BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 19.2.2020, 5 AZR 190/18

Februar 2, 2021

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 19.2.2020, 5 AZR 190/18

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Oktober 2017 – 4 Sa 296/16 – teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 8. August 2016 – 2 Ca 186/16 HBS – teilweise abgeändert. Die Klage wird bezüglich des Klageantrags zu 2. abgewiesen. Im Übrigen werden die Berufung und die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat 68 % und die Beklagte 32 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe des Arbeitsentgelts und in diesem Zusammenhang über die Frage, ob die Beklagte nach dem zwischen ihr und der Gewerkschaft ver.di am 31. Januar 2006 abgeschlossenen und auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Haustarifvertrag für die Beschäftigten des A Klinikums (iF HausTV) oder aufgrund betrieblicher Übung verpflichtet ist, an die Klägerin dynamische Entgeltsteigerungen entsprechend den Entgelttabellen des TVöD weiterzugeben.
2

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung der Entgelterhöhung für die Zeit von März 2014 bis Dezember 2015 sowie eine Verurteilung der Beklagten zur künftigen Zahlung von Entgelt entsprechend dem TVöD-VKA gefordert. Sie hat die Auffassung vertreten, der HausTV enthalte eine dynamische Bezugnahme auf die Entgeltregelungen des TVöD. Die Beklagte sei daher verpflichtet, die entsprechenden Tariferhöhungen weiterzugeben. Im Übrigen ergebe sich der Anspruch aus betrieblicher Übung.
3

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an sie 685,40 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Staffel zu zahlen,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an sie über den 1. Januar 2016 hinaus ein Gehalt nach 97 % der Entgeltgruppe 9a Stufe 5 TVöD-VKA anteilig für eine 10-Stunden-Woche in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.
4

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
5

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

6

Der Revision ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Unrecht vollständig zurückgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der tariflichen Entgelterhöhung aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen iVm. dem HausTV iHv. 685,32 Euro brutto nebst Zinsen. Die Klage auf künftige Leistung ist jedoch unzulässig. Das Berufungsurteil ist daher teilweise aufzuheben, auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil diesbezüglich abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.
7

I. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der Entgelterhöhung iHv. insgesamt 685,32 Euro brutto aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen iVm. § 2 Abs. 1 Buchst. a iVm. § 3 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 4 HausTV. Dies folgt aus der Auslegung der tariflichen Bestimmungen (im Einzelnen BAG 19. Februar 2020 – 5 AZR 179/18 – Rn. 17 ff.). Der Anspruch ist der Höhe nach vollständig begründet. Der Forderungsbetrag ist zwischen den Parteien unstreitig.
8

II. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB. Der Klägerin stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zu. Die Fälligkeit bestimmt sich nach § 2 Abs. 1 Buchst. a HausTV iVm. § 24 Abs. 1 Sätze 2 und 3 TVöD.
9

III. Der Revision der Beklagten ist in Bezug auf den Antrag auf künftige Leistung stattzugeben und das Urteil des Landesarbeitsgerichts insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Klage auf künftige Leistung ist unzulässig, denn die Voraussetzungen des § 259 ZPO sind nicht erfüllt. Es fehlt bereits an der Besorgnis der Leistungsverweigerung zum Fälligkeitstermin (im Einzelnen BAG 19. Februar 2020 – 5 AZR 180/18 – Rn. 10 ff.).
10

IV. Nach § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die Klägerin 68 % und die Beklagte 32 % der Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Linck

Berger

Volk

Dombrowsky

Mattausch

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

Benötigen Sie eine Beratung oder haben Sie Fragen?

Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail, damit wir die grundsätzlichen Fragen klären können.

Durch die schlichte Anfrage kommt noch kein kostenpflichtiges Mandat zustande.

Letzte Beiträge

a very tall building with a moon in the sky

Ist Mobbing strafbar?

März 13, 2024
Von RA und Notar Krau:Mobbing kann je nach den Umständen strafbar sein, aber nicht immer.Es gibt kein spezifisches Gesetz, das Mobbing al…
filling cans with freshly brewed beers

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21

Februar 4, 2024
Tarifliche Nachtarbeitszuschläge – Gleichheitssatz – BAG 10 AZR 473/21 – Urteil vom 15.11.2023 – Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschichtarbeit…
man holding orange electric grass cutter on lawn

Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22

Februar 4, 2024
Annahmeverzug – Anderweitiger Verdienst aus einer Geschäftsführertätigkeit – BAG 5 AZR 331/22 – Böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes …