Pflegeleistung bei Umzug des Übergebers in Pflegeheim
Zusammenfassung des BGH-Urteils vom 29.01.2010 (V ZR 132/09)
Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs befasst sich mit einem Fall aus dem Zivilrecht, genauer gesagt mit den Verpflichtungen aus einem sogenannten Übergabevertrag. Solche Verträge werden oft innerhalb von Familien geschlossen, wenn zum Beispiel Eltern ein Grundstück oder Haus an ihre Kinder übertragen und im Gegenzug bestimmte Leistungen wie Wohnrecht oder Pflege vereinbart werden.
Der Ausgangsfall:
Im Jahr 1982 übertrugen die Eltern eines Beklagten (im Urteil „Beklagter zu 1“ genannt) und seiner Ehefrau (die „Beklagte zu 2“) ein bebautes Grundstück an die beiden. Als Gegenleistung erhielten die Eltern ein lebenslanges, kostenloses Wohnrecht im ersten Obergeschoss des Hauses. Zusätzlich enthielt der Vertrag eine wichtige Klausel in Paragraph 2 Nummer 2b: Die Erwerber, also das beklagte Ehepaar, verpflichteten sich, den Eltern unentgeltlich „gute Pflege, Betreuung und Aufwartung in Tagen seines Wohlbefindens und der Krankheit zu gewähren“.
Dies umfasste auf Wunsch der Eltern auch die Reinigung und Instandhaltung ihrer Wohnung, Kleidung und Wäsche. Für die Zubereitung von Mahlzeiten und die gemeinsame Beköstigung am Familientisch sollte ein angemessenes Entgelt gezahlt werden. Ein entscheidender Punkt war auch die Bestimmung, dass die Erwerber, sollten sie die Leistungen einmal nicht persönlich erbringen können, auf eigene Kosten für eine entsprechende Hilfskraft sorgen müssten.
Die Entwicklung der Situation:
Ende 1998 verstarb die Mutter des Beklagten zu 1. Der Vater lebte ab 1999 in einem Seniorenheim, nachdem für ihn eine Betreuung unter anderem für Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung angeordnet worden war. Der Kläger in diesem Verfahren war das Sozialamt, das dem Vater seit November 2006 Sozialhilfe gewährte. Das Sozialamt leitete nun die Ansprüche des Vaters aus dem Übergabevertrag auf sich über.
Es vertrat die Ansicht, dass die Beklagten durch den Heimaufenthalt des Vaters Aufwendungen für Pflegeleistungen, die sie eigentlich erbringen sollten, erspart hätten. Diese Ersparnis bezifferte das Sozialamt auf monatlich 225 Euro für Pflegeleistungen (entsprechend Pflegestufe 1) und 75 Euro für hauswirtschaftliche Tätigkeiten.
Der Verlauf des Rechtsstreits:
Das Sozialamt (der Kläger) verklagte die Beklagten auf Zahlung von 4.281,35 Euro für den Zeitraum von November 2006 bis Januar 2008. In der ersten Instanz, vor dem Amtsgericht, war die Klage erfolgreich. Die Beklagten legten jedoch Berufung ein, und das Landgericht Mönchengladbach wies die Klage daraufhin ab.
Das Landgericht argumentierte, dass der Anspruch weder direkt aus der vertraglichen Regelung in § 2 Nr. 2b folge noch aus einer ergänzenden Auslegung des Vertrages.
Nach Ansicht des Landgerichts bezog sich die Vereinbarung in § 2 Nr. 2b nur auf den Fall, dass die Pflegeverpflichtung aus Gründen, die bei den Erwerbern (den Beklagten) selbst lagen, nicht mehr erfüllt werden konnte.
Zwar sei eine Beteiligung an den Heimkosten in Höhe der ersparten Sachleistungen denkbar, doch die Klage basierte auf ersparten Pflegeleistungen, für die der Vertrag keinen Geldersatz vorsah.
Das Sozialamt legte daraufhin Revision beim Bundesgerichtshof ein, um den Klageantrag weiterzuverfolgen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs und seine Begründung:
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Revision des Klägers (des Sozialamtes) zurück. Die Richter des BGH führten zwei Hauptargumente an:
Fazit des Urteils:
Der Bundesgerichtshof bestätigte somit, dass die Beklagten keinen Geldausgleich für die persönlichen Pflege- und Dienstleistungen leisten mussten, die sie aufgrund des Heimaufenthalts des Vaters nicht mehr erbringen konnten.
Das Urteil stellt klar, dass bei einem Übergabevertrag, der persönliche Pflegeleistungen vorsieht, nicht automatisch ein finanzieller Anspruch entsteht, wenn der Pflegebedürftige in ein Heim umzieht und die persönlichen Leistungen dadurch entfallen.
Es muss genau unterschieden werden, ob es um ersparte Sachleistungen oder um ersparte persönliche Dienste geht, wobei letztere in der Regel keinen Geldersatz nach sich ziehen, es sei denn, der Vertrag sah explizit die Beauftragung einer kostenpflichtigen Hilfskraft vor, die nun durch den Heimaufenthalt entfällt.
Die Revision des Klägers wurde daher kostenpflichtig zurückgewiesen.
Dieses Urteil ist ein wichtiger Präzedenzfall für die Auslegung von Übergabeverträgen im Hinblick auf Pflegeverpflichtungen, insbesondere wenn sich die Lebensumstände des Übergebers ändern und ein Heimaufenthalt notwendig wird. Es schützt die Übernehmer vor einer finanziellen Belastung, die über den ursprünglichen, persönlich gemeinten Vertragsinhalt hinausgehen würde.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.
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Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.