LAG Hamm, Urteil vom 17.06.1999 – 4 Sa 309/98

Juli 25, 2021

LAG Hamm, Urteil vom 17.06.1999 – 4 Sa 309/98

1. Die Angabe von Vollmachten in einem Zeugnis ist für die Darstellung der Kompetenzen und der Verantwortung des Arbeitnehmers wichtig. Sie lassen Rückschlüsse auf seine Stellung im Betrieb und seine hierarchische Position zu. Bei der Darstellung der handelsrechtlichen Vollmachten geht es in erster Linie darum, ob ein Arbeitnehmer Generalvollmacht, Abschlußvollmacht (§ 55 Abs. 1 HGB), Handlungsvollmacht (§ 54 Abs. 1 HGB) oder Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB) hatte. Beschränkungen der handelsrechtlichen Vollmachten – wie bspw. Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB) oder Filialprokura (§ 50 Abs. 3 HGB) – sind ebenfalls zu anzugeben. Zeitliche Beschränkungen der Prokura bedürfen ebenso der Erwähnung wie der Umstand, daß sie ohne Widerruf bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestanden hat. Auch die Dauer der Prokura ist wichtig, so daß das Datum ihrer Erteilung im Zeugnis zu aufzuführen ist.

2. Unter Beendigungsgrund ist die Tatsache zu verstehen, aufgrund derer ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde; er gibt Antwort auf die Frage, “warum” eine Partei gekündigt hat. Umstände, “wie” das Arbeitsverhältnis gelöst wird (also ob mit oder ohne Einhaltung der Kündigungsfrist), ist kein Beendigungsgrund in diesem Sinne, sondern stellt die Beendigungsmodalität dar (LAG Hamm, Urt. v. 24.09.1985 – 13 Sa 833/85, LAGE § 630 BGB Nr. 1 = NZA 1986, 99). Der Grund, der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, ist regelmäßig auf Verlangen des Arbeitnehmers in ein Zeugnis aufzunehmen. Bei einer Arbeitgeberkündigung gebietet es die Fürsorgepflicht, daß er bei einem Hinweis auf den Beendigungstatbestand bzw. auf die Beendigungsinitiative eine wohlwollende Formulierung wählt und bei einer betriebsbedingten Kündigung im Zeugnis den konkreten Grund – hier: Hineinwachsen von Familienmitgliedern in die Geschäftsführung – erwähnt.

Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 12.11.1997 (2 Ca 556/97) teilweise abgeändert:

1. Die Klägerin wird verurteilt, dem Beklagten Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem 30.04.1996 erteilten Zeugnisses unter gleichem Datum auf den Briefbögen der Geschäftsleitung ein neues Zeugnis nachfolgenden Inhalts zu erteilen:

Zeugnis

Herr A… S…, geb. am … , wohnhaft W…-… …, … G…-R…, nahm am 01.11.1973 die Tätigkeit in unserem Unternehmen auf.

Er war zu Beginn als Tischlermeister in den Abteilungen “Oberfläche”, “Versand”, “Bankraum” und “Maschinenraum” tätig und hat durch stets ideen- und einfallsreiche Arbeitsleistung von Anbeginn an überzeugt.

Seine Leistungen und sein handwerkliches Können veranlaßten uns schließlich, ihm ab dem 01.01.1983 die Betriebsleitung zu übertragen.

In Konsequenz seiner steten beruflichen Weiterentwicklung übernahm Herr S… schließlich am 01.02.1984 die verantwortliche Leitung des gesamten innerbetrieblichen Produktionsbereiches sowie der technischen Vertriebsleistung.

Herr S… war dem Geschäftsführer direkt unterstellt und dem Leiter des Bereiches Rechnungswesen und Verwaltung gleichgeordnet. Mit diesem und dem Geschäftsführer gehörte Herr S… der Geschäftsleitung im weiteren Sinne an, was dadurch seinen Ausdruck fand, daß ihm mit Wirkung vom 01.02.1984 auch Einzelprokura erteilt wurde.

Zu den wesentlichen Aufgabenstellungen, die das Arbeitsgebiet von Herrn S… prägten, gehörten insbesondere

• die verantwortliche Koordination und Steuerung aller Aufgaben, die zur Projektabwicklung erforderlich waren,

• die Einteilung der Arbeitskräfte in Absprache mit den Meistern, verbunden mit dem Management von Maschinen-, Personalkapazitäten und Lieferterminen,

• die vollständige Kalkulation neuer Produkte wie auch deren Konzeption in Absprache mit dem Kunden,

• die Erarbeitung von Angeboten für unsere Kundschaft, ebenso wie die alleinverantwortliche Betreuung unseres Hauptkunden in den alten Bundesländern.

Herr S… verfügt über fundierte Fachkenntnisse und über ein außerordentliches Können. Bei den aufgrund seiner Funktion stets erforderlichen Gesprächen mit Kunden unseres Hauses sowie bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen wußte Herr S…, die Interessen unseres Unternehmens ebenso geschickt und erfolgreich zu vertreten, wie er andererseits die Kunden für interessante Ideen und Konzepte zu deren Zufriedenheit gewinnen konnte.

Aus dem Kreise der Kundschaft haben wir über die Arbeit von Herrn S… stets nur positive Reaktionen erhalten.

Mit der Erledigung der übertragenen Aufgaben und seinen Leistungen waren wir stets uneingeschränkt zufrieden.

Herr S… verstand es auch und gerade in der Hektik des Arbeitsalltages, Problemlagen, wie sie gerade bei der von ihm zu verantwortenden Überwachung von Fertigung und Montage nicht selten auftraten, durch seine ruhige und behutsame Art die Mitarbeiterführung erfolgreich zu bewältigen.

Sein Verhalten zur Geschäftsleitung war stets einwandfrei.

Zu unserem großen Bedauern mußten wir wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und im Hinblick auf die Tatsache, daß Familienmitglieder in die Geschäftsführung hineinwachsen sollen, Herrn S… die Beendigung seiner Tätigkeit für unser Unternehmen zum 31.01.1996 vorschlagen.

Wir wünschen Herrn S… für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.

2. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu ¼ und der Beklagte zu ¾ zu tragen.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15.000,00 DM = 7.669,38 ? festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich nur noch um die Berichtigung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses, nachdem sie erstinstanzlich auch noch um die Zahlung einer vereinbarten Rückzahlungssumme gestritten haben.

Die Klägerin betreibt ein hochqualifiziertes Fachunternehmen und stellt Laden- und Hoteleinrichtungen her. Bei ihr war der Beklagte, der von Beruf Schreinermeister ist, seit November 1973 tätig. Ab Januar 1983 übte er die Funktion eines Betriebsleiters aus. Mit Wirkung vom 01.02.1984 ist ihm Einzelprokura erteilt worden. Er hat zuletzt 15 TDM brutto pro Monat verdient.

Nachdem die Gesellschafterversammlung beschlossen hatte, den Sohn der Geschäftsführerin mit Wirkung vom 01.01.1997 in die Geschäftsleitung aufzunehmen und im Zuge dieser Maßnahme die Aufgaben anders zu verteilen, kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten mit Schreiben vom 07.11.1995 zunächst ordentlich, fristgemäß zum 31.12.1996 und mahnte ihn mit Schreiben vom 10.11.1995 ab, weil der Beklagte, “unmittelbar nach Erhalt des Kündigungsschreibens dazu übergegangen (sei), Unterlagen zu vernichten”.

Gegen die Kündigung und gegen die Abmahnung hat sich der Beklagte in einem Rechtsstreit umgekehrten Rubrums mit einer beim Arbeitsgericht Rheine am 17.11.1995 eingegangenen Klage zur Wehr gesetzt und seine Weiterbeschäftigung begehrt. Im Termin vom 16.01.1996 (1 Ca 1605/95) haben die Parteien vor dem Arbeitsgericht Rheine sich unter Verkürzung der Kündigungsfrist dahingehend verständigt, daß ihr Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 200 TDM bereit zum 31.01.1996 beendet wurde. Der Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits hat sich in einem Rechtsstreit umgekehrten Rubrums verpflichtet, die Abfindung zurückzuzahlen, “sofern er im Kalenderjahr 1996 anderweitiges Arbeitseinkommen erzielen sollte”. Diese Verpflichtung ist durch eine Zusatzvereinbarung vom 14./23.02.1996 konkretisiert worden.

Unter dem 30.04.1996 erteilte die Klägerin dem Beklagten ein Arbeitszeugnis folgenden Inhalts:

Zeugnis

Herr A… S…, geb. am … , wohnhaft W… …, … G…-R…, nahm am 01.11.1973 die Tätigkeit in unserem Unternehmen auf.

Er war zu Beginn als Tischlermeister in den Abteilungen “Oberfläche”, “Versand”, “Bankraum” und “Maschinenraum” tätig und hat durch stets ideen- und einfallsreiche Arbeitsleistung von Anbeginn an überzeugt.

Seine Leistungen und sein handwerkliches Können veranlaßten uns schließlich, ihm ab dem 01.01.1983 die Betriebsleitung zu übertragen.

In Konsequenz seiner steten beruflichen Weiterentwicklung übernahm Herr S… schließlich am 01.02.1984 die verantwortliche Leitung des gesamten innerbetrieblichen Produktionsbereiches sowie der technischen Vertriebsleistung.

Herr S… war dem Geschäftsführer direkt unterstellt und dem Leiter des Bereiches Rechnungswesen und Verwaltung gleichgeordnet. Mit diesem und dem Geschäftsführer gehörte Herr S… der Geschäftsleitung im weiteren Sinne an, was dadurch seinen Ausdruck fand, daß ihm auch Einzelprokura erteilt wurde.

Zu den wesentlichen Aufgabenstellungen, die das Arbeitsgebiet von Herrn S… prägten, gehörten insbesondere

• die verantwortliche Koordination und Steuerung aller Aufgaben, die zur Projektabwicklung erforderlich waren,

• die Einteilung der Arbeitskräfte in Absprache mit den Meistern, verbunden mit dem Management von Maschinen-, Personalkapazitäten und Lieferterminen,

• die vollständige Kalkulation neuer Produkte wie auch deren Konzeption in Absprache mit dem Kunden,

• die Erarbeitung von Angeboten für unsere Kundschaft, ebenso wie die alleinverantwortliche Betreuung unseres Hauptkunden in den alten Bundesländern.

Darüber hinaus hat Herr S… aufgrund seiner fundierten Fachkenntnis und seiner langjährigen Betriebserfahrung ein Mitspracherecht bei Neuinvestitionen im Betrieb, ebenso wie von ihm die Teilnahme unseres Unternehmens an öffentlichen Ausschreibungen zu begleiten und zu überwachen war.

Bei den aufgrund seiner Funktion stets erforderlichen Gesprächen mit Kunden unseres Hauses wußte Herr S…, die Interessen unseres Unternehmens ebenso geschickt und erfolgreich zu vertreten, wie er andererseits die Kunden für interessante Ideen und Konzepte zu deren Zufriedenheit gewinnen konnte.

Aus dem Kreise der Kundschaft haben wir über die Arbeit von Herrn S… stets nur positive Reaktionen erhalten, wie auch wir mit seinen Leistungen uneingeschränkt zufrieden waren.

Herr S… verstand es auch und gerade in der Hektik des Arbeitsalltages, Problemlagen, wie sie gerade bei der von ihm zu verantwortenden Überwachung von Fertigung und Montage nicht selten auftraten, durch seine ruhige und behutsame Art die Mitarbeiterführung erfolgreich zu bewältigen.

Die Zusammenarbeit mit Herrn S… hat zum 31.01.1996 im gegenseitigen Einvernehmen ihr Ende gefunden.

Wir wünschen Herrn S… für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.

Im Rahmen des Auskunftsbegehrens der Klägerin räumte der Beklagte ein, vom 01.10.1995 bis zum 31.12.1996 Mitarbeiter der Firma S…-L… GmbH & Co. KG in M…/N… gewesen zu sein und dieser Firma insgesamt 23.830,– DM in Rechnung gestellt zu haben. Abzüglich seiner Betriebsausgaben will der Beklagten einen Reinverdienst in Höhe von 6.983,68 DM erzielt haben. Wegen weiterer Ansprüche des Beklagten gegen die Firma S…-L… GmbH & Co. KG ist vor dem Arbeitsgericht Stuttgart unter Aktenzeichen 10 Ca 782/97 ein Rechtsstreit anhängig.

Die Klägerin nimmt den Beklagten nach Erledigung der Auskunftsstufe auf Zahlung der im Vergleich vereinbarten Rückzahlungssumme in Anspruch. Sie hat sich zunächst auf einen Teilbetrag beschränkt.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 2.793,47 DM nebst 4% Zinsen seit dem 01.01.1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Klageforderung dem Grunde und der Höhe nach bestritten und das von der Klägerin erstellte Zeugnis bemängelt.

Der Beklagte hat widerklagend beantragt,

die Klägerin zu verurteilen, ihm auf Geschäftsbögen mit dem Zusatz “Geschäftsleitung” mit dem Datum vom 30.04.1996 ein Zeugnis wie im

Schriftsatz vom 14.04.1996 (Bl. 16-18 d.A.) zu erteilen, sowie festzustellen, daß der Klägerin über die beantragten 2.793,47 DM kein Anspruch zusteht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Widerklageanträge abzuweisen.

Sie hat sich auf ordnungsgemäße Erfüllung des Zeugnisanspruchs des Beklagten berufen.

Das Arbeitsgericht Rheine hat durch Teilurteil vom 12.11.1997 (2 Ca 556/97), auf dessen Begründung vollinhaltlich Bezug genommen wird, wie folgt für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.793,47 DM (i.W.: zweitausendsiebenhundertdreiundneunzig 47/100 Deutsche Mark) nebst 4% Zinsen seit dem 25.08.1997 zu zahlen.

Wegen der übrigen Zinsen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklageanträge werden abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Der Streitwert wird für diese Entscheidung auf 47.793,47 DM festgesetzt.

Gegen das ihm am 15.01.1998 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.02.1998 Berufung eingelegt und diese am 06.03.1998 begründet.

Er hat vorgetragen, das Arbeitsgericht habe seine Widerklage bezüglich des Zeugnisberichtigungsanspruchs zu Unrecht abgewiesen. Das von der Klägerin mit Datum vom 30.04.1996 erteilte Zeugnis genüge nicht den Voraussetzungen, die an ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu stellen seien. Es qualifiziertes Zeugnis müsse sich auf Art und Dauer sowie Führung und Leistung im Arbeitsverhältnis erstrecken. Es müsse Tatsachen und Beurteilungen zur Führung und Leistung enthalten. Als Indikatoren der Leistung seien dabei u. a. Arbeitsumfang, Verhandlungsgeschick und Fachkenntnisse zu attestieren. Leistung und Führung des Arbeitnehmers seien dabei während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses zu charakterisieren. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers sei dabei so vollständig und genau zu beschreiben, daß sich künftige Arbeitgeber ein klares Bild machen könnten. Ob die einzelnen Tätigkeiten nach Umfang und Art besonders bedeutungsvoll seien, sei nicht ausschlaggebend. Es komme nur darauf an, ob ihr Umfang und ihre Bedeutung ausreichten, um sie im Falle einer Bewerbung des Arbeitnehmers für einen künftigen Arbeitgeber interessant erscheinen zu lassen.

Das Arbeitsgericht gehe rechtsirrig davon aus, er habe keinen Anspruch darauf, daß zeitlich fixiert werde, über welchen Zeitraum er bei der Klägerin vor Aufnahme der Leitung der Abteilung “Oberfläche und Versand” tätig gewesen sei. Die Arbeit als Tischlermeister an der Basis – vor Übertragung von leitenden Funktionen – runde das Gesamtbild seiner Tätigkeit ab und könne durchaus von Interesse für spätere potentielle Arbeitgeber hinsichtlich seiner praktischen Fähigkeiten sein. Auch führe die Arbeit an der Basis zu größerer Akzeptanz gegenüber unterstellten Arbeitnehmern und lasse auf ein generelles Verständnis von Produktionsabläufen schließen.

Das Arbeitsgericht gehe ferner rechtsirrig davon aus, daß es sich bei der Übertragung der Leitung der Abteilung “Ausstattung Bankräume” nicht um eine Kompetenzerweiterung gehandelt habe. Die Leitung der Abteilung “Ausstattung Bankräume” sei ihm zusätzlich übertragen worden (Beweis: eidliche Vernehmung der Geschäftsführerin R… S… ).

Das Arbeitsgericht verkenne weiterhin, daß er einen Anspruch auf die zeitliche Attestierung der verantwortlichen Führung des Maschinenraumes habe. Wie lange ein Arbeitnehmer eine bestimmte Tätigkeit ausgeübt habe, könne ebenfalls von erheblichem Interesse für spätere potentielle Arbeitgeber sein, mithin seine Bewerbungschancen erhöhen. Je länger ein Arbeitnehmer eine bestimmte Tätigkeit allein oder im Zusammenhang mit weiteren ihm übertragenen Aufgabenfeldern ausübe, welche Kenntnisse des Arbeitnehmers in diesem Bereich vorausgesetzt werden könnten. Insbesondere werde hierdurch auch der tatsächliche Arbeitsumfang näher konkretisiert.

Daß ausschließlich seine hervorragenden Leistungen und sein handwerkliches Können die Klägerin veranlaßt hätten, ihm per 01.01.1983 die Betriebsleitung zu übertragen, entspreche den Tatsachen (Beweis: eidliche Vernehmung der Geschäftsführerin R… S… ). Auch verkenne das Arbeitsgericht, daß seine Einzelaufgaben in seiner Funktion als verantwortlicher Leiter des gesamten innerbetrieblichen Produktionsbereichs das Gesamtbild seiner Tätigkeiten abrunden und eine Aufschlüsselung zudem von Interesse für zukünftige Arbeitgeber sein könnte. Daß innerbetriebliche Produktionsabläufe von Firma zu Firma unterschiedlich sein könnten, dürfte auf der Hand liegen. Er habe damit einen Anspruch auf eine dem Antrag entsprechende Darstellung der Einzelaufgaben.

Daß er für die Klägerin eine Vielzahl von Geschäftsverbindungen geknüpft und Kunden veranlaßt habe, diese aufrechtzuerhalten, entspreche den Tatsachen und sei ihm daher auch von der Klägerin zu attestieren. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts reichten gerade die Formulierungen im Zeugnis der Klägerin vom 30.04.1996 insoweit nicht aus. Es dürfte unstreitig sein, daß ein marktwirtschaftlich orientierter Betrieb von der Hege und Pflege der bestehenden und neuen Geschäftsverbindungen abhängig sei.

Es entspreche ferner den Tatsachen, daß die Klägerin maßgeblich an der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses deshalb interessiert gewesen sei, weil Familienmitglieder in die Geschäftsführung hineinwachsen sollten (Beweis: eidliche Vernehmung der Geschäftsführerin R… S… ). Er habe daher Anspruch darauf, daß ihm entsprechendes im Zeugnis attestiert werde. Daß der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich vom 31.01.1996 zu diesem Punkte schweige, ändere insoweit nichts, da die Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses diesen Punkt als unstreitig angesehen hätten.

Der Beklagte hat zunächst beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Rheine – Aktenzeichen 2 Ca 556/97 – teilweise abzuändern und wie folgt zu erkennen:

1. Die Klägerin wird verurteilt, auf ihren Geschäftsbögen, mit dem Zusatz “Geschäftsleitung” mit Datum vom 30.04.1996 das folgende Zeugnis zu erteilen:

Zeugnis

A… S…, geb. am … , W… …, … G…-… , nahm am 01.11.1973 als Tischlermeister seine Tätigkeit in unserem Unternehmen auf.

Nach einem Zeitraum von etwa 1,5 Jahren übernahm Herr S… die Leitung der Abteilung “Oberfläche und Versand”. Wir erweiterten seinen Kompetenzbereich durch die Übertragung der Leitung der Abteilung Ausstattung Bankräume”. Nach einer Tätigkeitszeit von etwa fünf Jahren übertrugen wir Herrn S… die Führung des weiteren Bereichs des Maschinenraumes”. Wegen seiner hervorragenden Leistungen und seines handwerklichen Könnens haben wir Herrn S… per 01.01.1983 die Betriebsleitung übertragen. Am 01.02.1984 übertrugen wir Herrn S… die verantwortliche Leitung des gesamten Innerbetrieblichen Produktionsbereichs und die technische Vertriebsleitung.

In dieser Funktion war Herr S… verantwortlich für die Kalkulation, für die Überwachung der Produktion, insbesondere hinsichtlich ihrer Effektivität, für das Abrechnungswesen und für die Nachkalkulation. Herr S… überwachte Baustellen und übte die Qualitätskontrolle aus. Er koordinierte und steuerte alle Aufgaben, die zur Projektabwicklung erforderlich waren. Herr S… teilte in Absprache mit den Meistern die Arbeitskräfte ein und verband damit das Management von Maschinen-Personalkapazitäten und Lieferterminen. Herr S…-… erarbeitete für unsere Kunden Angebote und betreute alleinverantwortlich unsere Hauptkunden in den alten Bundesländern. Herr S… hatte ein Mitspracherecht bei Neuinvestitionen im Betrieb. Er begleitete und überwachte die Teilnahme unseres Unternehmens an öffentlichen Ausschreibungen.

Herr S… war der Geschäftsführung direkt unterstellt und gehörte der Geschäftsleitung an. Ihm ist Einzelprokura erteilt worden.

Herr S… verfügt über fundierte Fachkenntnisse und über ein außerordentlich handwerkliches Können. Er wußte die Interessen unseres Unternehmens erfolgreich und geschickt zu vertreten. Seine interessanten Ideen und Konzepte waren für unsere Kunden Anlaß, die Verbindung zu uns zu begründen und aufrechtzuerhalten. Aus Kundenkreisen haben wir stets nur positive Reaktionen erfahren. Herr S… erbrachte seine Leistungen stets zu unserer vollsten Zufriedenheit. Er verstand es, auch gerade in der Hektik des Arbeitsalltags Problemlagen durch seine ruhige und behutsame Art der Mitarbeiterführung erfolgreich zu bewältigen. Zu seinen Vorgesetzten und Mitarbeitern hatte Herr S… stets ein sehr gutes Verhältnis.

Zu unserem großen Bedauern muten wir wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und wegen der Tatsache, da Familienmitglieder in die Geschäftsführung hineinwachsen sollen, Herrn S… vorschlagen, das bestehende Vertragsverhältnis zu beenden. Unser Anliegen traf bei Herrn S… auf Verständnis, so da im gegenseitigen Einvernehmen mit dem 31.01.1996 Herr S… seine Tätigkeit für uns beendete.

Wir wünschen Herrn S… für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt.

Die Klägerin hat zunächst beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Sie hat das angefochtene Urteil verteidigt und gemeint, das Arbeitsgericht habe zutreffend erkannt, daß das erteilte Zeugnis allen Erfordernissen entspreche und nichts ausgelassen habe, worauf der Beklagte Anspruch habe. In der Sache unzutreffend sei die Darstellung des Beklagten, daß er die in der Anlage zur Berufungsbegründungsschrift aufgeführten Geschäftskontakte geknüpft habe. Sowohl die Anknüpfung der Geschäftsbeziehung als auch der Vertragsabschluß sei Aufgabe des Außendienstes und sei von diesem wahrgenommen worden (Gegenbeweis: Zeugnis des R… F… und des K… S…-…). Es soll lediglich in Abrede gestellt werden, daß der Kläger im Verlaufe einer Auftragsabwicklung hin und wieder technische Gespräche mit den zuständigen Mitarbeitern der Kunden geführt habe. Dies habe jedoch nichts mit Kundenaquisition zu tun. Seine Kundenkontakte seien im Zeugnis zutreffend erwähnt und angemessen gewürdigt worden. Der Grund des Ausscheidens des Klägers sei in Ziffer 1 des gerichtlichen Vergleichs vom 16.01.1996 einvernehmlich festgehalten worden. Sie habe keine Veranlassung, hiervon im Zeugnis abzuweichen.

Das Landesarbeitsgericht hat im Termin vom 17.12.1998 dem Parteien einen Bestätigungsvergleich unterbreitet, in welchem die Beklagte sich verpflichten sollte, dem Kläger Zugum-Zug gegen Rückgabe des unter dem 30.04.1996 erteilten Zeugnisses unter gleichem Datum auf dem Briefbogen der Geschäftsleitung ein neues Zeugnis zu erteilen, das inhaltlich dem hier ausgeurteilten und im Tenor wiedergegebenen Zeugnis entspricht.

Der Beklagte hat diesen Vergleichsvorschlag nicht angenommen, sondern nachfolgende Ergänzung (siehe Unterstreichung) begehrt:

“Sein Verhalten zur Geschäftsleitung und den Mitarbeitern war stets einwandfrei.”

Er räumt zwar ein, daß in dem davor stehenden Absatz darauf hingewiesen werde, daß er die Mitarbeiter ruhig und behutsam geführt habe, jedoch fehle in dem Zeugnis der Hinweis, daß sein Verhalten zu den Mitarbeitern ebenso einwandfrei gewesen sei wie das der Geschäftsführung gegenüber.

Der Beklagte beantragt nunmehr:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine – 2 Ca 556/97 – wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

1. Die Klägerin wird verurteilt, dem Beklagten Zug um Zug gegen Rückgabe des unter dem 30.04.1996 erteilten Zeugnisses unter gleichem Datum auf den Briefbögen der Geschäftsleitung ein neues Zeugnis nachfolgenden Inhalts zu erteilen:

Zeugnis

Herr A… S…, geb. am … , wohnhaft W… …, … G…-R…, nahm am 01.11.1973 die Tätigkeit in unserem Unternehmen auf.

Er war zu Beginn als Tischlermeister in den Abteilungen “Oberfläche”, “Versand”, “Bankraum” und “Maschinenraum” tätig und hat durch stets ideen- und einfallsreiche Arbeitsleistung von Anbeginn an überzeugt.

Seine Leistungen und sein handwerkliches Können veranlaßten uns schließlich, ihm ab dem 01.01.1983 die Betriebsleitung zu übertragen.

In Konsequenz seiner steten beruflichen Weiterentwicklung übernahm Herr S… schließlich am 01.02.1984 die verantwortliche Leitung des gesamten innerbetrieblichen Produktionsbereiches sowie der technischen Vertriebsleistung.

Herr S… war dem Geschäftsführer direkt unterstellt und dem Leiter des Bereiches Rechnungswesen und Verwaltung gleichgeordnet. Mit diesem und dem Geschäftsführer gehörte Herr S… der Geschäftsleitung im weiteren Sinne an, was dadurch seinen Ausdruck fand, daß ihm mit Wirkung vom 01.02.1984 auch Einzelprokura erteilt wurde.

Zu den wesentlichen Aufgabenstellungen, die das Arbeitsgebiet von Herrn S… prägten, gehörten insbesondere

• die verantwortliche Koordination und Steuerung aller Aufgaben, die zur Projektabwicklung erforderlich waren,

• die Einteilung der Arbeitskräfte in Absprache mit den Meistern, verbunden mit dem Management von Maschinen-, Personalkapazitäten und Lieferterminen,

• die vollständige Kalkulation neuer Produkte wie auch deren Konzeption in Absprache mit dem Kunden,

• die Erarbeitung von Angeboten für unsere Kundschaft, ebenso wie die alleinverantwortliche Betreuung unseres Hauptkunden in den alten Bundesländern.

Herr S… verfügt über fundierte Fachkenntnisse und über ein außerordentliches Können. Bei den aufgrund seiner Funktion stets erforderlichen Gesprächen mit Kunden unseres Hauses sowie bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen wußte Herr S…, die Interessen unseres Unternehmens ebenso geschickt und erfolgreich zu vertreten, wie er andererseits die Kunden für interessante Ideen und Konzepte zu deren Zufriedenheit gewinnen konnte. Aus dem Kreise der Kundschaft haben wir über die Arbeit von Herrn S… stets nur positive Reaktionen erhalten.

Mit der Erledigung der übertragenen Aufgaben und seinen Leistungen waren wir stets uneingeschränkt zufrieden.

Herr S… verstand es auch und gerade in der Hektik des Arbeitsalltages, Problemlagen, wie sie gerade bei der von ihm zu verantwortenden Überwachung von Fertigung und Montage nicht selten auftraten, durch seine ruhige und behutsame Art die Mitarbeiterführung erfolgreich zu bewältigen.

Sein Verhalten zur Geschäftsleitung und zu den Mitarbeitern war stets einwandfrei.

Zu unserem großen Bedauern mußten wir wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und im Hinblick auf die Tatsache, daß Familienmitglieder in die Geschäftsführung hineinwachsen sollen, Herrn S… die Beendigung seiner Tätigkeit für unser Unternehmen zum 31.01.1996 vorschlagen.

Wir wünschen Herrn S… für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird festgesetzt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen und den Wert des Streitgegenstandes festzusetzen.

Sie hat sich, um die Angelegenheit zum Abschluß zu bringen, bereiterklärt, ohne jede Anerkennung einer entsprechenden Rechtspflicht den gerichtlichen Vergleichsvorschlag zu akzeptieren. Den zusätzlichen Änderungswünschen hat sie nicht zu entsprechen vermocht.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 11.01.1999 ein entsprechendes Zeugnis im Original zu den Gerichtsakten mit der Maßgabe gereicht, es nur dann an den Kläger weiterzuleiten, wenn auch er den gerichtlichen Vergleichsvorschlag akzeptiere.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Gerichtsakten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Gründe
Die aufgrund entsprechender Beschwer statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sowie rechtzeitig ordnungsgemäß begründete Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg und führt unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen zu einer entsprechenden Abänderung des angefochtenen Urteils.

1. Entspricht das einem technischen Angestellten nach § 113 GewO erteilte Zeugnis nicht der vorgeschriebenen Form, ist es inhaltlich unrichtig oder hat der Arbeitgeber bei der Bewertung von Führung und Leistung seinen Beurteilungsspielraum überschritten, kann der Mitarbeiter verlangen, daß das Zeugnis nachträglich abgeändert wird.

1.1. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung soll der Arbeitnehmer damit den ursprünglichen Erfüllungsanspruch geltend machen, weil der Arbeitgeber mit dem unzutreffenden Zeugnis seine Pflicht zur Erteilung eines formgerechten, wahrheitsgemäßen und wohlwollenden Zeugnisses nicht nachgekommen sei (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”; BAG v. 23.02.1983, AP Nr. 10 zu § 70 BAT = EzA § 70 BAT Nr. 15; BAG v. 17.02.1988, AP Nr. 17 zu § 630 BGB [van Venrooy] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 27 = “Zeugnis: Entsch. 27” = EzA § 630 BGB Nr. 12 = NZA 1988, 427 = SAE 1989, 59 [M. Wolff]; zust. Huber, Das Arbeitszeugnis in Recht und Praxis, 5. Aufl. 1997, S. 38 f.).

1.1.1. Dies ist zutreffend, soweit es darum geht, die formale Vollständigkeit des Zeugnisses sicherzustellen. Solange etwa das erteilte einfache Zeugnis keine Aussage zur Art der Tätigkeit enthält, solange etwa im qualifizierten Zeugnis zur Führung des Mitarbeiters nicht Stellung genommen wird, hat der Arbeitnehmer nicht das Zeugnis in der Hand, welches er als technischer Angestellter nach § 113 GewO beanspruchen kann. Seine Forderung ist noch nicht erfüllt. Soweit das Zeugnis formal unvollständig ist, kann seine Ergänzung im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden, weil insoweit schon der korrekte Titel klarstellt, wie das Zeugnis formal auszusehen hat (RGRK-Eisemann, § 630 BGB Rz. 77; Berscheid/Kunz, Praxis des Arbeitsrechts, Teil 4 Rz. 2567). Eine nicht gehörige Erfüllung der Zeugniserteilungspflicht durch Ausstellung eines nicht ordnungsgemäßen Zeugnisses ist einer Nichterfüllung im Sinne des § 888 ZPO gleichzuachten (LAG Düsseldorf v. 08.01.1958, AP Nr. 1 zu § 888 ZPO).

1.1.2. Enthält das Zeugnis Unrichtigkeiten oder nimmt es zwar zu allen Punkten Stellung, ist aber in Teilen nicht so umfassend, wie es § 113 GewO vorsieht, oder verstößt es gegen andere Grundsätze der Zeugniserteilung, kann nicht mehr von fehlender Erfüllung, sondern nur von Schlechterfüllung gesprochen werden. Zur Beseitigung von Mängeln des Zeugnisses steht der Erfüllungsanspruch jedoch nicht (mehr) zur Verfügung. Allein aus dem Umstand, daß das Gesetz keinen Anspruch auf “Berichtigung” des Zeugnisses enthält, folgt nicht zwingend, daß den Erfüllungsanspruch geltend macht, wer Berichtigung verlangt (RGRK-Eisemann, a.a.O.; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2568). Das Gericht müßte den Antrag auf “Berichtigung” eines Zeugnisses zurückweisen, nachdem der Arbeitgeber zuvor rechtskräftig verurteilt wurde, dem Arbeitnehmer ein qualifiziertes bzw. einfaches Zeugnis zu erteilen (res judicata). Für die Berichtigung wegen Verstößen gegen die Grundsätze der Zeugniserteilung kann man den Berechtigten nicht einmal auf das Vollstreckungsverfahren verweisen, in welchem er die Ergänzung des Titels auf den konkreten, von ihm gewünschten Inhalt des Zeugnisses nicht erreichen kann (LAG München v. 23.05. 1967, AP Nr. 7 zu § 888 ZPO; LAG Frankfurt/Main v. 16.06.1989, LAGE § 630 BGB Nr. 7). Die gerichtliche Durchsetzung des berechtigten Abänderungsverlangens wäre damit für alle Fälle abgeschnitten, in denen ein Titel vorliegt, der den Arbeitgeber schon verpflichtet, ein Zeugnis zu erteilen (RGRK-Eisemann, a.a.O.; Berscheid/Kunz, a.a.O.).

1.1.3. Anspruchsgrundlage für die Zeugnisberichtigung ist nicht § 113 GewO, sondern die allgemeine Fürsorgepflicht. §113 GewO konkretisiert für die gewerblichen Arbeiter und technischen Angestellten – wie die vergleichbaren Regelungen für die kaufmännischen Angestellten (§ 73 HGB) oder für alle übrigen Arbeitnehmer (§ 630 BGB) – die Fürsorgepflicht für das Zeugnisrecht nicht abschließend. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei allen Maßnahmen auf das Wohl und die berechtigten Interessen seiner Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen (BAG v. 25.02.1959, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht). Er darf ihr berufliches Fortkommen nicht unzulässig behindern (BAG v. 27.11.1985, AP Nr. 93 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht [Echterhölter] = AR-Blattei ES 1260 Nr. 4 = “Persönlichkeitsrecht: Entsch. 4” = EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 38; BAG v. 13.04.1988, AP Nr. 100 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht [Conze] = EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 47 [Buchner]). Er ist daher auch aufgrund (nachwirkender) Fürsorgepflicht gehalten, soweit dies von ihm billigerweise verlangt werden kann, alles zu vermeiden, was sich bei der Suche des (ausgeschiedenen) Mitarbeiters nach einem neuen Arbeitsplatz für ihn nachteilig auswirken kann (BAG v. 31.10.1972, AP Nr. 80 zu § 611 BGB Fürsorgepflicht [Herschel] = AR-Blattei ES 740 Nr. 18 = “Fürsorgepflicht des Arbeitgebers: Entsch. 18” = EzA § 611 BGB Fürsorgepflicht Nr. 15). Zeugnisse, die unrichtig sind oder nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form entsprechen, müssen daher abgeändert werden, soweit sie geeignet sind, den Mitarbeiter in seinem beruflichen Fortkommen zu hindern (LAG Hamm v. 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, LAGE § 630 BGB Nr. 16; LAG Hamm v. 01.12.1994 – 4 Sa 1631/94, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25).

1.2. Der “Berichtigungsanspruch” geht auf Abänderung des schon erteilten Zeugnisses und unterliegt nicht tariflichen Verfallfristen (ArbG Siegen v. 30.05.1980, EzA § 4 TVG Ausschlußfristen Nr. 43 = ARST 1980, 192; a.A. LAG Hamm v. 24.08.1977, AR-Blattei ES 1850 Nr. 21 = “Zeugnis: Entsch. 21” = BB 1977, 1704; BAG v. 23.02.1983, AP Nr. 10 zu § 70 BAT = EzA § 70 BAT Nr. 15). Die Berichtigung besteht darin, daß der Arbeitgeber erneut ein Zeugnis erteilt, welches die geforderten Berichtigungen berücksichtigt, soweit sie berechtigt waren (RGRK-Eisemann, Rz. 78, m.w.N.). Der Arbeitnehmer braucht sich nicht auf eine bloße Korrektur der ursprünglichen Urkunde einzulassen. Sie würde ihn in seinem beruflichen Fortkommen hindern, weil jeder Dritte dem Zeugnis entnehmen könnte, daß man über den Inhalt gestritten hat oder an der Echtheit des Zeugnisses zweifeln kann (LAG Bremen v. 23.06.1989, LAGE § 630 BGB Nr. 6).

1.2.1. Hat der Arbeitgeber bereits ein qualifiziertes Zeugnis erteilt, so ist der Anspruch aus § 113 GewO mithin erfüllt. Der Arbeitnehmer, welcher mit einzelnen Bewertungen seiner Person oder Leistungen und/oder mit den Tätigkeits- und Aufgabenbeschreibungen nicht einverstanden ist, ist auf seinen Berichtigungsanspruch mit einem im einzelnen genau spezifizierten Klageantrag zu verweisen, er kann nicht mehr auf bloße Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses klagen (LAG Düsseldorf/Köln v. 21.08.1973, DB 1973, 1853; LAG Hamm v. 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Verwirft der Arbeitnehmer aber das ganze Zeugnis, ist er also mit ihm überhaupt nicht einverstanden, so hat er den vollen Wortlaut des von ihm begehrten Zeugnisses in den Klageantrag aufzunehmen. In einem solchen Falle ist alsdann der Streit der Parteien im Rahmen des Klageantrags über die gesamte Inhaltsfrage des Zeugnisses zu klären und festzulegen, welches Zeugnis mit welchem Wortlaut vom Arbeitgeber zu erteilen ist (LAG Düsseldorf/Köln v. 21.08.1973, DB 1973, 1853/1854; LAG Hamm v. 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Dabei hat das Gericht die Leistungen des Arbeitnehmers festzustellen, sie nach objektiven Maßstäben zu bewerten und gegebenenfalls ein Zeugnis neu zu formulieren (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”; BAG v. 24.03.1977, AP Nr. 12 zu § 630 BGB = AR-Blattei ES 1850 Nr. 20 = “Zeugnis: Entsch. 20” = EzA § 630 BGB Nr. 9). Da über einen Arbeitnehmer nur eine Beurteilung existieren darf (LAG Frankfurt v. 23.01.1968, AP Nr. 5 zu § 630 BGB), ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, Zugum-Zug gegen Rückgabe des beanstandeten Zeugnisses ein neues Zeugnis zu erteilen (LAG Hamm v. 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, LAGE § 630 BGB Nr. 16, m.w.N.). Dies hat der Arbeitnehmer – sofern er das Zeugnis nicht bereits vorher zurückgegeben hat – auch so zu beantragen, damit in der Zwangsvollstreckung sichergestellt werden kann, daß letztlich nur ein Zeugnis über ihn existent bleibt. Da der Beklagte vorliegend das Original des ihm unter dem 30.04.1996 erteilte Zeugnisses der Klägerin bislang nicht zurückgegeben hat, kam nur eine Zugum-Zug-Verurteilung in Betracht.

1.2.2. Der Arbeitgeber ist bei der Ausstellung des Zeugnisses grundsätzlich in seiner Ausdrucksweise frei (ArbG Koblenz v. 11.05.1988, EzBAT § 61 BAT Nr. 14), muß sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den nach der Verkehrssitte üblichen Maßstab anlegen (so bereits A. Hueck in Anm. zu ARS 17, 282; ferner LAG Breslau v. 05.03.1935, ARS 24, 171 [A. Hueck]; LAG Düsseldorf v. 30.01.1956, AR-Blattei ES 1850 Nr. 2 = “Zeugnis, Entsch. 2”). Geschieht das nicht, kann der Arbeitnehmer Berichtigung seines Zeugnisses verlangen. Die Zeugnissprache ist wie jede Sprache teils deskriptiv (beschreibend), teils evaluativ (bewertend), und zwar unabhängig davon, in welchem räumlichen Teil des Zeugnisses die jeweilige Formulierung formal plaziert ist. Bei der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ist zu unterscheiden, ob die Uneinigkeit der Parteien den deskriptiven oder den evaluativen Bereich betrifft (LAG Köln v. 26.04.1996 – 11/13 Sa 1231/95, AR-Blattei ES 1850 Nr. 39 = NZA-RR 1997, 84). Der Arbeitgeber ist – jedenfalls soweit der Streit um die reine Aufgabenbeschreibung geht – für die Tatsachen beweispflichtig, die der Zeugniserteilung zugrunde liegen (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”; BAG v. 24.03.1977, AP Nr. 12 zu § 630 BGB = AR-Blattei ES 1850 Nr. 20 = “Zeugnis: Entsch. 20” = EzA § 630 BGB Nr. 9; BAG v. 17.02.1988, AP Nr. 17 zu § 630 BGB [van Venrooy] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 27 = “Zeugnis: Entsch. 27” = EzA § 630 BGB Nr. 12 = NZA 1988, 427 = SAE 1989, 59 [M. Wolff]; LAG Frankfurt/Main v. 10.09.1987, LAGE § 630 BGB Nr. 3; LAG Saarbrücken v. 28.02.1990, LAGE § 630 BGB Nr. 9; zust. Huber, a.a.O., S. 38 f.). Dieser Grundsatz kann jedoch für die Bewertung nur eingeschränkt gelten. Der Arbeitnehmer ist, da er sich vertraglich nur zur Leistung von Arbeit “mittlerer Art und Güte” (§ 243 Abs. 1 BGB) verpflichtet (siehe dazu Staudinger/Medicus, § 243 BGB Rz. 45; ferner Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2587), lediglich gehalten, eine »befriedigende« Leistung zu erbringen. Ist er der Auffassung, die ihm obliegenden Aufgaben überobligationsmäßig, also mit überdurchsschnittlichem Einsatz erbracht oder einen überdurchschnittlichen Erfolg erzielt zu haben, ist es auch an ihm, die dieser Einschätzung zugrundeliegenden Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfalle zu beweisen (Staudinger/Preis, § 630 BGB Rz. 71; LAG Düsseldorf v. 12.03.1986, LAGE § 630 BGB Nr. 2). Ein »gutes« oder »sehr gutes« Zeugnis stellt eine Gegenleistung für einen entsprechenden Arbeitseinsatz oder -erfolg bzw. für eine besonders herausragende Arbeitsbefähigung oder -weise dar. Auch Arbeitsvermögen oder -erwartung können herausragend sein. Fordert der Arbeitnehmer eine »sehr gute« Bewertung einzelner oder aller Leistungsgesichtspunkte, muß sein Vortrag die entsprechenden anspruchsbegründenden Tatsachen erkennen lassen, da der Arbeitgeber ansonsten einen Negativbeweis führen müßte (Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2589). Gleiches gilt für die Vollständigkeit des Zeugnisses, wenn der Arbeitnehmer Auslassungen rügt (Berscheid/Kunz, a.a.O.).

2. Die Formulierung des Zeugnisses ist dem Grundsatz nach allein Sache des Arbeitgebers; die Wahl bestimmter Ausdrücke kann ihm der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht vorschreiben. Weder Wortwahl noch Satzstellung noch Auslassungen dürfen jedoch dazu führen, daß bei Dritten – der Wahrheit nicht – entsprechende Vorstellungen erweckt werden (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”). Das Zeugnis darf nicht mit Merkmalen (Geheimzeichen) oder mit geheimen bzw. verschlüsselten Kennzeichen oder Formulierungen versehen werden, welche den Zweck haben, den Arbeitnehmer in einer aus dem Wortlaut des Zeugnisses nicht ersichtlichen Weise zu charakterisieren (§ 113 Abs. 3 GewO). Genügt das Zeugnis diesen Anforderungen, ist es selbst dann nicht unvollständig, wenn der Arbeitgeber sich darauf beschränkt, einzelne Leistungsgesichtspunkte besonders herauszustreichen oder die Gesamtleistung des Arbeitnehmers zusammenfassend zu bewerten. Es hängt von der Position des Arbeitnehmers ab, welche Leistungsgesichtspunkte unter Umständen besonders zu beurteilen sind (siehe dazu Berscheid, WPrax Heft 17/1994, S. 2, 5).

2.1. Verwirft der Arbeitnehmer das erteilte Zeugnis, so ist durch Urteil festzulegen, welches Zeugnis mit welchem Wortlaut vom Arbeitgeber zu erteilen ist (LAG Hamm v. 13.02.1992 – 4 Sa 1077/91, LAGE § 630 BGB Nr. 16). Dabei hat das Gericht die Leistungen des Arbeitnehmers festzustellen, sie nach objektiven Maßstäben zu bewerten und gegebenenfalls ein Zeugnis zu formulieren (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”; BAG v. 24.03.1977, AP Nr. 12 zu § 630 BGB = AR-Blattei ES 1850 Nr. 20 = “Zeugnis: Entsch. 20” = EzA § 630 BGB Nr. 9). Das Gericht hat bei der Fassung des Zeugnisses die Grundsätze zu beachten, die ein verständiger und gerecht denkender Arbeitgeber angewandt hätte, wenn er den Arbeitnehmer zu beurteilen gehabt hätte. Das Zeugnis ist also nach Form und Stil objektiv abzufassen, wobei der Verkehrssitte Rechnung zu tragen ist, die mit bestimmten Formulierungen (»er hat sich bemüht?«) den Ausdruck des Tadels verbindet oder in Zeugnissen bestimmter Arbeitnehmergruppen die Attestierung gewisser Eigenschaften verlangt, denn der neue Arbeitgeber wird regelmäßig davon ausgehen, daß der Arbeitnehmer diejenigen Qualitäten besitzt, die diesem nach der als innegehabt ausgewiesenen, beruflichen Stellung beizumessen sind (Bischoff, ‘Die Haftung gegenüber Dritten für Auskünfte, Zeugnisse und Gutachten’, Dissertation, 1971, S. 228, m.w.N.). Der jeweilige Berufskreis schließt aus dem bezeugten Berufsbild auf das Vorliegen der Normaleigenschaften, besonders gelobter Qualitäten und bei gehobenen Berufen auf positiv bezeugte Sonderqualitäten (Bischoff, a.a.O.). Normaleigenschaften gelten um so selbstverständlicher als vorhanden, je mehr die sonstigen Eigenschaften gelobt sind, sie werden eher in Frage gestellt durch sonst knappe, zurückhaltende Formulierungen (Bischoff, a.a.O.).

2.1.1. Das Zeugnis soll einerseits dem Arbeitnehmer als Unterlage für Bewerbungen dienen; seine Belange sind gefährdet, wenn er unterbewertet wird. Daher muß das Zeugnis wohlwollend sein, um ihm den ferneren Lebens- und Arbeitsweg nicht zu erschweren (BAG v. 08.02.1972, AP Nr. 7 zu § 630 BGB = EzA § 630 BGB Nr. 3). Es soll andererseits einem Dritten, der die Einstellung des Zeugnisinhabers erwägt, zur Unterrichtung dienen; seine Belange sind gefährdet, wenn der Arbeitnehmer überbewertet wird. Das Zeugnis muß daher wahr sein (BAG v. 05.08.1976, AP Nr. 10 zu § 630 BGB [Schnorr von Carolsfeld] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 17 = “Zeugnis: Entsch. 17” = EzA § 630 BGB Nr. 8). Die Forderung nach “verständigem Wohlwollen” hat dort ihre Grenze, wo sich das Interesse des künftigem Arbeitgebers oder Kreditgebers an der Zuverlässigkeit der Grundlagen für die Beurteilung des Arbeitsuchenden ohne weiteres aufdrängt (BGH v. 26.11.1963, AP Nr. 10 zu § 826 BGB), denn es darf bei allem Wohlwollen in einem Zeugnis nichts Unwahres geschrieben werden. Der Arbeitnehmer darf also nicht “weggelobt” werden (Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2501). Dies gilt vornehmlich auch in den Fällen, in denen sich ein ausgeschiedener Arbeitnehmer selbständig macht und sein günstig ausgestelltes Arbeitszeugnis als Kreditwürdigkeitsempfehlung einsetzt (Berscheid, HwB AR, 1980 “Zeugnis” Rz. 31). Die Zeugniswahrheit hat als oberster Grundsatz des Zeugnisrechts den zentralen Interessengegensatz zwischen verständigem Wohlwollen zum Zweck des Fortkommens einerseits und zuverlässiger Unterrichtung zum Zweck der Auslese andererseits auszugleichen (vgl. Presch, ‘Verdeckte Beurteilungen in qualifizierten Arbeitszeugnissen: Beschreibung, Erklärung, Änderungsvorschläge’, in: Januschek [Hrsg.], Politische Sprachwissenschaften, Opladen 1984, S. 307, 335). Sie steht gegenüber diesem primären Gegensatz insofern in einem abgeleiteten, also sekundären Spannungsverhältnis, als sie mögliche interessenegoistische Überschüsse von beiden Seiten einzudämmen hat (Presch, a.a.O.). Wegen dieser Wahrheitspflicht dürfen nur nachprüfbare Tatsachen, dagegen keine Behauptungen, Annahmen oder Verdachtsmomente im Zeugnis enthalten sein (LAG Bremen v. 16.09.1953, AP 1954 Nr. 152). Dabei dürfen einmalige Vorfälle oder Umstände, die für den Arbeitnehmer, seine Führung und Leistung nicht charakteristisch sind, seien sie für ihn vorteilhaft oder nachteilig, nicht enthalten sein, selbst wenn sie zur Lösung des Arbeitsverhältnisses geführt haben (BAG v. 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB [A. Hueck] = AR-Blattei ES 1850 Nr. 3 = “Zeugnis: Entsch. 3”; vgl. auch LAG Düsseldorf/Köln v. 09.03.1954, DB 1954, 371).

2.1.2. Damit wird allerdings – was dem Verkehr geläufig ist – die Information verschleiert: Der Leser muß dann auch den unter dem Lob versteckten Tadel heraushören können (Bischoff, a.a.O., § 9 II 2 a, S. 215, m.w.N.; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2506). Soweit dabei verschlüsselte Zeugnisformulierungen verwendet werden, handelt es sich um ständig wiederkehrende floskelhafte Sätze, die wohlwollender klingen, als sie gemeint sind (BAG v. 12.08.1976, AP Nr. 11 zu § 630 BGB [K. Schleßmann] = EzA § 630 BGB Nr. 7). Der betroffene Arbeitnehmer glaubt in diesen Fällen, daß seine Leistungen gebührend gewürdigt seien, jedoch ist sein Bedürfnis nur scheinbar befriedigt: Er weiß weder, daß auch die positiven Formulierungen Disqualifikationen darstellen können, noch kennt er den Informationswert, den das Zeugnis anhand der nicht erwähnten Tatsachen enthält. Die scheinbar lobenden Bemerkungen lassen ihn ferner glauben, er habe für die künftigen Bewerbungen oder Kreditgesuche eine gute Empfehlung zur Hand. Auch wenn sich der Arbeitgeber bei der Formulierung des Zeugnisses der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen soll (LAG Düsseldorf v. 30.01.1956, AR-Blattei ES 1850 Nr. 2 = “Zeugnis, Entsch. 2”), so haben die Gerichte, wenn sie ein Zeugnis neu formulieren müssen, bei der Wort- und Ausdruckswahl größeren Wert auf Transparenz zu legen, denn entscheidend ist, daß jeder, der das Zeugnis sieht, die im wesentlichen gleichen Vorstellungen vom Zeugnisinhaber bekommt (Bischoff, a.a.O., § 9 II 2 a, S. 215). Der Leser darf nicht harmlos oder positiv klingenden Formulierungen aufsitzen (Presch/Gloy, Verschlüsselte Formulierungen in Arbeitszeugnissen, in Sprachnormen II, Reihe “problemata” Band 47, 1976, S. 177; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2508), noch dürfen negative Eigenschaften durch die Wort- und Ausdruckswahl in ihr Gegenteil verkehrt werden, so daß zum Beispiel einem Metzgerlehrling, der Knochen entwendet hat, nicht bescheinigt werden darf, er sei »getreu bis auf die Knochen« (Bischoff, a.a.O.).

2.2. Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muß sich nach dem Gesetz über die folgenden vier Punkte verhalten (Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2332; Huber, a.a.O., S. 23 f.), nämlich über

– die Dauer des Arbeitsverhältnisses,

– die Art des Arbeitsverhältnisses,

– die Leistungen des Arbeitnehmers,

– die Führung des Arbeitnehmers.

Das qualifizierte Zeugnis enthält demnach stets die im einfachen Zeugnis enthaltenen Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung. Das folgt schon aus dem Wortlaut der hier einschlägigen Vorschrift des § 113 Abs. 1 GewO. Das Zeugnis ist auf Führung und Leistung auszudehnen (§ 113 Abs. 2 GewO). Selbst auf Wunsch des Arbeitnehmers darf es sich nicht ausschließlich auf Führung oder Leistung beschränken LAG Frankfurt/Main v. 23.01.1968, AP Nr. 5 zu § 630 BGB). Dies gilt sowohl bei einem Schlußzeugnis (LAG Hamm v. 01.12.1994 – 4 Sa 1631/94, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25) als auch bei einem Zwischenzeugnis (LAG Hamm v. 08.07.1993 – 4 Sa 171/93, n.v.). Es reicht nicht aus, daß sich aus der positiven Leistungsbeurteilung gewisse positive Rückschlüsse auf die Führung des Arbeitnehmers schließen lassen (LAG Düsseldorf v. 30.05. 1990, LAGE § 630 BGB Nr. 10).

2.2.1. Arbeitgeber und Gericht haben nicht nur die Zeugnissprache, sondern auch die gebräuchliche Gliederung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert (Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2365). Welche Grundelemente ein qualifiziertes Zeugnis enthalten muß, ist in dem einen oder anderen Punkte noch umstritten. Es müssen nicht in jedem Zeugnis alle Gesichtspunkte ausführlich enthalten sein, sondern sie können auch zusammengefaßt werden. Allgemein enthält ein qualifiziertes Schluß- bzw. Zwischenzeugnis, wie die erkennende Kammer wiederholt entschieden hat (LAG Hamm v. 21.12.1993 – 4 Sa 880/93, AR-Blattei ES 1850 Nr. 36 [Grimm] = BB 1995, 154; LAG Hamm v. 12.07.1994 – 4 Sa 192/94, LAGE § 630 BGB Nr. 27; LAG Hamm v. 12.07.1994 – 4 Sa 564/94, LAGE § 630 BGB Nr. 26; LAG Hamm v. 01.12.1994 – 4 Sa 1631/94, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25; LAG Hamm v. 27.02.1997 – 4 Sa 1691/96, NZA-RR 1998, 151; LAG Hamm v. 28.08.1997 – 4 Sa 1926/96, NZA-RR 1998, 490), folgende Grundelemente (siehe dazu auch Weuster, AiB 1992, 327, 331; Huber, a.a.O., S. 45; Berscheid, HwB AR, 1980 “Zeugnis” Rz. 36; ders., WPrax Heft 21/1994, S. 3 ff.; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2368):

Firmenbogen

Firmenbriefkopf

Angaben zum Arbeitgeber

Überschrift

(Schluß-)Zeugnis

Zwischenzeugnis

Ausbildungszeugnis

Praktikantenzeugnis

Eingangsformel

Personalien des Arbeitnehmers

Akademische Titel

Dauer des Arbeitsverhältnisses

Vordienst- oder Ausbildungszeiten

Unterbrechungen der Beschäftigung

Aufgabenbeschreibung

Unternehmen/

Branche

Hierarchische Position

(Kompetenzen/Verantwortung)

Berufsbild/

Berufsbezeichnung

Aufgabengebiet

Art der Tätigkeit

Berufliche

Entwicklung

Leistungsbeurteilung

Arbeitsbefähigung

(Können)

Arbeitsbereitschaft

(Wollen)

Arbeitsvermögen

(Ausdauer)

Arbeitsweise

(Einsatz)

Arbeitsergebnis

(Erfolg)

Arbeitserwartung

(Potential)

Herausragende Erfolge oder Ergebnisse

(Patente — Verbesserungsvorschläge)

Zusammenfassende Leistungsbeurteilung

(Zufriedenheitsaussage — Erwartungshaltung)

Führungsleistung

(nur bei Führungskräften)

Abteilungsleistung

Gruppenleistung

Mitarbeitermotivation

Betriebsklima

Verhaltensbeurteilung

Vertrauenswürdigkeit

(Loyalität — Ehrlichkeit)

Verantwortungsbereitschaft

(Pflichtbewußtsein — Gewissenhaftigkeit)

Sozialverhalten

(Zusammenfassende Führungsbeurteilung)

Verhalten zu

Vorgesetzten

Verhalten zu

Gleichgestellten

Verhalten zu

Untergebenen

Verhalten zu

Dritten (Kunden)

Beendigungsmodalität

(bei Schlußzeugnis)

Zeugnisvergabegrund

(bei Zwischenzeugnis)

Schlußformel

(bei Schlußzeugnis)

Dankes-Bedauern-Formel

(Wiedereinstellungszusage)

Zukunftswünsche

(Einstellungsempfehlung)

Aussteller

Ort — Datum

Unterschrift (ggf. Vertretungsbefugnis)

Da die Klägerin den gerichtlichen Vergleichsvorschlag ohne Anerkennung einer Rechtspflicht akzeptiert hat, sind vorliegend nach der Antragsänderung durch den Beklagten noch das Datum der Erteilung der Prokura, die Bewertung des Sozialverhaltens des Beklagten und die Beendigungsformel im Streit.

2.2.2. Die Angabe von Vollmachten in einem Zeugnis ist für die Darstellung der Kompetenzen und der Verantwortung des Arbeitnehmers wichtig. Sie lassen Rückschlüsse auf seine Stellung im Betrieb und seine hierarchische Position zu. Bei der Darstellung der handelsrechtlichen Vollmachten geht es in erster Linie darum, ob ein Arbeitnehmer Generalvollmacht, Abschlußvollmacht (§ 55 Abs. 1 HGB), Handlungsvollmacht (§ 54 Abs. 1 HGB) oder Prokura (§ 48 Abs. 1 HGB) hatte. Beschränkungen der handelsrechtlichen Vollmachten – wie bspw. Gesamtprokura (§ 48 Abs. 2 HGB) oder Filialprokura (§ 50 Abs. 3 HGB) – sind ebenfalls zu erwähnen (LAG Hamm v. 04.12.1997 – 4 Sa 2376/96, n.v.). Zeitliche Beschränkungen der Vertretungsmacht bedürfen ebenso der Erwähnung wie der Umstand, daß sie ohne Widerruf bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestanden hat. Bestand z.B. eine Prokura nicht während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses, so hat der Arbeitnehmer grundsätzlich nur Anspruch auf entsprechenden Hinweis unter exakter Zeitangabe, also unter Angabe von Beginn und Ende der Prokura (LAG Baden-Württemberg vom 19.06.1992, LAGE § 630 BGB Nr. 17 = DB 1993, 1040 [Pfleger] = NZA 1993, 127; krit. dazu H. Schleßmann, Das Arebitszeugnis, 15. Aufl. 1998, S. 59). Das von der Klägerin ursprünglich erteilte Zeugnis ist insoweit unvollständig, wie die Angaben über den Zeitpunkt der Erteilung der Einzelprokura an den Beklagten fehlen. Unstreitig ist dem Beklagten von der Klägerin mit Wirkung vom 01.02.1984 Einzelprokura erteilt worden. Dies ist bedeutsam, da die Erteilung der Prokura nach einem Jahr Tätigkeit als Betriebsleiter für den beruflichen Aufstieg wichtig ist. Auch die Dauer der Prokura ist wichtig, so daß das Zeugnis um das Datum ihrer Erteilung zu ergänzen war.

2.2.3. Mit “Führung” wird das allgemeine Verhalten, die Fähigkeit, mit anderen zusammenzuarbeiten, die Vertrauenswürdigkeit, Verantwortungsbereitschaft und die Beachtung betrieblicher Ordnung angesprochen (Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2455). Unter die Führung fällt das dienstliche Verhalten, außerdienstliches nur, soweit es das erstere beeinflußt (z.B. bei einem Kassierer seine Verschwendungssucht). Mit anderen Worten, mit “Führung” ist nicht etwa die sozialethische Führung des Arbeitnehmers zu verstehen, sondern dessen Sozialverhalten, seine Kooperations- und Kompromißbereitschaft, gegebenenfalls sein Führungsverhalten und -stil. Gemeint ist hier ein zusammenfassendes Urteil über die Eigenschaften und das gesamte dienstliche Verhalten des Arbeitnehmers, also um das betriebliche Zusammenwirken, nämlich sein Verhalten zu Vorgesetzten, gleichgeordneten Arbeitskollegen, nachgeordneten Mitarbeitern, aber auch gegenüber Kunden (Berscheid, WPrax Heft 22/1994, S. 9, 10; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2462; Huber, a.a.O., S. 64). Es ist wichtig, daß alle Verhaltensrichtungen beurteilt werden, da Auslassungen – bspw. Nichterwähnung einer Gruppe – Rückschlüsse auf Verhaltens-, Anpassungs-, Kontakt- oder Führungsschwierigkeiten zulassen. In der Zeugnissprache spricht man von einem “beredtem Schweigen” (BGH v. 22.09.1970, AP Nr. 16 zu § 826 BGB [E. Wolf] = LM Nr. 7 zu § 826 [Gb] BGB = AR-Blattei ES 1850 Nr. 9 = “Zeugnis: Entsch. 9” = SAE 1972, 35 [Gitter]). Zum Beurteilungsrahmen des Sozialverhaltens gehört auch das Fehlverhalten des zu Beurteilenden. Die Bewertung kann von vielen Faktoren abhängig sein wie z.B. die eigene Einstellung des Beurteilers gegenüber Mitmenschen, seine Erfahrungen, die Erwartungshaltung. Dabei ist zu beachten, daß sich persönliche Animositäten und Feindschaften in einem Zeugnis nicht niederschlagen dürfen. Das vielleicht zur Person des Beurteilers bestehende, gespannte Verhältnis darf sich nicht auf die Gesamtbeurteilung durchschlagen, wenn der Arbeitnehmer im übrigen mit anderen Personen gut ausgekommen ist.

2.2.3.1. Bei der Bewertung der Führung kommen zusammenfassende Beurteilungen vor. Hier ist aber meist wichtiger, ob alle drei bzw. vier Bereiche (Vorgesetzte, Arbeitskollegen, Untergebenen und Kunden) bewertet werden oder ob durch eine Leerstelle, d.h. Nichterwähnung einer Gruppe, Schwierigkeiten in diesem Bereich wie folgt angedeutet werden (Berscheid, HwB AR, 1980 “Zeugnis” Rz. 166; ders., WPrax Heft 17/1994, S. 2, 7; Berscheid/Kunz, a.a.O., Teil 4 Rz. 2525; ähnl. mit weiteren Differenzierungen Huber, a.a.O., S. 200 f.; H. Schleßmann, a.a.O., S. 119 f.):

Sein/Ihr Verhalten zu Vorgesetzten, Arbeitskollegen, (Untergebenen) und Kunden

war stets vorbildlich =

war vorbildlich =

war stets einwandfrei =

war einwandfrei =

war ohne Tadel =

gab zu keiner Klage Anlaß =

Über … ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden =

sehr gute Führung.

gute Führung.

vollbefriedigende Führung.

befriedigende Führung.

ausreichende Führung.

mangelhafte Führung.

unzureichende Führung.

Vielfach wird auch (positiv) ausgedrückt, in welchem Maße der Arbeitnehmer bei Vorgesetzten, Kollegen und Geschäftspartnern geschätzt war (siehe dazu Huber, a.a.O., S. 200). Anstelle von »einwandfrei« kann auch »korrekt« stehen, da dieses Wort gleichen Aussagewert hat (ArbG Solingen v. 17.05.1990, ARST 1991, 77). Gleiches gilt – wie bei der Leistungsbeurteilung – für den Zeitfaktor. Hier kann das Wort »stets« auch durch die Worte »jederzeit« oder »immer« ersetzt werden (Berscheid, WPrax Heft 17/1994, S. 2, 6; ErfK-Müller-Glöge, § 630 BGB Rz. 88). Müssen die Gericht für Arbeitssachen im Rahmen eines Klageverfahrens ein Zeugnis selbst neu formulieren, so haben sie sich innerhalb der gestellten Anträge an die Zeugnissprache und die gebräuchlichen Führungsbewertungen zu halten sowie die Darlegungs- und Beweislast beachten. Will der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer im Schlußzeugnis lediglich eine durchschnittliche Führung bescheinigen, so genügt er seiner Darlegungspflicht, wenn er sich darauf beruft, daß er sich von dem Arbeitnehmer aus verhaltensbedingten Gründen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag getrennt hat. Will er ihm dagegen nur unterdurchschnittliche Leistungen bescheinigen, so muß er darlegen und ggf. beweisen, daß das Verhalten des Arbeitnehmers fehlerhaft gewesen ist Will andererseits der Arbeitnehmer eine gute Führungsbewertung im Zeugnis haben, muß er darlegen und ggf. nachweisen, inwieweit sein Verhalten diese Anerkennung verdient. Im Zeugnisberichtigungsprozeß besteht hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast keine Veranlassung, von den Grundsätzen abzugehen, wonach derjenige die über- oder unterdurchschnittliche Leistung darzulegen und zu beweisen habe, der sich hierauf beruft.

2.2.3.2. Der Arbeitgeber muß die zusammenfassende Führungsbewertung nicht für alle vier Bereiche (Vorgesetzte, Arbeitskollegen, Untergebenen und Kunden) gleichermaßen vornehmen. Er kann sie durchaus “splitten” und – soweit berechtigter Anlaß besteht – auch unterschiedlich ausfallen lassen (siehe dazu die Formulierungsvorschläge bei Huber, a.a.O., S. 201). Es bleibt ihm auch unbenommen, für einzelne Bereiche statt der zusammenfassenden Führungsbewertung eine Bewertung im “Klartext” vorzunehmen. Von daher gesehen ist es nicht zu beanstanden, daß die Klägerin anstelle der Formulierung:

“Sein Verhalten zur Geschäftsleitung und zu den Kunden war stets einwandfrei”,

eine Beurteilung, die der Note »vollbefriedigend« entspricht, die Formulierung gewählt hat:

“Aus dem Kreise der Kundschaft haben wir über die Arbeit von Herrn S… stets nur positive Reaktionen erhalten.”

Diese “freie” Formulierung, die die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung gleichermaßen erfaßt, ist weitaus positiver einzuschätzen und dürfte mindestens mit der Note »gut« zu übersetzen sein.

Auch die Mitarbeiterführung ist von der Klägerin positiv beurteilt worden. Sie hat dem Beklagten nämlich bescheinigt:

“Herr S… verstand es auch und gerade in der Hektik des Arbeitsalltages, Problemlagen, wie sie gerade bei der von ihm zu verantwortenden Überwachung von Fertigung und Montage nicht selten auftraten, durch seine ruhige und behutsame Art die Mitarbeiterführung erfolgreich zu bewältigen.”

Hier gehen zwar bei der Beurteilung des Verhältnisses zu den Untergebenen die Führungsleistung und die Verhaltensbeurteilung ineinander über, aber dies ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte kann insoweit nicht verlangen, daß die Klägerin ihm nochmals zusammenfassend bescheinigt:

“Sein Verhalten … zu den Mitarbeitern war stets einwandfrei.”

Es fehlt lediglich eine Bewertung des Sozialverhaltens des Beklagten im Verhältnis zu den gleichgestellten Arbeitskollegen. Die vom Buchhalter T..-… im ersten Berufungstermin vom 17.12.1998 geschilderten Unstimmigkeiten haben das Berufungsgericht bewogen, diesen Punkt als sog. “Leerstelle” zu belassen, da der Beklagten selbst gewisse Differenzen selbst hat einräumen müssen. Sein weiteres Vorbringen gibt keinen Anlaß, die eingenommene Position nochmals zu überdenken, zumal der Beklagte nur ganz allgemein auf sein Verhalten zu den “Mitarbeitern” und nicht ausdrücklich zu seinen “Arbeitskollegen” abstellt. Nachdem den Parteien das gerichtlich entwickelte Zeugnismuster im ersten Berufungstermin vom 17.12.1998 übergeben worden ist, hätte er hier sowohl in seinem Sachvortrag als auch in seinem Berufungsantrag auf die Unterscheidung zwischen “gleichgestellten” Arbeitskollegen und “untergebenen” Mitarbeitern eingehen müssen. Dies gilt um so mehr, als er vor Änderung seines Antrages bei der Ablehnung des gerichtlichen Vergleichsvorschlages selbst erkannt und auch gewürdigt hat, daß das ihm von der Klägerin unter 30.04.1996 erteilte Zeugnis sich auch über die Mitarbeiterführung verhält.

2.2.4. Unter Beendigungsgrund ist die Tatsache zu verstehen, aufgrund derer ein Arbeitsverhältnis aufgelöst wurde; er gibt Antwort auf die Frage, “warum” eine Partei gekündigt hat. Umstände, “wie” das Arbeitsverhältnis gelöst wird (also ob mit oder ohne Einhaltung der Kündigungsfrist), ist kein Beendigungsgrund in diesem Sinne, sondern stellt die Beendigungsmodalität dar (LAG Hamm v. 24.09.1985 – 13 Sa 833/85, LAGE § 630 BGB Nr. 1 = NZA 1986, 99). Bei einer Arbeitgeberkündigung gebietet es die Fürsorgepflicht, daß er bei einem Hinweis auf den Beendigungstatbestand bzw. auf die Beendigungsinitiative eine wohlwollende Formulierung wählt und bei einer betriebsbedingten Kündigung im Zeugnis den konkreten Grund (Auftragsrückgang, Rationalisierung, Geschäftsaufgabe etc.) erwähnt, wenn dies nicht zu dem ordentlichen Kündigungstermin geschieht und dadurch der Verdacht der fristlosen Entlassung erweckt wird (LAG Köln v. 29.11.1990, LAGE § 630 BGB Nr. 11).

Wünscht der Arbeitnehmer keine Angabe über den Beendigungsgrund, braucht er nicht hinnehmen, daß in seinem Zeugnis erwähnt wird, daß er wegrationalisiert worden ist (LAG Hamm v. 01.12.1994 – 4 Sa 1631/94, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25). Der Grund, der zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, ist im übrigen regelmäßig auf Verlangen des Arbeitnehmers in ein Zeugnis aufzunehmen (Berscheid, HwB AR, 1980 “Zeugnis” Rz. 69). Gemäß Ziff. 1 des vor dem Arbeitsgericht Rheine am 16.01.1995 (1 Ca 1605/95) geschlossenen Vergleichs steht fest, “daß die Kündigung sowohl unter betrieblichen Aspekten im Hinblick auf den Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers [jetzt: Beklagten] wie auch unter personenbedingten Gründen im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Klägers [jetzt: Beklagten] und seiner weiteren nicht absehbaren krankheitsbedingten Einsetzbarkeit am Arbeitsplatz erfolgte”.

Bei langfristigem krankheitsbedingtem Ausfall des Arbeitnehmers können Angaben über den Gesundheitszustand im Zeugnis gemacht werden, wenn das Arbeitsverhältnis durch die Erkrankung erheblich beeinflußt war (ArbG Hagen v. 17.04.1969, BB 1969, 676 = DB 1969, 886) und wenn durch ein Verschweigen das Zeugnis einen unrichtigen Inhalt erhalten oder doch zumindest einen unzutreffenden Gesamteindruck über die Persönlichkeit bzw. die Leistungs- und Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers erwecken würde (LAG Hamm vom 21.12.1993 – 4 Sa 1077/93, n.v.). Krankheitsbedingte Fehlzeiten, die für Leistung und Führung des Arbeitnehmers nicht charakteristisch sind, dürfen nicht im Zeugnis erwähnt werden (LAG Chemnitz v. 30.01.1996, AiB 1996, 505 [Weuster]). Vorliegend fehlen jegliche nachprüfbaren Angaben über den Gesundheitszustand des Beklagten und seine Einsetzbarkeit, so daß die Klägerin ihn insoweit nicht an die Ziff. 1 des gerichtlichen Vergleichs vom 16.01.1995 festhalten kann.

Als Beendigungsgrund bleibt mithin nur der betrieblich Aspekt im Hinblick auf den Wegfall des Arbeitsplatzes des Beklagten übrig. Die Klägerin hat die notwendigen Hintergrundinformationen selbst im Kündigungsschreiben vom 07.11. 1995 offengelegt, denn es heißt darin wörtlich:

“Die Gesellschafterversammlung hat Herrn C… S… mit Wirkung ab 01.01.1997 zum stellvertretenden Geschäftsführer bestellt. Er wird ab diesem Zeitpunkt einen Teil der bisher von Ihnen wahrgenommenen Funktionen übernehmen, nämlich die gesamte Betreuung des Kunden … & … Dieses vor allem auch im Hinblick auf die dort geplante europaeinheitliche Vorgehensweise. Die von Ihnen wahrgenommenen Aufgaben in der Produktion (insbesondere Kapazitäten, Termine) gehen ab 01.10.1997 auf Herrn M… zu A… über.

Der von Ihnen seit einiger Zeit in Angriff genommenen neuen Bereiche der öffentlichen Ausschreibungen und des Objektgeschäfts sollen nicht weiterverfolgt werden…”

Vor diesem Hintergrund war der Klägerin aufzugeben, als Beendigungsgrund in das dem Beklagten neu zu erteilende Zeugnis aufzunehmen, daß sie ihm “wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und im Hinblick auf die Tatsache, daß Familienmitglieder in die Geschäftsführung hineinwachsen sollen, … die Beendigung seiner Tätigkeit für unser Unternehmen zum 31.01.1996 vorschlagen” mußte.

3. Nach alledem war – wie aus der Urteilsformel ersichtlich – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen zu entscheiden.

3.1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1 , 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Quotelung erfolgte nach dem anteiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien. Da der Beklagte zunächst einen unbeschränkten Antrag und erst hernach die Zugum-Zug-Verurteilung der Klägerin geltend gemacht hat, liegt in dieser Antragsänderung ein Teilrücknahme der Berufung. Das Berufungsgericht sieht in Zugum-Zug-Verurteilung gegenüber der Vollverurteilung ein hälftiges Unterliegen. In der Sache selbst sind beide Parteien mit ihren gegenläufigen Vorstellungen nur zum Teil durchgedrungen, was wiederum jeweils als hälftiges Unterliegen anzusehen war. Daraus folgt eine Kostenquotelung von ¼ zu Lasten der Klägerin zu ¾ zu Lasten des Beklagten.

3.2. Der Streitwert war nach § 25 GKG i.V.m. § 10 Abs. 2 BRAGO i.V.m. §§ 3ff. ZPO für den Zeugnisanspruch auf die Höhe eines Monatsverdienstes festzusetzen (LAG Hamm v. 22.01.1980, AR-Blattei ES 1850 Nr. 22 = “Zeugnis: Entsch. 22”; LAG Düsseldorf v. 26.08.1982 EzA § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 18). Der Streitwertbeschluß hat mit der Urteilsformel verbunden werden können.

3.3. Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 1 ArbGG ist bei der vorliegenden Einzelfallgestaltung nicht ersichtlich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil findet mangels Zulassung die Revision nicht statt (§ 72 Abs. 1 ArbGG).

Die Nichtzulassung der Revision kann jedoch von der unterlegenen Partei nach Maßgabe des § 72 a ArbGG selbständig schriftlich durch

B e s c h w e r d e

beim Bundesarbeitsgericht (Hausanschrift 34119 Kassel-Wilhelmshöhe, Graf-Bernadotte-Platz 5; Postanschrift Postfach 410255, 34114 Kassel; Telefax: 0561/3106-867; ab 22.11.1999 Hausanschrift Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt; Postanschrift 99113 Erfurt; Telefax 0361/2636-2000) angefochten werden.

Die Beschwerdeschrift muß

binnen einer Notfrist von einem Monat

nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils bei dem Bundesarbeitsgericht eingegangen sein.

Die Beschwerde ist gleichzeitig oder

binnen einer Notfrist von zwei Monaten

nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich zu begründen.

Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung der Beschwerde nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Urteils zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Wird das Urteil nicht oder nicht wirksam zugestellt, so beginnen die vorgenannten Fristen spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach seiner Verkündung.

Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden. Die Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bleiben unberührt.

Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

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Die auf dieser Homepage wiedergegebenen Gerichtsentscheidungen bilden einen kleinen Ausschnitt der Rechtsentwicklung über mehrere Jahrzehnte ab. Nicht jedes Urteil muss daher zwangsläufig die aktuelle Rechtslage wiedergeben.

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Das Recht entwickelt sich ständig weiter. Stetige Aktualität kann daher nicht gewährleistet werden.

Die schlichte Wiedergabe dieser Entscheidungen vermag daher eine fundierte juristische Beratung keinesfalls zu ersetzen.

Für den fehlerhaften juristischen Gebrauch, der hier wiedergegebenen Entscheidungen durch Dritte außerhalb der Kanzlei Krau kann daher keine Haftung übernommen werden.

Verstehen Sie bitte die Texte auf dieser Homepage als gedankliche Anregung zur vertieften Recherche, keinesfalls jedoch als rechtlichen Rat.

Es soll auch nicht der falsche Anschein erweckt werden, als seien die veröffentlichten Urteile von der Kanzlei Krau erzielt worden. Das ist in aller Regel nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um einen allgemeinen Auszug aus dem deutschen Rechtsleben zur Information der Rechtssuchenden.

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