LAG Hamm, Urteil vom 03.11.2009 – 14 Sa 1690/08

Oktober 14, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 03.11.2009 – 14 Sa 1690/08
1. Erhält ein angestellter Versicherungsvertreter einen Vorschuss auf eine noch zu verdienende Provision für einen von ihm vermittelten Versicherungsvertrag, hat er auch ohne ausdrückliche Vereinbarung aufgrund der Vorschussgewährung die vertragliche Verpflichtung, den Vorschuss zurückzuzahlen, wenn ein Provisionsanspruch nicht entsteht (so bereits BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3). Die ausdrückliche Aufnahme einer Rückzahlungspflicht in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung des vom Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber gestellten Formulararbeitsvertrags unterliegt deswegen gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle, weil es sich nicht um eine von Rechtsvorschriften abweichende Vereinbarung handelt.
2. Besteht in dem Versicherungsunternehmen ein Betriebsrat, bedarf es zur Begründung der Verpflichtung des angestellten Versicherungsvertreters, erhaltene Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen, auch im Hinblick auf ein mögliches Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG keiner Betriebsvereinbarung.
3. Bei Zusage eines monatlichen Mindesteinkommens kann die für eine Verrechnung von Unterverdiensten eines Monats mit Überverdiensten anderer Monate nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (22. September 1975, 3 AZR 114/75, AP HGB § 65 Nr. 8) erforderliche ausdrückliche Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen. Diese Regelung stellt keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar.
4. Entspricht das zugesagte monatliche Mindesteinkommen der Höhe nach dem tariflichen Mindesteinkommen nach § 3 GTV privates Versicherungsgewerbe, ist eine Verrechnung mit bereits endgültig verdienten Provisionen auch nach Ausscheiden des Versicherungsvertreters aus dem Arbeitsverhältnis ohne Verstoß gegen § 138 BGB (vgl. dazu BAG, 25. März 1976, 3 AZR 331/75, AP HGB § 65 Nr. 9) möglich. Die Verrechnung kann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ohne Verstoß gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart werden.
5. Besteht eine Globalverweisung auf den einschlägigen Tarifvertrag in einem Formulararbeitsvertrag, ist auch die Wiederholung der tariflichen Bezugnahme in einem Teilkomplex der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB der Inhalts- und Transparenzkontrolle entzogen.
6. Während des noch bestehenden Arbeitsverhältnisses genügt ein Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber seiner aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 65, § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB folgenden Nachbearbeitungspflicht, wenn es dem angestellten Versicherungsvertreter im Rahmen einer Provisionsabrechnung eine Stornogefahrmitteilung zukommen lässt, aus der sich ergibt, dass eine Vertragsgefährdung aufgrund eines Prämienzahlungsrückstands vorliegt. Einer weiteren Information über die Gründe der Vertragsgefährdung bedarf ebenso wenig wie einer ausdrücklichen Anweisung zur Nachbearbeitung an den Versicherungsvertreter in Ausübung des Direktionsrechts, um als Arbeitgeber der Nachbearbeitungspflicht zu genügen. Die Nachbearbeitung ist während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Inhalt der arbeitsvertraglichen Leistungsverpflichtung des Außendienstmitarbeiter und nach Erhalt der Stornogefahrmitteilung zu erfüllen.
7. Für die Erfüllung der Nachbearbeitungspflicht ist der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Er genügt seiner Darlegungslast nicht, wenn er zur näheren Begründung der von ihm durchgeführten Nacharbeit auf die von seinem beauftragten Mitarbeiter nur nachlässig ausgefüllten Berichtsformulare verweist, ohne diese mit weiterem Vortrag zur konkret erfolgten Nacharbeit oder ihrer Aussichtslosigkeit zu ergänzen.
8. Eine sog. Bagatellgrenze von 50,00 Euro, bis zu der eine schriftliche Nachbearbeitung ausreichen soll (grundlegend BGH, 19. November 1982, I ZR 125/80, DB 1983, 2135; vgl. auch LAG Baden-Württemberg, 28. September 2000, 21 Sa 23/00, juris; LAG Hamm, 15. Mai 1998, 10 Sa 1465/97, NZA-RR 1999, 405), kann allenfalls die persönliche Nachbearbeitung ausschließen. Eine telefonische Nachbearbeitung bleibt auch in diesen Fällen stets zumutbar.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 10. September 2008 – 4 Ca 778/08 – teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 213,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9. Februar 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 19/20, der Beklagte zu 1/20.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Rückzahlung von Provisionszahlungen.
Der Beklagte war in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. November 2006 bei der Klägerin als angestellter Außendienstmitarbeiter zur Ausbildung als Vertriebsassistent tätig. Grundlage war ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 28. September/17. Oktober 2005, der unter anderem folgende Regelungen enthält:
3. Vertragsgrundlagen
Für Ihre Fachausbildung finden die für uns geltenden Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und – soweit durch diesen Vertrag nichts anderes vereinbart – unsere internen Richtlinien in den jeweils gültigen Fassungen Anwendung.
4. Einkommen
Als Vergütung erhalten Sie
erfolgsabhängige Bezüge,
ein monatliches Festgehalt, das ausgehend vom Mindesteinkommen der Agenturleitung im 1. und 2. Beschäftigungsjahr (z.Zt. 1.580 Euro brutto) wie folgt berechnet wird:
im 1. bis einschl. 3. Monat = 12/12 des Mindesteinkommens im 4. bis einschl. 6. Monat = 10/12 des Mindesteinkommens im 7. bis einschl. 9 Monat = 9/12 des Mindesteinkommens ab 10. Monat = 6/12 des Mindesteinkommens,
ein monatliches Mindesteinkommen in Höhe des Mindesteinkommens der Agenturleiter im 1. und 2. Beschäftigungsjahr (z.Zt. 1.580 Euro brutto).
Mit dem Festgehalt ist die Sozialzulage (Zulage für Haushalt und Kinder) abgegolten.
Bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit bis zu einer Dauer von 6 Wochen, Erholungsurlaub, bezahltem Bildungsurlaub, ganztägigen Schulungen, die im Ausbildungsplan erfasst sind, und genehmigtem Sonderurlaub, gesetzlichen und tariflichen Feiertagen werden das Festgehalt und die Superprovision für die Produktion der Ihnen zugeordneten nebenberuflichen Mitarbeiter fortgezahlt.
Zusätzlich wird ab dem 7. Monat der Tätigkeit als Vertriebsassistent eine mit dem Mindesteinkommen verrechenbare Verdienstausfallentschädigung gezahlt. Hierbei wird in den ersten 6 Wochen der Erkrankung für ganztägige Schulungstage eine Verdienstausfallentschädigung von pauschal täglich 41 Euro brutto gezahlt. Für weitere Ausfallzeiten ist die Verdienstausfallentschädigung mit dem Festgehalt abgegolten.

8. Provisionsregelungen
Die Provision ist nicht schon mit der Gutschrift, sondern erst nach den geleisteten Beitragszahlungen gemäß den jeweils geltenden betrieblichen Bestimmungen verdient. Nicht verdiente Provisionen sind von Ihnen zurückzuzahlen. Dies kann dazu führen, dass Ihr Konto auch nach Ihrem Ausscheiden – insbesondere bei vermögenswirksamen Versicherungen bis zu 5 Jahren danach – mit Rückprovisionen belastet wird.
Die Verrechnung des monatlichen Mindesteinkommens mit den erfolgsabhängigen Bezügen, dem Festgehalt und der VAE erfolgt monatlich.
Verdienste über dem monatlichen Mindesteinkommen werden ausgezahlt, Unterverdienste (Differenz zwischen dem monatlichen Mindesteinkommen einerseits und den gutgeschriebenen erfolgsabhängigen Bezügen zuzüglich VAE und Festgehalt, abzüglich Rückprovisionen andererseits) werden auf den nächsten Kalendermonat übertragen. Es erfolgt eine Abrechnung entsprechend den Regelungen des Tarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe in der jeweils gültigen Fassung.
Sofern beim Ausscheiden Lastschriften aus Rückforderungen von Vergütungen vorhanden sind und/oder danach anfallen, sind diese von Ihnen zurückzuzahlen. Ein Guthaben wird Ihnen erstmalig nach Ablauf von 6 Monaten nach dem Ausscheiden ausgezahlt. Hierbei werden Gut- und Lastschriften, die in der Zwischenzeit angefallen sind, und zu erwartende Rückprovisionen berücksichtigt.
Für den Fall des Ausscheidens aus unseren Diensten erklären Sie sich schon jetzt damit einverstanden, dass Sie keinen Anspruch auf Übersendung von Stornogefahrmitteilungen haben. Die Nacharbeit der von Ihnen mittelbar und/oder unmittelbar vermittelten stornogefährdeten Verträge wird dann ausschließlich von uns oder den anderen Vertragspartnern des Kunden vorgenommen. Die Nacharbeit ist ordnungsgemäß, wenn die Kunden die die Beitragszahlung zunächst aufgenommen, dann aber eingestellt haben, schriftlich zur Zahlung aufgefordert werden; bei Nichteinlösung gilt entsprechendes.
Wir oder die anderen Vertragspartner des Kunden sind nicht verpflichtet, eine persönliche Nacharbeit vornehmen zu lassen.
Für Anträge, die zu Lasten des Bestandes vermittelt werden, wird bis zur Höhe des Bestandsabgangs keine Provision gezahlt. …
Der Beklagte erhielt ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen (vgl. Anlage Bf 8 bis Bf 23 zum Schriftsatz vom 20. April 2009, Bl. 449 ff. d. A. sowie die zusammenfassende Aufstellung der Anlage Bf 7 zum vorgenannten Schriftsatz, Bl. 448 d. A.) an Provisionen im Abrechnungszeitraum 1. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2005 einen Betrag von 2.646,45 Euro brutto über dem monatlichen Mindesteinkommen von 1.580,00 Euro brutto, im Abrechnungszeitraum 1. Januar 2006 bis 31. März 2006 einen Betrag von 593,38 Euro brutto sowie im Abrechnungszeitraum 1. April 2006 bis 30. November 2006 einen Betrag von 5.408,62 Euro brutto über dem ab 1. Januar 2006 monatlichen Mindesteinkommen von 1.610,00 Euro brutto ausgezahlt. Für die Berechnung der Provision einerseits, die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rückzahlungsansprüche andererseits legte die Klägerin die “Betriebsvereinbarung über die Vergütung der hauptberuflich angestellten Außendienstmitarbeiter in der Stammorganisation der V1 D1 L1 AG” in der von ihr vorgelegten Druckfassung vom 1. Januar 2004 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 29 ff. d. A.; im Folgenden: BV Vergütung) zugrunde. Ausweislich dieser Anlage ist diese Betriebsvereinbarung geschlossen worden von der Klägerin sowie der V1 D1 S4 AG einerseits, vom Gesamtbetriebsrat der V1 D1 L1 AG und V1 D1 S4 AG andererseits.
Mit Schreiben vom 11. Januar 2007 (Anlage K 52 zur Klageschrift, Bl. 154 d. A.) verlangte die Klägerin die Erstattung des damals nach ihrer Berechnung unverdient gebliebenen Provisionsbetrag von 1.639,31 Euro vom Beklagten. Mit ihrer am 9. Januar 2008 beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen eingegangenen Klage (1 Ca 52/08) begehrte die Klägerin neben der Rückzahlung von Ausbildungskosten in Höhe von rund 11.100,00 Euro auch die Rückzahlung von Provisionen in Höhe von rund 4.500,00 Euro. Den zuletzt genannten Teil der Klage nahm sie mit Schriftsatz vom 15. Februar 2008 zurück, im Übrigen wurde die Klage durch rechtskräftiges Versäumnisurteil vom 19. Februar 2008 abgewiesen.
Mit der am 24. April 2008 eingegangenen Klageschrift hat sie nunmehr die Rückzahlung eines Betrags von 4.833,78 Euro mit der Begründung verlangt. Zum einen stehe ihr ein Anspruch auf Rückzahlung vorschussweise geleisteter Provision in Höhe von 4.726,03 Euro zu. In insgesamt 17 Fällen seien die Provisionen mangels Zahlung der kompletten Prämie nicht vollständig ins Verdienen gebracht worden. Teilweise habe der Beklagte während des noch laufenden Arbeitsverhältnisses Stornogefahrmitteilungen erhalten, ohne daraufhin selbst die Nachbearbeitung vorzunehmen. In allen Fällen sei eine schriftliche sowie bis auf zwei Fälle zumindest eine telefonische, teilweise persönliche Nachbearbeitung durch den Mitarbeiter W2 erfolgt. Zum anderen habe der Beklagte für den Monat Oktober 2006 für einen Arbeitstag 91,59 Euro netto Entgeltfortzahlung mehr erhalten, als ihm aufgrund einer erst nachträglich mitgeteilten Vorerkrankung zugestanden habe. Außerdem sei im Monat November 2006 zu Unrecht ein Betrag von 40,00 Euro als vermögenswirksame Leistung gezahlt worden. Abzüglich einer Erstattung an den Beklagten in Höhe von 23,84 Euro ergebe sich eine Rückforderung von 107,75 Euro.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.833,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gültigen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 1.639,91 Euro seit dem 9. Februar 2007 sowie auf einen weiteren Betrag in Höhe von 3.193,87 Euro seit 3. Mai 2008 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin ausreichende Nachbearbeitungen vorgenommen habe. Soweit er Stornogefahrmitteilungen erhalten habe, habe die Klägerin es versäumt, ihn zur Nachbearbeitung im Rahmen ihres Direktionsrechts anzuweisen. Darüber hinaus hat der Beklagte die BV Vergütung für unwirksam gehalten. Er hat bestritten, dass das von der Klägerin vorgelegte Schriftstück tatsächlich in dieser Form zwischen den Mitbestimmungsorganen der Klägerin und ihr vereinbart worden sei und dass diese Vereinbarung wirksam getroffen, insbesondere das Schriftformerfordernis eingehalten worden sei. Unabhängig davon scheitere eine Wirksamkeit der BV Vergütung daran, dass auf Seiten der Mitbestimmungsorgane ein unternehmensübergreifender Gesamtbetriebsrat tätig geworden sei. Dies sei jedoch nicht zulässig. Die BV Vergütung enthalte außerdem an keiner Stelle Regelungen zum Verhältnis von Mindesteinkommen und Provisionsrückzahlung. Deswegen seien die Vereinbarungen hierzu im Arbeitsvertrag schon nach der “Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung” aufgrund der fehlenden Mitbestimmung des Betriebsrats unwirksam. Außerdem verstießen sie gegen § 305 c, § 307 BGB. Die Zusage eines monatlichen Mindesteinkommens habe zur Folge, dass Provisionen, die im jeweiligen Auszahlungsmonat das Garantieeinkommen nicht erreichten, auch bei einer Stornierung der Verträge nicht zurückzuzahlen seien. Eine Jahresbetrachtung stünde im Widerspruch zu den von der Klägerin verwandten Vertragsbedingungen. Sie ergebe sich nicht mit der notwendiger Klarheit aus dem Vertragstext und verstoße gegen den Kernbestand gesetzlicher Bestimmungen, wonach dem Beklagten ein Mindestbetrag als Vergütung für jeden Monat zur Sicherung eines Lebensunterhalts zustehe. Außerdem stellten die Regelungen eine unzulässige Kündigungserschwerung dar. Die Unwirksamkeit der Regelungen über das Mindesteinkommen führen nach Meinung des Beklagten zu einem Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung insgesamt. Die gesetzliche Regelung über die Provisionsrückerstattung nach § 87a Abs. 2 Hs. 2 HGB sei durch die vertraglichen Bestimmungen abbedungen worden. Würde sie wieder aufleben, wäre das zugesagte Mindesteinkommen entgegen dem Schutzzweck des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht zu beachten. Der Beklagte hat sich weiter auf Verjährung und Verfall nach § 24 des Manteltarifvertrags für Arbeitnehmer des privaten Versicherungsgewerbes (im Folgenden: MTV) berufen. Zudem sei der Klageanspruch verwirkt, nachdem die Klägerin ihre ursprünglich unter dem Aktenzeichen 1 Ca 52/08 vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen erhobene Klage ohne Vorbehalt zurückgenommen habe. Die Klägerin könne vom Beklagten schließlich keine Gehaltsrückzahlung verlangen. Sie habe einen Bereicherungsanspruch gegen die Krankenkasse. Der Beklagte habe für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Krankengeld, da er tatsächlich Arbeitsentgelt erhalten habe.
Durch die hier angefochtene Entscheidung hat das Arbeitsgericht der Klage lediglich hinsichtlich eines Betrags von 40,00 Euro für begründet erachtet und den Beklagten verurteilt, die für den Monat November 2006 als vermögenswirksame Leistung erhaltene Summe der Klägerin zu erstatten. Im Übrigen hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass der Beklagte über das ihm zugesagte monatliche Mindesteinkommen hinaus Provisionszahlungen in einem Umfang erhalten habe, wie sie nunmehr von der Klägerin als Rückerstattung verlangt werde. Des Weiteren habe sie weder das Vorliegen einer Fortsetzungserkrankung noch die Berechnung ihres Rückforderungsanspruchs hinsichtlich der Überzahlung mit Entgeltfortzahlung dargelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Begründung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das Urteil wurde der Klägerin am 6. Oktober 2008 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 6. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 17. Dezember 2008 am selben Tag begründete Berufung.
Die Klägerin rügt eine unzulässige Überraschungsentscheidung des Arbeitsgerichts, da Hinweise auf angeblich fehlende substantiierte Darlegungen eines Überverdienstes bzw. des Rückerstattungsanspruchs hinsichtlich der Entgeltfortzahlung erforderlich, aber nicht erteilt worden seien. Ein solcher liege aber unter Berücksichtigung sowohl der arbeitsvertraglichen als auch tariflichen Regelungen vor.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 10.09.2008 zu dem Geschäftszeichen: 4 Ca 778/08 wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 4.793,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 1.639,91 Euro seit dem 9.Februar 2007 sowie auf weitere 3.153,87 seit dem 3. Mai 2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die getroffene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend. Im Übrigen bestreitet er, dass vereinbart worden sei, Verdienstausfallentschädigungen für Krankheit und Lehrgänge auf Provisionsvorschüsse aufzuschlagen. Beiträge zu Direktversicherungen und zu vermögenswirksamen Leistungen seien bei der Berechnung des Überverdienstes nicht zu berücksichtigen, derartiges sei ebenfalls nicht vereinbart. Im Übrigen habe die Klägerin Entgeltfortzahlung trotz sofortiger Anzeige der Arbeitsunfähigkeit durch den Beklagten geleistet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommene Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 13. Juni 2008 und 10. September 2008 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 15. September 2009 Bezug genommen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 Buchstabe b ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie fristgerecht und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1, § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 519, § 520 ZPO).
II.
Die Berufung ist teilweise begründet, weil der Beklagte verpflichtet ist, 213,99 Euro an vorschussweiser gewährter und nicht verdienter Provision zurückzuzahlen. Im Übrigen ist sie unbegründet, weil ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin sowohl bezüglich der übrigen gewährten Provisionsvorschüsse als auch der geleisteten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht besteht.
1. Der Beklagte ist verpflichtet, den erhaltenen Provisionsvorschuss für den von ihm vermittelten Vertrag Nr. 133.278.491-2 (Versicherungsnehmer D3 B2) an die Klägerin in dem von ihr geltend gemachten Umfang zurückzuerstatten.
a) In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist anerkannt, dass derjenige, der Geld als Vorschuss nimmt, sich auch verpflichtet, den Vorschuss dem Vorschussgeber wieder zurückzuzahlen, wenn und soweit die bevorschusste Forderung nicht entsteht (vgl. BAG, 10. März 1960, 5 AZR 426/58, AP BGB zu § 138 Nr. 2; 15. März 2000, 10 AZR 101/99, NZA 2000, 1004; LAG Hamm, 3. März 2009, 14 Sa 361/08, juris Rn. 57 m.w.N.). Eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung besteht – auch beim Provisionsvorschuss – selbst ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung schon allein aufgrund der Vorschussgewährung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, 3 AZR 453/66, AP HGB § 92 Nr. 3).
Die Parteien haben im vorliegenden Fall in Nr. 8 Abs. 1 S. 1 und 2 Arbeitsvertrag ausdrücklich eine Vorschussregelung vereinbart, in dem dort bestimmt wird, dass Provisionen nicht schon mit der Gutschrift, sondern erst mit Leistung der Beiträge verdient sind und der Beklagte nicht verdiente Provisionen zurückzuzahlen hat. Dies gilt gemäß Nr. 8 Abs. 4 S. 1 Arbeitsvertrag auch nach dem Ausscheiden des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Vereinbarung einer Rückzahlungspflicht für erhaltene Vorschüsse durch – wie hier – Allgemeine Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag unterliegt dabei keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, § 308, § 309 BGB, weil es sich gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB um eine lediglich deklaratorische, von Rechtsvorschriften nicht abweichende Bestimmung handelt (vgl. LAG Hamm, 3. März 2009, a.a.O., Rn 55 ff). Sie gibt nur eine teilweise z. B. in § 87a Abs. 2 HGB gesetzlich geregelte, im übrigen in der Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche Vereinbarung anerkannte vertragliche Verpflichtung im Falle der Vorschussgewährung wieder. Unwirksamkeitsgründe nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB in Verbindung mit einem Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sind, was die Rückzahlungsvereinbarung als solche betrifft, ebenso wenig ersichtlich wie ein Verstoß gegen das Verbot überraschender oder mehrdeutiger Klauseln gemäß § 305 c Abs. 1, Abs. 2 BGB.
b) Ein den Vorschuss deckender Provisionsanspruch für den vom Beklagten vermittelten Vertrag Nr. 133.278.491-2 (Versicherungsnehmer D3 B2) ist nicht entstanden.
aa) Gemäß § 65, § 92 Abs. 4 HGB hat der angestellte Versicherungsvertreter abweichend von § 87a Abs. 1 HGB erst dann Anspruch auf Provision, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Versicherungsvertretervertrag berechnet. Bei dem von dem Beklagten vermittelten Vertrag handelt es sich um einen Lebensversicherungsvertrag mit laufenden monatlichen Prämienzahlungen. Hier entsteht der Provisionsanspruch mangels gegenteiliger Abreden mit der Zahlung der ersten vollen Jahresprämie. Die Leistung von Teilbeträgen genügt nicht (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Auflage, 2008, § 92 Rn. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Stroon/Löwisch, Handelsgesetzbuch, 2. Auflage, 2008, § 92 Rn. 14). Der Versicherungsnehmer D3 B2 hat für den Vertrag Nr. 1-33.278.491-2 auf die Jahresprämie lediglich vier Monatsbeiträge gezahlt. Ein Provisionsanspruch des Beklagten ist durch diese Teilzahlung des Versicherungsnehmers nicht entstanden.
bb) Der Provisionsanspruch besteht nicht gemäß § 87a Abs. 3 S. 1 HGB, weil die Klägerin den Vertrag nicht ausgeführt hat. Sie hat die Nichtausführung nicht zu vertreten, dies lässt einen Provisionsanspruch des Beklagten gemäß § 87a Abs. 3 S. 2 HGB endgültig entfallen.
(1) Nach der Vorschrift des § 87a Abs. 3 HGB, die auch für den Versicherungsvertreter gilt, besteht Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist; der Anspruch auf Provision entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, welche der Unternehmer nicht zu vertreten hat. § 87a Abs. 2 HGB findet keine Anwendung, weil dieser nur den Fall regelt, dass der vorleistungspflichtige Unternehmer seinerseits bereits geleistet, d. h. das Geschäft ausgeführt hat. Dies ist nicht der Fall, wenn schon vorher der Versicherungsnehmer die Leistung ablehnt, die Zahlung der Prämie verweigert oder sich sonst vom Vertrag lossagt. Die bloße Zahlungsverweigerung begründet allein nicht die Feststellung, dass der Dritte im Sinne des § 87a Abs. 2 HGB nicht leistet; vielmehr sind diese Fälle ausschließlich nach § 87a Abs. 3 HGB zu lösen (vgl. BGH, 19. November 1982, I ZR 125/80, DB 1983, 2135; 21. März 2001, XII ZR 149/99, NJW 2001, 2333; 25.Mai 2005, XII ZR 279/04, NJW-RR 2005, 1194).
§ 87a Abs. 3 HGB gilt auch dann, wenn dem Vertreter nach dem Vertrag ein Vorschuss zu zahlen ist, bevor die maßgebliche Prämie voll entrichtet worden ist. Der Provisionsanspruch entfällt und der Vorschuss ist zurückzuzahlen, wenn der Unternehmer die Nichtzahlung der Prämie nicht zu vertreten hat. Der Anspruch ergibt sich aus dem Vertrag (s. o. II 1. a) der Gründe sowie Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a Rn. 19; Ebenroth/Boujong/Joost/Stroon/Löwisch, a.a.O., § 87a Rn. 44, § 92 Rn. 28; S5/V2, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Auflage, 2009, § 75 Rn. 39), im vorliegenden Fall aufgrund der – nicht zwingend erforderlichen – ausdrücklichen Regelung in Nr. 8 Abs. 1 und 4 Arbeitsvertrag.
(2) Ein Versicherungsunternehmen hat allgemein die Nichtausführung des Vertrags gemäß § 87a Abs. 3 S. 2 HGB nur dann nicht zu vertreten, wenn es seiner Pflicht zur Nachbearbeitung bei Verzug oder Vertragsunwilligkeit des Versicherungsnehmers ordnungsgemäß nachkommt (vgl. BGH, 19. November 1982, a.a.O.; 25. Mai 2005, a.a.O.). Im Übrigen ergibt sich die Nachbearbeitungspflicht im Arbeitsverhältnis schon aus der – nunmehr in § 241 Abs.2 BGB geregelten – Nebenpflicht des Arbeitgebers, auf die Belange des Arbeitnehmers angemessen Rücksicht zu nehmen (vgl. BAG, 10. März 1960, a.a.O.; 25. Oktober 1967, a.a.O.).
(a) Art und Umfang der Nachbearbeitung richten sich nach Zumutbarkeitgesichtspunkten, die wiederum nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen sind. Der Versicherungsunternehmer ist danach grundsätzlich verpflichtet, zur Sicherung des Provisionsanspruchs seines Vertreters gegenüber einem säumigen Versicherungsnehmer in zumutbarer Weise aktiv tätig zu werden und ihn zur Erfüllung seiner Vertragspflicht ernstlich und nachdrücklich anzuhalten (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.). Tritt die Stornogefahr noch während des bestehenden (Arbeits)Vertrags ein, soll der Versicherer während des Vertragsverhältnisses gehalten sein, seinem Vertreter rechtzeitig Stornogefahrmitteilungen zuzuleiten, damit dieser aufgrund seiner Kontakte zu dem Versicherungsnehmer alle Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung des Vertrags, ggfs. in veränderter Form einsetzen kann (vgl. LAG Baden-Württemberg, 28. September 2000, 21 Sa 23/00, juris; LAG Hamm, 15. Mai 1998, 10 Sa 1465/97, NZA-RR 1999, 405; 17. September 1980, 15 Sa 771/80, VersR 1981, 1054; LAG München, 27. September 1990, 6 Sa 562/88, VersR 1992, 183). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage bislang offen gelassen (vgl. BGH, 19. November 1982, a.a.O.; 25. Mai 2005, a.a.O.), das Bundesarbeitsgericht noch nicht entschieden.
(b) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dem Beklagten bereits mit der Abrechnung für den Zeitraum 16. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2005 (Anlagenkonvolut K 15 zur Klageschrift, Bl. 102 d. A.) über die Gefährdung des Vertrags aufgrund der Nichtzahlung der vereinbarten monatlichen Prämie ab 1. Dezember 2005 unterrichtet und dies in der Folgezeit mit weiteren Abrechnungen wiederholt (für die Zeit vom 16. Januar 2006 bis 31. Januar 2006, Bl. 103 f. d. A., sowie vom 16. April 2006 bis 30. April 2006, Bl. 105 f. d. A.). Aufgrund des bestehenden Arbeitsvertrags war der Beklagte verpflichtet, die Nachbearbeitung nach Zugang der Stornogefahrmitteilung aufzunehmen. Weder bedurfte es hierzu einer besonderen Aufforderung in Ausübung des Direktionsrechts, noch weiterer Informationen über die Gründe der Vertragsgefährdung durch das Versicherungsunternehmen (so aber für nicht angestellte Versicherungsvertreter: BGH, 19. November 1982, a.a.O.). Insbesondere handelte es sich nicht nur um eine bloße Provisionsabrechnung, welche allein als Stornogefahrmitteilung nicht ausreicht (vgl. LAG Hamm, 15. Mai 1998, a.a.O.). Vielmehr ist am Ende von jedem Abrechnungsschreibens abgesetzt von der Provisionsabrechnung unter der Überschrift “ACHTUNG: V1-Abschlussprovision in Gefahr” jeweils der konkrete Vertrag mit Nummer, Name des Versicherungsnehmers, Datum des Rückstands und Höhe des rückständigen Betrages genannt. Weitere Gründe für die Vertragsgefährdung und Möglichkeiten einer Rettung des Vertrags zu klären war und ist Aufgabe des als Arbeitnehmer beim Versicherer beschäftigten Außendienstmitarbeiters, die er für seinen Arbeitgeber wahrzunehmen hat. Er hat aufgrund seines persönlichen Kontakts zu dem Versicherungsnehmer die besten Möglichkeiten, die Gründe für die eingetretene Vertragsstörung herauszufinden und die Voraussetzungen für eine unveränderte oder geänderte Fortsetzung des Versicherungsvertrags zu schaffen. Dies ist Gegenstand seiner Arbeitspflicht. Dazu bedarf es weder einer besonderen Aufforderung noch einer weiteren Information über die Stornogefahr bzgl. eines konkreten Vertrags hinaus. Sobald eine Stornogefahrmitteilung aufgrund eines Rückstands mit Prämienzahlungen dem angestellten Versicherungsvertreter zugeht, hat er unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, die Nachbearbeitung von sich aus aufzunehmen.
Etwas anderes folgt nicht daraus, dass der Kläger als Vertriebsassistent zur Fachausbildung zum Versicherungsfachmann beschäftigt war. Ebenso wenig kommt es auf die vom Beklagten bestrittene freie Zugänglichkeit der von der Klägerin verwendeten Nachbearbeitungsformulare an. Es war Sache des Beklagten, sich im Rahmen der Fachausbildung um die Nachbearbeitung zu kümmern. Soweit er dazu Informationen seitens der Klägerin benötigte, hatte er diese einzuholen. Der Beklagte ist stattdessen trotz mehrfacher Hinweise auf die Gefährdung des Vertrags offensichtlich untätig geblieben und hat damit gerade das nicht getan, wozu er arbeitsvertraglich auch im Rahmen einer Fachausbildung verpflichtet war. Dies hat zur Nichtzahlung der Prämie für den Versicherungsvertrag und damit zur Nichtausführung des Vertrags geführt. Die Untätigkeit des Beklagten hat die Klägerin jedoch nicht zu vertreten.
c) Der Beklagte hat einen Provisionsvorschuss von 240,89 Euro erhalten. Hiervon hat die Klägerin einen Teilbetrag von 213,99 Euro geltend gemacht. In dieser Höhe ist ihr Rückzahlungsanspruch begründet.
d) Die gegen diesen Rückzahlungsanspruch der Klägerin gerichteten Einwendungen des Beklagten sind unerheblich.
aa) Für die rechtlichen Bestand des Rückzahlungsanspruchs als solchen kommt es auf die Wirksamkeit der BV Vergütung trotz eines etwaigen Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG bei Provisionen (vgl. dazu näher Fitting, Betriebsverfassungsgesetz, 24. Auflage, 2008, § 87 Rn. 426, 533) nicht an.
(1) Eine Unwirksamkeit der BV Vergütung wegen eines fehlenden wirksamen Abschlusses kommt zwar vorliegend in Betracht. Die Klägerin hat trotz des ausdrücklichen Bestreitens des Beklagten den schriftlichen Abschluss dieser Betriebsvereinbarung nicht durch Vorlage des Originals nachgewiesen. Darüber hinaus kann ein Gesamtbetriebsrat unternehmensübergreifend nicht errichtet werden und daher für zwei selbstständige Unternehmen nicht handeln (vgl. BAG, 13. Februar 2007, 1 AZR 184/06, AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 17). Auch unter diesem Gesichtspunkt kommt eine Unwirksamkeit der BV Vergütung in Betracht. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht für den Gesamtbetriebsrat der Klägerin und der V1 S4 AG entgegen der Ansicht des Beklagten diese Frage bislang offen gelassen (vgl. BAG, 6. November 2007, 1 AZR 843/06, juris Rn. 44).
(2) Einer abschließenden Entscheidung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Eine Unwirksamkeit der BV Vergütung führt nicht zum Wegfall des der Klägerin zustehenden Rückzahlungsanspruchs aufgrund der Vorschussvereinbarung. Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist nicht erforderlich, um eine wirksame Rückzahlungsverpflichtung zu begründen. Diese besteht allein aufgrund der Vorschussgewährung auch ohne entsprechende ausdrückliche Vereinbarung (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.).
(a) Etwas anderes folgt nicht aus der “Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung”, wonach die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Unwirksamkeit solcher Maßnahmen und Rechtsgeschäfte führt, die den Arbeitnehmer belasten. Diese Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung ist entwickelt worden, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Die Rechtsunwirksamkeit von arbeitsvertraglichen Maßnahmen und Abreden soll zugleich eine Sanktion dafür sein, dass der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht verletzt hat. Derjenige, der sich betriebsverfassungswidrig verhält, soll sich Dritten – hier dem Arbeitnehmer – gegenüber nicht auf diese Verletzung berufen können. (vgl. BAG, GS, 3. Dezember 1991, GS 1/90, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 52; 3. Dezember 1991, GS 2/90, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 51; BAG, 28. September 1994, 1 AZR 870/93, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 68; 2. März 2004, 1 AZR 271/03, AP TVG § 3 Nr. 31). Maßnahmen zum Nachteil der Arbeitnehmer sind solche, die bereits für sie bestehende Rechtspositionen schmälern. Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats führt nicht dazu, dass sich individualrechtliche Ansprüche der betroffenen Arbeitnehmer ergeben, die zuvor noch nicht bestanden haben. Auch bei Nichtbeachtung der Mitbestimmung durch den Arbeitgeber erhält der Arbeitnehmer keinen Erfüllungsanspruch auf Leistungen, die die bestehende Vertragsgrundlage übersteigen (vgl. BAG, 20. August 1991, 1 AZR 326/90, AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 50; 28. September 1994, a.a.O.; 2. März 2004, a.a.O.).
(b) Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Verschlechterung der Rechtstellung des Beklagten, weil mit der Vorschussgewährung notwendigerweise die vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung im Falle des Wegfalls oder der Nichtentstehung des mit dem Vorschuss bedienten Anspruchs verbunden ist. Wegen der Regelung des § 87a Abs. 5 HGB kann eine Betriebsvereinbarung die Voraussetzungen für eine aus einem Vorschuss folgende Rückzahlungsverpflichtung des in einem Arbeitsverhältnis stehenden Versicherungsvertreters im Hinblick auf § 87a Abs. 3 S. 2 HGB nur günstiger regeln oder ganz ausschließen. Fehlt es an einer solchen betrieblichen Regelung, und sei es mangels ihres formwirksamen Abschlusses, verbleibt es bei den allgemeinen Voraussetzungen, die für die Rückzahlung von gewährten Vorschüssen auf Provisionen sowie die Entstehung eines Provisionsanspruchs und seinen Bestand im Allgemeinen existieren. Insbesondere wird ein ansonsten nicht bestehender Anspruch auf Ausschluss der Rückzahlung eines Vorschusses begründet.
bb) Die im Vertrag enthaltenen Regelungen über den Bezug eines Mindesteinkommens und dessen Verrechnung mit Rückzahlungsansprüchen der Klägerin wegen nicht verdienter Provisionsvorschüsse führen nicht zu einem Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung wegen Verstoßes gegen AGB-Recht.
(1) Nach den vertraglichen Regelungen hat die Klägerin dem Beklagten ein monatliches Mindesteinkommen in Höhe der Vergütung für einen Agenturleiter gemäß Nr. 4 Arbeitsvertrag zugesagt. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es im Zweifel ausgeschlossen, das Minderverdienste in einem Monat mit Verdienstspitzen in einem anderen Monat verrechnet werden, wenn einem Provisionsberechtigten ein bestimmter monatlicher Mindestverdienst garantiert wird. Da Handelsvertreter und Handlungsgehilfen Anspruch auf eine monatliche Abrechnung und Provisionszahlung haben (§ 87a Abs. 4, § 87c Abs. 1 S. 1, 65 HGB), bedarf es einer ausdrücklichen Vereinbarung, wenn Garantieprovisionen eines Monats mit den höheren Verdiensten eines anderen Monats verrechnet werden sollen (vgl. BAG, 22. September 1975, 3 AZR 114/75, AP HGB § 65 Nr. 8; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 65 Rn. 3; Ebenroth/Boujong/Joost/Stroon/Boecken, a.a.O., § 65 Rn. 10).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze haben die Parteien im vorliegenden Fall eine ausdrückliche Regelung über die Verrechnung von Provisionsvorschüssen mit Provisionen über dem monatlichen Mindesteinkommen vereinbart. Die Verrechnung des nach Nr. 4 Arbeitsvertrag geschuldeten monatlichen Mindesteinkommens mit den erfolgsabhängigen Bezügen, dem Festgehalt und der Verdienstausfallentschädigung ist in Nr. 8 Abs. 2 und 3 Arbeitsvertrag, für die Verdienstausfallentschädigung auch in Nr. 4 Abs. 4 Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt. Die Verrechnung erfolgt monatlich. Verdienste über dem Mindesteinkommen sind auszuzahlen, während Unterverdienste auf den Folgemonat übertragen werden. Daraus ergibt sich, dass ein solcher Unterverdienst im nächsten oder – bei seiner Fortschreibung – in den Folgemonaten durch entsprechende Provisionen ins Verdienen gebracht werden muss. Die Abrechnung erfolgt im Übrigen gemäß Nr. 8 Abs. 3 S. 2 Arbeitsvertrag entsprechend den Regelungen des Tarifvertrags für das private Versicherungsgewerbe. Nach § 19 Nr. 1 Abs. 2 MTV sind verdiente Provisionen auf das Mindesteinkommen anzurechnen, soweit nichts anderes vereinbart ist. § 19 Nr. 3 Abs. 1 MTV sieht eine jährliche Gesamtabrechnung vor. Bei neu eingestellten oder aus dem Innendienst in den Außendienst gewechselten Angestellten, die an der Ausbildung zum “Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)” teilnehmen, erfolgt die erste Gesamtabrechnung nach drei Monaten, die zweite nach weiteren drei Monaten. Bei Ausscheiden innerhalb des Abrechnungszeitraums hat der Angestellte Anspruch auf eine entsprechende anteilige Abrechnung. Ein etwa verbleibender Schuldsaldo wird abgeschrieben, soweit durch die Nichtabschreibung des Schuldsaldos die tatsächlichen Bezüge unter dem Mindesteinkommen des Abrechnungszeitraums liegen würden. Die von der Klägerin vorgenommene Abrechnung ist tariflich vorgesehen und durch die einzelvertragliche Bezugnahme in Nr. 3, Nr. 8 Abs. 3 S. 2 Arbeitsvertrag Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Dies reicht für eine Berechtigung zur Verrechnung der Minderverdienste eines Monats mit den Verdienstspitzen anderer Monate aus.
Dies gilt auch für die Zeit nach Ausscheiden des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis. Gemäß Nr. 8 Abs. 1 S. 3 Arbeitsvertrag ist ein Provisionskonto vereinbart, auf das auch nach Ausscheiden Rückprovisionen als Belastungen erfolgen können. Nr. 8 Abs. 4 Arbeitsvertrag regelt hierzu Einzelheiten zur Auszahlung von Guthaben nach dem Ausscheiden und zur Berücksichtigung von Rückprovisionen. In Verbindung mit den in Nr. 8 Abs. 1 S. 1 und 2, Abs. 4 S. 1 Arbeitsvertrag getroffenen Regelungen, dass Provisionen nicht schon mit der Gutschrift, sondern erst mit den vollständigen Prämienzahlungen verdient sind und nicht verdiente Provisionen auch nach Ausscheiden zurückzuzahlen sind, ergibt sich hieraus unter Berücksichtigung der tariflichen Abrechnungsregelung die Verrechnungsbefugnis von monatlichen Unterverdiensten mit monatlichen Überverdiensten bis zur Höhe des monatlichen Mindesteinkommens im letzten Abrechnungszeitraum auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus.
(2) Das Bundesarbeitsgericht hat es bislang offen gelassen, aber für nicht zweifelsfrei gehalten, ob ein Versicherungsunternehmen als Arbeitgeber mit einem Versicherungsangestellten im Außendienst im Wege des sogenannten Anrechnungsvertrags ohne Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB vereinbaren kann, dass endgültig verdiente Provisionen und aus diesem Anlass erhaltene Fahrtauslagen und Spesen mit Rückzahlungsansprüchen des Arbeitgebers aus ungedeckt gebliebenen Provisionsvorschüssen laufend verrechnet werden dürfen (vgl. BAG, 25. März 1976, 3 AZR 331/75, AP HGB § 65 Nr. 9). Es kann offen bleiben, ob dieser Rechtsprechung für den Fall einer einzelvertraglichen Vereinbarung gefolgt werden kann. Im vorliegenden Fall ergibt sich die Verrechnungsbefugnis aus der von den Parteien in Bezug genommenen, vorstehend im Einzelnen dargestellten tariflichen Regelung. Eine Verrechnung von Fahrtauslagen und Spesen ist dort nicht vorgesehen und seitens der Beklagten auch nicht erfolgt. Eine Sittenwidrigkeit dieser Regelung ist darüber hinaus nicht erkennbar, weil das tarifliche Mindesteinkommen nach § 3 des Gehaltstarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe (im Folgenden: GTV), welches zu Beginn des Arbeitsverhältnisses der Höhe nach dem in Nr. 4 Arbeitsvertrag ausdrücklich genannten Betrag entsprach und zum 1. Januar 2006 der tariflichen Entwicklung entsprechend angepasst wurde, im Rahmen der Gesamtabrechnung garantiert bleibt.
(3) Entgegen der Auffassung des Beklagten verstößt die fortlaufende monatliche Verrechnung von Unterverdiensten sowie der Provisionsrückzahlungsansprüche im Wege der Gesamtabrechnung bis zur Grenze des monatlichen Mindesteinkommens nicht gegen gesetzliche Bestimmungen zum AGB-Recht.
(a) Bei den Regelungen zum Mindesteinkommen pp. in Nr. 4 und 8 Arbeitsvertrag handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Das ist zwischen den Parteien unstreitig.
(b) Ein Verstoß der Regelungen gegen die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB liegt nicht vor.
(aa) Nach § 305c Abs. 2 BGB gehen Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Diese Regelung gibt einen allgemeinen Rechtsgrundsatz wieder, der schon vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes auch im Arbeitsrecht Geltung besaß (vgl. BAG, 18. August 1998, 1 AZR 589/97, NZA 1999, 659). Die Unklarheitenregel beruht auf dem Gedanken, dass es Sache des Verwenders ist, sich klar und unmissverständlich auszudrücken Sie greift bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ein, wenn nach Ausschöpfung der anerkannten Auslegungsmethoden mindestens zwei Ergebnisse vertretbar sind, nicht behebbare Zweifel an der richtigen Auslegung bestehen bleiben und keine der Auslegungen den klaren Vorzug verdient. Die Zweifel gehen zu Lasten des Verwenders (vgl. BAG, 9.November 2005, 5 AZR 128/05, AP BGB § 305c Nr. 4; 17. Januar 2006, 9 AZR 41/05, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 40; 10. Dezember 2008, 10 AZR 1/08, AP BGB § 307 Nr. 40).
(bb) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen der Auslegung von Normen vorzunehmen. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen, nicht die des konkreten Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen sind (vgl. BAG, 31. August 2005, 5 AZR 545/04, AP ArbZG § 6 Nr. 1; 4. Juni 2008, 4 AZR 308/07, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 64; 10. Dezember 2008, a.a.O.). Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a.a.O.).
Nach dem Wortlaut von Nr. 4 und 8 Arbeitsvertrag ist zwischen den Parteien u. a. ein monatliches Mindesteinkommen vereinbart worden. Dieses monatliche Mindesteinkommen ist mit den erfolgsabhängigen Bezügen, dem Festgehalt und der Verdienstausfallentschädigung monatlich zu verrechnen. Die Abrechnung hat entsprechend den tariflichen Regelungen des § 19 Nr. 3 MTV zu erfolgen, wodurch – wie ausgeführt – die Verrechnung von Unter- und Überverdiensten verschiedener Monate sowie die in der Regel jährliche Gesamtabrechnung Bestandteil der Vereinbarung ist, und zwar auch über das Ausscheiden des Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis hinaus (vgl. hierzu wegen der Einzelheiten II. 1. d) bb) (1) der Gründe). Ein solches Verständnis entspricht dem Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Vergütungsregelungen in Nr. 4 und 8 Arbeitsvertrag sowie dem Interesse eines angestellten Versicherungsvertreters an einer regelmäßigen Mindestvergütung einerseits, dem Interesse eines Versicherungsunternehmens an einer grundsätzlich erfolgsabhängigen Vergütung ihrer Außendienstmitarbeiter und der Sicherung der Rückzahlung von Provisionsvorschüssen anderseits.
Diese Auslegung der Nr. 4 und 8 Arbeitsvertrag führt zu einem eindeutigen Ergebnis, an dem keine erheblichen Zweifel bestehen. Für eine Anwendung der Unklarheitenregel ist kein Raum. Dies gilt auch für die Bezugnahmeregelung in Nr. 8 Abs. 3 S. 2 Arbeitsvertrag. Es handelt sich um eine auf den Regelungskomplex der Abrechnung beschränkte partielle Wiederholung der in Nr. 3 Arbeitsvertrag ohne Einschränkung vereinbarten Anwendbarkeit der für die Klägerin geltenden Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe in der jeweils geltenden Fassung. Lediglich für sog. interne Richtlinien ist dort vorgesehen, dass diese nur gelten, soweit nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart ist.
(cc) Die Einwendungen des Beklagten, mit denen er eine angebliche Unklarheit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Nr. 8 Arbeitsvertrag wegen Widersprüchlichkeit einer Jahresbetrachtung mit den von der Klägerin verwandten Vertragsbedingungen begründen will, befassen sich nicht mit der im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbarten Regelung. Vielmehr hat der Beklagte sowohl in der Klageerwiderung vom 6. August 2008 als auch in der Berufungserwiderung vom 29. Januar 2009 auf eine von ihm erst in den Prozess eingeführte Bestimmung abgestellt, die der vertraglichen Vereinbarung, welche Gegenstand der vom Beklagten vorgelegten Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamm vom 29 Januar 2008 (1 Ca 271/07, Bl.207 ff. d. A.) war, sowie der Regelung in Nr. 8b BV Vergütung (vgl. Bl. 74 d. A.) entsprach. Die im vorliegenden Fall sich aus der in Bezug genommenen tariflichen Abrechnungsregelung ergebende Jahresbetrachtung für die Feststellung des monatlichen Mindesteinkommens lässt sich dagegen im Wege der Auslegung widerspruchsfrei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entnehmen (vgl. II. 1. d) bb) (1) der Gründe).
(c) Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1, 2 BGB liegt in den Regelungen zum Mindesteinkommen und seiner Verrechnung mit Rückzahlungsansprüchen der Klägerin wegen nicht verdienter Provisionen nicht vor.
(aa) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind auch grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Eine unangemessene Benachteiligung ist gemäß § 307 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. BAG, 13. März 2007, 9 AZR 433/06, AP BGB § 307 Nr. 26; 6. September 2007, 2 AZR 722/06, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 62; 8. November 2007, 5 AZR 992/06, AP BGB § 307 Nr. 30).
Die Rückzahlungsregelungen verstoßen im Zusammenhang mit dem Mindesteinkommen nicht gegen einen Kernbestand gesetzlicher Bestimmungen im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB, wie der Beklagte meint. Er übersieht, dass durch die im Vertrag enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ihm für jeden Monat gerade ein Mindesteinkommen in jedem Fall verbleibt, selbst wenn Unterverdienste des einen Monats mit Überverdiensten eines anderen Monats verrechnet werden. Lediglich Verdienstspitzen in einzelnen Monaten verbleiben dem Beklagten nicht. Dies ist tariflich in § 19 Nr. 1 Abs. 2, Nr. 3 MTV so vorgesehen, was eine Unangemessenheit grundsätzlich ausschließt. Zudem wahrt eine solche Regelung das berechtigte Interesse des Versicherers, bei einer erfolgsabhängigen Vergütung bis zur Grenze des zugesagten Mindesteinkommens seinen Rückzahlungsanspruch bei nicht verdienten Provisionsvorschüssen durch eine einfache Abrechnung durchzusetzen. Eine unzulässige Kündigungserschwerung besteht nicht in der Verpflichtung des Beklagten, nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis weiterhin nicht verdiente Provisionsvorschüsse zurück zu zahlen. Diese folgt bereits aus der Vorschussvereinbarung an sich (vgl. II. 1. a) der Gründe). Schließlich wird dem Beklagten durch die Zusage eines Mindesteinkommens dieses dauerhaft über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus garantiert. Er wird nicht rein erfolgsabhängig vergütet, was grundsätzlich selbst bei einem Arbeitnehmer zulässig wäre (vgl. dazu näher BAG, 20. Juni 1989, 3 AZR 504/87, AP HGB § 87 Nr. 8; LAG Berlin, 3. November 1986, 9 Sa 65/86, AP HGB § 65 Nr. 14; Ebenroth/Boujong/Joost/Schon/Boecken, a.a.O., § 65 HGB Rn. 9, 11; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, § 65 HGB Rn. 3; Küttner/Griese, Personalbuch 2009, Provision Rn. 3). Zudem entspricht im vorliegenden Fall das vereinbarte Mindesteinkommen der tariflichen Mindestvergütung nach § 3 GTV. Dies schließt eine Unangemessenheit der Gesamtregelung aus.
(bb) Auch das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB ist nicht verletzt. Nach dieser Norm sind Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB (vgl. BAG, 14. März 2007, 5 AZR 630/06, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 45; 3. April 2007, 9 AZR 867/06, AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 46; 10. Dezember 2008, a.a.O.).
Die vom Beklagten gerügte Intransparenz einzelner Regelungen in Nr. 8 Arbeitsvertrag ist bei Anwendung dieser Grundsätze nicht feststellbar. Aus der Bestimmung ergibt sich unter Berücksichtigung der in Bezug genommenen tariflichen Regelung zur Abrechnung klar und eindeutig, dass
innerhalb von sechs Monaten zweimal quartalsweise und danach einmal jährlich eine Gesamtabrechnung unter Berücksichtigung von Unterverdiensten eines Monats in den Folgemonaten stattfindet, im Falle der vorzeitigen Beendigung eine anteilige Gesamtabrechnung bezogen auf den Zeitpunkt des Ausscheidens erfolgt, keine Rückrechnung der einzelnen Provisionsvorschusszahlungen auf den Monat vorgenommen wird, in dem dieser Vorschuss angefallen sind, Provisionsvorschüsse bis zur Höhe des in Nr. 4 Arbeitsvertrag zugesagten monatlichen Mindesteinkommens zu erstatten sind und dies auch nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gilt.
Im Übrigen gilt auch hier, dass der Beklagte sich nicht mit der zwischen den Parteien vereinbarten Regelung auseinandersetzt (s. o. II. 1. d) bb) (3) (b) (cc) der Gründe).
(d) Der Inhalt der tariflichen Regelung des § 19 Nr. 3 MTV unterliegt aufgrund der Globalverweisung in Nr. 3 Arbeitsvertrag auf die für die Klägerin einschlägigen Tarifverträge, die in Nr. 8 Abs. 3 S. 2 Arbeitsvertrag bezogen auf den Komplex Abrechnung nur wiederholt wird, weder einer Inhaltskontrolle noch einer Transparenzkontrolle (vgl. dazu allgemein BAG, 23. September 2004, 6 AZR 442/03, AP BMT-G II § 27 Nr. 1; 28. Juni 2007, AP BGB § 307 Nr. 27). Eine solche bloße Wiederholung der tariflichen Bezugnahme bei der Regelung eines konkreten Sachbereichs im Vertrag führt nicht zum Vorliegen einer kontrollfähigen Einzel- oder Teilverweisung (vgl. hierzu näher ErfK/Preis, a.a.O., §§ 305 – 310 BGB Rn. 16 ff.). Vielmehr hat sie lediglich eine klarstellende Funktion, in dem wie hier für die Abrechnung der Provisionsansprüche des Versicherungsvertreters nochmals darauf hingewiesen wird, dass die dazu bestehende tarifliche Regelung anzuwenden ist.
cc) Ein Wegfall der Rückzahlungsverpflichtung ergibt sich nicht aus einer möglichen Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG im Zusammenhang mit den Regelungen über den Bezug eines Mindesteinkommens und dessen Verrechnung mit Rückzahlungsansprüchen der Klägerin wegen nicht verdienter Provisionsvorschüsse.
(1) Zunächst ist die Ansicht des Beklagten sachlich unzutreffend, dass die BV Vergütung keine Regelung über die Verrechnung der vorschussweise gewährten Provision mit dem monatlichen Mindesteinkommen enthält. Diese ist unter Nr. 8 BV Vergütung (Seite 50 der Fassung vom 1. Januar 2004, Bl. 74 d. A.) enthalten.
(2) Im Übrigen gilt hier wie schon im Zusammenhang mit der Frage des rechtlichen Bestands einer Rückzahlungsverpflichtung bei Vorschussgewährung (vgl. II. 1. d) aa) der Gründe), dass eine fehlende anwendbare Regelung zum Verhältnis Mindesteinkommen und Rückzahlung von Provisionsvorschüssen durch eine Betriebsvereinbarung unerheblich ist. Dies folgt in diesem Zusammenhang schon aus der auf das Vertragsverhältnis der Parteien anwendbaren tariflichen Bestimmungen in § 19 Nr. 1 Abs. 2, Nr. 3 Abs. 1 MTV, welche diese Frage regeln. Die Möglichkeit einer Regelung durch Betriebsvereinbarung erscheint im Hinblick auf § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG dann ohnehin fraglich.
Die im Vertrag geregelte und von der Klägerin durchgeführte Abrechnungsweise ist jedenfalls tariflich vorgesehen. Hiervon kann nicht zu Lasten, sondern nur zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Existiert keine Regelung durch die Betriebsparteien, verbleibt es bei der Geltung der tariflichen Regelung. Dies gilt selbst dann, wenn eine getroffene Betriebsvereinbarung rechtsunwirksam sein sollte. Es sind keine Gründe unter dem Gesichtspunkt der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung dafür ersichtlich, der tariflichen Regelung die Anwendbarkeit zu verweigern, und zwar auch für den Fall, dass wie hier auf sie in einem Arbeitsvertrag Bezug genommen wird und nur aufgrund der einzelvertraglichen Inbezugnahme sie auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.
dd) Der Beklagte hat vor seinem Ausscheiden nach der zweiten Gesamtabrechnung zum 31. März 2006 in der Zeit ab 1. April 2006 Provisionsvorschüsse über dem Mindesteinkommen in Höhe von 5.408,62 Euro brutto erhalten. Der von ihm zu erstattende Vorschuss beträgt lediglich 213,99 Euro.
Soweit er in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei nicht vereinbart worden, dass Verdienstausfallentschädigungen für Krankheit und Lehrgänge auf Provisionsvorschüsse aufzuschlagen und Beiträge zur Direktversicherung und für vermögenswirksame Leistungen bei der Berechnung des Überverdienstes zu berücksichtigen seien, ist dies angesichts des Verhältnisses von Überverdienst und zu erstattendem Vorschuss schon tatsächlich ohne Relevanz. Darüber hinaus ist eine Verrechnung der Verdienstausfallentschädigung mit dem Mindesteinkommen in Nr. 4 Abs. 4 S. 1, Nr. 8 Abs. 2 Arbeitsvertrag vereinbart. Es handelt sich gerade nicht um einen “Aufschlag” auf den Provisionsvorschuss. Der Beklagte übersieht, dass durch diese Regelung er weniger Provision verdienen muss, um das Mindesteinkommen zu erreichen, weil an Tagen, an denen er der Akquise von Versicherungsverträgen nicht nachgehen und keine Provisionen erwirtschaften kann, ein Ausgleich erfolgt, der die Differenz zwischen Festgehalt und Mindesteinkommen anstelle der erfolgsabhängigen Vergütung auffüllt. Im Übrigen hat die Klägerin ausweislich der vorgelegten Abrechnungen (Anlage Bf 8 bis 23 zum Schriftsatz vom 20. April 2009, Bl. 449 ff. d. A.) die aus der Entgeltumwandlung in die Direktversicherung fließenden Beträge und die vermögenswirksamen Leistungen gerade nicht bei der Berechnung des Überverdienstes in der Weise berücksichtigt, dass diese zusätzlich zur Differenz zwischen Festgehalt und monatlichem Mindesteinkommen durch Provisionen ins Verdienen gebracht werden müssen.
ee) Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist weder verfallen noch verwirkt.
(1) Gemäß § 24 Abs. 2 MTV fallen Ansprüche des Arbeitgebers aus der Einkommensregelung mit Angestellten des Außendienstes, insbesondere aus einer Provisionsvereinbarung nicht unter die Verfallfrist des § 24 Abs. 1 MTV, wonach Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung schriftlich geltend zu machen sind. Vielmehr müssen diese nur dem Grunde nach schriftlich innerhalb einer Frist von zwölf Monaten geltend gemacht werden. Dies ist mit dem Schreiben der Klägerin vom 11. Januar 2007 geschehen.
(2) Eine Verwirkung gemäß § 242 BGB wegen der in dem Vorverfahren 1 Ca 52/08 erfolgten Klagerücknahme scheidet aus. Es fehlt schon offensichtlich an dem Zeitmoment. Ebenso wenig sind Umstände ersichtlich, aus denen der Beklagte entnehmen konnte, dass innerhalb der Verjährungsfrist die Klägerin die Rückzahlung nicht verdienter Provisionen nicht mehr geltend machen würde.
2. Weitergehende Erstattungsansprüche der Klägerin bestehen nicht.
a) Ein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) ist nicht schon deswegen begründet, weil die von der Klägerin für die Provisionsvergütung zugrunde gelegte BV Vergütung unter Umständen unwirksam ist, der Beklagte aber nach den dort vorgesehenen Provisionssätzen vergütet wurde. Es liegt keine Leistung ohne Rechtsgrund vor. Im Vertrag ist dem Grunde nach weiterhin eine Erfolgsvergütung zugesagt. Zwar wäre ein Anspruch auf die in der BV Vergütung niedergelegten Provisionssätze aus betrieblicher Übung nicht entstanden, weil die Beklagte durch die Anwendung der BV Vergütung lediglich Normvollzug betrieb. Auch würde die Umdeutung einer unwirksamen Betriebsvereinbarung in eine Gesamtzusage (vertragliche Einheitsregelung) im vorliegenden Fall ausscheiden, weil es über die Anwendung der BV Vergütung in Unkenntnis ihrer fehlenden Rechtswirksamkeit hinaus an besonderen Umständen fehlt, welche die Annahme rechtfertigen, die Beklagte habe sich in jedem Fall verpflichten wollen, die in der unwirksamen Betriebsvereinbarung vorgesehenen Leistungen den Arbeitnehmern zukommen zu lassen (vgl. BAG, 24. Januar 1996, 1 AZR 597/95, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 8; 5. März 1997, 4 AZR 532/95, AP BetrVG 1972 § 77 Tarifvorbehalt Nr. 10; LAG Hamm, 13. Februar 2004, 15 Sa 1568/03). Es ist aber davon auszugehen, dass aufgrund der unternehmensweiten Anwendung dieser Betriebsvereinbarung für die Vergütung der Außendienstmitarbeiter der Klägerin es sich bei den darin niedergelegten Provisionssätzen zumindest um die übliche Vergütung im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB handelt. Auf diese besitzt der Beklagte einen Anspruch.
b) Eine Rückgewähr der gezahlten Provisionsvorschüsse scheidet gemäß § 87 Abs. 3 HGB aus, weil die Klägerin die Nichtausführung der vom Beklagten vermittelten Versicherungsverträge zu vertreten hat. Sie ist ihrer Nachbearbeitungspflicht nicht nachgekommen. Die darlegungspflichtige Klägerin (vgl. BGH, 2. März 1989, I ZR 121/87, NJW-RR 1989, 865; 25. Mai 2005, a.a.O.; LAG Baden-Württemberg, 28.September 2000, a.a.O.; LAG München, 27. September 1990, a.a.O.) hat nicht substantiiert vorgetragen, das eine den allgemeinen Grundsätzen entsprechende Nachbearbeitung erfolgt ist..
aa) Die im Rahmen des Zumutbaren bestehende Pflicht zur Nachbearbeitung verlangt vom Versicherer im allgemeinen, alles ihm Mögliche und Zumutbare zu tun, den Versicherungsnehmer durch geeignete Maßnahmen wie z. B. eine Mahnung, regelmäßig aber nicht durch gerichtliche Schritte, zur Zahlung der Prämie zu veranlassen (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.; BGH, 25. Mai 2005, a.a.O.; a. A. ErfK/Schaub/Oetker, 9. Auflage, 2009, § 87a HGB Rn. 8). Gegenüber einem nicht mehr vertragswilligen Versicherungsnehmer, der bereits im ersten Versicherungsjahr seinen Lösungswillen angekündigt oder durch Ausspruch der Kündigung schon verwirklicht hat, besteht die Nachbearbeitungspflicht darin, die Gründe für die beabsichtigte Vertragsauflösung zu erfahren und durch geeignete Vorschläge zu versuchen, das Versicherungsverhältnis – ggf. auch in abgewandelter Form – zu erhalten. Etwas anderes wird nur dann gelten, wenn solche Versuche von vornherein aussichtslos erscheinen (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.). Art und Umfang der einem Versicherungsunternehmen gemäß § 87a Abs. 3 S. 2 HGB obliegenden Nachbearbeitung notleidender Versicherungsverträge bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalls. Eine Pflicht oder Obliegenheit zur Übersendung von Stornogefahrmitteilungen besteht nach Ausscheiden aus dem Vertreterverhältnis nicht (vgl. BGH, 25. Mai 2005, a.a.O.), und zwar auch nicht bei einem angestellten Versicherungsvertreter nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. LAG Baden-Württemberg, 28. September 2000, a.a.O.; LAG Hamm, 15. Mai 1998, a.a.O.; LAG Frankfurt, 20. Januar 1981, 7 Sa 1336/79, NJW 1982, 254). Das Versicherungsunternehmen kann entweder eigene geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag nachzubearbeiten (vgl. BGH, 25. Mai 2005, a.a.O.).
bb) Soweit der Beklagte in vier Fällen (Vertrag Nr. 1-33.397.086-4 – Versicherungsnehmer K2 S2, Vertrag Nr. 1-33.454.583-2 – Versicherungsnehmer A4 E2 sowie Vertrag Nr. 1-33-385.284-3 und Nr. 1-33.385.310-1 – Versicherungsnehmerin K3 F2) mit seinen Abrechnungen Stornogefahrmitteilungen bekommen hat, sind diese ihm zu einem Zeitpunkt zugegangen, in dem er bereits bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsunfähig krank war. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass eine solche Arbeitsunfähigkeit ab dem 3. September 2006 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.November 2006 bestand. Der Zahlungsverzug mit der Prämienzahlung trat erst ab 1. September 2006 (E2, S2) bzw. 1. Oktober 2006 (F2) ein. Die Stornogefahrmitteilungen erfolgten mit den Abrechnungen zum 30. September 2006 bzw. zum 31. Oktober 2006. Mangels Arbeitsfähigkeit des Beklagten bestand für ihn keine Arbeitspflicht, insoweit war er nicht zur Nachbearbeitung verpflichtet. Die Übersendung von Stornogefahrmitteilungen an einen arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer reicht nicht dafür aus, dass der Versicherer während des laufenden Arbeitsverhältnisses seiner Nachbearbeitungspflicht genügt. In diesen Fällen hat er es zu vertreten, wenn er nicht selbst für eine ausreichende Nachbearbeitung sorgt. Ist dem Versicherungsvertreter eine Nachbearbeitung ausnahmsweise unmöglich oder nicht zuzumuten, obliegt sie im Rahmen des objektiv Zumutbaren dem Unternehmer (Ebenroth/Boujong/Joost/S8/Löwisch, a.a.O., § 92 Rn. 19).
cc) Sowohl in den vorgenannten als auch in den weiteren Fällen hat die Klägerin eine eigene ordnungsgemäße Nachbearbeitung nicht dargelegt.
(1) In zwei Fällen ist überhaupt keine persönliche Nacharbeit erfolgt, obwohl erhebliche Provisionsbeträge (828,30 Euro bei Vertrag Nr. 1-33.293.365-7 – Versicherungsnehmerin J2 H3 sowie 117,33 Euro bei Vertrag Nr. 1-33.359.887-7 – Versicherungsnehmerin C1 I2 P2) im Raum standen. Dies schließt einen Rückzahlungsanspruch aus, da bei fehlender persönlicher Nacharbeit der Versicherer die Nichtausführung des Vertrags zu vertreten hat.
Soweit sich aus den Bestimmungen der Nr. 8 Abs. 5 und 6 Arbeitsvertrag ergibt, dass die Klägerin gegenüber dem Beklagten nach dessen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht zur persönlichen Nacharbeit verpflichtet sein soll, hat sie selbst in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass dies nur die Klagbarkeit eines Anspruchs auf Nachbearbeitung ausschließen soll. Hiervon unabhängig soll die Frage des Vertretenmüssens nach § 87a Abs. 3 S. 2 HGB zu beurteilen sein. Selbst wenn aber die Regelung im Arbeitsvertrag die Nachbearbeitungspflicht der Klägerin bezogen auf diese Vorschrift generell einschränken soll, verstößt dies gegen § 87a Abs. 5 HGB. § 87a Abs. 3 HGB ist zwingend, der Ausschluss einer im Einzelfall objektiv gebotenen und zumutbaren Nachbearbeitung daher unwirksam (vgl. Baumbach/Hopt, a.a.O., § 87a HGB Rn. 33; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Löwisch, a.a.O., § 87a HGB Rn. 24; a. A. ErfK/Schaub/Oetker, a.a.O., § 87a HGB Rn. 10). Dies gilt auch für die entsprechenden Regelungen in Nr. 10 der BV Vergütung, wenn diese denn wirksam abgeschlossen sein sollte.
(2) In allen übrigen Fällen hat die Klägerin zwar dargelegt, dass neben zuvor ergangenen schriftlichen Zahlungsaufforderungen, Mahnungen und Anschreiben in unterschiedlicher Intensität eine telefonische oder persönliche Nachbearbeitung durch den Zeugen W2 vorgenommen worden sein soll. Die Einzelheiten der Nachbearbeitung hat die Klägerin in keinem Fall vorgetragen, sondern auf die von ihr vorgelegten Nachbearbeitungsberichte verwiesen. Diese sind allerdings – vorsichtig ausgedrückt – nachlässig und unvollständig ausgefüllt worden. In der Regel fehlt es, wie sich aus dem ausführlichen Bestreiten des Beklagten zu jedem Einzelfall im Rahmen seiner Klageerwiderung ergibt, vor allem an Angaben zu den Gründen der Nacharbeit sowie zu Vorschlägen für eine Aufrechterhaltung des Vertrags. Die entsprechenden Felder in dem Formular wurden von dem Mitarbeiter W2 nicht ausgefüllt. So sind auch keine Angaben vorhanden, warum eine geänderte Fortführung der vom Beklagten vermittelten Lebensversicherungsverträge z. B. als beitragsfreie Versicherung o. ä. wegen finanzieller Schwierigkeiten des Versicherungsnehmers nicht in Betracht kam. Dies lässt sowohl auf eine ungenügende Vorbereitung als auch nachlässige Durchführung der Nachbearbeitung schließen, so dass ein ernsthaftes Bemühen um eine Aufrechterhaltung der vom Beklagten vermittelten Verträge entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung (vgl. BAG, 25. Oktober 1965, a.a.O.) nicht erkennbar ist. Eines gerichtlichen Hinweises zur Unsubstantiiertheit dieses Vortrags bedurfte es nicht, da der Beklagte dies schon gerügt hatte. Eine Vernehmung des Zeugen W2 hatte unter diesen Umständen auf zu unterbleiben, weil es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gehandelt hätte.
(3) Dies gilt auch für zwei weitere Rückforderungsfälle (Vertrag Nr. 1-33.382.927-1 – Versicherungsnehmerin J3 C2 und Vertrag Nr. 1-33.394.857-9 – Versicherungsnehmerin J4 M1), in denen die Provisionsrückforderungen unterhalb einer zum Teil diskutierten 50,00EuroBagatellgrenze, bei der eine persönliche Nacharbeit auch in telefonischer Form nicht notwendig, sondern eine schriftliche ausreichend sein soll (vgl. grundlegend BGH. 19. November 1982, a.a.O.; LAG Baden-Württemberg, 28. September 2000, a.a.O.; LAG Hamm, 15. Mai 1998, a.a.O.) liegen. Abgesehen davon, dass der Gesamtprovisionsvorschuss diese Bagatellgrenze überschritt, ist kein Grund ersichtlich, dass nicht zumindest eine telefonische Nacharbeit der Klägerin zumutbar ist. Im Zeitalter moderner Telekommunikation ist die Herstellung eines persönlichen Kontakts in dieser Form zusätzlich zu vorhergehenden schriftlichen Mahnungen weder arbeits- noch kostenintensiv. Auch der Versicherungsvertreter selbst würde zumindest noch über einen solchen Kontakt versuchen, auf eine Vertragsfortsetzung hinzuwirken. Soweit diese telefonische Nachbearbeitung im Fall M1 erfolgt ist, gilt auch hier, dass aufgrund des nachlässig ausgefüllten Nachbearbeitungsberichts und fehlender weiterer Darlegungen der Klägerin eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung nicht vorgetragen wurde.
(4) Die Klägerin hat schließlich keine Anhaltspunkte dafür dargelegt, die eine persönliche oder telefonische Nacharbeitung überflüssig, weil aussichtslos erscheinen ließen. Nur dann kann eine über die schriftliche Nachbearbeitung hinausgehende Tätigkeit des Versicherungsunternehmens ausscheiden (vgl. BAG, 25. Oktober 1967, a.a.O.; LAG Hamm, 15. Mai 1998, a.a.O.).
3. Ein Anspruch auf Rückerstattung zu Unrecht geleisteter Entgeltfortzahlungskosten unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) ist nicht substantiiert von der Klägerin dargelegt worden. Zutreffend ist zwar, dass mangels entsprechender Informationen die Klägerin nicht die konkrete Vorerkrankung benennen kann. Zudem hat der Beklagte nicht bestritten, ab 3. September 2006 bis zum Ausscheiden mangels Arbeitsfähigkeit nicht mehr für die Klägerin tätig gewesen zu sein. Einen Zusammenhang zwischen der Vorerkrankung am 3. und 4. September 2006 mit der am 5. September 2006 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit hat die Klägerin jedoch nicht trotz entsprechenden Bestreitens des Beklagten durch Vorlage der standardmäßig erfolgenden Mitteilung der Krankenkasse über das Vorliegen einer Vorerkrankung nachgewiesen.
Darüber hinaus ist die Höhe des Rückzahlungsanspruchs nicht nachvollziehbar dargelegt. Bei einem Nettoanspruch von 91,57 Euro, wie ihn die Klägerin unter Verrechnung mit einer Gegenposition insgesamt letztendlich geltend macht, ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte ein solches Einkommen monatlich tatsächlich verdient hat. Hierzu fehlt es an entsprechenden substantiierten Darlegungen. Eines besonderen gerichtlichen Hinweises bedurfte es nicht, da dies schon in der angegriffenen Entscheidung ebenfalls beanstandet worden ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die vorgenommene Kostenquotelung entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen beider Parteien.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie teilweiser Divergenz gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, 2 ArbGG zuzulassen.

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