LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2014 – 3 Sa 33/14

März 31, 2021

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2014 – 3 Sa 33/14

1. Die vom Bundesarbeitsgericht zur nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in seinen Urteilen vom 10. Dezember 2013 (9 AZR 51/13) und 3. Juni 2014 (9 AZR 111/13) aufgestellten Grundsätze sind auf die Fälle verdeckter Arbeitnehmerüberlassung übertragbar. Dies gilt auch, wenn die Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen eines Scheinwerkvertrags erfolgt.

2. Der Prüfpflicht nach Ziff. 4.1 erster Spiegelstrich des zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. und der IG Metall geschlossenen Tarifvertrags Leih-/Zeitarbeit kommt ausschließlich verfahrensrechtliche Bedeutung zu. Materielle Vorgaben für die Prüfung enthält die Bestimmung nicht.
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12. März 2014 – 19 Ca 7077/13 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Hilfsweise verlangt der Kläger die Prüfung, ob die Beklagte ihm einen Arbeitsplatz anbieten kann.

Der am 0.0.1969 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger war seit dem 1. Januar 2009 bei der M. T. GmbH, die zirka 3.300 Arbeitnehmer weltweit beschäftigt und seit 27. Oktober 2005 über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügt, auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 5. Dezember 2008 (Bl. 11-15 d. ArbG-Akte) als Versuchstechniker tätig. Die M. T. GmbH, die im November 2009 in M. G. GmbH & Co. KG a. A. (künftig: M.) umfirmierte, setzte den Kläger im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung bei der Beklagten in deren Betrieb in N. im Bereich Entwicklung, dort in der Betreuung Brennstoffzellen-Versuchsfahrzeuge, als Monteur ein.

Am 20. Mai 2012 trat ein zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. und der IG Metall geschlossener Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit (künftig: TV LeiZ) in Kraft, der folgende Bestimmungen enthält:

„1. Geltungsbereich

Es gilt der Geltungsbereich der Manteltarifverträge für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden, Südwürttemberg-Hohenzollern und Südbaden…

4. Betriebe ohne Betriebsvereinbarung

4.1 Besteht keine Betriebsvereinbarung gemäß Ziffer 3, gilt folgendes:

– Nach 18 Monaten Überlassung* hat der Entleiher zu prüfen, ob er dem Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten kann.- Nach 24 Monaten Überlassung* hat der Entleiher dem Leih-/Zeitarbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Dieses kann nach Beratung mit dem Betriebsrat bei akuten Beschäftigungsproblemen entfallen.- Bei Unterbrechungen von weniger als 3 Monaten werden Einsatzzeiten im selben Betrieb addiert.

* Beschäftigungszeiten nach den obigen Spiegelstrichen zählen ab dem Inkrafttreten des Tarifvertrages, unabhängig vom tatsächlichen Einsatztermin vor Inkrafttreten des Tarifvertrages.“

Zum 1. Januar 2013 schloss die Beklagte mit der M. mehrere von den Vertragsparteien als Werkverträge bezeichnete Vereinbarungen, worin die M. sich verpflichtete, bestimmte Werkstattleistungen für die Beklagte zu erbringen und in deren Rahmen der Kläger und mit ihm bis zu vier weitere Beschäftigte der M. weiterhin im Bereich Brennstoffzellen-Versuchsfahrzeuge eingesetzt wurden. Ab 1. Oktober 2013 stellte die M. den Kläger von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.

Mit seiner am 8. Oktober 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger vorgetragen: Er sei seit dem 1. Januar 2009 am gleichen Arbeitsplatz tätig und erhalte seine Anweisungen ausschließlich vom Werkstattmeister L.. Der von ihm verwendete PC samt Software und das gesamte Werkzeug seien ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden. Er sei völlig in den Betrieb der Beklagten integriert. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Klägervortrags wird auf Bl. 96-118 d. ArbG-Akte Bezug genommen. Da die Beklagte zum 1. Januar 2013 auf einen Scheinwerkvertrag „umgestellt“ habe, sei eine Arbeitnehmerüberlassung des Klägers im Wege einer AÜG-Konformität überhaupt nicht mehr gewollt gewesen. Soweit man sich jetzt auf eine Arbeitnehmerüberlassungsmöglichkeit berufe, handle es sich um einen institutionellen Rechtsmissbrauch. Das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses lasse sich auch damit begründen, dass die vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und der M. jedenfalls seit dem Jahr 2013 wegen mangelnder Schriftform (§ 12 Abs. 1 AÜG) unwirksam sei. Diese Unwirksamkeit schlage auch auf das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der M. durch, weshalb in der Folge ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien – gegebenenfalls in analoger Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG – begründet worden sein müsse. Die gesamte Konstruktion über einen „Werkvertrag“ sei im Ergebnis nichts anderes als die nicht zulässige Verdeckung eines Arbeitsverhältnisses. Es habe sich auch von Anfang an nicht um eine „vorübergehende“ Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG gehandelt, was ebenfalls für ein bestehendes Arbeitsverhältnis spreche. Die dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sei zumindest seit dem 1. Dezember 2011 nicht mehr zulässig gewesen, weshalb spätestens zu diesem Zeitpunkt kraft gesetzlicher Fiktion ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen sei.

Der TV-LeiZ sehe vor, dass beginnend mit dem 20. Mai 2012 nach 18 Monaten – somit am 20. November 2013 – eine Überprüfung hätte stattfinden müssen, ob dem Kläger nach Ziffer 4.1 ein entsprechendes unbefristetes Arbeitsverhältnis angeboten werden könne. Der Anspruch auf entsprechende Prüfung werde hilfsweise geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht.

2. Hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag Ziffer 1 abgewiesen wird: Die Beklagte wird verurteilt, zu prüfen, ob sie dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbietet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Seit der Umstellung des ursprünglich bestehenden Arbeitnehmerüberlassungs- auf einen Werkvertrag zum 1. Januar 2013 habe keine Eingliederung des Klägers bei der Beklagten stattgefunden. Die Beklagte habe dem Kläger auch keine arbeitsvertraglichen Weisungen mehr erteilt. Die Beauftragung von Mitarbeitern der M. sei ab dem 1. Januar 2013 über das sogenannte P.-Beauftragungssystem erfolgt. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags der Beklagten wird auf Bl. 56-62 und 230-235 d. ArbG-Akte Bezug genommen. Selbst wenn man ab dem 1. Januar 2013 von einer sogenannten verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ausgehen würde, wäre diese durch die Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis der M. gedeckt.

Sie habe eine Übernahme des Klägers in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geprüft, diese Prüfung sei aber negativ ausgefallen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. März 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Zwischen den Parteien habe zu keinem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis bestanden. Auf die Begründung eines Arbeitsvertrages zielende ausdrückliche oder konkludente Willenserklärungen hätten die Parteien nicht abgegeben. Das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses könne auch nicht mit einer direkten oder analogen Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG begründet werden. Nach dieser Vorschrift gelte ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam sei. Im vorliegenden Fall sei die M. (beziehungsweise M. T. GmbH) aber vom 1. Januar 2009 bis heute im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Auch wenn man mit dem Kläger auch für das Jahr 2013 seine weitere Einbindung in den Betriebsablauf der Beklagten unterstelle, führe dies nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien, da die M. dann den Kläger ab Januar 2013 der Beklagten unter dem Deckmantel eines Werkvertrages als Arbeitnehmer überlassen hätte, wozu sie auch 2013 die erforderliche Erlaubnis gehabt habe. Die vom Kläger behaupteten Gesetzesverstöße rechtfertigten auch keine analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht auf § 242 BGB stützen. Selbst wenn das Verhalten der M. und der Beklagten ab Januar 2013 als rechtsmissbräuchlich einzustufen wäre, würde dies nicht zu der vom Kläger begehrten Rechtsfolge führen. § 242 BGB stelle keine hinreichende gesetzliche Grundlage dar, um einen derart schwerwiegenden Eingriff in die durch Artikel 12 GG geschützte Freiheit, ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder dies zu unterlassen, zu rechtfertigen. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass ein etwaiger Missbrauch von Werkverträgen zur Verschleierung von Leiharbeit zu einem Arbeitsverhältnis zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher führe, hätte er dies ausdrücklich regeln können und müssen. Klageantrag Ziffer 2 sei unbegründet, da die Beklagte spätestens im Kammertermin mit dem Vortrag, eine Übernahme mit dem Ergebnis geprüft zu haben, dass keine Übernahme des Klägers erfolge, den Anspruch aus Ziffer 4.1 TV-LeiZ erfüllt habe. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Kriterien oder den Ablauf der Prüfung darzulegen oder zu dokumentieren. Eine gerichtliche Überprüfung erstrecke sich allein auf die Frage des „ob“, nicht aber auf das „wie“ der Prüfung und deren Ergebnis.

Gegen das ihm am 2. April 2014 zugestellte arbeitsgerichtliche Urteil hat der Kläger am 16. April 2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 2. Juli 2014 am 2. Juli 2014 begründet.

Der Kläger trägt vor: Für die zeitlichen Lücken vom 1. Januar bis 31. August 2009 und 1. Juni bis 8. Juni 2011 in den vorgelegten schriftlichen Arbeitnehmerüberlassungsverträgen zwischen der M. T. GmbH beziehungsweise M. und der Beklagten sei nicht ersichtlich, dass er in Konzernleihe oder einer anderen Form der Arbeitnehmerüberlassung bei der Beklagten beschäftigt worden sei. Es liege ein Scheinwerkvertrag mit den entsprechenden Konsequenzen nach § 117 Abs. 1 BGB vor. Wer wie die Beklagte habe befürchten müssen, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern zur Abdeckung eines Dauerbedarfs zum Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Leiharbeitnehmer führen könnte und deshalb den Paradigmenwechsel zum Scheinwerkvertrag vollzogen habe, habe sich selbst in die Sanktionsfolgen des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG, der unseriöse Praktiken der Arbeitnehmerüberlassung verhindern solle, begeben, was die Möglichkeit einer Analogie begründe. Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum Rechtsmissbrauch seien unzutreffend. Der Gesetzgeber habe Rechtsmissbrauchsfolgen lediglich für den Fall der Dauerüberlassung im Gegensatz zur vorübergehenden Überlassung nicht geregelt; vorliegend gehe es aber um eine gänzlich andere Frage, nämlich die Flucht aus der zugelassenen gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung in die „Scheinwerkvertragslösung“. Derjenige, der gegen Treu und Glauben – § 242 BGB – verstoße, weil er durch eine Missbrauchslösung ein nach der Gesetzeslage nicht gewünschtes rechtliches Ergebnis herbeiführen wolle, müsse – wie in sonstigen Fällen des Rechtsmissbrauchs auch – damit bestraft werden, dass ihn die gesetzlichen Folgen treffen. Somit ergebe sich auch aus § 242 BGB der Anspruch des Kläger auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Behauptung der Beklagten, sie habe die Übernahme des Klägers gemäß Ziffer 4.1 TV-LeiZ geprüft, habe der Kläger ausweislich des Kammerterminsprotokolls vom 12. März 2014 bestritten.

Der Kläger beantragt:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12. März 2014, Az: 19 Ca 7077/13 wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht, hilfsweise hierzu:

Die Beklagte wird verurteilt, zu überprüfen, ob sie dem Kläger nach dem Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit einen unbefristeten Anstellungsvertrag anbietet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen das Urteil des Arbeitsgerichts und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend führt sie aus, dass der Kläger auch mit seiner Berufungsschrift keine Rechtsgrundlage nenne, aufgrund derer ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen sein könnte. Allein der Wunsch des Klägers, dass ein – seiner Ansicht nach – „nicht sauberes“ Verhalten der Beklagten zu einem Arbeitsvertragsschluss zwischen den Parteien führen müsse, sei kein rechtlich haltbares Argument.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Anträge zu Recht vollumfänglich abgewiesen.

A

Die gem. § 64 Abs. 2 lit. b und c ArbGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO).

B

Die Berufung ist aber unbegründet.

I.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zu Recht abgewiesen.

1. Der Feststellungsantrag ist zwar zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, weil zwischen den Parteien streitig ist, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht oder nicht (BAG 15. Mai 2013 – 7 AZR 494/11 – AP AÜG § 1 Nr. 34).

2. Der Feststellungsantrag ist aber unbegründet, da zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis besteht.

a) Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Parteien ein Arbeitsverhältnis weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart haben. Insofern kann auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 1. a) der Entscheidungsgründe des Urteils vom 12. März 2014 verwiesen werden, die sich die Berufungskammer zu eigen macht und dies gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich feststellt. Selbst wenn für die Zeiträume vom 01. Januar bis 31. August 2009 und 01. Juni bis 08. Juni 2011 keine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich des Einsatzes des Klägers als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten zwischen dieser und der M. T. GmbH bzw. M. vorliegen sollte, würde dies nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien führen. Im Zeitraum vom 01. Juni bis 08. Juni 2011 war der Kläger wegen Betriebsruhe gar nicht bei der Beklagten tätig. Für den Zeitraum vom 01. Januar bis 31. August 2009 hat der Kläger selbst vorgetragen, dass er als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten eingesetzt worden sei. Eine bloße Eingliederung ohne Vertrag führt nicht zu einem Arbeitsverhältnis (Kittner/Zwanziger-Deinert Arbeitsrecht 7. Aufl. § 2 Rn. 2).

b) Die Berufungskammer kann ebenso wie das Arbeitsgericht offen lassen, ob die vertragliche Beziehung zwischen der Beklagten und der M., die dem Einsatz des Klägers im Jahr 2013 zugrunde lag, einen Werkvertrag darstellt, oder ob es sich um Arbeitnehmerüberlassung gehandelt hat, denn auch im letzteren Fall ist kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen.

Hierbei kann wiederum dahingestellt bleiben, ob die Beklagte mit der M. einen Scheinwerkvertrag abgeschlossen hat. Ein solcher liegt vor, wenn die Beteiligten von Anfang an wissen, dass der Fremdfirmeneinsatz auf eine Überlassung hinausläuft, der vorgebliche Werkunternehmer den Personaleinsatz also nie steuert (Schüren, NZA 2013, 176, 177). Hierfür ist wiederum erforderlich, dass die auf Seiten der beteiligten Vertragspartner handelnden und zum Vertragsabschluss berechtigten Personen Kenntnis davon haben, dass die tatsächliche Vertragsdurchführung von der vertraglichen Vereinbarung abweichen soll (BAG 13. August 2008 – 7 AZR 269/07 – Rn. 23 f. – juris – auch zur Verteilung der Darlegungslast). Nicht immer sind sich die Vertragsschließenden bereits bei Vertragsschluss einig, dass der „Werkvertrag“ in Wirklichkeit ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag sein soll, sondern es kann auch ein zunächst nicht nur zum Schein geschlossener Werkvertrag entweder vom Beginn der Durchführung an oder in deren Verlauf in eine Arbeitnehmerüberlassung umschlagen (Hamann in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 1 Rn. 194; Ulber – Jürgen Ulber AÜG 4. Aufl. Einleitung C. Rn. 85) – z. B. weil dem Werkunternehmer die fachliche Kompetenz fehlt, die Werkleistung wirtschaftlich effizient zu steuern (Schüren NZA 2013, 176, 177). Sind sich die beteiligten Unternehmen schon bei Vertragsschluss über die vom Wortlaut abweichende Vertragsdurchführung einig, ist der Werkvertrag gem. § 117 Abs. 1 BGB als Scheingeschäft nichtig. Auf das verdeckte Geschäft, den Arbeitnehmerüberlassungsvertrag, findet gem. § 117 Abs. 2 BGB das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Anwendung (Hamann in Schüren/Hamann aaO Rn. 195). Ebenso findet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Anwendung, wenn ein zunächst wirksam begründeter Werkvertrag im Verlauf der Durchführung in eine Arbeitnehmerüberlassung umschlägt (Ulber-Jürgen Ulber aaO Rn. 85). Eine verdeckte Überlassung des Klägers als Arbeitnehmer würde für sich genommen aber nicht zu einem faktischen oder fehlerhaften Arbeitsverhältnis zwischen den hiesigen Parteien führen (vgl. LAG Baden-Württemberg 10. Oktober 2014 – 17 Sa 22/14).

c) Zwischen den Parteien wird auch kein Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG iVm. § 9 Nr. 1 AÜG fingiert, weil die M. seit dem Jahr 2005 im Besitz einer Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ist. Da die Erlaubnis vor dem am 01. Dezember 2011 in Kraft getretenen Gebot einer vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Abs. 2 AÜG erteilt worden ist, war sie nicht auf vorübergehende Arbeitnehmerüberlassungen beschränkt (BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – BAGE 146, 384). Eine geänderte Rechtslage schränkt nicht per se eine erteilte Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis ein oder führt gar zu deren Unwirksamkeit (BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – aaO; Arbeitsgericht Stuttgart 08. April 2014 – 16 BV 121/13 – BB 2014, 1980). Insofern unterscheidet sich der Fall von dem, der dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 01. August 2013 (2 Sa 6/13 – NZA 2013, 1017) zu Grunde lag (LAG Baden-Württemberg 10. Oktober 2014 – 17 Sa 22/14).

d) Auch eine Beschränkung auf eine offene Arbeitnehmerüberlassung kann der Erlaubnis nicht entnommen werden, vielmehr wird auch die sogenannte verdeckte Arbeitnehmerüberlassung von einer vorhandenen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis erfasst (LAG Baden-Württemberg 10. Oktober 2014 – 17 Sa 22/14; Arbeitsgericht Stuttgart 08. April 2014 – 16 BV 121/13 – BB 2014, 1980). Die gegen diese Rechtsauffassung von Brose (DB 2014, 1739) vorgebrachten Bedenken überzeugen nicht. Diese führt aus: Der Gesetzgeber habe die Arbeitnehmerüberlassung als offengelegten Fremdpersonaleinsatz konzipiert. Die Arbeitnehmererlaubnis diene dem Zweck, die Zuverlässigkeit der auf dem Markt tätigen Verleiher zu gewährleisten. Dieser Zweck werde vereitelt, wenn eine rein vorsorglich eingeholte Erlaubnis als ausreichend erachtet würde. Wer eine Erlaubnis besitze, sie aber bewusst zunächst nicht einsetze und so die wirkliche Natur des Fremdpersonaleinsatzes nicht transparent mache, könne sich nicht später auf die Erlaubnis berufen, wenn sich nach Einsatzbeginn des Arbeitnehmers herausstelle, dass es sich um eine Arbeitnehmerüberlassung handele (Brose DB 2014, 1739, 1742). Diese Auffassung verkennt zum einen den Rechtscharakter der erteilten Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis. Eine solche ist wie sonstige Erlaubnisse auch ein begünstigender Verwaltungsakt, der Legalisierungswirkung entfaltet und dies solange, bis er unter Einhaltung des hierfür vorgesehenen Verwaltungsverfahrens gegebenenfalls widerrufen oder zurückgenommen wird (Francken NZA 2013, 1192, 1193; Lembke NZA 2013, 1312, 1317; Maschmann NZA 2013, 1305, 1311; Schüren NZA 2013, 176, 177; Seel MDR 2014, 812, 814). Mangels spezieller Regelungen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sind hierfür die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes maßgeblich. Der fehlende Nutzungswille des Antragstellers führt jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der erteilten Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis gem. § 44 Abs. 1 VwVfG. Hinzu kommt, dass der über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügende Werkunternehmer, der als Verleiher auftritt, sich der vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz bezweckten Seriositätskontrolle gerade nicht entzogen hat, weshalb keine Veranlassung besteht, ihn als prinzipiell unzuverlässig anzusehen (so zutreffend Hamann, jurisPR-ArbR 22/2014, Anmerkung 1). Die von Brose vorgebrachten Argumente mögen de lege ferenda beachtlich sein. So haben die Koalitionsparteien CDU, CSU und SPD unter Ziff. 2.2 des am 16. Dezember 2013 unterzeichneten Koalitionsvertrages vereinbart, dass zukünftig bei verdeckter Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen von Scheinwerk- und Dienstverträgen über § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem vermeintlichen Werkbesteller/Dienstberechtigten zustande kommen soll. Absichtserklärungen von Parteien in einer Koalitionsvereinbarung berechtigen Gerichte aber nicht, die geltende Rechtslage außer Acht zu lassen (BAG 3. Juni 2014 – 9 AZR 111/13 – BB 2014, 3007).

Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung hindert der Besitz der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG erforderlichen Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis eine unmittelbare Anwendung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG nicht nur dann, wenn der Einsatz entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend erfolgt, sondern auch dann, wenn die Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen eines Scheinwerk-/Scheindienstvertrages erfolgt (Arbeitsgericht Stuttgart 8. April 2014 – 16 BV 121/13 – BB 2014, 1980).

e) Auch eine analoge Anwendung von § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG kommt auch bei dauerhafter verdeckter Arbeitnehmerüberlassung mangels planwidriger Lücke und wegen der Nichtvergleichbarkeit der Situation eines dauerhaft überlassenen Arbeitnehmers mit der eines ohne Erlaubnis überlassenen Arbeitnehmers nicht in Betracht. Auch die Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG) gibt das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den hiesigen Parteien nicht vor (vgl. BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – BAGE 146, 384; bestätigt durch BAG 3. Juni 2014 – 9 AZR 111/13 – BB 2014, 3007; LAG Baden-Württemberg 10. Oktober 2014 – 17 Sa 22/14 -; Arbeitsgericht Stuttgart 8. April 2014 – 16 BV 121/13 – BB 2014, 1980). Schließlich würde auch eine Verletzung des in § 12 Abs. 1 Satz 1 AÜG niedergelegten Schriftformerfordernisses nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen der M. und dem Kläger, sondern ausschließlich zur Unwirksamkeit des – unterstellten – Arbeitnehmerüberlassungsvertrags zwischen der M. und der Beklagten führen (vgl. LAG Baden-Württemberg 10. Oktober 2014 – 17 Sa 22/14 – unter II. 1. b) cc) der Entscheidungsgründe – mwN).

f) Eine anderweitige gesetzliche Grundlage, aufgrund derer zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sein könnte, fehlt, insbesondere kann diese Rechtsfolge nicht unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitet werden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob § 242 BGB grundsätzlich überhaupt als Rechtsgrundlage für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses herangezogen werden kann (ebenfalls offen gelassen von LAG Berlin-Brandenburg 17. Dezember 2013 – 3 Sa 1092/13 – juris).

Beim Rechtsmissbrauch werden zwei Ausprägungen unterschieden: Der institutionelle und der individuelle Rechtsmissbrauch. Als individuellen Rechtsmissbrauch bezeichnet man die Ausübung, die nach Abwägung im Einzelfall gegen Treu und Glauben verstößt. Dagegen liegt ein institutioneller Missbrauch vor, wenn die Rechtsfolgen, die sich aus einem Rechtsinstitut ergeben, deshalb zurücktreten müssen, weil sie zu einem untragbaren Ergebnis führen (Staudinger/Olzen/Looscheiders [2015] BGB § 242 Rn. 217). Ein im vorliegenden Fall allenfalls in Betracht kommender institutioneller Rechtsmissbrauch liegt allerdings nicht vor.

aa) Bezüglich einer etwaigen nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung schließt sich die Kammer folgenden zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts Stuttgart in seinem Beschluss vom 8. April 2014 (16 BV 121/12 – BB 2014, 1980) vollumfänglich an:

„Was die etwaige nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung anbelangt, handelt es sich ab dem 1. Dezember 2011 nicht mehr um eine rechtlich zulässige Gestaltung. Ein mehr als vorübergehender Einsatz eines Leiharbeitnehmers bei einem Verleiher ist seitdem verboten. Entleiher und Verleiher, die sich über die nicht nur vorübergehende Überlassung eines Leiharbeitnehmers einigen, missbrauchen damit kein Recht, sondern verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot. Hat sich der Gesetzgeber aber entschieden, einen solchen Verstoß nicht mit der Sanktion der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher zu versehen, darf diese Rechtsfolge nicht über § 242 BGB herbeigeführt werden. Dies würde bedeuten, sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen und unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers einzugreifen (vgl. BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – NZA 2014, 196).“

bb) Auch bezüglich einer etwaigen verdeckten Arbeitnehmerüberlassung teilt die Berufungskammer die Beurteilung durch das Arbeitsgericht Stuttgart im genannten Beschluss, das hierzu ausgeführt hat:

„Was die etwaige verdeckte Arbeitnehmerüberlassung auf der Basis von Scheinwerk-/Scheindienstverträgen betrifft, kann dies – unter dem Gesichtspunkt der rechtsmissbräuchlichen Umgehung von Schutzvorschriften – ebenfalls nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Antragsgegnerin und dem Beteiligten Ziff. 3 führen. Sollen durch eine vertragliche Gestaltung zwingende soziale Schutzrechte umgangen werden, bleiben die daraus bestehenden Ansprüche bestehen. Die Gestaltung ist insoweit nichtig, als sie diese Ansprüche vereitelt. Ein Rechtsmissbrauch kann sich auch aus dem bewussten und gewollten Zusammenwirken mehrerer Personen bei Vertragsgestaltungen ergeben. Das kann auch dazu führen, dass sich Rechte, die durch Zwischenschaltung eines „Strohmanns“ umgangen werden sollen, gegen einen Dritten richten können. Sollen im bewussten und gewollten Zusammenwirken arbeitsrechtliche Schutzvorschriften umgangen werden, kann dies zur Folge haben, dass sich eine hieran beteiligte Person so behandeln lassen muss, wie sie bei Anwendung der umgangenen Vorschrift zu behandeln wäre. Hieraus folgt freilich nicht zwingend, dass das Vertragsverhältnis zu dem dazwischen geschalteten Dritten nichtig wäre. Die Rechtsfolge kann vielmehr auch darin bestehen, dass sich bei Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses zum Dritten nur einzelne Ansprüche gegen denjenigen richten, der rechtsmissbräuchlich vertragliche Beziehungen zu sich verhindert hat. Entscheidend sind der Schutzzweck der umgangenen Norm und die Frage, ob die Umgehung gerade in der Verhinderung der gesetzlich an sich vorgesehenen Begründung eines Rechtsverhältnisses zu einem Dritten insgesamt oder lediglich in der Vermeidung oder Verkürzung einzelner Ansprüche liegt (vgl. BAG 15. Mai 2013 – 7 AZR 494/11 – NZA 2013, 1267). Danach kann hier unter dem Gesichtspunkt der Umgehung der Bestimmungen des AÜG (z. B. Equal-Pay-Grundsatz) oder der Umgehung bei Arbeitnehmerüberlassung bestehender betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmungsrechte kein zur Entstehung eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Antragsgegnerin und dem Beteiligten Ziffer 3 führender Rechtsmissbrauch durch ein Ausweichen auf Scheinwerk-/Scheindienstverträge angenommen werden. Denn selbst wenn davon auszugehen wäre, dass vorliegend in rechtsmissbräuchlicher Weise eine Anwendung der Bestimmungen des AÜG oder der bei Arbeitnehmerüberlassung bestehenden betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte umgangen werden sollte, könnte dies lediglich zu Leistungspflichten des Entleihers oder zu Pflichten zur Wahrung der Mitbestimmungsrechte durch den Entleiher, jedoch nicht zum Entstehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Leiharbeitnehmer führen (vgl. BAG 15. Mai 2013 – 7 AZR 494/11 – NZA 2013, 1267). Fehlt es an der Sanktion der Begründung eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher, darf diese Rechtsfolge nicht über § 242 BGB herbeigeführt werden. Dies würde wiederum auch insoweit bedeuten, unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers einzugreifen (vgl. BAG 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – NZA 2014, 196, Arbeitsgericht Stuttgart 12. März 2014 – 19 Ca 7077/13 -).“

II.

Der wegen des Unterliegens des Klägers mit seinem Feststellungsantrag zur Entscheidung angefallene Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Dabei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass er gegenüber der Beklagten Inhaber eines Prüfungsanspruchs gemäß Ziffer 4.1. erster Spiegelstrich TV-LeiZ ist. Denn einen ihm eventuell zustehenden Anspruch hätte die Beklagte jedenfalls erfüllt.

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am buchstäblichen Wortlaut zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 16. November 2011 – 7 ABR 27/10 – EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 143).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen begründet Ziffer 4.1 TV-LeiZ keine materiellen Pflichten bei der Prüfung, ob die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis möglich ist, auch nicht im Sinne einer Ermessensbindung oder -begrenzung.

Das Bundesarbeitsgericht hat zu § 30 Abs. 3 Satz 2 TVöD, wonach der Arbeitgeber vor Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses zu prüfen hat, ob eine befristete oder unbefristete Weiterbeschäftigung möglich ist, entschieden, dass diese Bestimmung ausschließlich verfahrensrechtliche Bedeutung hat und keine materiellen Pflichten bei der Prüfung begründet, ob die Weiterbeschäftigung eines befristet eingestellten Arbeitnehmers möglich ist (BAG 15. Mai 2012 – 7 AZR 754/10 – AP TVöD § 30 Nr. 1). Die dort vom Bundesarbeitsgericht für maßgeblich erachteten Gesichtspunkte sind auf den TV-LeiZ übertragbar (ebenso Gussen FA 2014, 363, 364). Ziffer 4.1 erster Spiegelstrich des TV-LeiZ bestimmt lediglich, dass der Entleiher nach einer Überlassungszeit von 18 Monaten gerechnet ab Inkrafttreten des Tarifvertrags zu prüfen hat, ob er dem Leiharbeitnehmer einen unbefristeten Arbeitsvertrag anbieten kann. Ausdrückliche materielle Vorgaben sind in der Regelung nicht enthalten. Mit der erfolgten Festlegung des Zeitpunkts der Prüfung, die den Schwerpunkt der Regelung bildet, soll sichergestellt werden, dass eine eventuelle Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einem Arbeitsverhältnis zum Entleiher rechtzeitig erkannt und gegebenenfalls umgesetzt wird. Materielle Vorgaben für diese Prüfung sind somit auch nicht erforderlich. Ziffer 4.1 erster Spiegelstrich TV-LeiZ regelt damit zwar eine Prüfpflicht, stellt jedoch keine materiellen Voraussetzungen für das Prüfprogramm auf, auch nicht im Sinne einer Ermessenbindung oder -begrenzung (ebenso LAG Köln 26. März 2014 – 5 Sa 819/13 – NJW-RR 2014, 467 zur Regelung in § 33 Abs. 3 des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit). Eine Dokumentation der Prüfung oder des Prüfungsergebnisses ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht erforderlich.

3. Da die Prüfpflicht der rechtzeitigen Vorbereitung eines eventuell zu unterbreitenden Arbeitsvertragsangebots dient, dürfte sie jedenfalls mit Ablauf des 24-Monats-Zeitraums nach Ziffer 4.1 zweiter Spiegelstrich TV-LeiZ entfallen, da der Entleiher dann entweder einen Arbeitsvertrag anbieten muss oder ein solches Angebot bei Vorliegen der Voraussetzungen des dortigen Satzes 2 unterbleiben kann. Deshalb wäre eine Verurteilung der Beklagten zur Prüfung jedenfalls nicht (mehr) möglich.

C.

I.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG iVm § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

II.

Ein Grund für die Zulassung der Revision ist bezüglich der Entscheidung über den Hilfsantrag von vornherein nicht ersichtlich, aber auch im Hinblick auf die Abweisung des Hauptantrags nicht gegeben.

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist zu verneinen. Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass beim entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehenden Einsatz eines Leiharbeitnehmers zwischen diesem und dem Entleiher kein Arbeitsverhältnis zustande kommt, wenn ein Arbeitgeber die erforderliche Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis besitzt (BAG 3. Juni 2014 – 9 AZR 111/13 – BB 2014, 3007; 10. Dezember 2013 – 9 AZR 51/13 – BAGE 146, 384). Die vom Bundesarbeitsgericht in den genannten Urteilen für den Fall der nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung angestellten Erwägungen sind ohne Weiteres auf den Fall der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung aufgrund eines Scheinwerkvertrags übertragbar. Neue ungeklärte Rechtsfragen treten hier nicht auf.

2. Auch der Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG liegt nicht vor. Die soweit ersichtlich einzige möglicherweise von der hier vertretenen Rechtsauffassung divergierende Entscheidung ist das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2014 (4 Sa 41/14). Dieses lag bei Verkündung des hiesigen Urteils nur in Form einer Pressemitteilung vor. Ein divergierender Rechtssatz ist somit nicht ersichtlich, da ein solcher in der angezogenen Entscheidung selbst (Düwell/Lipke/Düwell ArbGG 3. Aufl. § 72 Rn. 28) und damit in dem schriftlich abgefassten, von sämtlichen Mitgliedern der Kammer unterschriebenen Berufungsurteil (§ 69 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) enthalten sein muss (BAG 17. Januar 2012 – 5 AZN 1358/11 – EzA ArbGG 1979 § 72 a Nr. 129 = NZA 2012, 411). Rechtssätze in Pressemitteilungen des angezogenen Gerichts vermögen keine Divergenz zu begründen (GMP/Müller-Glöge ArbGG 8. Aufl. § 72 Rn. 23).

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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