Unwirksamkeit einer letztwilligen Verfügung wegen Testierunfähigkeit
Wann ein Testament ungültig sein kann: Wenn der freie Wille fehlt
Stellen Sie sich vor, ein geliebter Mensch, vielleicht Ihre betagte Tante oder ein guter Freund, ändert kurz vor seinem Tod plötzlich sein Testament – und das zugunsten einer Person, die vorher kaum eine Rolle in seinem Leben spielte. Solche Situationen werfen oft die Frage auf: War das wirklich der freie Wille des Erblassers? Oder wurde er oder sie beeinflusst?
Als Rechtsanwalt und Notar Krau begegne ich diesen Fragen häufig. Es ist ein sensibles Thema, das viele Emotionen weckt. Im Zentrum steht dabei die sogenannte Testierunfähigkeit.
Ganz einfach ausgedrückt: Eine Person ist testierunfähig, wenn sie zum Zeitpunkt der Erstellung ihres Testaments nicht in der Lage ist, die Bedeutung ihrer Entscheidungen zu verstehen und ihren Willen frei zu bilden. Das ist vergleichbar mit der Geschäftsunfähigkeit im Alltag, bei der jemand zum Beispiel keinen gültigen Kaufvertrag abschließen kann.
Die Testierunfähigkeit kann verschiedene Ursachen haben, wie zum Beispiel schwere Krankheiten, Demenz oder andere geistige Beeinträchtigungen.
Oft fällt im Zusammenhang mit Testamenten auch der Begriff der „Erbschleicherei“. Juristisch gesehen handelt es sich dabei um eine beherrschende Einflussnahme auf den Erblasser. Das bedeutet, jemand übt so starken Druck aus, dass der Erblasser nicht mehr frei entscheiden kann. Manchmal ist die Einflussnahme so massiv, dass der Erblasser überhaupt keinen eigenen Willen mehr bilden kann, oder zwar noch einen Willen hat, diesen aber nicht mehr umsetzen kann.
So klar sich das in der Theorie anhört, so knifflig ist es in der Praxis, eine solche beherrschende Einflussnahme zu beweisen. Hierfür sind oft viele Indizien und genaue Untersuchungen nötig.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bietet neben der Testierunfähigkeit noch weitere Möglichkeiten, eine ungerechte Erbfolge zu verhindern, die durch unlautere Methoden zustande gekommen ist:
Interessanterweise gibt es im deutschen Recht einen besonderen Schutz für Heimbewohner vor übermäßiger Einflussnahme. Doch was ist mit anderen, vielleicht ebenso schutzbedürftigen Menschen, die in einer ähnlichen Abhängigkeit leben, aber nicht in einem Heim?
Hier wird in der Rechtswissenschaft über den aus dem anglo-amerikanischen Raum stammenden Begriff der „undue influence“ diskutiert – übersetzt eine „unzulässige Einflussnahme“. Gemeint ist damit eine unglückliche Kombination aus:
Es fehlt hier das Element einer direkten Drohung oder Täuschung. Viele Juristen, so auch der Kollege Frieser, fordern, dass Testamente, die unter einer solchen „unzulässigen Einflussnahme“ entstanden sind, ebenfalls angefochten werden können sollten. Damit würde man einer „Erbschleicherei“ in vielen Fällen besser entgegenwirken können.
Die Welt des Erbrechts kann komplex sein. Wenn Sie das Gefühl haben, dass ein Testament nicht den wahren Willen des Erblassers widerspiegelt, ist es wichtig, sich frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen. Wir bei Rechtsanwalt und Notar Krau stehen Ihnen hierfür gerne zur Seite.