Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Juni 2000 – 13 Sa 1300/99 Beschlußfassung der Gesellschaftsversammlung – Aufhebungsvertrag mit GmbH-Geschäftsführer)

April 3, 2019

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Juni 2000 – 13 Sa 1300/99
Beschlußfassung der Gesellschaftsversammlung – Aufhebungsvertrag mit GmbH-Geschäftsführer)
1. Die Gesellschafterversammlung einer GmbH ist im Rahmen ihrer Annexkompetenz auch zuständig für den Abschluß, die Änderung und die Beendigung des Anstellungsvertrags sowie andere Regelungen, die materiell das zugrunde liegende Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers betreffen, soweit nach Gesetz oder Satzung keine anderweitige Kompetenz bestimmt ist.
2. Faßt die Gesellschafterversammlung den Beschluß, einem Geschäftsführer zu kündigen, so ist der Abschluß eines Aufhebungsvertrags, der zudem ein Widerrufsrecht bzw eine Fortsetzungsoption soweit eine umfassende Abgeltungsklausel enthält, nicht von der Beschlußfassung gedeckt, so daß der Aufhebungsvertrag unwirksam ist. Unentschieden bleibt, ob bei Fehlen eines entsprechenden Beschlusses eine nachträgliche Genehmigung durch die Gesellschafter möglich ist.
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Darmstadt, 7. April 1999, 6 Ca 353/98, Urteil
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 07. April 1999 — 6 Ca 353/98 — unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 26. Oktober 1998 nicht zum 31. Dezember 1998 aufgehoben worden ist.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/4, die Beklagte 3/4.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 21.000,00 DM (i. W. Einundzwanzigtausend Deutsche Mark) festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren insbesondere über die Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.
Der Kläger war auf der Grundlage des Anstellungsvertrages vom 4. Juni 1997 (Kopie Bl. 124 ff. d.A.) seit Juni 1997 bei der beklagten GmbH beschäftigt. Zum 31. Oktober 1997 wurde er ohne Änderung des Anstellungsvertrages zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt.
Am 26. Oktober 1998 unterzeichnete der Kläger einen Aufhebungsvertrag (Kopie Bl. 6 d.A.) mit folgendem Wortlaut:
“Zwischen der Fa. C vertreten durch die Gesellschafterversammlung, diese vertreten durch Herrn R und Herrn D wird folgender Aufhebungsvertrag geschlossen:
1. Das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis als Geschäftsführer der C auf Basis des Anstellungsvertrages vom 04.06.1997 nebst Zusatzvereinbarungen und Nachträgen wird auf Veranlassung der Gesellschaft in gegenseitigem Einvernehmen zum 31.12.1998 beendet.
2. Die C behält sich vor, diesen Aufhebungsvertrag bis zum 30.11.1998 rückgängig zu machen.
3. Herr D erhält bei seinem Ausscheiden ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis.
4. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche der Parteien gegeneinander, ob bekannt oder unbekannt, abgegolten.”
Daneben war der Vertrag “für die C von Herrn R unterzeichnet.
Alleinige Gesellschafterin der Beklagten ist die C alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärin (C war zur Zeit des Vertragsschlusses Herr J Der den Aufhebungsvertrag unterzeichnende R — der erst seit Januar 1999 wieder eingetragener Geschäftsführer der Beklagten ist — ist Alleingesellschafter der vorgenannten Komplementärin und die Mehrheitsbeteiligung haltender Kommanditist der vorgenannten KG.
Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten (Kopie Bl. 91 ff. d.A.) enthält, soweit hier von Interesse, folgende Regelungen:
“…
§ 7 Gesellschafterversammlung
(1) Nach Vorlage des Jahresabschlusses soll die ordentliche Gesellschafterversammlung stattfinden. Die Geschäftsführer können außerordentliche Gesellschafterversammlungen einberufen. …

§ 8 Befugnisse der Gesellschafterversammlung
(1) Die ordentliche Gesellschafterversammlung beschließt über:

(2) Der Beschlussfassung der Gesellschafter unterliegen weiter:

e) die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Bedingungen des Geschäftsführungsvertrages,
…”
Vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages hatte die Gesellschafterversammlung der Beklagten ausweislich des in Kopie (Bl. 34 d.A.) vorgelegten Protokolls am 28. September 1998 den Beschluss gefasst, den Kläger zum 31. Dezember 1998 als Geschäftsführer der Beklagten abzuberufen und sein zugrundeliegendes Anstellungsverhältnis ebenfalls zum 31. Dezember 1998 zu kündigen. Das vom Komplementär-Geschäftsführer Z unterzeichnete Protokoll der Gesellschafterversammlung lautet unter der Überschrift “Protokoll und Beschluss der Gesellschafterversammlung der C — HRB 4192 des Amtsgerichts Darmstadt” wie folgt:
“Ich, der unterzeichnende Herr F handele nicht im eigenen Namen, sondern als alleinvertretungsberechtigter von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiter Geschäftsführer für die C eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt — HRB 6782 –.
Die C in Darmstadt handelt nicht in eigenem Namen, sondern als alleinige persönlich haftende vertretungsberechtigte Gesellschafterin für die C in Darmstadt, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt — HRA 6392 –.
Die C in Darmstadt ist die alleinige Gesellschafterin der C in Darmstadt — nachstehend kurz C genannt — eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Darmstadt — HRB 4192.
Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt DM 510.000,00.
Unter Verzicht auf alle Formen und Fristen der Ankündigung und Einberufung einer Gesellschafterversammlung halte ich hiermit eine außerordentliche Gesellschafterversammlung ab und beschließe einstimmig:
1. Herr D wird mit zum 31.12.1998 als Geschäftsführer der abberufen. Ihm wird keine Entlastung erteilt.
2. Sein zugrundeliegendes Arbeitsverhältnis wird ebenfalls zum 31.12.1998 gekündigt. Herr K, als Gesellschafter der C und Kommanditist der C wird ermächtigt, für die C die Kündigung auszusprechen.
Damit ist die Gesellschafterversammlung geschlossen.
Darmstadt, den 28.09.1998″
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. November 1998, der Beklagten zugegangen am 23. November 1998, ließ der Kläger den Aufhebungsvertrag wegen Drohung mit einer fristlosen Kündigung bzw. wegen arglistiger Täuschung anfechten und gemäß § 178 BGB widerrufen; nachdem die Beklagte die Willenserklärungen wegen nicht beigelegener Vollmachtsurkunde zurückgewiesen hatte, wiederholte der Kläger diese mit Schreiben vom 30. November 1998 (Kopie Bl. 7 d.A.).
Eine nach Abschluss des Aufhebungsvertrages von der Beklagten ausgesprochene Kündigung ist Gegenstand eines weiteren, vor dem Arbeitsgericht Darmstadt anhängigen Verfahrens.
Mit der vorliegenden, am 7. Dezember 1998 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages geltend gemacht und seine Weiterbeschäftigung als Geschäftsführer begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, der Aufhebungsvertrag sei wegen Androhung einer außerordentlichen Kündigung wirksam angefochten und auch gemäß § 178 BGB widerrufen worden; Herr K habe die Gesellschafterversammlung nicht ordnungsgemäß vertreten können.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 26. Oktober 1998 nicht zum 31. Dezember 1998 aufgehoben wird,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gemäß des Arbeitsvertrages vom 4. Juni 1997 als Geschäftsführer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die behaupteten Drohungen vor Abschluss des Aufhebungsvertrages bestritten und unter Hinweis auf eine erteilte Abmahnung und die vorgetragenen Pflichtverletzungen des Klägers die Auffassung vertreten, der Aufhebungsvertrag sei rechtlich nicht zu beanstanden; der Widerruf gemäß § 178 BGB gehe ins Leere, da Herr K wirksam als Vertreter des Gesellschafters der Beklagten gehandelt habe.
Durch das den Parteien am 6. Juli 1998 zugestellte Urteil vom 7. April 1999 (Bl. 36 ff. d.A.), auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil der Aufhebungsvertrag wirksam geschlossen und rechtsgrundlos angefochten und widerrufen worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 26. Juli 1999 eingelegte und nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. September 1999 mittels eines am 6. September 1999 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung des Klägers.
Der Kläger bleibt unter Vertiefung seiner Rechtsausführungen bei seiner Auffassung, dass der Aufhebungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, jedenfalls wirksam angefochten sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 7. April 1999, Az.: 6 Ca 353/98, abzuändern und
1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht,
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 26. Oktober 1998 nicht zum 31. Dezember 1998 aufgehoben wird,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gemäß des Arbeitsvertrages vom 4. Juni 1997 als Geschäftsführer weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und verweist ergänzend auf die in Ablichtung eingereichten Gesellschaftsverträge und Handelsregisterauszüge (Bl. 66 ff. d.A.).
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist auch teilweise begründet; das Arbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch den Aufhebungsvertrag vom 26. Oktober 1998 zum 31. Dezember 1998 aufgehoben worden ist. Die weitergehende Berufung hat dagegen keinen Erfolg; das Arbeitsgericht hat die weitergehende allgemeine Feststellungsklage und die Weiterbeschäftigungsklage zu Recht abgewiesen.
I. Das Berufungsgericht hat über die Klage sachlich zu entscheiden. Es kann dahinstehen, ob für die hier vorliegende Klage des Geschäftsführers einer GmbH gegen die Kündigung bzw. Aufhebung seines Anstellungsvertrages der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben ist (vgl. dazu zuletzt BAG Beschluss vom 6. Mai 1999 — 5 AZB 22/98 — AP Nr. 46 zu § 5 ArbGG 1979). Hat das Arbeitsgericht — wie vorliegend — den beschrittenen Rechtsweg stillschweigend durch Erlass eines Urteils bejaht, so ist das Rechtsmittelgericht nach § 17 a Abs. 5 GVG. § 65 ArbGG gehindert, die Frage des Rechtswegs zu prüfen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn wegen der Rüge einer Partei eine Vorabentscheidung des Arbeitsgerichts geboten war (vgl. dazu etwa BAG Urteil vom 8. Juni 1999 — 3 AZR 136/98 — AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, mwN.). Eine derartige Rüge ist im vorliegenden Verfahren nicht erhoben worden.
II. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch den Aufhebungsvertrag vom 26. Oktober 1998 nicht zum 31. Dezember 1998 aufgehoben worden. Dieser Aufhebungsvertrag ist entgegen der vom Arbeitsgericht und der Beklagten vertretenen Auffassung nicht wirksam geworden, weil die Beklagte dabei nicht ordnungsgemäß vertreten war; ob Gründe für die Anfechtung des Aufhebungsvertrages vorlagen, ist deshalb im Streitfall nicht entscheidungserheblich.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen im Streitfall keine Veranlassung besteht, unterliegt nach § 46 Nr. 5 GmbHG nicht nur die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern einer GmbH der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung. Die Gesellschafterversammlung einer GmbH ist vielmehr in Annexkompetenz auch zuständig für den Abschluss, die Änderung und die Beendigung des Anstellungsvertrages sowie andere Regelungen, die materiell das zugrunde liegende Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers betreffen, soweit nach Gesetz oder Satzung keine anderweitige Zuständigkeit bestimmt ist, wobei diese Kompetenz sowohl die Willensbildung als auch den Abschluss des Rechtsgeschäfts bzw. die Abgabe der entsprechenden Erklärungen, wie z. B. die Kündigung, betrifft (vgl. BGH Urteil vom 27. März 1995 — II ZR 140/93 — LM § 46 GmbHG Nr. 31; BGH Urteil vom 25. März 1991 — II ZR 169/90 — NJW 1991, 1680; Baumbach-Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 46 Rn. 24; Altmeppen-Roth, GmbHG, 3. Aufl., § 46 Rn. 23, jeweils mwN.). Nach der neueren Rechtsprechung des BGH (Urteile vom 25. März 1991 und 27. März 1995, aaO.) kommt es für diese Annexkompetenz entgegen früherer Rechtsprechung auch nicht auf einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen Bestellung und Anstellung bzw. Abberufung und Kündigung an. Ist eine GmbH & Co. KG Alleingesellschafterin der GmbH, fasst der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH diese die Organstellung oder das Anstellungsverhältnis betreffenden Beschlüsse, ohne dass es dazu der Einberufung einer förmlichen Gesellschafterversammlung bedarf (vgl. BGH Urteil vom 27. März 1995, aaO., mwN.). Die Befugnis zur Kündigung, Aufhebung oder sonstigen materiellen Änderung des Anstellungsvertrages bzw. zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen kann allerdings nicht nur durch den Gesellschaftsvertrag auf andere Personen übertragen werden, sondern nach einhelliger Auffassung auch durch die Gesellschafter selbst, die sich zur Ausführung ihrer Beschlüsse eines Bevollmächtigten oder Boten bedienen können (so schon BGH Urteil vom 26. März 1984 — II ZR 120/83 — BGHZ 91, 217; vgl. weiter etwa Baumbach-Hueck, aaO., § 46 Rn. 25; Altmeppen-Roth, aaO., § 46 Rn. 19; OLG Köln Urteil vom 21. Februar 1990 — 13 U 195/89 — GmbHR 1991, 156, mwN.).
Unter Zugrundelegung vorstehender Grundsätze ist zwar die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 28. September 1998 in Person des alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführers der Komplementär-GmbH Zahn rechtlich nicht zu beanstanden, da die C alleinige Gesellschafterin der Beklagten war, wie zuletzt nicht mehr streitig gewesen, jedenfalls vom Kläger nicht substantiiert bestritten worden ist. Der Komplementär-Geschäftsführer Z konnte auch — wie geschehen — trotz fehlender Regelung im Gesellschaftsvertrag den Gesellschafter der Komplementär-GmbH K ermächtigen, für die Beklagte die beschlossene Kündigung des Anstellungsvertrages des Klägers zum 31. Dezember 1998 auszusprechen. Den — neben der Abberufung — das Anstellungsverhältnis des Klägers betreffenden, allein vorliegenden Beschluss, eine Kündigung zum genannten Termin auszusprechen, hat der Gesellschafter K jedoch unstreitig nicht ausgeführt. Er hat — auch nach dem Vortrag der Beklagten — zu keiner Zeit eine Kündigung des Anstellungsverhältnisses ausgesprochen. Die statt dessen vorgenommenen Verhandlungen über eine einvernehmliche Beendigung des Anstellungsverhältnisses und der dann konkret geschlossene Aufhebungsvertrag, der neben der einvernehmlichen Beendigung des Anstellungsverhältnisses darüber hinaus ein Widerrufsrecht bzw. eine Fortsetzungsoption sowie — im Falle des Bestandes — eine umfassende Abgeltungsklausel enthält, sind nicht durch eine entsprechende Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten gedeckt. Da eine Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Beklagten mit entsprechender Beschlussfassung zu diesen in ihre zentrale Kompetenz fallenden vertraglichen Regelungen nicht vorliegt, von der Beklagten auch gar nicht behauptet worden ist, ist der Aufhebungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen (vgl. dazu ebenfalls z. B. BGH Urteil vom 25. März 1991, aaO.) und damit das mit dem Kläger zu dieser Zeit unstreitig fortbestehende Anstellungsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag nicht aufgelöst worden. Ob eine rückwirkende Genehmigung durch die Gesellschafter, wenn ein Beschluss fehlte, überhaupt möglich ist (vgl. zur verneinenden Auffassung etwa OLG Köln Urteil vom 21. Februar 1990, aaO., mwN.), kann hier deshalb dahinstehen, zumal der Kläger ohnehin einen etwa schwebend unwirksamen Vertrag gemäß § 178 BGB widerrufen hat.
III. Die weitergehende, auf Feststellung eines zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage kann dagegen keinen Erfolg haben. Diese erweist sich bereits als unzulässig.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. etwa Urteil vom 13. März 1997 — 2 AZR 512/96 — BAGE 85, 262 = AP Nr. 38 zu § 4 KSchG 1969, mwN.) ist zwar neben einer gegen eine bestimmte Kündigung oder einen sonstigen streitigen Auflösungstatbestand (z. B. Aufhebungsvertrag) gerichteten Klage die Erhebung einer allgemeinen Feststellungsklage, gerichtet auf den Bestand oder Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses, möglich. Dieser fehlt jedoch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, wenn — jedenfalls bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung — nicht konkret dargelegt ist, dass neben dem konkret angefochtenen Auflösungstatbestand weitere Beendigungsgründe möglich bzw. behauptet sind. Solche hat der Kläger trotz entsprechenden Hinweises auch im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht dargelegt. Auf die von der Beklagten nach dem streitgegenständlichen Aufhebungsvertrag ausgesprochene Kündigung kann sich der Kläger insofern nicht stützen, da er diese in einem weiteren Verfahren, das vor dem Arbeitsgericht Darmstadt anhängig ist, gesondert angefochten hat. Da der Kläger die allgemeine Feststellungsklage dennoch aufrecht erhalten hat, ist diese als unzulässig abzuweisen.
IV. Die Weiterbeschäftigungsklage kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Sie ist unbegründet.
Zwar gilt der Beschluss des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 1985 (– GS 1/84 — BAGE 48, 122) zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch bei streitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann, wenn die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers streiten, sondern der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen eines Aufhebungsvertrages streitig ist (vgl. etwa BAG Urteil vom 21. März 1996 — 2 AZR 543/95 — AP Nr. 42 zu § 123 BGB, mwN.). Im Streitfall scheitert die begehrte Weiterbeschäftigung “als Geschäftsführer” jedoch schon daran, dass die Bestellung zum Geschäftsführer mangels entgegenstehender gesellschaftsvertraglicher Regelungen nach § 38 GmbHG jederzeit widerruflich war und der Kläger nach den oben dargestellten Grundsätzen durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 28. September 1998, der ihm nach dem insofern unbestritten gebliebenen Beklagtenvortrag auch bekannt gemacht worden ist, wirksam als Geschäftsführer abberufen wurde; schon aus gesellschaftsrechtlichen Gründen hat deshalb der Kläger — auch bei unterstelltem Fortbestand des Dienstverhältnisses — keinen Anspruch auf Beschäftigung als Geschäftsführer. Daneben hat der Kläger auch deshalb zur Zeit keinen Anspruch auf die begehrte Beschäftigung — auch nicht zu den ursprünglich im Anstellungsvertrag vom 4. Juni 1997 vereinbarten Bedingungen –, weil die Beklagte nach dem hier streitgegenständlichen Aufhebungsvertrag eine Kündigung ausgesprochen hat, die vor dem Arbeitsgericht Darmstadt anhängig ist. Mit der vorliegenden Entscheidung steht lediglich fest, dass das Anstellungsverhältnis zwischen den Parteien durch den Aufhebungsvertrag nicht aufgelöst worden ist; ob dieses durch die danach ausgesprochene Kündigung beendet worden ist, bedarf noch der arbeitsgerichtlichen Feststellung. Durch den Ausspruch der (Folge-) Kündigung ist — jedenfalls bis zur erstinstanzlichen Entscheidung — wieder die Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses herbeigeführt worden, die im Regelfall dem Weiterbeschäftigungsbegehren entgegensteht (vgl. dazu etwa BAG Urteil vom 19. Dezember 1985 — 2 AZR 190/85 — BAGE 50, 319 = AP Nr. 17 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht). Gründe, die einen Weiterbeschäftigungsanspruch ausnahmsweise bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt vor erstinstanzlicher Entscheidung über die Kündigung begründen könnten (etwa die offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung), sind von dem Kläger nicht vorgetragen worden.
Die Kosten des gesamten Rechtsstreits sind verhältnismäßig zu teilen, da der Kläger nur zum Teil, jedoch überwiegend, mit Klage und Rechtsmittel erfolgreich ist (§§ 92, 97 ZPO).
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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