Unwirksamkeit Erb- und Pflichtteilsverzicht bei einseitigem Ehevertrag

September 10, 2017

Unwirksamkeit Erb- und Pflichtteilsverzicht bei einseitigem Ehevertrag

LG Ravensburg 2 O 338/07

RA und Notar Krau

Sachverhalt:

Der Kläger und die Erblasserin heirateten und schlossen einen Ehevertrag mit Gütertrennung, Totalverzicht auf Unterhalt und Erb- und Pflichtteilsverzicht.

Der Kläger gab seine Berufstätigkeit auf und lebte von den Einkünften der Erblasserin.

Nach ihrem Tod machten ihre Kinder aus erster Ehe geltend, dass dem Kläger kein Erbrecht zustehe.

Der Kläger klagte und argumentierte, der Ehevertrag sei wegen einseitiger Lastenverteilung sittenwidrig.

Zentrale Streitpunkte:

  • Sittenwidrigkeit des Ehevertrags: Ist der Ehevertrag wegen einseitiger Lastenverteilung sittenwidrig und damit nichtig?
  • Unwirksamkeit des Erb- und Pflichtteilsverzichts: Erfasst die Unwirksamkeit des Ehevertrags auch den Erb- und Pflichtteilsverzicht?
  • Gütertrennung: Bleibt die Vereinbarung der Gütertrennung wirksam?

Entscheidung des Gerichts:

Unwirksamkeit Erb- und Pflichtteilsverzicht bei einseitigem Ehevertrag

Das LG Ravensburg stellte fest, dass der Kläger zu 1/3 am Nachlass beteiligt ist.

Der Ehevertrag sei wegen der einseitigen Lastenverteilung in Bezug auf die Scheidungsfolgenvereinbarungen unwirksam.

Die Unwirksamkeit erfasse auch den Erb- und Pflichtteilsverzicht. Die Vereinbarung der Gütertrennung bleibe jedoch wirksam.

Begründung:

  1. Sittenwidrigkeit des Ehevertrags:

Das LG Ravensburg entschied, dass der Ehevertrag sittenwidrig ist, da er eine evident einseitige Lastenverteilung enthält.

Der Kläger hatte seine Berufstätigkeit aufgegeben und war finanziell vollständig von der Erblasserin abhängig.

Der Totalverzicht auf Unterhalt und der Erb- und Pflichtteilsverzicht stellten einen gravierenden Eingriff in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts dar.

Unwirksamkeit Erb- und Pflichtteilsverzicht bei einseitigem Ehevertrag

Der Kläger war im Falle einer Scheidung ohne jegliche finanzielle Absicherung.

  1. Unwirksamkeit des Erb- und Pflichtteilsverzichts:

Das LG Ravensburg stellte fest, dass die Unwirksamkeit des Ehevertrags auch den Erb- und Pflichtteilsverzicht erfasst.

Der Ausschluss des Unterhaltsanspruchs nach § 1933 Satz 3 BGB trage zur einseitigen Lastenverteilung bei.

  1. Gütertrennung:

Das LG Ravensburg entschied, dass die Vereinbarung der Gütertrennung wirksam bleibt.

Diese Regelung sei ein abtrennbarer Teil des Ehevertrags und nicht sittenwidrig.

Besonderheiten:

  • Evident einseitige Lastenverteilung: Das Gericht stellte fest, dass die Lastenverteilung im Ehevertrag evident einseitig war und den Kläger unangemessen benachteiligte.
  • Verzicht auf Unterhalt und Erbe: Der Totalverzicht auf Unterhalt und der Erb- und Pflichtteilsverzicht wurden als gravierender Eingriff in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts angesehen.
  • Ausnutzung der Unerfahrenheit: Das Gericht stellte fest, dass die Erblasserin die Unerfahrenheit des Klägers ausgenutzt hatte, da sie anwaltlich beraten war, während der Kläger es nicht war.
  • Teilnichtigkeit: Das LG Ravensburg wandte die Grundsätze der Teilnichtigkeit an und erklärte nur die Scheidungsfolgenvereinbarungen und den Erb- und Pflichtteilsverzicht für unwirksam.

Fazit:

Das LG Ravensburg hat entschieden, dass ein Ehevertrag, der eine evident einseitige Lastenverteilung enthält, sittenwidrig und damit nichtig ist.

Die Unwirksamkeit kann auch den Erb- und Pflichtteilsverzicht erfassen.

Die Vereinbarung der Gütertrennung kann jedoch wirksam bleiben.

Zusätzliche Anmerkungen:

  • Die Entscheidung des LG Ravensburg zeigt, dass die Gerichte bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit von Eheverträgen die individuellen Umstände des Einzelfalls berücksichtigen.
  • Der Fall verdeutlicht die Bedeutung der anwaltlichen Beratung beim Abschluss von Eheverträgen.
  • Die Entscheidung hat Auswirkungen auf die Geltendmachung von Erb- und Pflichtteilsansprüchen nach dem Tod eines Ehegatten.

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Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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