LAG Hamm, Beschluss vom 23.10.2009 – 10 TaBV 59/09

Oktober 14, 2020

LAG Hamm, Beschluss vom 23.10.2009 – 10 TaBV 59/09

Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 27.06.2007 – 2 BV 15/07 – abgeändert.
Der Antrag des Betriebsrats wird als unzulässig abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten um ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Zusammenhang mit einem Taschenverbot im Lager der Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin betreibt einen Großhandel für Farben, Bodenbeläge, Tapeten und Werkzeuge. Sie beschäftigt an mehreren Standorten mehr als 400 Mitarbeiter.
Antragsteller des vorliegenden Verfahrens ist der bei der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat.
Im Betrieb der Arbeitgeberin gab es seit langen Jahren – auch schon vor Bildung des Betriebsrats – ein durch die Lagerleitung der Arbeitgeberin verhängtes Taschenverbot.
Die Frage eines Taschenverbots im Lagerbereich wurde sodann Anfang 2007 Gegenstand eines Monatsgesprächs zwischen den Beteiligten. In dem Gespräch vom 24.01.2007 kamen die Beteiligten überein, eine Regelung eines Taschenverbots gemeinsam zu erarbeiten. Die Arbeitgeberin erarbeitete daraufhin einen Entwurf vom 08.02.2007 (Bl. 6 d.A.), dem der Betriebsrat jedoch gemäß Schreiben vom 19.02.2007 (Bl. 7 d.A.) nicht zustimmte.
Daraufhin erstellte die Arbeitgeberin eine “Information für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter” über ein Taschenverbot im Lager, das auch im Betrieb der Arbeitgeberin ausgehängt wurde (Bl. 8 d.A.). Mit Schreiben vom 15.03.2007 (Bl. 9 d.A.) forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, mit ihm in Verhandlungen wegen eines Taschenverbots zu treten und das ausgehängte Taschenverbot aufzuheben. In einem weiteren Monatsgespräch vom 22.03.2007, in dem die Frage des Taschenverbots noch einmal besprochen wurde, vertrat die Arbeitgeberin die Auffassung, dass der Ausspruch eines Taschenverbots einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht unterliege.
Mit dem am 04.04.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren verfolgt der Betriebsrat sein zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung verfolgtes Begehren, mit dem der Betriebsrat aufgrund des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 27.04.2007 – 2 BVGa 5/07 Arbeitsgericht Minden – obsiegte, im Hauptsacheverfahren weiter.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Anordnung der Arbeitgeberin unterliege dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der einzelnen Arbeitnehmer gebiete die Beteiligung des Betriebsrats bei entsprechenden Maßnahmen.
Durch das Verbot der Mitnahme von privaten Taschen werde den Mitarbeitern die Möglichkeit genommen, beispielsweise verderbliche Nahrungsmittel in kleinen Kühltaschen mit zur Arbeit zu nehmen und die Nahrungsmittel dort zu verzehren. Dieses Recht werde durch die einseitige Maßnahme der Arbeitgeberin ohne jeden Grund und sehenden Auges gesetzwidrig beeinträchtigt. Gründe, aufgrund derer es der Arbeitgeberin gestattet werden dürfte, das Taschenverbot vorab ohne Zustimmung des Betriebsrats auszusprechen, seien nicht ersichtlich.
Der Betriebsrat hat beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, es ab sofort zu unterlassen, ein Taschenverbot im Lager auszusprechen und aufrechtzuerhalten, bis entweder die Zustimmung des Betriebsratsrats für ein solches Taschenverbot im Lager vorliegt oder die Zustimmung des Betriebsrats durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist,
für den Fall der Zuwiderhandlung der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euroanzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats scheitere im vorliegenden Fall bereits daran, dass es sich bei dem streitigen Taschenverbot um eine Maßnahme handele, die jedenfalls unausgesprochen bereits im Betrieb der Arbeitgeberin bestanden habe, bevor überhaupt ein Betriebsrat gewählt worden sei. Das ausgehängte Taschenverbot vom 22.02.2007 sei nur die Wiederholung der früheren Anweisung der Arbeitgeberin gewesen. Eine rückwirkende Mitbestimmung komme aber nicht in Betracht. Auch stelle das Verbot, Taschen in das Warenlager zu nehmen, keine Frage der Ordnung im Betrieb, sondern der Sicherheit der Mitarbeiter dar. In Sicherheitsfragen müsse ein Unternehmen einseitig Anordnungen für das Unternehmen treffen dürfen. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, Sicherheitsvorkehrungen zu schaffen, um die Ware im Lager ausreichend gegen Diebstahl zu schützen. Dazu gehörten auch die Anordnung eines generellen Taschenverbots für alle Mitarbeiter, die das Lager beträten. Das Taschenverbot diene auch dem Schutz der Mitarbeiter, da sie von vornherein vom Verdacht ausgenommen würden, für eventuelle Inventurdifferenzen verantwortlich zu sein.
Das Eigentumssicherungsinteresse der Arbeitgeberin könne auch nicht durch das Verlangen des Betriebsrats, das Taschenverbot als einseitige Maßnahme aufzuheben, außer Kraft gesetzt oder ausgehöhlt werden. Das Recht, eine mitbestimmte Maßnahme verlangen zu können, unterliege insoweit Grenzen.
Das Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter sei durch das Verbot auch nicht unzumutbar eingeschränkt, da durch verschließbare Schränke dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben sei, seine persönliche Habe wirksam vor dem Zugriff Dritter zu verschließen und auch die Nahrungsmitnahme an den Arbeitsplatz gestattet bleibe. Im Falle einer Hitzeperiode sei die Arbeitgeberin bereit, vom strengen Taschenverbot abzuweichen, sodass dieses nicht zur Begründung einer dauerhaften unzumutbaren Persönlichkeitsrechtsverletzung herangezogen werden könne.
Durch Beschluss vom 27.06.2007 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, das von der Arbeitgeberin verhängte Taschenverbot unterliege dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Bei dem Taschenverbot handele es sich um eine Frage der Ordnung des Betriebes. Das Taschenverbot betreffe nicht lediglich das Arbeitsverhalten der Mitarbeiter.
Gegen den der Arbeitgeberin am 13.07.2007 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 09.08.2007 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15.10.2007 mit dem am 11.10.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Nach Zustellung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 27.06.2007 wurde der das Taschenverbot im Lager enthaltene Aushang vom 22.02.2007 durch die Arbeitgeberin wieder abgenommen und aus dem Lager entfernt. Daraufhin wurde nach Durchführung eines Anhörungstermins vor der Beschwerdekammer das Beschwerdeverfahren zunächst nicht weiterbetrieben.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung unterliege der Abänderung. Im vorliegenden Verfahren gehe es nicht um die erstmalige Anordnung eines Taschenverbots, sondern lediglich um die Aufrechterhaltung eines seit Jahren bestehenden Taschenverbots bei der Arbeitgeberin. Insoweit behauptet die Arbeitgeberin, im gewerblichen Bereich bestehe seit etlichen Jahren die Anweisung, keine Taschen mit in das Lager zu nehmen. Diese Anordnung sei seinerzeit von dem ehemaligen Lagerleiter A2 ausgesprochen worden, und zwar zu einem Zeitpunkt, als es bei der Arbeitgeberin überhaupt noch keinen Betriebsrat gegeben habe. Mit dem Aushang vom 22.02.2007 sei lediglich an dieses, bereits seit Jahren bestehenden Taschenverbots erinnert worden. Allein dadurch, dass die Arbeitgeberin an dieses Taschenverbot erinnere, werde die Maßnahme nicht zu einem mitbestimmungspflichtigen Tatbestand.
Im Übrigen habe sich das vorliegende Verfahren durch die Abnahme des Aushanges vom 22.02.2007 erledigt. Unterlassungsansprüche könne der Betriebsrat nun nicht mehr geltend machen. Wenn der Betriebsrat eine Änderung der seit Jahren bestehenden Situation herbeiführen wolle, könne er sein Initiativrecht in Anspruch nehmen und gegebenenfalls auch die Einigungsstelle anrufen. Bis zu einem entsprechenden Initiativantrag des Betriebsrats verbleibe es bei der Arbeitgeberin bei dem Zustand, wie er vor der erstmaligen Betriebsratswahl bestanden habe, das vorliegende Verfahren sei jedenfalls in der Hauptsache erledigt.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 27.06.2007 – 2 BV 15/07 – abzuändern und den Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.
Der Betriebsrat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist nach wie vor der Auffassung, das Arbeitsgericht sei zu Recht von einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung eines Taschenverbots ausgegangen. Er behauptet, dass es ein allgemeines für den gesamten Lagerbereich gültiges, offiziell ausgesprochenes Taschenverbot niemals gegeben habe. Es sei lediglich so gewesen, dass einzelne Mitarbeiter angesprochen worden seien, keine privaten Taschen mit in den Lagerbereich nehmen zu dürfen.
Im Übrigen sei das vorliegende Verfahren durch die Abnahme des Aushanges vom 22.02.2007 nicht erledigt. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens des Betriebsrats sei zwar das am 22.02.2007 ausgesprochene Taschenverbot gewesen. Allein die Abnahme des Aushanges führe aber nicht dazu, dass das durch die Arbeitgeberin ausgesprochene Taschenverbot inhaltlich wieder rückgängig gemacht worden sei. Eine Erledigung des Hauptsacheverfahrens könne nur dann eintreten, wenn die Arbeitgeberin ausdrücklich erkläre, dass im Betrieb aktuell kein Taschenverbot bestehe. Eine eindeutige Erklärung der Arbeitgeberin liege insoweit nicht vor. Der Betriebsrat könne allenfalls das Beschwerdeverfahren für erledigt erklären, die Hauptsache sei nicht erledigt.
Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.
I.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig.
Die Arbeitgeberin hat die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluss vom 27.06.2007 form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1, 89 Abs. 2 ArbGG.
Die Unzulässigkeit der Beschwerde der Arbeitgeberin ergibt sich auch nicht daraus, dass sie das Verfahren im Beschwerderechtszug in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Zwar wäre eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren wegen Erledigung der Hauptsache zulässig (BAG, 23.01.2008 – 1 ABR 64/06 – AP ArbGG 1979 § 83 a Nr. 10, Rn. 10). Eine Einstellung des Verfahrens nach den §§ 90 Abs. 2, 83 a ArbGG käme jedoch nur dann in Betracht, wenn entweder die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt hätten (§ 83 a Abs. 2 ArbGG), oder wenn der Antragsteller – hier der Betriebsrat – das Verfahren mit Zustimmung der übrigen Beteiligten nach § 83 a Abs. 3 ArbGG für erledigt erklärt hätte.
Eine übereinstimmende Erledigungserklärung beider Beteiligten des vorliegenden Verfahrens liegt nicht vor. Eine Erledigungserklärung in der Hauptsache hat lediglich die Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren abgegeben, die Arbeitgeberin ist jedoch nicht die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens. Der Betriebsrat hat lediglich das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass auch ein Rechtsmittel für erledigt erklärt werden kann (vgl. BAG, 20.12.2007 – 9 AZR 1040/06 – AP ZPO § 91 a Nr. 29; BGH, 11.01.2001 – V CB 40/99 – MDR 2001, 647; BGH, 12.05.1998 – IX CR 219/97 – NJW 1998, 2453 m.w.N.), steht dieses Recht lediglich dem Rechtsmittelführer, dem Beschwerdeführer zu. Der Betriebsrat ist jedoch im vorliegenden Verfahren nicht der Beschwerdeführer. Gerade weil der Betriebsrat lediglich das Beschwerdeverfahren für erledigt erklären will, liegt eine übereinstimmende Erledigungserklärung beider Beteiligten in der Hauptsache jedenfalls nicht vor.
Eine Einstellung des Verfahrens kam auch nicht nach den §§ 90 Abs. 2, 83 a Abs. 3 ArbGG in Betracht. Eine Erledigungserklärung des Antragstellers in der Hauptsache liegt nicht vor. Der Betriebsrat hat als Antragsteller des vorliegenden Verfahrens lediglich das Beschwerdeverfahren für erledigt erklärt. Eine Erledigungserklärung in der Hauptsache hat lediglich die Arbeitgeberin abgegeben. Erklärt jedoch ein anderer Beteiligter als der Antragsteller ein Beschlussverfahren in der Hauptsache für erledigt, so gilt hierfür § 83 a Abs. 3 ArbGG nicht. Eine solche Erklärung ist für die Beendigung des Verfahrens ohne Bedeutung, das Verfahren ist in der Hauptsache fortzuführen. Eine Erledigungserklärung eines anderen Beteiligten als des Antragstellers kann allenfalls Anlass zur Prüfung der Frage sein, ob für den Antrag noch ein Rechtsschutzinteresse besteht (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 7. Aufl., § 83 a Rn. 25; Schwab/Weth, ArbGG, 2. Aufl., § 83 a Rn. 24; GK/Dörner, ArbGG, § 83 a Rn. 32, ErfK/Eisemann/Koch, 9. Aufl., § 83 a ArbGG Rn. 4 m.w.N.).
II.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.
Dem vom Betriebsrat gestellten Unterlassungsanspruch fehlt es nämlich – inzwischen – an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse. Der Antrag des Betriebsrats ist damit unzulässig geworden.
1. Das gewählte Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG zwar die richtige Verfahrensart. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Die Beteiligten streiten nämlich darum, ob es sich bei dem Taschenverbot der Arbeitgeberin vom 22.02.2007 um eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 BetrVG handelt und ob hieraus ein Unterlassungsanspruch folgt.
Die Antragsbefugnis des Betriebsrats und die Beteiligung der Arbeitgeberin am vorliegenden Verfahren ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.
3. Nach Auffassung der Beschwerdekammer fehlt es für den vom Betriebsrat geltend gemachten Unterlassungsanspruch jedoch inzwischen an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse.
a) Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung. Während es bei Feststellungsanträgen in Gestalt des rechtlichen Interesses an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung gemäß § 256 Abs. 1 ZPO stets gesondert zu prüfen ist, ist es bei einer Leistungs- und Gestaltungsklage regelmäßig gegeben. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich nämlich regelmäßig aus der Nichterfüllung des materiellrechtlichen Anspruchs (BAG, 14.09.1994 – 5 AZR 632/93 – AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 13; BAG, 03.06.2003 – 1 AZR 349/02 – AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 19; BAG, 09.05.2006 – 9 AZR 278/05 – AP BErzGG § 215 Nr. 47; BAG, 19.02.2008 – 1 ABR 65/05 – AP ArbGG 1979 § 83 a Nr. 11). Für eine Unterlassungsklage gilt nichts anderes. Insoweit genügt regelmäßig die Behauptung, dass der vom Anspruchssteller verfolgte Anspruch besteht. Ob der behauptete Anspruch besteht, ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit. Besondere Umstände können aber bereits das Verlangen, in die materiellrechtliche Sachprüfung einzutreten, als nichtschutzwürdig erscheinen lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn ein einfacherer oder billigerer Weg zur Verfügung steht oder wenn der Antragsteller offensichtlich gerichtlicher Hilfe zur Erreichung seines Ziels nicht – mehr – bedarf.
b) So liegt der vorliegende Fall. Das Rechtsschutzinteresse für den vom Betriebsrat geltend gemachten Unterlassungsanspruch ist nämlich dadurch entfallen, dass die Arbeitgeberin den streitigen Aushang vom 22.02.2007 nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses abgenommen und aus dem Lager der Arbeitgeberin entfernt hat. Ist jedoch das Rechtsschutzinteresse nachträglich entfallen und hält der Antragsteller seinen Antrag gleichwohl aufrecht, so ist dieser nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als unzulässig abzuweisen (BAG, 06.10.1978 – 1 ABR 75/76 – AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 2; BAG, 23.01.1986 – 6 ABR 47/82 – AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 31; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O., § 83 a Rn. 25; Schwab/Weth, a.a.O., § 83 a Rn. 24 m.w.N.).
Durch die Abnahme des Aushanges vom 22.02.2007 ist das Unterlassungsbegehren des Betriebsrats erledigt. Anlass für die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens beim Arbeitsgericht war gerade der Aushang vom 22.02.2007, zu dem der Betriebsrat seine Zustimmung nicht erteilt hatte. Dies ergibt sich zunächst aus dem zwischen den Beteiligten geführten vorprozessualen Schriftverkehr. Das Schreiben des Betriebsrats vom 15.03.2007 bezieht sich ausdrücklich auf das von der Arbeitgeberin “einseitig ausgesprochene Taschenverbot im Lager”, so wie es mit Aushang vom 22.02.2007 ausgesprochen worden ist. Darüber hinaus hat der Betriebsrat im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 11.01.2008 ausdrücklich zu Protokoll erklärt, Gegenstand des Unterlassungsbegehrens sei das am 22.02.2007 ausgesprochene Taschenverbot. Nachdem dieser Aushang vom 22.02.2007 und das damit durch den Aushang vom 22.02.2007 ausgesprochene Taschenverbot rückgängig gemacht und entfernt worden ist, besteht für das Unterlassungsbegehren des Betriebsrats kein Rechtsschutzinteresse mehr.
Der Betriebsrat kann sich auch nicht darauf berufen, für das Unterlassungsbegehren bestehe nach wie vor ein Rechtsschutzinteresse, weil die Arbeitgeberin keine eindeutige Erklärung zu dem Taschenverbot abgegeben habe, insbesondere habe die Arbeitgeberin nicht ausdrücklich erklärt, dass im Betrieb überhaupt kein Taschenverbot bestehe. Zwischen den Beteiligten ist nämlich offenbar nach wie vor streitig, ob es im gesamten Lagerbereich – neben dem Taschenverbot vom 22.02.2007 – überhaupt ein gültiges, bereits vor Jahren ausgesprochenes Taschenverbot gegeben hat. Während die Arbeitgeberin dies in der Beschwerdeinstanz unter Beweisantritt behauptet hat, hat der Betriebsrat dies in Abrede gestellt. Soweit der Betriebsrat jedoch behauptet, es gebe überhaupt kein Taschenverbot im Lager, geht sein Unterlassungsbegehren ins Leere. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann sich nur auf ein bestehendes Taschenverbot im Lager beziehen. Das durch Aushang vom 22.07.2007 ausgesprochene Taschenverbot hat die Arbeitgeberin jedoch unstreitig rückgängig gemacht.
Unstreitig hat der Betriebsrat auch ein etwaiges ihm zustehende Initiativrecht – für den Fall, dass ein Taschenverbot im Lager nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig sein sollte – zu keinem Zeitpunkt ausgeübt. Hierauf hat die Arbeitgeberin im Beschwerdeverfahren ausdrücklich hingewiesen. Der Betriebsrat ist auch nicht der Anregung der Beschwerdekammer, eine Einigungsstelle anzurufen, gefolgt. Auch hieraus ergibt sich, dass das Unterlassungsbegehren des Betriebsrats erledigt ist und für eine Fortsetzung des Verfahrens kein Rechtsschutzbedürfnis mehr besteht.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Schlagworte

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

Einige Entscheidungen stellen Mindermeinungen dar oder sind später im Instanzenweg abgeändert oder durch neue obergerichtliche Entscheidungen oder Gesetzesänderungen überholt worden.

Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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