LAG Hamm, Beschluss vom 05.02.2010 – 13 TaBV 38/09

Oktober 6, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 05.02.2010 – 13 TaBV 38/09

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 10.03.2009 – 1 BV 214/08 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe

A.

Der Betriebsrat begehrt (noch) die Unterlassung von Einstellungen und Versetzungen, solange keine ordnungsgemäße Beteiligung nach den §§ 99 f. BetrVG stattgefunden hat.

Der Betriebsrat rügt, dass er im Zeitraum ab 18.04. bis zum 04.11.2008 in insgesamt 16 Einzelfällen, wobei es in 15 Fällen um die Einstellung von Leiharbeitnehmern und in einer Konstellation um die Versetzung eines Mitarbeiters ging, nicht ordnungsgemäß nach den §§ 99 f. BetrVG beteiligt worden sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird verwiesen auf die Ausführungen unter I. 5. des Antragsschriftsatzes vom 26.11.2008 (Bl. 5 ff. d.A.).

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die dokumentierten Verstöße gegen Mitbestimmungsrechte die fehlende Bereitschaft der Arbeitgeberin dokumentiere, das gesetzlich zwingend vorgegebene Beteiligungsverfahren einzuhalten.

Soweit hier noch von Interesse, hat der Betriebsrat beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, es zu unterlassen, Einstellungen und Versetzungen im Sinne des § 99 BetrVG vorzunehmen, solange nicht der Antragsteller die Zustimmung hierzu erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ersetzt worden ist, es sei denn, der Antragsgegner macht sachliche Gründe, die eine personelle Einzelmaßnahme im Sinne von

§ 99 Abs. 1 BetrVG dringend erforderlich machen, geltend und leitet, falls der Antragsteller diese bestreitet, hiernach innerhalb von drei Tagen das arbeitsgerichtliche Verfahren nach § 100 BetrVG ein.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, im hier relevanten Zusammenhang bestehe schon dem Grunde nach kein allgemeiner Unterlassungsanspruch des Betriebsrates.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 10.03.2009 den Antrag abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der gestellte allgemeine Unterlassungsantrag umfasse auch die ihn nicht rechtfertigende Konstellation, dass die Arbeitgeberin nach einem entsprechenden Bestreiten des Betriebsrats darauf verzichte, die von ihm vorläufig begonnene Maßnahme aufrechtzuerhalten. Deshalb sei er als sogenannter Globalantrag unbegründet.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Betriebsrat mit seiner Beschwerde.

Er meint, ihm stehe ein (auch) auf § 23 Abs. 3 BetrVG gestützter Unterlassungsanspruch zu. Eine Auslegung des Antrages ergebe, dass die vom Arbeitsgericht genannte Konstellation ernsthaft nicht von seinem Begehren umfasst sei. Es sei nämlich erkennbar allein Ziel des Verfahrens, die Arbeitgeberin anzuhalten, die einschlägigen Mitbestimmungsrechte vollumfänglich zu wahren.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 10.03.2009 – 1 BV 214/08 – teilweise abzuändern und

die Arbeitgeberin zu verpflichten, es zu unterlassen, Einstellungen und Versetzungen im Sinne des § 99 BetrVG vorzunehmen, solange nicht der Betriebsrat seine Zustimmung erteilt oder die Zustimmung durch das Arbeitsgericht ersetzt worden ist, es sei denn, die Arbeitgeberin hat jeweils die für die Durchführung als vorläufige Maßnahme bestimmten Schritte nach § 100 BetrVG vorgenommen,

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) wegen einer jeden Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,– € anzudrohen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, es handele sich um einen unbegründeten Globalantrag.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B.

Die Beschwerde des Betriebsrates war zurückzuweisen.

Denn der von ihm in der mündlichen Anhörung am 05.02.2010 noch zur Entscheidung gestellte Unterlassungsantrag ist bereits unzulässig. Es fehlt ihm an der erforderlichen Bestimmtheit des Begehrens (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

Ebenso wie im Falle, der dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 17.03.1987 (1 ABR 65/85 – AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 7) zugrunde lag, wiederholt auch hier der Antrag nahezu wörtlich nur die in den §§ 99 f. BetrVG geregelten Verpflichtungen der Arbeitgeberin anlässlich der geplanten Vornahme von Einstellungen und Versetzungen. Eine stattgebende Entscheidung würde im Ergebnis lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholen und könnte keinen Rechtsfrieden unter den Beteiligten schaffen; vielmehr würde die Prüfung eines gesetzeswidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin unzulässigerweise in das Vollstreckungsverfahren verlagert.

Es wäre die Aufgabe des Betriebsrates gewesen, anhand der von ihm aufgezeigten 16 Einzelfälle möglichst präzise wiederzugeben, in welchen Konstellationen die Arbeitgeberin sich wie verhalten soll, damit diese einer stattgebenden Entscheidung unschwer hätte entnehmen können, welche Verpflichtungen ihr aufgegeben worden sind. So fehlen z.B. eindeutige Umschreibungen des mitbestimmungswidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin in dem immer wieder vorkommenden Fall, dass im Betrieb ein plötzlicher (zusätzlicher) Personalbedarf für das Wochenende auftritt.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

Schlagworte

Warnhinweis:

Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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