BAG, Beschluss vom 29.04.2015 – 7 ABR 102/12

April 3, 2021

BAG, Beschluss vom 29.04.2015 – 7 ABR 102/12

1. Zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG erfordern eine Organstruktur. Arbeitnehmer, die lediglich Hilfsfunktionen für den Betriebsrat wahrnehmen und nicht in einer Organstruktur zusammengefasst sind, sind keine zusätzliche Arbeitnehmervertretung iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.

2. Die Hinzuziehung von Hilfspersonen durch den Betriebsrat, die ihn bei der Kommunikation mit der Belegschaft unterstützen sollen (sog. Kommunikationsbeauftragte), ist nicht generell unzulässig. Allerdings muss der Einsatz dieser Hilfspersonen auf die Hilfstätigkeit der Informationsvermittlung zwischen Betriebsrat und Belegschaft beschränkt sein und darf eine direkte Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht verhindern.
Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 6. September 2012 – 3 TaBV 2/12 – wird zurückgewiesen.
Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten.

Die zu 9. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie beschäftigt in ihrem Werk U ca. 22.000 Arbeitnehmer. Der dort errichtete, zu 8. beteiligte Betriebsrat besteht aus 45 Mitgliedern. Die Mehrheit seiner Mitglieder hatte auf der Liste der IG Metall kandidiert. Die Antragsteller gehören der Minderheitsfraktion im Betriebsrat an. Alle Betriebsratsmitglieder nehmen – mit oder ohne förmliche Freistellung – ausschließlich Betriebsratsaufgaben wahr.

Aufgrund der großen Anzahl zu betreuender Arbeitnehmer werden seit Jahren vom Betriebsrat sog. Kommunikationsbeauftragte bestellt. Eine Rechtsgrundlage hierzu wurde erstmals mit der “Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrates im Werk U” vom 9. September 1997 (im Folgenden Betriebsvereinbarung 1997) geschaffen. Diese Betriebsvereinbarung enthält, soweit hier von Interesse, die folgenden Regelungen:

“1. Kommunikationskonzept des Betriebsrats

1.1

Das Kommunikationskonzept findet nur für die Arbeiter/Arbeiterinnen des Werkes U Anwendung.

Die Anzahl der Beauftragten wird im Verhältnis: ein Beauftragte(r) pro 25 Arbeiter-innen jedoch max. 500 Beauftragte festgelegt.

Der Betriebsrat benennt die Beauftragten namentlich in den Centern, dabei muß sichergestellt sein, daß sie von den Vorgesetzten und den Gruppen akzeptiert werden.

1.2

Aufgaben der Beauftragten des Betriebsrates sind u. a.:

Unterstützung des Betriebsrates bei seiner Meinungsbildung

Verteilung von Informationsmaterial

Übernahme von konkreten Aufträgen, die der Betriebsrat erteilt

1.3

Das Zeitkontingent, das dem Betriebsrat für die Beauftragten zur Verfügung gestellt wird, beträgt 25.000 Stunden pro Jahr.

1.4

Das Kontingent der Beauftragten gliedert sich wie folgt:

regelmäßige Bereichssitzungen von ca. 1 Stunde pro 14 Tage (planbar mit rechtzeitiger Ankündigung beim Vorgesetzten); die Bereichssitzung findet unter Leitung der Bereichsbetriebsräte statt

Vorbereitung der Regelkommunikation

Informationsaustausch unter den Beauftragten

spezifische Qualifizierung

Die zeitweise Entbindung von der Arbeitspflicht erfolgt in Absprache zwischen dem jeweiligen Vorgesetzten und dem Beauftragten. Bei Komplikationen ist der Bereichsbetriebsrat hinzuzuziehen.

1.5

Die Werkleitung wird die Voraussetzungen für die zeitweise Entbindung von der Arbeitspflicht im geplanten Umfang schaffen. Der Betriebsrat sagt eine rechtzeitige Ankündigung für die einzelnen Umfänge zu, dabei werden Kapazitätsprobleme soweit als möglich vermieden.

…”

Am 27. April 1998 schlossen die Betriebsparteien die “Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrates in GBP/E, Standort U” (im Folgenden Betriebsvereinbarung 1998), durch die für den Bereich GBP/E am Standort U im Wesentlichen die gleichen Regelungen wie in der Betriebsvereinbarung 1997 getroffen wurden. Entsprechend der Größe des Bereichs GBP/E wurde für diesen Bereich die Zahl der Kommunikationsbeauftragten auf 80 begrenzt und ein Zeitkontingent von 5.000 Stunden pro Jahr festgelegt. Durch Protokollnotizen vom 13. Dezember 1999 zu den Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 wurde vereinbart, dass das Kommunikationskonzept ab dem 1. Januar 2000 auch im Angestelltenbereich Anwendung findet.

Der Betriebsrat bestellt die Kommunikationsbeauftragten durch Mehrheitsbeschluss. Dabei bestellte er durch Beschluss vom 9. Juni 2011 ausschließlich solche Personen zu Kommunikationsbeauftragten, die Vertrauensleute der IG Metall waren. Die am 27. September 2012 bestellten Kommunikationsbeauftragten waren ganz überwiegend zugleich Vertrauensleute der IG Metall.

Die Kommunikationsbeauftragten nehmen an der sog. Regelkommunikation teil. Dabei handelt es sich um eine vierzehntägig stattfindende Informations- und Diskussionsrunde, in der die Kommunikationsbeauftragten Informationen vom Betriebsrat erhalten und über Probleme in ihren Bereichen sprechen können. An diesen Zusammenkünften zwischen Betriebsrat und Kommunikationsbeauftragten können alle Betriebsratsmitglieder teilnehmen. Den Betriebsratsmitgliedern steht die Kontaktaufnahme zur Belegschaft jederzeit frei. Die Arbeitnehmer können sich auch stets unmittelbar an ein beliebiges Betriebsratsmitglied wenden.

Mit Schreiben vom 4. November 2005 und vom 28. April 2008 luden die Vertrauenskörperleitung, der “IG Metall Betriebsrat” und die IG Metall Verwaltungsstelle S und E Vertrauensleute der IG Metall zu Versammlungen im Betrieb ein. Die Vertrauensleute wurden aufgefordert, die Arbeitszeit über das Zeitkontingent der Kommunikationsbeauftragten abzurechnen. Mit Schreiben vom 3. Mai 2011 luden die Vertrauenskörperleitung, die Verwaltungsstelle S der IG-Metall und der “IG Metall Betriebsrat” die Kommunikationsbeauftragten zur Sitzung der Vertrauenskörperleitung ein. Die Einladung weist als Tagesordnungspunkt 2 der Sitzung das Thema “Mitgliederentwicklung/Werbung” aus.

Die Antragsteller haben die Ansicht vertreten, die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 sei unzulässig. Diese Betriebsvereinbarungen verstießen gegen zwingende Organisationsvorschriften des Betriebsverfassungsrechts. Bei den Kommunikationsbeauftragten handele es sich um eine zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretung der Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG, zu deren Schaffung die Betriebsparteien nicht befugt seien. Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten könne nicht auf § 40 Abs. 2 BetrVG gestützt werden. Die Kommunikationsbeauftragten gehörten nicht zum Büropersonal. Sie seien nicht für bürotechnische Hilfsaufgaben, sondern für die Kommunikation mit den Arbeitnehmern und die Mitwirkung bei der Meinungsbildung des Betriebsrats zuständig. Dies seien originäre Aufgaben des Betriebsrats, die nicht auf Dritte übertragen werden könnten. Mit der Vereinbarung des Zeitkontingents von 39.300 Stunden für Kommunikationsbeauftragte seien eine unzulässige “Überversorgung” des Betriebsrats und eine Begünstigung seiner Mitglieder verbunden. Der Einsatz der Kommunikationsbeauftragten ziele darauf ab, die Mitglieder der Minderheitenfraktion aus der Kommunikation mit den Arbeitnehmern zu drängen. Die in §§ 9, 38 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen zur erforderlichen Zahl der Betriebsratsmitglieder und der Anzahl der Freistellungen werde unterlaufen. Die Betriebsparteien seien nicht befugt, die entgeltliche Freistellung der Kommunikationsbeauftragten zu regeln. Es sei nicht gewährleistet, dass die Kommunikationsbeauftragten die ihnen gewährte Freistellung nicht für ihre Tätigkeit als gewerkschaftliche Vertrauensleute auch im betrieblichen Meinungsbildungsprozess einsetzten. Jedenfalls könnten die Kommunikationsbeauftragten nicht durch einen Mehrheitsbeschluss des Betriebsrats bestellt werden. Die Wertung des Gesetzgebers, bei repräsentativer Tätigkeit Minderheitenschutz in Form des Verhältniswahlrechts zu gewähren, müsse auch für die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten gelten.

Die Antragsteller haben – soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung – zuletzt beantragt

1.

festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats im Werk U vom 9. September 1997 nebst Protokollnotizen vom 9. September 1997 und vom 13. Dezember 1999 unwirksam ist,

2.

festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats in GBP/E Standort U vom 27. April 1998 mit Protokollnotizen vom 27. April 1998 und vom 13. Dezember 1999 unwirksam ist.

Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten durch Mehrheitsbeschluss sei zulässig. Die Kommunikationsbeauftragten seien Hilfspersonen, die den Betriebsrat bei der Umsetzung seines Informationskonzepts unterstützten.

Die Arbeitgeberin hat keinen Antrag gestellt.

Das Arbeitsgericht hat die – erstinstanzlich anders formulierten – Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Antragsteller ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Ergänzend beantragen sie hilfsweise

festzustellen, dass die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats im Werk U vom 9. September 1997 in der Fassung der Protokollnotizen vom 9. September 1997 und vom 13. Dezember 1999 sowie der Betriebsvereinbarung zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats in GBP/E Standort U vom 27. April 1998 in der Fassung der Protokollnotizen vom 27. April 1998 und vom 13. Dezember 1999 im Wege und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl und nicht im Wege und nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen ist.

Der Betriebsrat beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zu Recht abgewiesen. Die Anträge sind zulässig, aber unbegründet. Das gilt auch für den in der Rechtsbeschwerde gestellten Hilfsantrag.

I. Die Hauptanträge sind als ein auf die Unzulässigkeit der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 gerichteter einheitlicher Hauptantrag zu verstehen. Dieser Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Hauptanträge bedürfen der Auslegung.

Die Anträge sind zwar nach ihrem Wortlaut auf die Feststellung der Unwirksamkeit der im Betrieb U bestehenden Betriebsvereinbarungen zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats gerichtet. Für einen solchen Feststellungsantrag würde den Antragstellern jedoch die Antragsbefugnis fehlen, da einzelne Betriebsratsmitglieder die Unwirksamkeit einer vom Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung nicht unabhängig von einem Eingriff in eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtspositionen geltend machen können. Weder das BetrVG noch das ArbGG sehen ein inhaltliches Normenkontrollrecht der Minder- und/oder Mehrheitsfraktionen innerhalb einer Arbeitnehmervertretung vor (vgl. BAG 5. März 2013 – 1 ABR 75/11 – Rn. 18 zum inhaltlichen Normenkontrollrecht der auf den unterschiedlichen Ebenen im Unternehmen und Konzern errichteten Arbeitnehmervertretungen). Aus dem Vorbringen der Antragsteller geht allerdings hervor, dass sie sich durch die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten in ihren betriebsverfassungsrechtlichen Rechten beeinträchtigt sehen. Nach diesem Rechtsschutzziel sind die Anträge als einheitlicher Hauptantrag zu verstehen, der auf die Feststellung gerichtet ist, die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der im Betrieb U geltenden Bestimmungen zur Regelung der Kommunikationsmöglichkeiten des Betriebsrats sei unzulässig. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich – wie sich aus dem Antrag ergibt – um die Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 mit den jeweiligen Protokollnotizen vom 13. Dezember 1999.

2. Mit diesem Inhalt ist der Hauptantrag zulässig.

a) Die Antragsteller sind antragsbefugt.

aa) Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG, wenn er eigene Rechte geltend macht. Ebenso wie die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren dient die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (BAG 15. Oktober 2014 – 7 ABR 53/12 – Rn. 23; 22. Juli 2014 – 1 ABR 94/12 – Rn. 12).

bb) Die Antragsteller tragen vor, die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten greife in ihr Recht auf unmittelbare Kommunikation mit den Arbeitnehmern unzulässig ein und behindere ihre Betriebsratstätigkeit. Damit machen sie geltend, durch die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition als Betriebsratsmitglieder betroffen zu sein.

b) Der Antrag genügt den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO. Im Streit steht die Befugnis des Betriebsrats, Kommunikationsbeauftragte auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 nebst Protokollnotizen zu bestellen. Für die begehrte Feststellung besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Mit dem Antrag kann auch für die Zukunft geklärt werden, ob der Betriebsrat berechtigt ist, weiterhin Kommunikationsbeauftragte auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 zu bestellen.

c) Der Zulässigkeit des Hauptantrags steht nicht entgegen, dass er erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellt wurde. Die Antragsteller haben den Antrag in der Beschwerde im Wege der Antragserweiterung (§ 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 81 Abs. 3 ArbGG, § 533 ZPO) in das Verfahren eingeführt. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag als sachdienlich zugelassen. Seine Entscheidung ist nach § 81 Abs. 3 Satz 3 ArbGG unanfechtbar und bindet das Rechtsbeschwerdegericht (BAG 9. November 2010 – 1 ABR 76/09 – Rn. 16; 26. Juli 2005 – 1 ABR 16/04 – zu B II 1 b der Gründe).

3. Der Hauptantrag ist unbegründet. Der Betriebsrat ist befugt, Kommunikationsbeauftragte auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 zu bestellen. Dies verstößt nicht gegen Organisationsvorschriften oder sonstige Bestimmungen des Betriebsverfassungsrechts. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

a) Der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 steht nicht § 3 BetrVG entgegen. Bei den Kommunikationsbeauftragten handelt es sich weder um eine Arbeitnehmervertretung nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG noch um eine andere, gesetzlich nicht vorgesehene Vertretung der Arbeitnehmer. Die Kommunikationsbeauftragten sind vielmehr Hilfspersonen des Betriebsrats.

aa) Die Kommunikationsbeauftragten sind keine zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmervertretung iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG.

(1) Der Gesetzgeber hat die organisatorischen Bestimmungen des BetrVG grundsätzlich zweiseitig-zwingend ausgestaltet (BAG 29. Juli 2009 – 7 ABR 27/08 – Rn. 15, BAGE 131, 277). Abweichungen von den Organisationsvorschriften sind nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. Nach § 3 Abs. 1 BetrVG kann durch Tarifvertrag unter den dort bestimmten Voraussetzungen von den organisatorischen Vorschriften des BetrVG abgewichen werden. Mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG ermächtigt der Gesetzgeber die Tarifvertragsparteien, abweichende Regelungen über die Repräsentationsstruktur der Arbeitnehmer im Bereich der betrieblichen Mitbestimmung zu schaffen, die an die Stelle des gesetzlichen Organisationsmodells treten. Die weiteren Tatbestände in § 3 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 BetrVG betreffen dagegen die Errichtung zusätzlicher betriebsverfassungsrechtlicher Gremien und Vertretungen, die nicht an die Stelle der gesetzlich vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen treten. Nach § 3 Abs. 2 BetrVG kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2, 4 oder 5 eine Regelung durch Betriebsvereinbarung getroffen werden, wenn keine tarifliche Regelung besteht und auch kein anderer Tarifvertrag gilt.

§ 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ermöglicht Regelungen zur Bildung zusätzlicher betriebsverfassungsrechtlicher Vertretungen der Arbeitnehmer, die die Zusammenarbeit zwischen dem Betriebsrat und den Arbeitnehmern erleichtern. Die Bildung dieser Vertretungsorgane kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Kontakt zwischen dem Betriebsrat und den von ihm zu betreuenden Arbeitnehmern nicht oder nicht in ausreichendem Umfang besteht wie zB im Fall eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats eines bundesweit tätigen Unternehmens (BT-Drs. 14/5741 S. 34). Die zusätzlichen Arbeitnehmervertretungen haben gegenüber dem Arbeitgeber keine Vertretungs- oder Mitwirkungsbefugnisse (vgl. etwa Fitting 27. Aufl. § 3 Rn. 58; Franzen GK-BetrVG 10. Aufl. § 3 Rn. 57; DKKW-Trümner 14. Aufl. § 3 Rn. 135). Es handelt sich jedoch um Vertretungsorgane (Fitting 27. Aufl. § 3 Rn. 59), die nach demokratischen Grundsätzen zu wählen sind und nicht durch den Betriebsrat ernannt werden können (Fitting 27. Aufl. § 3 Rn. 63; Franzen GK-BetrVG 10. Aufl. § 3 Rn. 26; DKKW-Trümner 14. Aufl. § 3 Rn. 138). Eine Vertretung der Arbeitnehmer iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG erfordert eine Organstruktur (vgl. etwa ErfK/Koch 15. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 8; Richardi in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 3 Rn. 68; Teusch NZA 2007, 124, 129). Dafür spricht schon der Wortlaut von § 3 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG. Unter einer “Vertretung der Arbeitnehmer” ist eine Repräsentationseinheit zu verstehen. Diese setzt eine innere Organisation voraus.

(2) Danach handelt es sich bei den Kommunikationsbeauftragten nicht um eine zusätzliche Arbeitnehmervertretung. Es fehlt an der erforderlichen Organstruktur.

(a) Nach den Betriebsvereinbarungen sind die Kommunikationsbeauftragten nicht in einer Organstruktur zusammengefasst. Die Betriebsvereinbarungen enthalten keine Organisationsregelungen zur Konstituierung und Geschäftsführung der Kommunikationsbeauftragten. Sie sehen auch keine institutionalisierten Sitzungen der Kommunikationsbeauftragten vor. Nach Ziff. 1.4 der Betriebsvereinbarungen finden nur regelmäßige Diskussionsrunden der Kommunikationsbeauftragten mit den Betriebsratsmitgliedern des jeweiligen Bereichs statt, die durch den Betriebsrat geleitet werden. Sie dienen nicht der Meinungsbildung innerhalb der Kommunikationsbeauftragten, sondern dem Informationsaustausch zwischen dem Betriebsrat und den einzelnen Kommunikationsbeauftragten.

(b) Das Bestehen der erforderlichen Organstruktur ist auch nicht im Hinblick auf die Strukturen der Vertrauenskörperleitung zu bejahen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass durch die gelegentliche unzulässige Vermengung der Tätigkeiten der Vertrauensleute und der Kommunikationsbeauftragten in der Vergangenheit keine Organstruktur der Kommunikationsbeauftragten geschaffen wurde. Es hat festgestellt, dass die Vertrauenskörperleitung der Mehrheitsgewerkschaft nicht für sich beansprucht, als Leitung der Beauftragten auftreten zu können.

bb) Die Kommunikationsbeauftragten sind auch keine andere vom Gesetz abweichende Arbeitnehmervertretung. Sie sind keine Arbeitnehmervertreter, sondern Hilfspersonen des Betriebsrats iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG.

(1) Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung in erforderlichem Umfang Räume, sachliche Mittel, Büropersonal sowie Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen. Zum Büropersonal iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG gehören nicht nur Schreibkräfte, sondern auch andere Personen, die den Betriebsrat durch Hilfstätigkeiten bei der Wahrnehmung seiner Amtstätigkeit unterstützen (vgl. etwa Fitting 27. Aufl. § 40 Rn. 135; ErfK/Koch 15. Aufl. § 40 BetrVG Rn. 18; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 40 Rn. 71; Weber GK-BetrVG 10. Aufl. § 40 Rn. 195; Bayreuther NZA 2013, 758, 761). Dazu sind Personen zu zählen, die für den Betriebsrat Vervielfältigungsaufgaben oder Botendienste erledigen. Darüber hinaus werden von dem Anspruch nach § 40 Abs. 2 BetrVG auch solche Hilfspersonen erfasst, die der Betriebsrat für die Vorbereitung und Abwicklung von Entscheidungen über die Wahrnehmung seiner Beteiligungsrechte benötigt (BAG 19. Juni 2012 – 1 ABR 19/11 – Rn. 27, BAGE 142, 87). Gleiches kann für Hilfspersonen gelten, die der Betriebsrat im Rahmen des Meinungs- und Informationsaustauschs mit der Belegschaft zur Informationsvermittlung heranzieht. Der Einsatz solcher Hilfspersonen ist dem Betriebsrat nicht grundsätzlich verwehrt. Der Kontakt zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz weder institutionalisiert noch in sonstiger Weise vorgegeben. Das Betriebsverfassungsgesetz verweist den Betriebsrat für den innerbetrieblichen Dialog mit der Belegschaft nicht auf die Durchführung von Betriebsversammlungen oder Sprechstunden (BAG 8. Februar 1977 – 1 ABR 82/74 – zu III 2 a der Gründe). Es verlangt von ihm auch nicht, sich auf Aushänge am Schwarzen Brett zu beschränken, die Belegschaft schriftlich zu informieren oder die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplätzen persönlich aufzusuchen. Welche Informations- und Kommunikationswege der Betriebsrat für zweckmäßig hält, ist von ihm nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – zu B II 3 c aa der Gründe mwN, BAGE 92, 26).

(2) Danach handelt es sich bei den Kommunikationsbeauftragten um Hilfspersonen iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG. Sie unterstützen den Betriebsrat durch Hilfstätigkeiten bei der Wahrnehmung seiner Kommunikationsaufgabe.

(a) Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Belegschaft umfassend und grundlegend zu informieren. Die Einhaltung der allgemeinen Überwachungspflichten nach § 75 BetrVG und § 80 BetrVG verlangt zwingend, sich mit den von ihm zu vertretenden Arbeitnehmern auszutauschen. Auch die sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte ist ohne einen Informations- und Meinungsaustausch zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht denkbar (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – zu B II 3 b der Gründe, BAGE 92, 26).

(b) Die Kommunikationsbeauftragten haben beim Informations- und Meinungsaustausch des Betriebsrats mit der Belegschaft nur Hilfstätigkeiten in Form von Vorbereitungsarbeiten und Botendiensten zu erbringen. Nach Ziff. 1.2 der Betriebsvereinbarungen sollen die Kommunikationsbeauftragten den Betriebsrat in seiner Meinungsbildung unterstützen. Dazu haben sie die Anliegen der Arbeitnehmer und Stimmungen in der Arbeitnehmerschaft an den Betriebsrat heranzutragen. Durch die Weitergabe der Informationen an den Betriebsrat bereiten sie dessen Entscheidungen vor. Die Kommunikationsbeauftragten haben ferner die Aufgabe, Informationsmaterial des Betriebsrats an die Arbeitnehmer weiterzuleiten. Diese Tätigkeit ist auf einen Botendienst beschränkt. Die Kommunikationsbeauftragten bestimmen nicht den Inhalt der Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft, sondern geben das Informationsmaterial des Betriebsrats weiter. Sie sollen weder initiativ werden, noch sind ihnen vom Betriebsrat Entscheidungsspielräume übertragen.

(3) Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten bewirkt entgegen der Ansicht der Antragsteller keine “Überversorgung” des Betriebsrats, die die Antragsteller nach § 40 Abs. 2 BetrVG für unzulässig halten. Zwar setzt der Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung von sächlichen und personellen Mitteln nach § 40 Abs. 2 BetrVG voraus, dass er diese zur Durchführung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben für erforderlich halten darf. Die Vorschrift enthält jedoch entgegen der Ansicht der Antragsteller keinen Hinweis auf eine Standardausstattung (BAG 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – zu B I 2 der Gründe, BAGE 91, 325). Es hängt vielmehr von den jeweiligen betrieblichen Verhältnissen und den sich dem Betriebsrat stellenden Aufgaben ab, welche Hilfsmittel er für erforderlich halten darf. Bei seiner Entscheidung, welche Hilfsmittel er benötigt, hat der Betriebsrat die berechtigten Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben und die Interessen des Arbeitgebers, insbesondere dessen Interesse an der Begrenzung seiner Kostenbelastung, angemessen zu berücksichtigen (vgl. etwa BAG 11. November 1998 – 7 ABR 57/97 – zu B 2 der Gründe; 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – zu B III 2 a der Gründe, aaO). Die Vorschrift regelt somit im Verhältnis des Betriebsrats zum Arbeitgeber, dass der Betriebsrat lediglich die Überlassung der erforderlichen Hilfsmittel verlangen kann. Daher kann sich grundsätzlich nur der Arbeitgeber auf die fehlende Erforderlichkeit eines verlangten Hilfsmittels berufen. Bei Streitigkeiten innerhalb des Betriebsrats findet § 40 Abs. 2 BetrVG dagegen keine Anwendung. Dem Schutz der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder, die durch eine “Überversorgung” gefährdet sein könnte, dient die Regelung des § 78 BetrVG (BAG 18. Februar 2014 – 3 AZR 568/12 – Rn. 28). Die Arbeitgeberin hat sich nicht auf die fehlende Erforderlichkeit der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten berufen.

b) Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten entsprechend den Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 ist auch nicht aus anderen Gründen unzulässig.

aa) Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 verstößt nicht gegen § 78 BetrVG.

(1) Die Antragsteller werden durch den Einsatz der Kommunikationsbeauftragten nicht entgegen § 78 Satz 1 BetrVG in ihrer Amtstätigkeit behindert. Die von den Antragstellern behauptete Ausgrenzung von dem für die Betriebsratstätigkeit unerlässlichen Informationsaustausch liegt nicht vor.

(a) Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass alle Betriebsratsmitglieder, auch die Angehörigen der Minderheitsfraktion, an den regelmäßigen Diskussionsrunden zwischen dem Betriebsrat und den Kommunikationsbeauftragten teilnehmen und sich dadurch informieren können. Die Betriebsratsmitglieder sind in ihrer Informationsbeschaffung auch nicht auf die Kommunikationsbeauftragten beschränkt. Es ist ihnen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unbenommen, direkt mit den Arbeitnehmern Kontakt aufzunehmen. Eine rechtlich erhebliche Einschränkung liegt nicht darin, dass bei den Arbeitnehmern, die sich mit ihren Belangen schon an die Kommunikationsbeauftragten gewandt haben, kein Gesprächsbedarf besteht, und sie sich deshalb nicht ihrerseits auch an ein Betriebsratsmitglied wenden. Zum einen werden die Betriebsratsmitglieder durch die Kommunikationsbeauftragten von den an sie herangetragenen Anliegen der Arbeitnehmer informiert, zum anderen ist es den Betriebsratsmitgliedern unbenommen, die Arbeitnehmer direkt selbst anzusprechen.

(b) Die Antragsteller sind auch nicht in der Verbreitung von Informationen eingeschränkt. Die Kommunikationsbeauftragten sind Hilfspersonen des gesamten Betriebsrats, nicht Hilfspersonen eines “IG Metall Betriebsrats” oder einer anderen Gruppierung innerhalb des Betriebsrats. Sie verteilen das Informationsmaterial des Betriebsrats an die Belegschaft, nicht das Informationsmaterial einzelner im Betriebsrat vertretener Gruppen. Die Mehrheitsfraktion darf die Kommunikationsbeauftragten daher nicht für die Weitergabe ihrer spezifischen Meinungen und Informationen und für ihre eigene Werbung einsetzen. Auf den Inhalt des Informationsmaterials des Betriebsrats können die Antragsteller als Mitglieder des Betriebsrats Einfluss nehmen. Sie sind auch nicht daran gehindert, sich selbst an die Belegschaft zu wenden, um den Standpunkt ihrer Minderheitsfraktion zu vertreten.

(2) Die Betriebsratsmitglieder werden durch den Einsatz der Kommunikationsbeauftragten auch nicht entgegen § 78 Satz 2 BetrVG wegen ihrer Betriebsratstätigkeit begünstigt. Die Betriebsratsmitglieder selbst erhalten keine Vergünstigungen. In der mit dem Einsatz von Kommunikationsbeauftragten verbundenen Entlastung der Betriebsratsmitglieder von Hilfstätigkeiten liegt keine unzulässige Begünstigung. Sie führt nicht dazu, dass die Betriebsratsmitglieder Arbeitsentgelt erhalten, ohne Betriebsratsarbeit oder Arbeitsleistung erbringen zu müssen. Sollten die anfallenden Betriebsratsaufgaben nur einen Teil der Freistellungen rechtfertigen, haben die Betriebsratsmitglieder im Übrigen die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen.

bb) Dem Einsatz der Kommunikationsbeauftragten steht nicht der Anspruch der Arbeitnehmer auf direkte Kommunikation mit dem Betriebsrat entgegen. Arbeitnehmer müssen zwar die Möglichkeit haben, sich direkt an die von ihnen gewählten Betriebsratsmitglieder mit ihren Beschwerden (§ 85 Abs. 1 BetrVG) und Anregungen (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) sowie sonstigen Anliegen zu wenden. Das ist hier jedoch gewährleistet. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass jeder Arbeitnehmer sich jederzeit unmittelbar an ein beliebiges Betriebsratsmitglied wenden kann. Eine organisatorische Zwischenebene, die dies verhindert, ist nicht implementiert.

cc) Durch den Einsatz der Kommunikationsbeauftragten werden die in den Staffeln der §§ 9, 38 Abs. 1 BetrVG zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertungen zur erforderlichen Zahl der Betriebsratsmitglieder und der Anzahl der Freistellungen nicht unterlaufen. Hilfspersonen sind keine Betriebsratsmitglieder und deshalb auf die vorgegebene Anzahl der Betriebsratsmitglieder und der Freistellungen nicht anzurechnen (vgl. BAG 12. Februar 1997 – 7 ABR 40/96 – zu B 3 der Gründe).

dd) Der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 steht entgegen der Ansicht der Antragsteller § 77 Abs. 3 BetrVG nicht entgegen.

(1) Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, es sei denn, der Tarifvertrag lässt den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zu. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam (BAG 14. März 2012 – 7 AZR 147/11 – Rn. 45).

(2) Die Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 regeln weder das Arbeitsentgelt noch andere Arbeitsbedingungen der Kommunikationsbeauftragten. Nach Ziff. 1.4 der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 sollen die Kommunikationsbeauftragten zeitweise von ihrer Arbeitspflicht entbunden werden, um ihre Aufgaben als Kommunikationsbeauftragte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht um die Regelung einer bezahlten Freistellung. Den Kommunikationsbeauftragten ist vielmehr zeitweise eine andere Tätigkeit zugewiesen.

ee) Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 ist entgegen der Auffassung der Antragsteller auch mit § 20 Abs. 2 BetrVG vereinbar.

(1) Nach § 20 Abs. 2 BetrVG darf niemand die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung von Vorteilen beeinflussen. Danach ist auch die Begünstigung einer bestimmten Wahlvorschlagsliste mit dem Ziel der Wahlbeeinflussung verboten (BGH 13. September 2010 – 1 StR 220/09 – BGHSt 55, 288; BAG 4. Dezember 1986 – 6 ABR 48/85 – zu II 4 c der Gründe, BAGE 53, 385).

(2) Mit der in den Betriebsvereinbarungen vorgesehenen Bestellung von Kommunikationsbeauftragten ist keine Begünstigung der Mehrheitskoalition verbunden. Die Kommunikationsbeauftragten sind nach der Konzeption der Betriebsvereinbarungen Hilfspersonen des gesamten Betriebsrats. Sie haben die Informationen des Betriebsratsgremiums weiterzugeben und nicht einseitig einzelne Fraktionen im Betriebsrat zu unterstützen. Eine Begünstigung besteht auch unter Berücksichtigung der – teilweisen – Personenidentität von Kommunikationsbeauftragten und Vertrauensleuten der Mehrheitsgewerkschaft nicht. Die Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 zielen nicht darauf ab, das vereinbarte Zeitkontingent der Mehrheitskoalition zur Verfügung zu stellen. Das Zeitkontingent steht nur für die Tätigkeit der Kommunikationsbeauftragten zur Verfügung. Es darf nicht für Tätigkeiten als Mitglieder des Vertrauenskörpers der Mehrheitsgewerkschaft genutzt werden. Die Funktion als Mitglied des Vertrauenskörpers der Mehrheitsgewerkschaft und die Stellung als Kommunikationsbeauftragter sind voneinander zu trennen. Dass die Funktionen in der Vergangenheit gelegentlich unzulässigerweise vermischt wurden, begründet noch nicht die Annahme einer Wahlbeeinflussung durch die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten entsprechend den Vorgaben in den Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998. Sollten die Kommunikationsbeauftragten im Einzelfall dazu eingesetzt werden, der Mehrheitsfraktion unberechtigterweise Vorteile zu verschaffen, könnten die Minderheitsfraktionen hiergegen mit den gesetzlich vorgesehenen Mitteln vorgehen. Dies führte jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten.

ff) Schließlich ist die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 nicht wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in § 75 BetrVG unzulässig.

(1) Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen ua. wegen ihrer Gewerkschaftszugehörigkeit unterbleibt. Die Vorschrift enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden (BAG 9. Dezember 2014 – 1 AZR 102/13 – Rn. 19).

(2) Die Bestellung von Kommunikationsbeauftragten auf der Grundlage der Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 benachteiligt die Antragsteller nicht wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung. Vielmehr hat der Betriebsrat als Gremium die Möglichkeit, im Rahmen des Zeitkontingents Kommunikationsbeauftragte für die Informationsvermittlung einzusetzen.

II. Der in der Rechtsbeschwerdeinstanz erstmals gestellte Hilfsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Hilfsantrag ist zulässig.

a) Die mit dem Hilfsantrag verbundene Antragsänderung ist zulässig.

aa) Antragsänderungen sind in der Rechtsbeschwerdeinstanz wegen § 559 Abs. 1 ZPO grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Schluss der Anhörung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch bezüglich der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht (BAG 14. Dezember 2010 – 1 ABR 93/09 – Rn. 19, BAGE 136, 334). Hiervon hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus prozessökonomischen Gründen Ausnahmen in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO zugelassen, sowie dann, wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten oder von den Beteiligten übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der anderen Beteiligten durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden (vgl. etwa BAG 22. Oktober 2014 – 5 AZR 731/12 – Rn. 36).

bb) Danach durfte der Hilfsantrag ausnahmsweise noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz in das Verfahren eingeführt werden. Die Antragsteller haben bereits in den Vorinstanzen geltend gemacht, dass die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten nach den Grundsätzen der Verhältniswahl und nicht im Wege und nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen sei, soweit sie grundsätzlich zulässig sei. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit dieser Frage auch befasst und die erforderlichen Feststellungen getroffen, so dass sich durch die Stellung des Hilfsantrags das Prüfprogramm nicht wesentlich geändert hat und die berechtigten Interessen der anderen Beteiligten nicht beeinträchtigt sind.

b) Die Antragsteller sind antragsbefugt. Sie machen geltend, durch die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten im Wege der Mehrheitswahl in ihren Rechten als Mitglieder der Minderheitenfraktion verletzt zu sein.

c) Für den Antrag besteht auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, da die Beteiligten über das Verfahren bei der Bestellung der Kommunikationsbeauftragten streiten und der Betriebsrat die Kommunikationsbeauftragten im Wege der Mehrheitswahl bestellt.

2. Der Hilfsantrag ist unbegründet. Die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten ist nicht im Wege der Verhältniswahl vorzunehmen.

a) Ein Erfordernis der Verhältniswahl ergibt sich nicht aus den Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998. Danach benennt der Betriebsrat die Kommunikationsbeauftragten. Die Betriebsvereinbarungen 1997 und 1998 enthalten keine Regelung zum Bestellungsverfahren. Sie setzen vielmehr einen nach den gesetzlichen Vorschriften ergangenen Beschluss des Betriebsrats voraus.

b) Für den Beschluss über die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten gilt das Mehrheitsprinzip.

aa) Der Betriebsrat trifft seine Entscheidungen nach § 33 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder, soweit im Betriebsverfassungsgesetz nichts anderes bestimmt ist (BAG 25. Mai 2005 – 7 ABR 10/04 – zu B II 3 a der Gründe). Dies gilt auch für die Bestellung der Kommunikationsbeauftragten. Mit deren Bestellung entscheidet der Betriebsrat über die Auswahl seiner Hilfspersonen. Bei dieser Beschlussfassung gilt das Mehrheitsprinzip. Eine analoge Anwendung der Vorschriften, die eine Verhältniswahl für die Wahl der Ausschussmitglieder und der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vorsehen (§ 27 Abs. 1 Satz 3, §§ 28, 38 Abs. 2 BetrVG), kommt im Hinblick auf die geschlossene Systematik des BetrVG nicht in Betracht. Es fehlt bereits an einer für eine analoge Anwendung erforderlichen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in den Fällen, in denen er die Beachtung der Verhältniswahl für geboten hält, dies ausdrücklich in die betreffende Norm aufgenommen. In den übrigen Fällen soll das Mehrheitsprinzip gelten. Der in den genannten Normen enthaltene Minderheitenschutz ist kein allgemeines Prinzip des BetrVG (BAG 21. Juli 2004 – 7 ABR 58/03 – zu B II 4 der Gründe, BAGE 111, 269; 11. Juni 1997 – 7 ABR 5/96 – zu B II 2 der Gründe). Außerdem ist die Interessenlage bei der Bestellung der Kommunikationsbeauftragten nicht vergleichbar mit der Interessenlage bei der Wahl der Ausschussmitglieder und der freizustellenden Betriebsratsmitglieder. Anders als bei der Wahl von Ausschussmitgliedern und freigestellten Betriebsratsmitgliedern geht es bei der Bestellung von Kommunikationsbeauftragten nicht um die Wahl von Repräsentanten der Arbeitnehmer zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben.

bb) Allerdings hat der Betriebsrat bei der Bestellung der Kommunikationsbeauftragten den Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von im Betrieb tätigen Personen ua. wegen ihrer gewerkschaftlichen Betätigung unterbleibt. Für die Auswahl der Kommunikationsbeauftragten darf es daher nicht maßgebend sein, ob ein Arbeitnehmer gewerkschaftlich tätig ist und welcher Gewerkschaft er angehört.

Gräfl

Kiel

M. Rennpferdt

Busch

Donath

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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