Unzulässigkeit der allgemeinen Haftungsbegrenzung bei der GbR durch den Zusatz „mbH“
Gerne fasse ich das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. September 1999 (Az. II ZR 371/98) zur Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für Laien zusammen.
Das Urteil behandelt eine zentrale Frage für alle, die in einer GbR Geschäfte machen: Haften die Gesellschafter einer GbR auch mit ihrem Privatvermögen für Schulden der Gesellschaft, oder können sie diese Haftung beschränken?
Eine Firma, die eine Betonbrecheranlage vermietet hat.
Drei Gesellschafter, die eine GbR zum Betrieb einer Recyclinganlage gegründet hatten.
Die GbR schuldet nach Auflösung noch Mietzins für die Anlage. Die Klägerin nimmt die Gesellschafter (Beklagten) persönlich in Anspruch.
Die Gesellschafter hatten in ihrem internen Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Haftung der Gesellschaft nach außen auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sein sollte. Um dies zu signalisieren, trat die Gesellschaft im Rechtsverkehr unter dem Namen „D. Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung“ oder kurz „GbR mbH“ auf.
Die Beklagten waren der Meinung, durch diesen Zusatz und die interne Vereinbarung sei ihre persönliche Haftung ausgeschlossen.
Der BGH hat die Klage der Vermieterin bestätigt und entschieden, dass die Gesellschafter persönlich für die Mietschulden haften.
Die Gesellschafter einer GbR haften kraft Gesetzes (§§ 705, 714 BGB) für die Schulden, die im Namen der Gesellschaft entstehen, persönlich und mit ihrem gesamten Privatvermögen (sogenannte gesamtschuldnerische Haftung).
Dieser Grundsatz basiert auf der ursprünglichen Vorstellung des Gesetzgebers, dass diejenigen, die gemeinsam Geschäfte betreiben, auch gemeinsam und vollumfänglich dafür einstehen.
Der gescheiterte Versuch der Beschränkung
Der BGH stellte klar:
Die Haftung kann nicht durch einen Namenszusatz wie „GbR mbH“ oder einen ähnlichen Hinweis, der den Willen zur Haftungsbeschränkung verdeutlicht, wirksam ausgeschränkt werden. Solche Zusätze erwecken Assoziationen zur GmbH (die eine Haftungsbeschränkung hat), sind aber für die GbR keine gesetzlich anerkannte Form.
Eine wirksame Beschränkung der persönlichen Haftung kann nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung (d.h., eine ausdrückliche, mit dem jeweiligen Geschäftspartner ausgehandelte Klausel) im konkreten Vertrag selbst erreicht werden.
Da eine solche individuelle Absprache mit der Klägerin im Mietvertrag fehlte, wurden die Gesellschafter persönlich haftbar gemacht. Die interne Vereinbarung der Gesellschafter und der Name „GbR mbH“ waren gegenüber der Klägerin unwirksam.
Wer in Deutschland eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründet, muss wissen:
Man haftet als Gesellschafter immer persönlich und unbeschränkt für alle vertraglichen Schulden der GbR. Gläubiger können sowohl auf das Gesellschaftsvermögen als auch auf das Privatvermögen jedes einzelnen Gesellschafters zugreifen.
Die persönliche Haftung kann nur ausgeschlossen werden, indem man mit dem jeweiligen Vertragspartner individuell vereinbart, dass die Gesellschafter nur mit dem Gesellschaftsvermögen haften. Eine solche Abmachung muss klar im Vertrag stehen.
Wer die persönliche Haftung von vornherein ausschließen will, muss eine andere Rechtsform wählen, wie die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung). Dies ist jedoch an bestimmte gesetzliche Auflagen (z. B. Stammkapital, Publizität) gebunden, die bei der GbR gerade entfallen. Ein bloßer Namenszusatz wie „mbH“ bei einer GbR verschafft das Haftungsprivileg der GmbH nicht.
In einer GbR gilt der Grundsatz „Haftung mit allem, was man hat“, es sei denn, man verhandelt im Einzelfall etwas anderes mit dem Geschäftspartner.
Die Entscheidung ist älteren Datums. Was ändert sich durch das MoPeG
Die zentrale Aussage des BGH-Urteils vom 27.09.1999 (II ZR 371/98) zur Haftung der GbR-Gesellschafter wird durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG, in Kraft seit 01.01.2024) im Wesentlichen bestätigt und gesetzlich festgeschrieben, erfährt aber eine zusätzliche Klarstellung bezüglich der Rechtsnatur der GbR.
Das BGH-Urteil stellte fest, dass die Gesellschafter einer GbR persönlich und unbeschränkt als Gesamtschuldner für die Gesellschaftsverbindlichkeiten haften. Es betonte ferner, dass eine Beschränkung dieser Haftung nach außen nicht durch einen bloßen Namenszusatz (wie „GbR mbH“ im Fall) oder eine gesellschaftsvertragliche Regelung, sondern nur durch eine individuelle Vereinbarung mit dem Vertragspartner möglich ist.
Das MoPeG übernimmt diesen Grundsatz der persönlichen und unbeschränkten Haftung der Gesellschafter. Der neue § 721 Satz 1 BGB n.F. (neue Fassung) regelt nun ausdrücklich:
„Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich.“
Die zentrale Feststellung des BGH, dass eine entgegenstehende Vereinbarung Dritten gegenüber unwirksam ist, wird ebenfalls gesetzlich verankert. § 721 Satz 2 BGB n.F. besagt:
„Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.“
Damit ist die im BGH-Urteil beurteilte unwirksame Haftungsbeschränkung durch Namenszusatz oder gesellschaftsvertragliche Klausel nunmehr eindeutig gesetzlich ausgeschlossen. Eine Haftungsbeschränkung ist weiterhin nur durch individuelle vertragliche Abrede mit dem jeweiligen Gläubiger möglich.
Das BGH-Urteil bejahte die persönliche Gesellschafterhaftung auf Basis der damals vorherrschenden Rechtsprechung, die sich von der Annahme einer rechtlich nicht verselbständigten Gesellschaft (Gesamthandsprinzip) hin zur Teilrechtsfähigkeit der Außengesellschaft entwickelte.
Das MoPeG führt nun eine klare Unterscheidung zwischen der rechtsfähigen Außen-GbR und der nicht rechtsfähigen Innen-GbR ein (§ 705 Abs. 2 BGB n.F.). Die rechtsfähige Außen-GbR wird selbst zum Träger von Rechten und Pflichten und hat ein eigenes Vermögen (§ 713 BGB n.F.).
Die GbR (Außen-GbR) haftet nun primär und unbeschränkt mit ihrem eigenen Gesellschaftsvermögen.
Trotz der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR behält der Gesetzgeber die akzessorische, persönliche und unbeschränkte Gesamtschuldnerhaftung der Gesellschafter bei (§ 721 BGB n.F.).
Die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die das BGH-Urteil bejaht hat, bleibt somit das konstitutive Haftungsprinzip der GbR.
Das MoPeG ermöglicht die Eintragung der rechtsfähigen GbR in das Gesellschaftsregister als eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts (eGbR). Auch für die eGbR gilt der Haftungsgrundsatz des § 721 BGB n.F.
Eine indirekte Konsequenz im Kontext des BGH-Urteils ergibt sich jedoch, falls die eGbR ausschließlich von haftungsbeschränkten Gesellschaften (z.B. GmbHs oder UGs) gegründet wird:
Wenn bei einer eGbR keine natürliche Person als Gesellschafter haftet, muss der Name einen Haftungskennzeichnung enthalten, z.B. „GmbH & Co. eGbR“ (§ 707a Abs. 2 S. 2 BGB n.F.).
Diese Kennzeichnung dient der Publizität und ersetzt nicht die individuelle Haftungsvereinbarung mit Dritten, macht die Haftungssituation aber nach außen sichtbar, was der damalige Zusatz „GbR mbH“ nicht leisten konnte.
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