Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens

Juni 22, 2025

Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens

Zusammenfassung des Urteils des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Aktenzeichen: 3 SLa 317/24)

RA und Notar Krau


Kündigung in der Probezeit: Wenn Vertrauen gebrochen wird

Stellen Sie sich vor, Sie fangen einen neuen Job an. Die ersten sechs Monate sind Probezeit. Das ist eine Art Testphase für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In dieser Zeit können beide Seiten das Arbeitsverhältnis sehr schnell und ohne viele Gründe kündigen. Nach diesen sechs Monaten beginnt der Kündigungsschutz, der Arbeitnehmern mehr Sicherheit gibt.

In diesem Fall ging es um einen Mitarbeiter, den Kläger. Er begann seinen Job am 15. Juni 2023. Seine Probezeit und die Wartezeit für den Kündigungsschutz endeten beide am 15. Dezember 2023.

Was ist passiert?

Am 17. November 2023, also kurz vor Ende seiner Probezeit, hatte der Kläger ein Gespräch mit seinem direkten Vorgesetzten, Herrn U.. Herr U. war nicht nur sein Chef, sondern auch Prokurist der Firma und für Personalfragen in der Abteilung zuständig. Er hatte sogar den Arbeitsvertrag und später die Kündigung von Herrn Kläger unterschrieben.

In diesem Gespräch erzählte Herr U. dem Kläger, dass er eine Anfrage von der Personalabteilung erhalten habe, ob Herr Kläger „mit Blick auf die Probezeit übernommen werden“ solle. Dann sagte Herr U. wörtlich zu Herrn Kläger: „Das tun wir natürlich.“ Der Kläger bedankte sich und freute sich darüber. Für ihn war klar: Er hatte die Probezeit bestanden, und sein Job war sicher. Er vertraute darauf und suchte sich nicht nach einer anderen Stelle um.

Nur wenige Wochen später, am 8. Dezember 2023, kündigte die Firma dem Kläger jedoch. Und wer hat die Kündigung unterschrieben? Herr U.!

Das Problem: Widersprüchliches Verhalten

Der Kläger war schockiert. Er klagte vor Gericht. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf musste nun entscheiden, ob diese Kündigung wirksam war.

Das Gericht stellte fest, dass es hier um den Grundsatz von Treu und Glauben geht. Das bedeutet, dass man sich im Geschäftsleben an bestimmte Regeln der Fairness halten muss. Man darf sich nicht widersprüchlich verhalten. Wenn jemandem ein berechtigtes Vertrauen gegeben wird, darf dieses nicht einfach so zerstört werden.

Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung wegen widersprüchlichen Verhaltens

Hier hatte Herr U., der eine wichtige Position hatte und für Personalfragen zuständig war, dem Kläger deutlich gemacht, dass er die Probezeit bestanden hat und „natürlich“ übernommen wird. Das hat bei dem Kläger ein starkes Vertrauen geschaffen, dass sein Arbeitsverhältnis fortbesteht.

Warum das Gericht dem Kläger Recht gab

Das Gericht sah das Verhalten der Firma als treuwidrig (also unfair und widersprüchlich) an. Hier die Hauptgründe:

  1. Starke Position des Herrn U.: Herr U. war nicht irgendein Vorgesetzter. Er hatte Prokura und war maßgeblich für Personalentscheidungen in der Abteilung zuständig. Seine Aussage hatte Gewicht.
  2. Klarheit der Aussage: Die Aussage „Das tun wir natürlich“ war eindeutig. Sie bedeutete, dass Herr Kläger die Probezeit bestanden hatte und bleiben durfte.
  3. Keine neuen Gründe: Zwischen der Zusage von Herrn U. (17. November) und der Kündigung (8. Dezember) gab es keine neuen, nachvollziehbaren Ereignisse, die eine plötzliche Meinungsänderung der Firma gerechtfertigt hätten. Die Firma behauptete zwar, die Leistung des Klägers sei unzureichend gewesen, konnte aber nicht erklären, warum diese Probleme erst nach der Zusage von Herrn U. relevant wurden oder warum Herr U. die Zusage trotz bekannter Probleme gemacht hatte.

Das Gericht betonte, dass der Arbeitgeber nach so einer klaren Zusage nur dann kündigen darf, wenn es dafür sachlich nachvollziehbare Gründe gibt, die nach der Zusage aufgetreten sind. Solche Gründe wurden von der Firma aber nicht vorgelegt.

Das Urteil

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied zugunsten des Klägers. Die Kündigung vom 8. Dezember 2023 ist unwirksam, weil sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt. Das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde durch diese Kündigung nicht beendet.

Dieses Urteil zeigt, dass auch in der Probezeit, wo der Kündigungsschutz geringer ist, Arbeitgeber nicht willkürlich handeln dürfen, insbesondere wenn sie zuvor beim Arbeitnehmer ein berechtigtes Vertrauen auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geweckt haben.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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