Urteil zu Mobbing und Persönlichkeitsrecht am Arbeitsplatz
Gericht: Thüringer Landesarbeitsgericht Datum: 10. April 2001 Aktenzeichen: 5 Sa 403/00
Dieses Urteil ist ein grundlegendes, sehr detailliertes Urteil im deutschen Arbeitsrecht zum Thema Mobbing und dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und liefert wichtige Klarstellungen für die Praxis.
Ein langjähriger, zuvor hochgelobter Führungskraft (Kläger), der nach BAT II (einer hohen Vergütungsgruppe) eingruppiert war, wurde von seinem Arbeitgeber (einer Sparkasse, der Beklagten) nach Meinungsverschiedenheiten mit dem neuen Vorstand schrittweise und systematisch aus seiner Position gedrängt.
Die Maßnahmen der Sparkasse umfassten:
Der Kläger litt daraufhin unter gesundheitlichen Problemen (Neurasthenie, depressive Episode). Er klagte im Wege einer einstweiligen Verfügung auf Aufhebung der Versetzung und auf Unterlassung der Zuweisung von Aufgaben unterhalb seiner vertraglich vereinbarten Vergütungsgruppe BAT II.
Das Gericht stellte fest, dass die Maßnahmen der Sparkasse eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers darstellten und wertete das Verhalten des Arbeitgebers als systematisches Mobbing.
Das Gericht betonte, dass Mobbing kein eigenständiger Rechtsbegriff ist. Es ist ein Sammelbegriff für Verhaltensweisen, die – isoliert betrachtet vielleicht harmlos – in ihrer Gesamtheit und Systematik darauf abzielen, einen Arbeitnehmer zu schikanieren, anzugreifen oder zu diskriminieren.
Der Arbeitgeber hat eine arbeitsvertragliche Pflicht, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen.
Die Versetzung des Klägers in eine 6 Stufen niedrigere Vergütungsgruppe und die Zuweisung von Aufräumarbeiten (statt seiner Managementtätigkeit) war eine unverhältnismäßige und nicht gerechtfertigte Sanktion.
Das Gericht bejahte, dass der Kläger die Unterlassung im Eilverfahren (einstweilige Verfügung) durchsetzen durfte, da ihm andernfalls bis zum Ende eines langwierigen Hauptsacheverfahrens ein irreparabler Schaden (die nicht nachholbare vertragsgemäße Beschäftigung und die fortgesetzte Schädigung seiner Persönlichkeit) entstanden wäre. Die Verweigerung des Schutzes wäre eine Rechtsschutzverweigerung gewesen.
Dieses Urteil ist ein Meilenstein im Kampf gegen Mobbing am Arbeitsplatz. Es stellt klar, dass Arbeitgeber Mitarbeiter nicht einfach so in niedrigere, nicht vertragsgemäße Positionen versetzen dürfen, auch wenn das Gehalt weitergezahlt wird. Entscheidend ist der Schutz der Arbeitnehmerpersönlichkeit und der beruflichen Ehre. Wenn Handlungen des Arbeitgebers darauf abzielen, einen Mitarbeiter psychisch zu zermürben, um ihn loszuwerden, liegt ein rechtswidriges Mobbing-Verhalten vor, gegen das man sich auch im Eilverfahren erfolgreich wehren kann.
Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.
Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.
Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.
Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.
Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.
Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.
Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.