LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.09.2016 – 9 Sa 1385/15

Dezember 16, 2020

LAG Düsseldorf, Urteil vom 06.09.2016 – 9 Sa 1385/15

1.Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vorformulierte Vertragsklauseln im Einzelnen ausgehandelt sind, obwohl sie vorformuliert wurden, trägt deren Verwender. Ein “Aushandeln” setzt mehr als “Verhandeln” voraus. Der Verwender muss den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen.

2.Grundsätzlich ist für jede einzelne Klausel festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB gegeben sind oder nicht. Auch ein teilweises Entgegenkommen des Klauselverwenders gegenüber dem Vertragspartner, ohne den Kerngehalt der durch die Geschäftsbedingung getroffenen Regelung ernsthaft zur Disposition zu stellen, stellt kein Aushandeln der gesamten Regelung dar.
Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.09.2015 – 8 Ca 213/15 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Die Parteien streiten noch über den Anspruch des Klägers auf Zahlung von Provisionen für die Geschäftsjahre 2011/2012 und 2012/2013.

Der Kläger war seit dem 01.10.2006 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der G. Europe GmbH beschäftigt. Er wurde eingestellt als Verkaufsleiter Deutschland. Der zugrunde liegende Arbeitsvertrag vom 25.07./07.08.2006 enthielt unter § 6 “Arbeitsvergütung” die folgende Regelung:

“(1) Der Arbeitnehmer erhält eine Jahres Bruttovergütung in Höhe von:

Grundgehalt Euro 101.250,00,

zuzüglich einer variablen Vergütung bei 100 % Zielerreichung in Höhe von Euro 48.750,00.

Unter Zugrundelegung von 13,5 Gehältern (incl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld) ergibt dies ein monatliches Grundgehalt in Höhe von Euro 7500,00.

Das Monatsgehalt ist fällig am Letzten des Monats.

(2) Der Arbeitnehmer erhält ein Urlaubsgeld in Höhe eines halben Monatsgehaltes sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines November-Monatsgehaltes gemäß den Regeln der Anlage 1 zu Anstellungsvertrag “Liste der Sozialleistungen”.

Wenn Beginn und Beendigung des Anstellungsverhältnisses im laufenden Kalenderjahr erfolgen, werden die Bezüge anteilig gezahlt.

(3) Die variablen Bezüge sind für das erste Beschäftigungsjahr als Fixum vereinbart. Die Zahlung erfolgt im ersten Beschäftigungsjahr in 12 gleichen Teilen monatlich. Eine erreichte Provision im ersten Beschäftigungsjahr die das Fixum übersteigt, wird anteilig für die Monate der Beschäftigung, für das laufende Geschäftsjahr, mit dem Ablauf des Geschäftsjahres ausbezahlt.

Ab dem Geschäftsjahr 2007/2008 ist das System der Zielvereinbarung bzw. Zielerreichung der jeweils gültigen Fassung Basis für die Ermittlung der variablen Vergütung. Die Zahlung erfolgt monatlich als Abschlag in Höhe von € 1.500,00, sowie als Quartalsabschlag bis max. 100 % des erreichten Zieles. Die erreichte Provision welche die Abschläge übersteigt, wird mit dem Ablauf des Geschäftsjahres ausbezahlt.

Bei Unterschreitung besteht eine Rückzahlungspflicht der zu viel gezahlten Abschläge.

(4) Gehaltsabtretungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitgebers.”

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die zur Akte gereichte Kopie verwiesen (Bl. 109 der Akte).

Im Sommer 2007 wurde der Kläger vom Vice President Endoscopy, Herrn J., gebeten, auch die Bereiche Marketing und Service International zu übernehmen.

Unter dem 30.04.2008 vereinbarte der Kläger mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Provisionsordnung. Diese ist betitelt mit “Provisionsordnung gültig ab 01. April 2008 bis zum 31. März 2009”. Auf der Titelseite heißt es weiter, es werde die folgende Provisionsordnung für das Finanzjahr 2008/9 vereinbart. Auf Seite zwei der Provisionsordnung findet sich ein Inhaltsverzeichnis, in welchem die einzelnen Punkte Vorbemerkung, Ausscheiden des Vertriebsleiters, Provisionssatz, Auszahlung, Rückforderungsansprüche und Schlussbestimmungen ohne Nummerierung und ohne Verweis auf die Seitenzahlen aufgeführt sind. Auf Seite drei heißt es:

“PROVISIONSORDNUNG

Vorbemerkung

1.Folgende Provisionsordnung gilt ausschließlich für den Vertriebsleiter für den Geschäftsbereich Medical Products Germany.

2.Sie bezieht sich auf den Umsatzziel und das operative Ergebnis (Sales ./. Cost of Sales ./. regular expense) der Abteilung Medical Products Germany (Sales und Service), das von der Geschäftsführung der G. (Europe) GmbH ausdrücklich festgelegt wurde.

Ausscheiden des Vertriebsleiters

Beim Ausscheiden des Vertriebsleiters endet der Provisionsanspruch mit dem letzten Beschäftigungsmonat. Die Geschäftsleitung behält sich ausdrücklich vor, zu viel gezahlte Provision zurückzufordern.

Provisionssatz

Der jeweils gültige Provisionssatz ist jeweils nur für das aktuelle Wirtschaftsjahr der G. (Europe) GmbH gültig.

Der Provisionssatz für das Geschäftsjahr 08/09 beträgt 0,2 % vom Umsatz, sowie 1,0 % des operativen Ergebnisses.

Auszahlung

Die Provision wird monatlich (im Folgemonat) ausgezahlt, Provisionsvorschüsse werden nicht gezahlt.

Rückforderungsansprüche

Im laufenden Geschäftsjahr zu viel ausgezahlte Provision wird nach Ablauf des Geschäftsmonats verrechnet.”

Auf der vierten Seite der Provisionsordnung finden sich unter “VIII. SCHLUSSBESTIMMUNGEN” die folgenden Regelungen:

“Diese Provisionsordnung tritt am 01. April 2008 in Kraft. Sie endet ohne weitere Ankündigung am 31. März 2009.

Es besteht kein Anspruch auf eine Verlängerung dieser Provisionsvereinbarung und -konditionen für folgende Geschäftsjahre.

Die G. (Europe) GmbH behält sich ausdrücklich vor, wesentliche Veränderungen dieser Provisionsvereinbarung im Folgejahr einseitig vorzunehmen.

Eine Provisionsvereinbarung für das Folgejahr muss ausdrücklich und schriftlich zwischen dem Vertriebsleiter und der Geschäftsleitung festgelegt werden.”

Wegen der weiteren Einzelheiten der Provisionsordnung wird auf die zur Akte gereichte Kopie verwiesen (Bl. 34 ff. der Akte).

Die in der Provisionsordnung festgelegten Provisionssätze wurden zwischen dem Kläger und Herrn J. ausgehandelt.

Die Beklagte schloss mit den in ihrem Betrieb beschäftigten Vertriebsmitarbeitern ebenfalls Provisionsordnungen. Diese enthielten Regelungen, die denen in der Provisionsordnung des Klägers enthaltenen Schlussbestimmungen unter Ziffer VIII entsprachen. Lediglich die Laufzeit der Provisionsordnung im ersten Absatz der Ziffer VIII und die Tätigkeitsbeschreibung des betroffenen Mitarbeiters im vierten Absatz der Ziffer VIII unterschieden sich. Die Provisionsordnungen der Vertriebsmitarbeiter enthielten über die Ziffer VIII hinaus auch Regelungen zu den Ziffern I bis VII.

Zwischen den Parteien wurde in den folgenden Jahren keine weitere Provisionsregelung getroffen. Im Februar 2010 fand zwischen dem Kläger und Herrn J. ein Gespräch zu dem Thema der Provisionsordnung statt. Der Inhalt und insbesondere das Ergebnis des Gesprächs sind zwischen den Parteien umstritten.

Das Geschäftsjahr 2008/2009, beginnend am 01.04.2008 und endend am 31.03.2009, rechnete die Beklagte beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin entsprechend der Provisionsordnung ab und zahlte an den Kläger für diesen Zeitraum Provision i.H.v. 74.294,54 € brutto aus. Die Auszahlung dieses Betrages teilte sich in die Bonusvorauszahlungen in Höhe von insgesamt 18.000 €, eine weitere Zahlung i.H.v. 18.239,00 € im März 2010, eine weitere Zahlung von 1.563,19 € im Mai 2010 sowie weitere 36.492,35 € im November 2010.

Im Juli 2011 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte über.

Für das Geschäftsjahr 2009/2010 zahlte die Beklagte an den Kläger eine Provision in Höhe von insgesamt 109.206,00 €. Die Zahlung erfolgte in zwei Teilbeträgen, von denen ein Betrag in Höhe von 58.623,00 € mit der Gehaltsabrechnung Mai 2012 und ein weiterer Betrag in Höhe von 50.583,00 € mit der Gehaltsabrechnung Oktober 2012 abgerechnet wurden.

Für das Geschäftsjahr 2010/2011 zahlte die Beklagte an den Kläger eine Provision in Höhe von insgesamt 105.118,00 €, welche mit dem Gehalt für den Monat Oktober 2012 ausgezahlt wurde.

Die Provisionen für die Geschäftsjahre 2009/2010 sowie 2010/2011 entsprachen den in der Provisionsvereinbarung vom 30.04.2008 festgelegten Provisionssätzen. Als Grundlage für die Provisionsberechnung wurden die entsprechenden Kennzahlen herangezogen, wie sie auch für die Berechnung der Provision für das Geschäftsjahr 2008/2009 herangezogen wurden.

Für die Geschäftsjahre 2011/2012 und 2012/2013 zahlte die Beklagte an den Kläger Provisionen in Höhe von 53.236,07 € brutto bzw. in Höhe von 48.274,57 € brutto.

In dem Geschäftsjahr 2011/2012 erwirtschaftete die Beklagte die folgenden Ergebniszahlen:

Umsatz Medical Domestic Sales 14.188.000,00 €

Umsatz Medical Service Sales20.627.000,00 €

Profit Medical Sales Domestic 455.000,00 €

Profit Medical Service 4.465.000,00 €.

Im Geschäftsjahr 2012/13 erreichte sie die folgenden Ergebnisse:

Umsatz Medical Domestic Sales 14.689.000,00 €

Umsatz Medical Service Sales 22.575.044,00 €

Profit Medical Sales Domestic 114.000,00 €

Profit Medical Service 5.995.634,00 €.

Mit Klageerweiterung vom 26.03.2015 hat der Kläger, soweit für das Berufungsverfahren von Relevanz, weitere Provisionszahlungen für die Geschäftsjahre 2011/2012 sowie 2012/2013 geltend gemacht.

Er hat behauptet, zwischen den Parteien habe Einvernehmen bestanden, dass die für das Geschäftsjahr 2008/2009 praktizierte Berechnung fortgeführt werde, was dann für zwei Geschäftsjahre tatsächlich so erfolgt sei. Im Februar 2010 habe er Herrn J. gefragt, wie seine variable Vergütung für das zu jener Zeit laufende Geschäftsjahr 2009/2010 gestaltet werden solle. Im Rahmen dieses Gesprächs habe ihm Herr J. bestätigt, dass die Provisionsordnung für das Geschäftsjahr 2008/2009 auch danach weiterhin gültig sei und zur Anwendung kommen solle, solange keine andere Provisionsvereinbarung getroffen werde. Hiermit sei er einverstanden gewesen. Die mündliche Abrede sei auch wirksam, da nach § 305b BGB eine Individualabrede Vorrang habe.

Nach Februar 2010 habe es zwischen ihm und der Beklagten keine Gespräche mehr über eine Abänderung, Anpassung, Umstellung o.ä. in Bezug auf die Provisionsordnung gegeben. Lediglich einmal, nach seiner Erinnerung Ende April 2011, sei er auf dem Flur am Kopierer stehend von dem damaligen Corporate Vice President, Herrn S. Q. angesprochen worden, was er von einer Alternativberechnung halte, die dieser erstellt habe, weil er die Bonuszahlungen für ihn für zu hoch gefunden habe. Er habe Herrn Q. geantwortet, dass er nichts von einer Veränderung halte. Danach habe es auch keine von der Provisionsordnung 2008 abweichenden oder diese ändernden Vereinbarungen zwischen der Beklagten und ihm gegeben.

Der Kläger hat weiter behauptet, mit “Service Germany” sei nur der Standort der Serviceverwaltung in X. und nicht sein Zuständigkeitsbereich bezeichnet worden. Vielmehr sei er im Servicebereich für das gesamte Europageschäft verantwortlich gewesen, weshalb bei der Bonusberechnung auch die im Servicebereich des Europageschäfts erzielten Umsatz- und Profitzahlen berücksichtigt werden müssten.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auch ohne die von ihm vorgetragenen Absprachen mit Herrn J. habe er darauf vertrauen können, dass ihm gegenüber die Provision für die einzelnen Geschäftsjahre weiterhin auf der ursprünglichen Berechnungsgrundlage abgerechnet und ausgezahlt werde. Es sei ihm nie gesagt worden, dass die Provisionsordnung, die für drei Geschäftsjahre zur Anwendung gekommen sei, nicht mehr gelten solle. Mit ihm seien Ziele weder vereinbart worden, noch habe ihm die Beklagte solche einseitig vorgegeben. Er hat die Auffassung vertreten, da er in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren eine Provision erhalten habe, die gemäß der Provisionsordnung abgerechnet und ausbezahlt worden sei, habe er einen Anspruch aus betrieblicher Übung auf Zahlung der Provision nach der Provisionsordnung vom 30.04.2008. Bei der Provision, die er erhalten habe, und die mehr als 50 % seiner jährlichen Gesamtbezüge ausgemacht habe, handele es sich auch aus seiner Sicht um einen besonders bedeutsam Leistungsinhalt, weshalb hier an die Zahl der Wiederholungen geringere Anforderungen zu stellen seien, so dass auch die bereits zweimalige Provisionsberechnung und Ausschüttung genüge. Der von der Beklagten geschaffene Vertrauenstatbestand sei auch nicht durch die verspätete Bonuszahlung erschüttert worden, denn die Beklagte habe auch die Provision für das Geschäftsjahr 2008/2009 erst mit einer 20-monatigen Verspätung vollständig gezahlt.

Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 152.943,79 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 118.830,00 € brutto vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2013 und aus 65.593,93 € brutto seit dem 01.10.2013 sowie aus 135.624,43 € brutto vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013 und aus 87.349,86 € brutto seit dem 01.10.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Bonusberechnung nach den Grundsätzen der Provisionsordnung vom 30.04.2008. Diese Provisionsordnung habe vereinbarungsgemäß am 31.03.2009 geendet.

Sie hat bestritten, dass es nach Auslaufen der Provisionsordnung ein Einvernehmen zwischen den Parteien gegeben habe, die Handhabung nach der Provisionsordnung fortzuführen. Insbesondere sei die vom Kläger behauptete Vereinbarung mit Herrn J. nicht zustande gekommen. Dieser sei rechtlich nicht befugt gewesen, dem Kläger eine entsprechende Zusage zu machen, was der Kläger auch gewusst habe. Eine mündliche Vereinbarung scheitere schon an der Schriftformklausel in § 11 Abs. 3 des Arbeitsvertrages. Die Fortgeltung der Provisionsabrechnung bzw. der darin enthaltenen Berechnungsmethoden sei von Seiten der verantwortlichen Personen bei G. ausdrücklich nicht gewollt gewesen. Herr Q. habe dem Kläger einen Vorschlag für ein neues Bonussystem gemacht, welchen er und die Personalleiterin Frau S. H. entwickelt hätten. Der Kläger habe sich geweigert, ein neues System zu akzeptieren. Da es für das Geschäftsjahr 2009/2010 zu keiner Einigung gekommen seie, sei dem Kläger zunächst kein Bonus ausgezahlt worden. Am 01.05.2012 habe sie dann, beruhend auf dem System von Herrn Q. und Frau H. eine Bonuszahlung in Höhe von 58.623,00 € an den Kläger geleistet. Der Kläger habe diese Zahlung nicht akzeptiert, sondern darauf bestanden, Bonuszahlungen entsprechend den Grundsätzen der Vereinbarung vom 30.04.2008 zu erhalten. Nur weil sie es nicht auf eine Eskalation habe ankommen lassen wollen, sei dem Kläger in der Folge ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, allein zur Vermeidung größerer Streitigkeiten, für das Geschäftsjahr 2009/2010 ein Bonus in Anlehnung an die Provisionsordnung ausgezahlt worden. Für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 sei somit jeweils individuell und erneut über die Basis für die Berechnung der Zielerreichung entschieden worden. Mangels Einigung sei auch nach dem Geschäftsjahr 2010/2011 nicht unmittelbar der Bonus an den Kläger ausgezahlt worden. Auch für das Geschäftsjahr 2010/2011 habe sie zur Vermeidung einer Eskalation ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einen Bonus in Anlehnung an die Provisionsordnung an den Kläger ausgezahlt.

Nach der Integration von G. habe auch der neue Vorgesetzte des Klägers, Herr B., versucht mit dem Kläger eine Einigung zu erzielen. Auch hierüber sei zwischen den Parteien keine Einigung erzielt worden.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Bonusabrechnung auf Grundlage der Provisionsordnung vom 30.04.2008 bestehe auch nicht aufgrund einer betrieblichen Übung. Hierfür fehle es sowohl am zeitlichen als auch am kollektiven Element.

Der Kläger habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass es bei den Vereinbarungen der Provisionsordnung verbleiben werde. Sie habe sich zu keinem Zeitpunkt so verhalten, dass der Kläger von einer Fortgeltung habe ausgehen können. Insbesondere aufgrund der zahlreichen Verhandlungsgespräche sei dem Kläger bewusst gewesen, dass eine Fortgeltung der Provisionsordnung ihrerseits nicht gewollt gewesen sei. Auch aus ihrem Zahlungsverhalten hinsichtlich der Ansprüche 2009/2010 und 2010/2011 habe der Kläger erkennen können, dass sie nicht nach der bisherigen Provisionsverordnung zahlen wollte.

Sie hat die Auffassung vertreten, da es nach Beendigung der Geltung der Provisionsordnung zum 31.03.2009 keine neue Regelung gegeben habe, richte sich der Anspruch des Klägers nach der Vereinbarung der Parteien im Arbeitsvertrag vom 07.08.2006. Danach habe dem Kläger für das Geschäftsjahr 2011/2012 ein Bonus in Höhe von 53.236,07 € und für das Geschäftsjahr 2012/2013 ein Bonus in Höhe von 48.274,57 € zugestanden. Die Zielzahlen für die Jahre 2011/2012 und 2012/2013 seien dem Kläger zwar nicht vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres bekanntgemacht worden, sie seien ihm aber als allgemeine Zielvorgaben (Budgets) für die jeweiligen Bereiche bekannt gewesen.

Unter Zugrundelegung der Planzahlen und der tatsächlich erreichten Ergebnisse ergäben sich die für den streitgegenständlichen Zeitraum an den Kläger gezahlten Beträge. Für das Geschäftsjahr 2011/2012 ergebe sich bezogen auf den Umsatz Endoscopy Sales und Service eine Zielerreichung von 97 % und bezogen auf den Profit Endoscopy Sales und Service von 122 %. Daraus ergebe sich ein Bonusanspruch in Höhe von 53.236,07 €. Die Zielerreichung für das Geschäftsjahr 2012/2013 habe bezogen auf den Umsatz Endoscopy Sales und Service 98 % und bezogen auf den Profit Endoscopy Sales und Service 100 % betragen. Daraus ergebe sich ein Bonusanspruch in Höhe von 48.274,57 €.

Für den Bereich Service sei nur auf die deutschen Zahlen abgestellt worden, weil der Kläger bei ihr nur für den deutschen Bereich des Services zuständig gewesen sei.

Die Berechnung der Bonuszahlen für die Geschäftsjahre 2011/2012 und 2012/2013 sei nicht willkürlich erfolgt. Der Kläger habe einen Bonus erhalten, der über der arbeitsvertraglich vereinbarten Höhe liege.

Mit Schlussurteil vom 09.09.2015 hat das Arbeitsgericht die Beklagte, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, verurteilt, an den Kläger 152.943,79 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 118.830,00 € brutto vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2013 und aus 65.593,93 € brutto seit dem 01.10.2013 sowie aus 135.624,43 € brutto vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013 und aus 87.349,86 € brutto seit dem 01.10.2013 zu zahlen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne offenbleiben, ob der Kläger mit Herrn J. eine Vereinbarung über die Fortgeltung der Provisionsordnung für das Geschäftsjahr 2008/2009 getroffen habe. Die Regelungen der Provisionsordnung vom 30.04.2008 seien im Wege einer betrieblichen Übung Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien geworden. Die Beklagte habe ein Verhalten an den Tag gelegt, aufgrund dessen der Kläger habe annehmen dürfen, die Provisionszahlungen sollten auch künftig nach der Provisionsordnung vom 30.04.2008 erfolgen. Die Zahlung der Provision für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 nach der Provisionsordnung vom 30.04.2008 könne nur so ausgelegt werden, dass die Bonusansprüche des Klägers auch künftig so abgerechnet werden.

Trotz der Befristung der Provisionsordnung sei es zu keiner Neuregelung der Provisionsansprüche bzw. des Zielerreichungsbonus des Klägers für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 gekommen. Weder hätten die Parteien eine einvernehmliche Regelung getroffen, noch habe die Beklagte oder ihre Rechtsvorgängerin von dem Recht der einseitigen Festlegung Gebrauch gemacht.

Die Beklagte habe entgegen der Regelung im Arbeitsvertrag vom 25.07./07.08.2006 keine monatlichen oder quartalsweisen Abschläge gezahlt. Sie habe dem Kläger auch keine Zielvorgaben gemacht. Dem Kläger sei jedenfalls die Relevanz der offiziellen Planzahlen für seine Provision nicht bekannt gemacht worden.

Nach ihrem eigenen Vortrag habe die Beklagte, nachdem der Kläger eine Neuregelung ablehnt habe, die alte Regelung zur Vermeidung einer Eskalation weiter angewandt. Dieses Verhalten habe der Kläger nur so verstehen können, dass die Beklagte es bei der alten Regelung habe belassen wollen.

Dem stehe auch die verspätete Zahlung nicht entgegen, weil auch in dem Geschäftsjahr 2008/2009 der Bonus nicht vollständig zum Ende des Geschäftsjahres ausgezahlt worden sei. Sie habe bei Auszahlung der Provision gegenüber dem Kläger keinen Vorbehalt erklärt.

Obwohl sich die Beklagte aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen einseitig eine Veränderung der Provisionsregelungen vorbehalten habe, habe sie dem Kläger gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass keine einseitige Regelung getroffen werden solle, sondern dass man sich – mangels einer anderweitigen Vereinbarung – an die alte Provisionsordnung zu halten gedenke. Gerade aufgrund der Tatsache, dass laut Vortrag der Beklagten viele Gespräche mit dem Ziel einer anderweitigen Vereinbarung stattgefunden hätten und letztlich trotzdem der Bonus in Höhe der alten Provisionsvereinbarung gezahlt wurde, sei ein schutzwürdiges Vertrauen beim Kläger entstanden, dass alles so bliebe wie bisher. Die Beklagte habe trotz der Diskussionen, die sie mit dem Kläger geführt haben will, für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 auch auf der Grundlage der “europäischen Zahlen” abgerechnet.

Der Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung stehe auch nicht die im Arbeitsvertrag vereinbarte Schriftform entgegen.

Gegen das ihr am 09.11.2015 zugestellte Schlussurteil hat die Beklagte am 07.12.2015 Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.02.2016, am 05.02.2016 begründet.

Sie verweist auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und vertritt die Auffassung, eine betriebliche Übung scheitere bereits daran, dass die Provisionen für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 einheitlich im Oktober 2012 ausgezahlt worden seien. Eine einzelne Handlung könne eine betriebliche Übung nicht begründen. Der Einmalzahlung im Oktober 2012 fehle bis auf die Zahlengleichheit jeglicher Bezug zu der Provisionsordnung. Darüber hinaus fehle es für eine betriebliche Übung an einem kollektiven Element der Handlung. Der Kläger habe ihrem Verhalten auch nicht den Willen entnehmen können, sich weiter an die Provisionsordnung vom 30.04.2008 halten zu wollen, da sie ihm nach Auslaufen der Provisionsordnung immer wieder neue Regelungsvorschläge unterbreitet habe. In einer Vielzahl von Gesprächen habe sie deutlich gemacht, dass für sie eine Fortführung der Provisionsvereinbarung nicht in Betracht komme. Auch aufgrund der Tatsache, dass die Zahlung lange nach dem Fälligkeitsdatum erfolgt sei, sei für die Kläger erkennbar gewesen, dass die Zahlung nicht auf der Grundlage der Provisionsordnung erfolge. Es sei in ihrem Betrieb üblich, dass variable Vergütungen zuverlässig und zeitnah gezahlt würden. Dies sei im Falle des Klägers nur aufgrund der ständigen Verhandlungen anders gewesen. Die Provisionsordnung sei dem Vergütungssystem bei der Beklagten zuwider gelaufen. Dem Kläger sei das bei ihr geltende Executive Remuneration Framework bekannt gewesen.

Bei den Regelungen der Provisionsordnung handele es sich auch nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Zwar entspräche die Provisionsordnung vom 30.04.2008 in ihrer Struktur und der äußeren Gestaltung den Provisionsordnungen der Vertriebsmitarbeiter, ihr Inhalt sei jedoch an den besonderen Fall des Klägers angepasst worden. So seien andere Bonuszahlungen am Gewinn bzw. dem eigenen Umsatz, nicht jedoch um Unternehmensumsatz bzw. dem operativen Ergebnis orientiert gewesen. Auch aus der Tatsache, dass der Titel “Provisionsordnung” nicht zu den knappen Regelungen passe, lasse sich entnehmen, dass es sich hierbei um eine individuelle Abrede handele. Auch die fehlende Nummerierung des Inhaltsverzeichnisses zeige den individuellen Charakter der Regelung. Die Regelungen unter “Vorbemerkung” zeigten ganz individuelle Punkte, die keine allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellen würden. Der Geltungsbereich sei genau auf den Kläger zugeschnitten. Auch die Regelungen zum Ausscheiden des Vertriebsleiters sein individuell auf den Kläger zugeschnitten. Die Schlussbestimmungen seien als Annex zu den vorangegangenen Regelungen Teil der individuell vereinbarten Provisionsordnung. Sowohl der erste Absatz der Schlussbestimmungen als auch deren vierter Absatz sei individuell auf den Fall des Klägers angepasst worden. Die Absätze zwei und vier, jedenfalls aber drei und vier der Ziffer VIII seien zusammen zu lesen. Die gesamte Provisionsordnung sei zwischen dem Kläger und Vertretern der Beklagten individuell verhandelt worden.

Die Regelungen seien auch nicht in sich widersprüchlich. An diversen Stellen der Provisionsordnung lasse sich die Befristung der Regelung erkennen. Dieser klare Eindruck könne durch einzelne Klauseln nicht aufgehoben werden, selbst wenn diese in einem gewissen Widerspruch stünden. Es stehe einer Vielzahl von Klauseln, die sich auf die Befristung bezögen, eine einzelne Änderungsvorbehaltsklausel entgegen. Es bestehe damit kein Zweifel, dass eine Befristung gewollt gewesen sei. Dies habe auch der Kläger so verstanden. Die Regelung unter Ziffer VIII Absatz drei können nur so verstanden werden, dass die Beklagte sich habe vorbehalten wollen, für eine eventuelle Provisionsordnung, die ab dem 01.04.2009 gelten sollte, einseitig aufzusetzen, soweit sie über die entsprechende Regelung für die variable Vergütung im Arbeitsvertrag hinausgehen sollte. Die Absätze drei und vier der Ziffer VIII regelten nur klarstellend, dass nach Ablauf des Geltungszeitraums der Provisionsordnung kein Anspruch auf einen Neuabschluss bestehe. Eine neue Festlegung müsse einseitig oder durch Vereinbarung erfolgen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Kombination eines Änderungsvorbehalts mit einer Befristung nicht mit der Kombination eines Freiwilligkeitsvorbehaltes mit einem Widerrufsrecht im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vergleichbar sei. Selbst wenn von einer Unwirksamkeit auszugehen sei, sei lediglich Absatz drei der Ziffer VIII unwirksam, da er sprachlich von der restlichen Regelung trennbar sei.

Das Berufen des Klägers auf die Unwirksamkeit der Klausel sei rechtsmissbräuchlich, da er sich über zwei Instanzen alleine auf die Abrede mit Herrn J. berufen habe. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich auch daraus, dass der Kläger bei Abschluss des Vertrages die Regelung richtig im Sinne einer Befristung verstanden habe.

Soweit von einem einseitigen Bestimmungsrecht der Beklagten auszugehen sei, habe sie dieses durch die dem Kläger unterbreiteten Vorschläge zu einer neuen Regelung ausgeübt. Da der Kläger dies nicht akzeptiert habe, sei ihr nur der Weg einer einvernehmlichen Regelung geblieben. Da der Kläger den Abschluss einer neuen Vereinbarung verhindert habe, sei ihm zumindest ein Mitverschulden im Hinblick auf die fehlende einseitige Vorgabe vorwerfbar.

Die Beklagte beantragt,

das Schlussurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.11.2014 – 8 Ca 213/15 – teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger EUR 152.943,79 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 118.830,00 vom 01.04.2012 bis zum 30.09.2013 und aus EUR 65.593,93 brutto seit dem 01.10.2013 sowie aus EUR 135.624,43 brutto vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013 und aus EUR 87.239,86 brutto seit dem 01.10.2013 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und bestreitet weiterhin, dass ihm nach Beendigung der Provisionsordnung, mit Ausnahme des Gesprächs mit Herrn Q. im April 2011, Vorschläge für eine neue Vereinbarung gemacht worden seien. Für ihn sei auch nicht erkennbar gewesen, dass die zunächst in 2012 erfolgte Zahlung auf Basis eines Vorschlages des Herrn Q. und der Frau H. beruht hätte. Ein solcher Vorschlag sei ihm nicht bekannt gemacht worden. Nach Auslaufen der Provisionsvereinbarung vom 30.04.2008 sei der Bonus auf der gleichen Grundlage für zwei weitere Jahre gezahlt worden. Die Zahlung in Teilbeträgen sowie die Verspätung der Leistung hätten dem entsprochen, was bereits im Rahmen der Zahlungen für das Jahr 2008/2009 erfolgt sei. Soweit für eine betriebliche Übung ein kollektives Element fehle, beruhe der Anspruch auf einer “individuellen” Übung.

Der Kläger behauptet, ihm sei die Provisionsordnung seitens der Beklagten vorgelegt worden. Die erste und die letzte Seite der mit ihm abgeschlossenen Provisionsordnung sei eins zu eins den Provisionsordnungen der Vertriebsmitarbeiter entnommen worden. Auch auf den Seiten zwei und drei seien Passagen aus diesen Provisionsordnungen entnommen und einseitig von der Beklagten mit auf die Position des Klägers bezogenen Anpassungen gestellt worden. Bereits an der Ziffer VIII, ohne dass es die Ziffern I bis VII gäbe, sei erkennbar, dass die Formulierungen für eine Vielzahl von Fällen genutzt würden. Im Rahmen der Ziffer VIII sei lediglich das Wort “Vertriebsmitarbeiter” gegen das Wort “Vertriebsleiter” ausgetauscht worden. Eine Verhandlung über die Schlussbestimmungen habe nicht stattgefunden. Er habe anlässlich der Vereinbarung der Provisionsordnung mit Herrn J. lediglich über den Provisionssatz gesprochen. Mit diesem sei er einverstanden gewesen.

Der Kläger ist der Auffassung, der Annahme widersprüchlicher Regelungen stehe nicht entgegen, dass von Befristung an mehreren Stellen die Rede sei, während der Änderungsvorbehalt lediglich einmal erklärt sei. Die Regelung der Ziffer VIII Absatz drei gehe von eine Änderung “dieser” Provisionsordnung im Folgejahr aus. Danach müsse eine Provisionsordnung auch im Folgejahr bestehen. Vor diesem Hintergrund sei nicht erkennbar, ob eine Befristung oder aber eine Fortgeltung mit Änderungsvorbehalt gelten solle. Da sich die Widersprüchlichkeit gerade aus der Zusammenschau von Absatz drei mit den Befristungsregelungen ergebe, sei eine teilweise Aufrechterhaltung der Befristung nicht möglich.

Der Änderungsvorbehalt in Ziffer VIII Absatz drei der Provisionsordnung sei darüber hinaus unwirksam, da ein erheblicher Gehaltsanteil betroffen sei und nicht erkennbar werde, unter welchen Voraussetzungen eine Änderung möglich sei. Jedenfalls habe die Beklagte vom Änderungsvorbehalt aber keinen Gebrauch gemacht.

Seine Berufung auf die Intransparenz der Regelung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Aus seiner Sicht sei es wegen der mit Herrn J. erfolgten Einigung auf die Widersprüchlichkeit nicht angekommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und insbesondere den der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, des erstinstanzlichen Urteils sowie der Sitzungsniederschriften verwiesen.
Gründe

Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen. Sie ist zulässig aber unbegründet.

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG). Die Beklagte hat sie gemäß den Vorgaben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.

II.

Die Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Diese ist zulässig und begründet.

A.An der Zulässigkeit der Zahlungsklage bestehen keine Zweifel.

B.Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung weiterer 152.943,79 € brutto für die Geschäftsjahre 2011/2012 und 2012/2013.

Der Anspruch ergibt sich unmittelbar aus der Provisionsordnung vom 30.04.2008. Einer weiteren Vereinbarung, sei es ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten, bedurfte es nicht.

Die Provisionsordnung ist nicht mit Ablauf des 31.03.2009 außer Kraft getreten. Die in der Provisionsordnung enthaltene Befristungsabrede ist unwirksam.

Bei der Abrede der Befristung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Befristungsabrede ist intransparent und daher unwirksam.

1.) Bei den Regelungen unter Ziffer VIII der Provisionsordnung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a.) Nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

Die Beklagte hat die Regelungen unter Ziffer VIII der Provisionsordnung in einer Vielzahl von Verträgen verwendet. Die Klausel war Inhalt der mit den Vertriebsmitarbeitern geschlossenen Provisionsordnungen.

b.) Da der Arbeitnehmer Verbraucher ist, gelten Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB vom Unternehmer als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher eingeführt wurden (BAG, Urteil vom 23. August 2012 – 8 AZR 804/11 -, BAGE 143, 62-76, Rn. 20; BAG, Urteil vom 23. September 2010 – 8 AZR 897/08 -, Rn. 15, juris).

Dass der Kläger die Formulierungen der Schlussbestimmungen gestellt hätte, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

c.) Aus ihrem Vortrag lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Regelungen unter Ziffer VIII der Provisionsordnung zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt worden seien.

aa) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die vorformulierten Vertragsklauseln im Einzelnen ausgehandelt sind, obwohl sie vorformuliert wurden, trägt deren Verwender (BGH, Urteil vom 15. April 2008 – X ZR 126/06 -, BGHZ 176, 140-150, Rn. 14; Staudinger/Peter Schlosser (2013) BGB § 310, Rn. 60 und 66; Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., § 310 BGB Rdn. 77; Palandt/Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 310 BGB Rdn. 13.; Berger in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 2. Aufl., § 310 BGB Rdn. 8). Dies ergibt sich bereits aus der negativen Fassung von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB (MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 45).

bb) Ein “Aushandeln” setzt mehr als “Verhandeln” voraus. Der Verwender muss den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen. Dabei muss der Verhandlungspartner zumindest die reale Möglichkeit erhalten, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können (BGH, Urteil vom 22. November 2012 – VII ZR 222/12 -, Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 – III ZR 437/04 -, Rn. 20, juris; BGH, Urteil vom 18. April 2002 – VII ZR 192/01 -, BGHZ 150, 299-305, Rn. 23; BGH, Urteil vom 03. November 1999 – VIII ZR 269/98 -, BGHZ 143, 104-122, Rn. 27; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 35). Daher reicht für ein “Aushandeln” ein ausdrückliches Einverständnis des Vertragspartners nach einem Hinweis auf die belastende Klausel nicht aus (Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 14. September 2000 – 7 U 83/99 -, Rn. 4, juris). Vielmehr muss die Klausel vom Kunden in seinen rechtsgeschäftlichen Gestaltungswillen aufgenommen worden sein (BGH, Urteil vom 19. Mai 2005 – III ZR 437/04 -, Rn. 22, juris; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 35).

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Beklagten nicht.

Diese trägt lediglich pauschal vor, die Regelungen seien zwischen dem Kläger und Vertretern der G. (Europe) GmbH individuell verhandelt worden. Auf Wunsch des Klägers sei die Regelung individuell ausgehandelt worden. Ob und inwieweit dabei der Regelungsgehalt der Schlussbestimmungen und insbesondere die Befristung der Laufzeit der Provisionsordnung tatsächlich ernsthaft erörtert wurden und dem Kläger die reale Möglichkeit eingeräumt wurde, die inhaltliche Ausgestaltung der Befristung, etwa im Hinblick auf eine Befristung überhaupt oder auch nur deren Dauer, beeinflussen zu können, lässt sich diesem Vortrag nicht entnehmen. Soweit sie vorträgt, Einzelheiten seien besprochen und nach den Verhandlungen getextet worden, legt sie nicht dar, welche Einzelheiten, außer den Provisionssätzen, dies sein sollten.

cc) Ein Aushandeln lässt sich auch nicht aus dem Zusammenhang mit anderen, zwischen den Parteien ausgehandelten Regelungsinhalten herleiten.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Provisionssätze zwischen dem Kläger und Herrn J. ausgehandelt wurden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit auch alle anderen Klauseln, oder auch nur solche, die mit den ausgehandelten Regelungen in einem sachlichen Zusammenhang stehen, ihren Charakter als Allgemeine Geschäftsbedingungen gemäß nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB verlieren. Grundsätzlich ist für jede einzelne Klausel festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB gegeben sind oder nicht (BGH, Urteil vom 17. Mai 1982 – VII ZR 316/81 -, BGHZ 84, 109-117, Rn. 10; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 44). Auch ein teilweises Entgegenkommen des Klauselverwenders gegenüber dem Vertragspartner, ohne den Kerngehalt der durch die Geschäftsbedingung getroffenen Regelung ernsthaft zur Disposition zu stellen, stellt kein Aushandeln der gesamten Regelung dar (OLG L., Urteil vom 19. September 2001 – 11 U 39/01 -, Rn. 12, juris; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 44).

dd) Ein Aushandeln im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB lässt sich auch nicht der Tatsache entnehmen, dass die Bedingungen der Provisionsordnung im Vergleich zu den mit den Vertriebsmitarbeitern abgeschlossenen Vereinbarungen geändert und in großen Teilen gekürzt wurden. Die Beklagte hat, wie dargestellt, nicht vorgetragen, dass die Anpassung das Ergebnis eines Aushandelns zwischen den Parteien gewesen sei. Darüber hinaus ist der Bereich der Befristung unter Ziffer VIII der Vereinbarung von den Kürzungen und Änderungen nicht betroffen gewesen. Unter Ziffer VIII ist lediglich die Dauer der Laufzeit eingetragen und die Stellenbezeichnung des Klägers eingefügt worden. Diese Änderungen betreffen nicht den gesetzesfremden Kerngehalt der Schlussbestimmungen.

ee) Entgegen der Auffassung der Beklagten existieren auch im Übrigen keine tragfähigen Indizien dafür, dass die Regelungen zur Befristung zwischen den Parteien ausgehandelt worden seien. Die Benennung als Provisionsordnung trotz der knappen Regelung deutet lediglich darauf hin, dass sich der Text an den Provisionsordnungen der Vertriebsmitarbeiter orientiert hat. Hinsichtlich der Frage, ob die Streichung einzelner Passagen im Vergleich zu diesen Provisionsordnungen auf einem Aushandeln der Parteien beruhte, oder von ihr einseitig vorgenommen wurde, lässt sich dem nichts entnehmen. Ebenso lässt sich über die Art des Zustandekommens der Regelungen nichts aus der Tatsache entnehmen, dass Deckblatt und Inhaltsverzeichnis 50 Prozent des Gesamtumfangs ausmachen. Ganz im Gegenteil spricht die Übernahme des äußeren Rahmens der Provisionsordnungen der Vertriebsmitarbeiter dafür, dass auch der Regelungsgehalt übernommen wurde. Gerade dann, wenn ein vom Verwender auch in anderen Fällen verwendeter Rahmen zur Anwendung kommt, müssten eindeutige Hinweise dafür bestehen, dass bezüglich der inhaltlichen Gestaltung des übernommenen Rahmens ein Aushandeln gegeben war. Diese liegen insbesondere bezüglich der Schlussbestimmungen unter Ziffer VIII der Vereinbarung nicht vor. Vielmehr sind diese bis auf die Anpassung der Laufzeit und der Position des Klägers unverändert aus den Provisionsvereinbarungen der Vertriebsmitarbeiter übernommen worden.

ff) Zwar ist es nicht ausgeschlossen, dass auch vorformulierte Bedingungen ohne eine Änderung Teil der Vereinbarung werden und trotzdem auf einem Aushandeln zwischen den Parteien beruhen (BGH, Urteil vom 03. November 1999 – VIII ZR 269/98 -, BGHZ 143, 104-122, Rn. 26; BGH, Urteil vom 30. September 1987 – IVa ZR 6/86 -, Rn. 11, juris; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 39). Auch in diesen Fällen muss der Verwender aber seine Klausel grundsätzlich zur Disposition stellen (BGH, Urteil vom 22. November 2012 – VII ZR 222/12 -, Rn. 10, juris; BGH, Urteil vom 30. September 1987 – IVa ZR 6/86 -, Rn. 11, juris; MüKoBGB/Basedow BGB § 305 Rn. 39). Hierfür hat die Beklagte, wie bereits dargestellt, keine konkreten Anhaltspunkte vorgetragen.

2.) Die Regelungen zur Befristung der Provisionsabrede sind intransparent.

a.) Eine unangemessene Benachteiligung durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss eine vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gewählte Befristungsabrede wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Folgen, die mit der Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses verbunden sind, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den durchschnittlichen Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennen lassen (BAG 8. August 2007 – 7 AZR 605/06 – Rn. 35, EzA TzBfG § 21 Nr. 2). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB (BAG, Urteil vom 30. Juli 2008 – 10 AZR 606/07 -, BAGE 127, 185-204, Rn. 44).

Die fragliche Klausel bezieht sich zwar nicht auf die Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses, sie betrifft jedoch einen wesentlichen Gehaltsbestandteil des Klägers. Auch insoweit ist von dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu verlangen, dass der Zeitpunkt der Beendigung der Geltung der Provisionsabrede für den Arbeitnehmer klar ersichtlich ist.

b.) Die Klausel ist widersprüchlich.

Die Intransparenz kann sich auch erst aus dem Zusammenwirken mehrerer Klauseln ergeben. In einem solchen Fall ist zwar jede der einzelnen Regelungen für sich genommen klar und verständlich. Insgesamt betrachtet ergeben die Regelungen aber nicht ohne weiteres einen vernünftigen Sinn (BAG, Urteil vom 16. April 2008 – 7 AZR 132/07 -, BAGE 126, 295-301, Rn. 22).

aa) Die Regelungen unter Ziffer VIII der Provisionsordnung sind in sich widersprüchlich. Die Absätze eins, zwei und vier der Ziffer VIII regeln eine Beendigung der Geltung der Provisionsordnung zum Ablauf des 31.03.2009. Danach soll es keine Provisionsordnung geben, es sei denn eine solche werde ausdrücklich und schriftlich zwischen dem Vertriebsleiter, also dem Kläger und der G. (Europe) GmbH, beziehungsweise der Beklagten als ihrer Rechtsnachfolgerin vereinbart. Auf den Abschluss einer solchen Folgevereinbarung soll der Arbeitnehmer keinen Anspruch haben, diese soll für die Arbeitgeberin also freiwillig sein.

Im Gegensatz zu diesem Aussagegehalt behält sich nach Absatz drei der Ziffer VIII die G. (Europe) GmbH ausdrücklich vor, wesentliche Veränderungen dieser Provisionsvereinbarung im Folgejahr einseitig vorzunehmen. Diese Möglichkeit einer wesentlichen Änderung dieser Provisionsvereinbarung im Folgejahr setzt zwingend voraus, dass es eine solche Regelung im Folgejahr überhaupt gibt, sie also nicht mit Ablauf des Jahres, für welches sie zunächst vereinbart wurde, ausgelaufen ist.

bb) Dieser Widerspruch lässt sich durch Auslegung der Regelungen der Provisionsordnung nicht auflösen.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Dabei kommt es nur dann auf das Verständnis des Wortlauts durch die konkreten Vertragspartner an, wenn sie den Inhalt der Regelung übereinstimmend abweichend vom objektiven Wortsinn interpretieren (§ 305b BGB). Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, ist für die Auslegung entscheidend, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist. Der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner muss beachtet werden (§ 157 BGB). Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, gilt das nur für typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele. Eine solche Auslegung nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab ist geboten, weil der Vertragspartner des Verwenders auf den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen kann (BAG, Urteil vom 13. Juni 2012 – 7 AZR 519/10 -, Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 7 AZR 672/10 -, Rn. 32, juris; BAG, Urteil vom 09. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 -, Rn. 32, juris). Auslegungszweifel gehen hierbei gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel hat zur Folge, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt (BGH, Urteil vom 09. Dezember 2015 – VIII ZR 349/14 -, Rn. 30, juris; BGH, Urteil vom 18. Juli 2012 – VIII ZR 337/11 -, BGHZ 194, 121-136, Rn. 16).

(2) Die Provisionsordnung lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht dahingehend auslegen, dass die Beklagte sich habe vorbehalten wollen, für eine eventuelle Provisionsordnung, die ab dem 01.04.2009 gelten sollte, die Bedingungen einseitig festzusetzen, soweit sie über die entsprechende Regelung für die variable Vergütung im Arbeitsvertrag hinausgehen sollten.

Die einseitige Möglichkeit der Festsetzung von Bedingungen des Provisionsanspruchs für das Folgejahr setzt gerade voraus, dass dem Grunde nach noch eine Regelung gegeben ist. Soweit der G. (Europe) GmbH ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht vorbehalten werden sollte (so ArbG Düsseldorf, Urteil vom 15.07.2016 – 14 Ca 7632/15 – unter II. 1. B. aa. (1) der Gründe), setzt dies voraus, dass die Provisionsordnung an sich noch Geltung hat. Gemäß § 315 Abs. 1 BGB ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen zu treffen ist, wenn die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden soll. Die Regelung setzt danach gerade voraus, dass einem der Vertragsschließenden das Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung eingeräumt wird. Das Leistungsbestimmungsrecht und die Pflicht, eine solche nach den Grundsätzen des billigen Ermessens vorzunehmen, kann sich nur aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben, Dies setzt jedoch voraus, dass die zugrunde liegende Vereinbarung nach wie vor Geltung hat und nicht aufgrund des Ablaufs der Befristung außer Kraft getreten ist.

Ebenso wenig ist den Regelungen der Sinngehalt zu entnehmen, eine neue Festlegung müsse einseitig oder durch Vereinbarung erfolgen.

Die Möglichkeit, einseitig eine für beide Parteien verbindliche Regelung aufstellen zu können, setzt, wie dargestellt, voraus, dass sich die andere Partei dieser Bestimmung durch die andere Seite unterwirft. Dies geschieht aufgrund einer Vereinbarung und setzt voraus, dass diese Vereinbarung noch Bestand hat. Die Möglichkeit der Vertragsparteien, einvernehmlich eine Folgeregelung treffen zu können, ist hingegen eine Selbstverständlichkeit, die einer vertraglichen Regelung nicht bedurft hätte.

cc) Die Widersprüchlichkeit der Regelungen wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die Befristung der Geltungsdauer an mehreren Stellen der Provisionsordnung zum Ausdruck kommt, während die Möglichkeit der einseitigen Festlegung im Folgejahr nur in Ziffer VIII Absatz drei niedergelegt ist. Es kann insoweit dahinstehen, ob es für das Vorliegen einer intransparenten Regelung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erheblich ist, dass von den sich widersprechenden Regelungen eine häufiger niedergelegt ist als die andere.

Neben der Regelung unter Ziffer VIII Absatz drei der Provisionsordnung finden sich im Vereinbarungstext weitere Regelungen, die darauf hindeuten, dass die Regelung auch in den Folgejahren Geltung haben soll. So heißt es auf Seite drei in dem Unterpunkt “Provisionssatz”, dass der jeweils gültige Provisionssatz jeweils nur für das aktuelle Wirtschaftsjahr der G. (Europe) GmbH gültig sei. Diese Einschränkung der Geltung der Höhe des Provisionssatzes macht nur dann Sinn, wenn die Provisionsordnung an sich einen längeren Geltungszeitraum hat. Nur dann ist die Darstellung des “jeweils” gültigen Provisionssatzes sinnvoll.

Zu dem Unterpunkt Rückforderungsansprüche ist geregelt, dass die für das laufende Geschäftsjahr zu viel gezahlten Provisionen nach Ablauf des Geschäftsmonats verrechnet werden sollen. Auch die Einschränkung “im laufenden Geschäftsjahr” wäre überflüssig, wenn der Geltungsbereich der Provisionsordnung ohnehin auf ein Geschäftsjahr beschränkt wäre.

Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass es im Text der Provisionsordnung auch außerhalb der Schlussbestimmungen Hinweise auf eine Beschränkung des Geltungsbereichs auf das Geschäftsjahr 2008/2009 gibt. Entgegen ihre Auffassung führen diese aber nicht dazu, dass der klare Eindruck der Befristung durch die offensichtlich widersprechende Klausel unter Ziffer VIII Absatz drei nicht aufgehoben werden könnte. Vielmehr würden die dargestellten Hinweise auf eine über das Geschäftsjahr 2008/2009 hinausreichende Geltungsdauer gerade dazu führen, dass es für den Arbeitnehmer nicht klar wäre, ob eine seitens der Beklagten erfolgte einseitige Änderung der Bedingungen der Provisionsordnung für die Folgejahre von der Vereinbarung gedeckt ist, oder nicht. Für ihn entstünde so eine Lage, in welcher die Geltendmachung seiner Rechte, sei es die Aufnahme von Verhandlungen über eine neue Provisionsordnung oder das Berufen auf die alte Regelung, erschwert würde. Die Beklagte als Verwenderin der Klauseln könnte sich jeweils gegenläufig damit verteidigen, dass eine Provisionsordnung aufgrund der Befristung nicht bestehe oder damit, dass sie die wesentlichen Bedingungen der Provisionsordnung wirksam einseitig geändert habe.

dd) Die Widersprüchlichkeit wird ebenso wenig davon beseitigt, dass auch der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten bei Abschluss der Vereinbarung von einer befristeten Regelung ausgegangen sein soll. Wie bereits dargestellt, kommt es für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen darauf an, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Eine solche Auslegung nach einem objektivgeneralisierenden Maßstab ist geboten, weil der Vertragspartner des Verwenders auf den Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen kann (BAG, Urteil vom 13. Juni 2012 – 7 AZR 519/10 -, Rn. 28, juris; BAG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 7 AZR 672/10 -, Rn. 32, juris; BAG, Urteil vom 09. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 -, Rn. 32, juris). Auch wenn eine Unsicherheit, ob eine solche einseitige Festlegung nach dem Inhalt der Provisionsordnung möglich sein soll, oder nicht, verbleiben würde, wäre diese, wie dargestellt, gemäß § 305c Abs. 2 BGB dahingehend zu lösen, dass von den möglichen Auslegungen diejenige zugrunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt.

Konkrete Anhaltspunkte dafür, wie der Kläger die Regelung unter Ziffer VIII Absatz drei der Provisionsordnung verstanden habe, trägt die Beklagte nicht vor. Der Kläger hat nach ihrem Vortrag die Vereinbarung einer abweichenden Provisionsordnung verweigert. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass er von einer wirksamen Befristung der Provisionsabrede ausgegangen ist. Zwar hat er sich auf die Abrede mit Herrn J. berufen. Daraus lässt sich jedoch nicht schließen, dass er im Übrigen von der Wirksamkeit der Befristung ausgegangen sei. Es ist vielmehr ebenso denkbar, dass sich der Kläger über die Widersprüchlichkeit der Regelungen unter Ziffer VIII der Provisionsordnung überhaupt keine Gedanken gemacht hat, diese sogar überhaupt nicht gesehen hat.

ee) Entgegen der Darstellung der Beklagten ist die Interessenlage im vorliegenden Fall mit derjenigen bei einer Kombination aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt und einem Widerrufsrecht vergleichbar. In Ziffer VIII Absatz zwei der Provisionsordnung ist ein Anspruch des Klägers auf eine Fortsetzung der Provisionsordnung ausgeschlossen. Eine Fortsetzung soll für die Beklagtenseite damit nur freiwillig erfolgen können. Im Widerspruch hierzu steht das in Ziffer VIII Absatz drei enthaltene Recht der Beklagten, wesentliche Veränderungen dieser Provisionsvereinbarung im Folgejahr einseitig vorzunehmen. Der einseitige Änderungsvorbehalt entspricht, jedenfalls in der hier vereinbarten Form, in seinen Auswirkungen einem Widerrufsrecht. Zwar erlaubt der Änderungsvorbehalt unter Absatz drei der Ziffer VIII der Provisionsordnung seinem Wortlaut nach auch Änderungen zu Gunsten des Arbeitnehmers, während mit dem Widerruf die in Aussicht gestellte Leistung dem Arbeitnehmer entzogen wird, die Ausübung des Widerrufsrechts damit immer zu Lasten des Arbeitnehmers geht. Dieser Unterschied führt indes nicht zu einer anderen Bewertung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt sich die Widersprüchlichkeit der Kombination aus einem Freiwilligkeits- und einem Widerrufsvorbehalt daraus, dass bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt schon kein Anspruch auf die Leistung entstehe, bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen der Arbeitnehmer einen Anspruch habe, der Arbeitgeber sich aber vorbehalte, die versprochene Leistung einseitig zu ändern (BAG, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 -, BAGE 139, 156-167, Rn. 24; BAG, Urteil vom 20. April 2011 – 5 AZR 191/10 -, Rn. 10, juris).

Eben diese Situation ist auch hier gegeben. Die Beklagte beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin hat einen Anspruch für die Folgejahre zum einen ausschließen wollen, indem ein Anspruch auf die Verlängerung der Provisionsordnung verneint wurde. Zum anderen hat sie sich die einseitige Änderung wesentlicher Bedingungen dieser Provisionsordnung vorbehalten, was eben deren Existenz voraussetzt.

c.) Als Rechtsfolge der intransparenten Regelung ist die Befristung der Provisionsordnung unwirksam, während die Regelungen im Übrigen wirksam bleiben.

aa) Der Widerspruch zwischen der Befristung der Provisionsordnung und dem Änderungsvorbehalt führt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Befristungsregelung. Entgegen der Auffassung der Beklagten genügt die Streichung des Änderungsvorbehalts aus Ziffer VIII Absatz drei der Provisionsordnung nicht.

Die Aufrechterhaltung eines zulässigen Teils einer Klausel kommt nicht in Betracht, wenn die Intransparenz der vertraglichen Regelung und damit ihre Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB gerade aus der Kombination zweier Klauseln folgt, die jeweils für sich genommen ausreichend transparent sein mögen. Dies unterscheidet die Fallgestaltung von den Fällen, in denen ein abgrenzbarer Teil der Vertragsklausel unwirksam ist. Nur in solchen Fällen ist eine Streichung des unwirksamen Teils möglich, ohne gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 Abs. 2 BGB) zu verstoßen (BAG, Urteil vom 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 -, BAGE 139, 156-167, Rn. 28; BAG, Urteil vom 23. September 2010 – 8 AZR 897/08 -, Rn. 37f., juris).

bb) Die Befristung wird auch nicht dadurch aufrechterhalten, dass die Geltung der Provisionsordnung für das Geschäftsjahr 2008/2009 auch an anderen Punkten der Vereinbarung zum Ausdruck kommt. Soweit auf dem Deckblatt vermerkt ist, dass die Provisionsordnung vom 01.04.2008 bis zum 31.03.2009 gültig sei und die Provisionsordnung als solche für das Finanzjahr 2008/2009 bezeichnet wird, ist hieraus nicht zu entnehmen, dass sie danach keinerlei Rechtswirkungen mehr entfalten soll. Wie bereits dargestellt, ist unter dem Punkt “Provisionssatz” der “jeweils gültige Provisionssatz” geregelt. Aus der Zusammenschau dieser Regelungen ist vielmehr auch der Schluss möglich, dass lediglich die Bedingungen der Berechnung der Provisionshöhe auf das Geschäftsjahr 2008/2009 beschränkt sind. Würde mit der Darstellung des Geltungsbereiches auf dem Deckblatt hingegen, wie die Beklagte meint, eine zusätzliche, weitere Befristungsabrede getroffen, würde auch diese aufgrund des Widerspruchs zu der Regelung unter Ziffer VIII Absatz drei der Provisionsordnung ebenso unwirksam sein, wie die Regelungen unter Ziffer VIII Absatz eins und zwei.

cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Unwirksamkeit der Befristungsabrede nicht zur Folge, dass die Provisionsordnung insgesamt unwirksam würde. Gemäß § 306 Abs. 1 BGB bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind.

4.) Dem Kläger ist die Berufung auf die Intransparenz der Regelung nicht nach den Grundsätzen des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens verwehrt.

Hierbei kann dahinstehen, ob ein Verbraucher, der die Klausel bei Vertragsschluss so verstanden hat, wie dies vom Verwender der Klausel gewollt war, sich grundsätzlich auf deren Unwirksamkeit berufen kann oder ob dies ein rechtsmissbräuchliches Verhalten darstellen kann. Die Voraussetzungen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens liegen jedenfalls im konkreten Fall nicht vor.

a.) Ob ein Rechtsmissbrauch vorliegt, bestimmt sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Rechtsausübung muss als solche zu missbilligen sein, weil sie der Verfolgung eines rücksichtslosen Eigennutzes zum Nachteil des Arbeitgebers dient (BAG, Urteil vom 13. Juni 2006 – 9 AZR 423/05 -, BAGE 118, 262-268, Rn. 15).

Die Beklagte beruft sich darauf, der Kläger setze sich durch die Berufung auf die Unwirksamkeit der Befristung in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten. Er habe über zwei Instanzen vorgetragen, sein Anspruch beruhe auf einer mit Herrn J. getroffenen Abrede. Das bedeute, dem Kläger müsse klar gewesen sein, dass die Provisionsordnung zum 31.03.2009 geendet habe.

Die Generalklausel des § 242 BGB verbietet widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 16. Juli 2014 – IV ZR 88/13 -, BGHZ 202, 122-133, Rn. 25; BGH, Urteil vom 15. November 2012 – IX ZR 103/11-, Rn. 12, juris; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 – I ZR 162/11, Rn. 46, juris; BGH, Urteil vom 16. März 2005 – VIII ZR 14/04 -, Rn. 9, juris; Erman/Hohloch, BGB 13. Aufl. § 242 Rn. 106; MüKoBGB/Schubert BGB § 242 Rn. 309; Palandt/Grüneberg, BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55; Pfeiffer, jurisPK-BGB 6. Aufl. § 242 Rn. 56 ff. jeweils mwN.).

b.) Der Kläger hat keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, aus dem die Beklagte hätte folgern können, er werde sich auf die Unwirksamkeit der Befristung der Provisionsabrede nicht berufen.

aa) Nach ihrem eigenen Vortrag hat sich der Kläger stets geweigert eine abweichende Provisionsvereinbarung abzuschließen. Er hat auch nach Ablauf des 31.03.2009 darauf gedrängt, dass ihm die nach der Provisionsordnung zustehende Provision ausgezahlt werde. Die Beklagte hat sodann für die zwei folgenden Geschäftsjahre auf der Basis der Provisionsordnung die Ansprüche des Klägers errechnet und ausgezahlt. Nach ihrer Darstellung geschah dies zur Vermeidung einer Eskalation und mit dem Ziel des Erreichens einer neuen einvernehmlichen schriftlichen Regelung. Ein Vertrauen der Beklagten dahingehend, der Kläger akzeptiere die Befristung der Provisionsordnung zum Ablauf des 31.03.2009, konnte so nicht entstehen.

bb) Ein widersprüchliches Verhalten des Klägers ergibt sich auch nicht daraus, dass dieser, wie die Beklagte behauptet, bei Abschluss der Provisionsordnung von der Wirksamkeit der Befristung ausgegangen sei. Wie bereits dargestellt, kommt es für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen darauf an, wie diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BGH, Urteil vom 09. Dezember 2015 – VIII ZR 349/14 -, Rn. 30, juris; BGH, Urteil vom 18. Juli 2012 – VIII ZR 337/11 -, BGHZ 194, 121-136, Rn. 16). Die Kenntnis des einzelnen Vertragspartners des Verwenders von einem möglichen Widerspruch in den Geschäftsbedingungen ist nicht relevant. Insbesondere kann das – zufällig – gleiche Verständnis von der Bedeutung einer widersprüchlichen Regelung nicht dazu führen, dass ein Berufen auf den Widerspruch unzulässig würde. Selbst wenn, wie die Beklagte vorträgt, der Kläger bei Vereinbarung der Provisionsordnung von deren wirksamer Befristung ausgegangen wäre, würde ihn das nicht daran hindern, sich später auf deren Unwirksamkeit zu berufen.

Der Umstand, dass die Parteien einen Vertrag tatsächlich durchgeführt haben, ohne die Frage der Wirksamkeit der Befristung zu problematisieren, kann grundsätzlich nicht das Vertrauen der Beklagten darauf begründen, der Kläger werde die Befristungsabrede nicht angreifen. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, dass der Kläger zunächst selbst die Unwirksamkeit der Befristung nicht in Betracht gezogen hat, sondern erst später auf den Formfehler aufmerksam wurde (vgl. für die Befristung eines Arbeitsvertrages BAG, Urteil vom 04. November 2015 – 7 AZR 933/13 -, Rn. 24, juris).

5.) Dem Kläger steht der Anspruch auch in der geltend gemachten Höhe zu.

a.) Der Anspruch des Klägers berechnet sich nach den in der Provisionsordnung vom 30.04.2008 festgelegten Provisionssätzen.

Hierbei kann dahinstehen, ob diese Sätze zwischen dem Kläger und der Beklagten dauerhaft festgelegt sind, oder ob sie der einseitigen Änderung durch die Beklagte unterliegen.

aa) Im ersten Fall liegt es auf der Hand, dass diese Sätze mangels einer abweichenden Vereinbarung der Parteien nach wie vor Geltung haben. Die Beklagte hat nicht behauptet, dass der Kläger einer der von ihren Vertretern vorgeschlagenen Änderungsvereinbarungen zugestimmt hätte.

bb) Auch wenn aufgrund der Unwirksamkeit der Befristung davon auszugehen wäre, dass die Beklagte die Prozentsätze einseitig festlegen darf, würde es an einer solchen Festlegung durch sie fehlen.

(1) Entgegen ihrer Auffassung liegt in dem von ihr behaupteten Vorschlag, welcher von Herrn Q. und Frau H. entwickelt und dem Kläger vor Beginn des Geschäftsjahres 2009/2010 vorgelegt worden sein soll, keine einseitige Festlegung der Prozentsätze.

Dies ergibt sich schon daraus, dass auch die Beklagte die Provision für die Geschäftsjahre 2009/2010 und 2010/2011 nach den in der Provisionsvereinbarung enthaltenen Sätzen abgerechnet hat.

Darüber hinaus hat die Beklagte nach eigenem Vortrag dem Kläger den Vorschlag einer einvernehmlichen Regelung der Provisionszahlungen unterbreitet. Das Angebot einer einvernehmlichen Regelung unterscheidet sich indes von der Ausübung eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts. Während es im ersten Fall nur darauf ankommt, ob die Gegenseite das Angebot akzeptiert, ist die einseitige Festlegung gemäß § 315 Abs. 1 BGB im Zweifel nach billigem Ermessen zu treffen. Während im ersten Fall der Vertragspartner mit der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung darüber entscheidet, ob die Änderung wirksam wird, muss er im zweiten Fall prüfen, ob die Bestimmung der Billigkeit entspricht oder gemäß § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB unverbindlich ist. In diesem Fall kann er die Festlegung durch das Gericht gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB erwirken.

Letztlich erfolgt die Festlegung gemäß § 315 Abs. 2 BGB durch Erklärung gegenüber der anderen Partei. Diese muss zwar nicht ausdrücklich erfolgen, muss jedoch für den Empfänger der Erklärung erkennen lassen, was nunmehr gelten soll (OLG Saarbrücken, Urteil vom 22. Dezember 1987 – 7 U 42/86 -, Rn. 9, juris; MüKoBGB/Würdinger BGB § 315 Rn. 34). Dazu muss der Empfänger der Erklärung aber auch erkennen können, dass es sich überhaupt um eine einseitige Bestimmung der Leistung handelt und nicht um ein Angebot auf eine einvernehmliche Änderung bestehender Abreden. Dies lässt sich dem Vorschlag des Herrn Q. und der Frau H., auch wenn sie wie von der Beklagten behauptet dem Kläger unterbreitet worden sind, nicht entnehmen.

(2) Entsprechend ist ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht auch nicht durch den behaupteten Vorschlag des Herrn B. in der Folge des 01.04.2011 ausgeübt worden. Es gilt das zu dem Einigungsvorschlag von Herrn Q. und Frau H. gesagte. Der Vorschlag enthielt lediglich ein Angebot zur einvernehmlichen Änderung der Provisionsabrede. Darüber hinaus ist nicht vorgetragen, zu welchem Zeitpunkt genau das Angebot dem Kläger zugegangen sein soll.

b.) Für die Berechnung des Anspruchs sind die vom Kläger zugrunde gelegten Ergebniszahlen der Beklagten heranzuziehen.

Die Beklagte hat sowohl in dem Geschäftsjahr 2008/2009 als auch in den folgenden Geschäftsjahren 2009/2010 und 2010/2011 den Provisionsanspruch des Klägers auf der Basis der Zahlen für den gesamten europäischen Bereich errechnet und ausgezahlt. Gründe, aus denen die Berechnung für die hier gegenständlichen Geschäftsjahre 2011/2012 und 2012/2013 anders verlaufen sollte, hat sie nicht vorgetragen. Der Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils ist sie insoweit nicht entgegengetreten.

Die Beklagte hat zu der Höhe der zu berücksichtigenden Zahlungen gegen den Vortrag des Klägers keine Einwände erhoben.

6.) Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB. Die Provision war gemäß § 6 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages mit dem Ablauf des Geschäftsjahres, für das sie gezahlt wird, fällig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91, 97 Abs. 1 ZPO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der Person zur Last, die es eingelegt hat.

IV.

Ein gesetzlicher Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG war nicht gegeben.

Insbesondere hatte keine der der Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Dieser Tatbestand liegt vor, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen und klärungsbedürftigen Rechtsfrage abhängt und diese Klärung entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teiles der Allgemeinheit eng berührt (BAG, Beschluss vom 16. September 1997 – 9 AZN 133/97 -, Rn. 8, juris; GMP/Müller-Glöge ArbGG § 72 Rn. 12).

Die Kammer hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Kombination einer Befristung mit einem Änderungsvorbehalt im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen grundsätzlich eine intransparente Regelung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB darstellt. Darauf, ob dieser Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung zukommt, kam es daher nicht an.

Auch die Rechtsfrage, ob der Verwender allgemeiner Geschäftsbedingungen seinem Vertragspartner entgegenhalten kann, dieser verhalte sich widersprüchlich, wenn er zunächst von der Wirksamkeit einer intransparenten Regelung ausgehe, weil er diese so verstanden hat, wie sie vom Verwender gemeint war, war für die Entscheidung nicht erheblich.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Jakubowski Geisen Diederich

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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