LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09

Oktober 6, 2020

LAG Hamm, Urteil vom 23.03.2010 – 14 SaGa 68/09

1. Soll nach einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht gelten, wenn das Vertragsverhältnis während der ersten zwölf Monate der Beschäftigung beendet wird, findet es keine Anwendung, wenn der Arbeitnehmer in dieser Zeit ausscheidet. Das gilt auch dann, wenn der Beginn der Beschäftigung im Vertrag auf ein bestimmtes Datum festgelegt wird, in einer im Vertragstext in Bezug genommenen Zusatzvereinbarung geregelt wird, dass das Arbeitsverhältnis (aufgrund einer vorherigen Tätigkeit als Geschäftsführer) schon seit einem früheren Zeitpunkt besteht, jedoch die Bestimmungen des Arbeitsvertrags ab dem im Vertragstext festgelegten Zeitpunkt gelten und das nunmehr vereinbarte Wettbewerbsverbot sich inhaltlich bezüglich Umfang, und Dauer vom vorher vereinbarten Wettbewerbsverbot unterscheidet.

2. Die Zusage einer Karenzentschädigung, bei der nach dem Vertragstext zur Berechnung der Höhe auf den Durchschnitt der Vergütungsleistungen innerhalb eines abweichend von § 74 Abs. 2, § 74 b Abs. 2 HGB bestimmten Zeitraums abgestellt und lediglich die Hälfte dieses Durchschnitts zugesagt wird, entspricht nicht der in § 74 Abs. 2 HGB vorgeschriebenen Höhe. Das gilt auch dann, wenn im Übrigen die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 74 ff. HGB gelten sollen.

3. Handelt es sich um eine Klausel in einem vom Arbeitgeber vorformulierten

Arbeitsvertrag, ist zumindest unklar im Sinne des § 305 c Abs. 2 BGB, ob eine

gesetzeskonforme Karenzentschädigung zugesagt wird. Dies führt zur Unverbindlichkeit des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots.
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 24. November 2009 (2 Ga 43/09) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision ist nicht zulässig.
Tatbestand

Die Klägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung vom Beklagten die Unterlassung von Wettbewerb.

Die Klägerin ist ein bundesweit tätiges Unternehmen für Personaldienstleistungen unter anderem auf den Gebieten Arbeitnehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung. Sie unterhält in verschiedenen Bundesländern mehrere Niederlassungen. Der Beklagte war seit dem 15. September 1999 auf der Basis eines GmbH-Geschäftsführervertrages vom 28. Juni 1999 (Anlage A 14 zur Berufungsbegründung vom 29. Januar 2010, Bl. 144 ff. d. A.), der mit der Firma A1 Z1 GmbH, damals noch in Gründung, abgeschlossen worden war, als Geschäftsführer tätig. § 4 GmbH-Geschäftsführervertrag enthielt unter der Überschrift “Nebentätigkeit/Wettbewerbsverbot” folgende Regelung:

1. Der Geschäftsführer wird seine ganze Arbeitskraft, Erfahrungen und Kenntnisse der Gesellschaft – vorbehaltlich in Abs. 2 genehmigter Tätigkeit – zur Verfügung stellen. An eine bestimmte Arbeitszeit ist er nicht gebunden. Er ist jedoch gehalten, jederzeit, wenn und soweit das Wohl der Gesellschaft es erfordert, zur Dienstleistung zur Verfügung zu stehen. Nebentätigkeiten sind dem Geschäftsführer nicht erlaubt.

2. Für die Dauer dieses Vertrages und dem darauffolgenden Jahr ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, in einem der Gesellschaft gleichartigen Betrieb innerhalb den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein Westfalen tätig zu sein, und zwar weder selbständig noch unselbständig, zu beraten oder in irgendeiner Form zu unterstützen, ein solches Unternehmen zu errichten oder sich an einem solchen Unternehmen zu beteiligen, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, weder gelegentlich noch gewerbsmäßig.

3. Für die Zeit des Bestehens des Wettbewerbsverbotes nach Ablauf des Vertrages verpflichtet sich die Gesellschaft zur Zahlung einer jährlichen Entschädigung in Höhe von 50 % des Jahresfestgehaltes, das der Geschäftsführer innerhalb der letzten 12 Monate vor seinem Ausscheiden bezogen hat. Die so errechnete Vergütung wird in monatlichen Teilbeträgen von 1/12 gezahlt.

4. Für jeden Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot zahlt der Geschäftsführer der Gesellschaft eine Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,00 DM. Weitergehende Schadensersatzansprüche der Gesellschaft bleiben hiervon unberührt.

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der A1 Z1 GmbH in B1. Aufgrund der von ihr beschlossenen Verschmelzung der A1 Z1 GmbH auf die Klägerin wurde der Beklagte ab 1. Januar 2009 als Niederlassungsleiter mit Sitz in B1 weiterbeschäftigt. Hierzu schlossen die Parteien einen Anstellungsvertrag vom 19. Januar 2009 (vgl. Anlage A 1 zur Antragsschrift, Bl. 9 ff. d. A.). Es handelt sich bei dem Vertrag um ein von der Klägerin für Neueinstellungen konzipiertes Formular. In dem Vertrag heißt es unter anderem:

§ 1

Beginn des Arbeitsverhältnisses

1.1 Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.01.2009 (s. Zusatzvereinbarung).

1.2 trifft nicht zu.

§ 9

Wettbewerbsverbot

9.1 Für die Dauer dieses Vertrages und der darauffolgenden zwei Jahre ist es dem/der Niederlassungsleiter/in nicht gestattet, unmittelbar oder mittelbar, selbständig oder unselbständig für ein Unternehmen tätig zu sein, das der Gesellschaft (insbesondere in den Bereichen Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsvermittlung, Outsourcing) in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg Konkurrenz macht, ein solches Unternehmen zu gründen, zu beraten, zu unterstützen oder sich daran zu beteiligen, und zwar weder unmittelbar noch mittelbar, weder gelegentlich noch gewerbsmäßig.

9.2 Das Wettbewerbsverbot gilt nicht für Beteiligungen an Unternehmen in Gestalt von Wertpapieren, die an Börsen gehandelt oder zum Zwecke der Kapitalanlage erworben werden.

9.3 Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gilt nicht, wenn das Vertragsverhältnis während der ersten 12 Monate der Beschäftigung beendet wird. Hierbei wird auf den Beendigungstermin abgestellt.

9.4 Für die Zeit des Bestehens des Wettbewerbsverbotes nach Ablauf des Vertrages verpflichtet sich die Gesellschaft zur Zahlung einer jährlichen Entschädigung in Höhe von 50 % der vertragsmäßigen Leistungen, die der/die Niederlassungsleiter/in innerhalb der letzten zwölf Monate vor seinem/ihrem Ausscheiden bezogen hat. Die so errechnete Vergütung wird in monatlichen Teilbeträgen vom 1/12 gezahlt.

9.5 Das Unternehmen kann bis zu Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten mit der Folge, dass es nach Ablauf eines Jahres seit Erklärung des Verzichts von den Verpflichtungen zur Zahlung der Entschädigung frei wird. Das Wettbewerbsverbot wird von den Parteien bereits jetzt einvernehmlich aufgehoben für den Zeitpunkt, an dem der/die Niederlassungsleiter/in in den Ruhestand tritt.

9.6 Im Übrigen gelten für das Wettbewerbsverbot die Vorschriften des HGB über Wettbewerbsverbote entsprechend (§§ 74 – 75 c HGB).

9.7 Für jeden Fall des Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot wird eine Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,00 € fällig. Schadensersatzansprüche der Gesellschaft bleiben hiervon unberührt.

Die in § 1.1 genannte Zusatzvereinbarung (vgl. Anlage A 1, Bl. 14 d. A.) hat folgenden Wortlaut:

Das Arbeitsverhältnis besteht bereits seit dem 15.09.1999. Mit Wirkung ab dem 01.01.2009 gelten die Bestimmungen des neuen Anstellungsvertrages vom 19.01.2009.

Der Beklagte war in seiner Funktion als Niederlassungsleiter zuständig für die Niederlassungen in B1 und M4. Hierfür erhielt er Einzelprokura, welche am 23. März 2009 in das Handelsregister eingetragen wurde.

Mit Schreiben vom 28. Juni 2009 (vgl. Anlage A 2 zur Antragsschrift vom 17. November 2009, Bl. 15 d. A.) kündigte der Beklagte das Anstellungsverhältnis mit der Klägerin zum 30. September 2009. Gleichzeitig bat er die Klägerin, ihn aus dem Wettbewerbsverbot zu entlassen. Er erklärte, er werde bei einem Kundenunternehmen der Klägerin, der Firma K2 P2 AG in N1 tätig werden. Sein Arbeitsplatz sei am Standort der P2 GmbH in N2. Es handele sich für ihn um eine einmalige Karrierechance. Das Unternehmen wolle künftig auch Aktivitäten auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung entfalten. Eine spätere Kooperation mit der Klägerin sei beabsichtigt. Er benötige deshalb eine Entlassung aus dem Wettbewerbsverbot.

Der Vorstand H1 der Klägerin schlug daraufhin mit Schreiben vom 8. September 2009 (Anlage A 3 zur Antragsschrift vom 17. November 2009, Bl. 16 f. d. A.) dem Beklagten vor, das Wettbewerbsverbot im Anstellungsvertrag im beiderseitigen Einvernehmen aufzulösen. Voraussetzung sei die Vereinbarung einer Kundenschutzklausel, die sowohl der Beklagte als auch dessen neue Arbeitgeberin akzeptieren solle. Nachdem der Beklagte sich damit zunächst einverstanden erklärt hatte und in der Unterzeichnung durch die Firma K2 P2 AG kein Problem sah, erklärte er später, er wisse nicht, ob die Firma die Kundenschutzvereinbarung unterzeichnen würde. Auf einer gemeinsamen Fahrt am 15. September 2009 erklärte der Beklagte gegenüber dem Vorstand H1, dass er am Nachmittag des Tages ein Gespräch mit dem zuständigen Vorstandsmitglied für Personal und Recht sowie dem Personalleiter haben werde. Am Folgetag teilte der Beklagte dem Vorstand H1 in einem Telefonat mit, dass die Firma K2 P2 AG nicht bereit sei, mit der Klägerin irgendwelche Vereinbarungen zu treffen. Der Beklagte erklärte weiter, er könne die Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung ja allein unterzeichnen. Er werde sicherlich keinerlei Daten über die Kunden der Klägerin weitergeben, für diese bestehe nicht ernsthaft die Gefahr einer Abwerbung von Kunden oder Arbeitnehmern.

Am 9. Oktober 2009 unterzeichneten der Vorstand H1 der Klägerin sowie der Beklagte eine auf den 29. September 2009 datierte Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung, welcher in der Anlage eine zwölfseitige Kundenliste beigefügt war. Die Vereinbarung hat folgenden Wortlaut (vgl. Anlage A 4 zur Antragsschrift vom 17. November 2009, Bl. 18 f.):

Zur Aufhebung der Wettbewerbsvereinbarung in § 9 des Anstellungsvertrages vom 19.01.2009 sowie des vorherigen Anstellungsvertrages ab 15.09.1999 und gleichzeitig zur Begründung einer Kundenschutzvereinbarung treffen die Parteien folgende Verabredungen:

Teil I: Aufhebung der Wettbewerbsvereinbarung

Das in den oben genannten Arbeitsverträgen zwischen der A1 P1 M1 AG und Herrn S1 S2 vereinbarte Wettbewerbsverbot wird hiermit im gegenseitigen Einvernehmen mit Wirkung zum 30.09.2009 (24.00 Uhr) aufgehoben.

Ab dem 01.10.2009 entfallen damit sämtliche wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Wettbewerbsverbot.

Herrn S2 wird mit Wirkung ab 01.10.2009 die Wettbewerbstätigkeit insoweit gestattet, als die zwischen den Parteien anderweitig getroffene Kundenschutzvereinbarung eingehalten wird.

Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung besteht nicht.

Auf alle sonstigen Ansprüche aus der Wettbewerbsvereinbarung wird verzichtet. Die jeweils andere Partei nimmt den Verzicht an.

Teil II: Begründung einer Kundenschutzvereinbarung

Herr S1 S2 verpflichtet sich gegenüber der A1 P1 M1 AG, es für einen Zeitraum von zwei Jahren – vom 01.10.2009 bis einschließlich 30.09.2011 – zu unterlassen, entweder für sich selbst oder für Dritte geschäftliche Kontakte im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung oder vergleichbarer Geschäfte wie Werkverträge, Dienstleistungsverträge etc. zu den von der A1 P1 M1 AG, Niederlassung B1 in den Jahren 2007, 2008 und 2009 belieferten Kunden aufzunehmen, herzustellen, zu unterhalten etc. Die Unterlassungspflicht bezieht sich insbesondere auf die Abwerbung und/oder Belieferung dieser Kunden für die K2 P2 AG und etwaige sonstige Arbeitgeber, Aufraggeber, Geschäftspartner etc. des Herrn S2. Maßgeblich ist die diesem Schreiben beigefügte Kundenliste der A1 P1 M1 AG Niederlassung B1 der Jahre 2007, 2008 und 2009. Ausgenommen von der Kundenschutzvereinbarung werden die Unternehmen K3 K2 GmbH, N1 und K3 G1 GmbH, S5. L2 R1. Herr S1 S2 verpflichtet sich, für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 30.000,00 EUR (in Worten: dreißigtausend Euro) an die A1 P1 M1 AG zu zahlen. Die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs wird ausgeschlossen. Ansprüche auf Schadensersatz bleiben von der Vertragsstrafe unberührt.

Teil 3: Sonstige Vereinbarungen

Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und/oder Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen der Schriftform.

Sollte eine oder sollten mehrere Bestimmungen dieser Vereinbarung unwirksam sein, so wird dadurch die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Die Parteien verpflichten sich, die unwirksame Bestimmung durch eine wirksame Bestimmung zu ersetzen, die dem gewollten Zweck am nächsten kommt.

Seit dem 1. Oktober 2009 ist der Beklagte für die B4 N4 B.V. als Vertriebsleiter N5 beschäftigt. Das Unternehmen gehört zu der sogenannten B4-Gruppe. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss mehrerer Unternehmen auf dem Gebiet der Personaldienstleistungen. Die B4-Gruppe ist unter anderem in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz tätig. Die B4 P4 GmbH hat ihren Sitz in K4. Diese betreibt eine Niederlassung in E1. Dort ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Klägerin, Herr J1 S6, tätig. Der Beklagte besitzt in der Niederlassung E1 ein Büro. Anlässlich von Vorstellungsgesprächen der bei der Klägerin beschäftigten Mitarbeiter K5 und F2 in der Niederlassung E1 bei Herrn S6 kam es auch zu persönlichen Kontakten mit dem Beklagten. Beide Mitarbeiter waren bei einem Kundenunternehmen der Klägerin, der Firma H6 S7 GmbH in E1, eingesetzt. Dieses Unternehmen hat die Klägerin inzwischen verloren. Der weitere dort von der Klägerin eingesetzte Mitarbeiter R3 hat sein Arbeitsverhältnis bei ihr zum 7. November 2009 gekündigt.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 hat die Klägerin die Vereinbarung vom 29. September 2009 wegen arglistiger Täuschung angefochten (vgl. Anlage A 9 zur Antragsschrift Bl. 46 ff. d. A.) Das Anfechtungsschreiben wurde dem Beklagten am 2. November 2009 zugestellt.

Die Klägerin hat zunächst beim Arbeitsgericht Bochum (2 Ca 2892/09) mit der am 5. November 2009 eingegangenen Klageschrift eine Klage auf Zahlung der in § 9.7 vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe von 100.000,00 € erhoben, welche sie nach dem Gütetermin am 17. Dezember 2009 mit einem am 29. Dezember 2009 eingegangenen Schriftsatz um die Anträge auf Unterlassung der Tätigkeit für die B4-Gruppe sowie die Erteilung diverser Auskünfte über die derzeitige Tätigkeit des Beklagten, seine Kontakte zu Kunden der Klägerin sowie über seinen Verdienst bei dem neuen Arbeitgeber erweitert hat. Kammertermin ist für den 20. April 2010 bestimmt.

Mit ihrer am 18. November 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift begehrt die Klägerin die Untersagung der Tätigkeit des Beklagten für die B4-Gruppe. Sie ist der Auffassung, dass sie aufgrund des Verhaltens des Beklagten von ihm arglistig getäuscht worden sei. Diese Täuschung habe sie zum Abschluss der Vereinbarung vom 29. September 2009 erst veranlasst. Deren wirksame Anfechtung führe zur Wiederherstellung des § 9 des Anstellungsvertrages vereinbarten Wettbewerbsverbots. Hiergegen habe der Beklagte verstoßen. Er habe bereits vor seinem Ausscheiden persönliche Gespräche mit der Mitgesellschafterin Sperling geführt und mit ihr vereinbart, dass die Firma H6 S7 GmbH zukünftig mit der B4-Gruppe arbeiten werde. An die Mitarbeiter K5 und F2 sei der Beklagte persönlich herangetreten, um sie zu einem Wechsel zu bewegen, insbesondere durch die Zusage höherer Stundenlöhne. Auch der Kündigung des Mitarbeiters R3 habe zweifellos ein Beschäftigungsangebot der B4-Gruppe zugrunde gelegen.

Die Klägerin hat beantragt,

dem Antragsgegner bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zum 30. September 2011 zu untersagen, irgendeine unmittelbare oder mittelbare, selbständige oder unselbständige, beratende oder unterstützende Tätigkeit für ein Unternehmen der B4-Gruppe, insbesondere die B4 P4 GmbH, N3 1, 56789 K4, zu entfalten, insbesondere die Anwerbung von Kunden und Arbeitnehmern für die Geschäftszweige Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsvermittlung und Outsourcing in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, des weiteren insbesondere die Abwerbung von Kunden-Unternehmen und/oder Arbeitnehmern der Klägerin in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg.

Der Beklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Wettbewerbsverbot in § 9 Anstellungsvertrag vom 19. Januar 2009 sei schon wegen der fehlenden Differenzierung zwischen dem vertraglichen und dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unwirksam. Zum anderen beziehe sich das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf den Bereich “Outsourcing”, in dem die Klägerin nicht tätig sei. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsklausel sei ausgeschlossen, so dass sie insgesamt unwirksam sei. Darüber hinaus sei das Wettbewerbsverbot gemäß § 9.3 Anstellungsvertrag gar nicht wirksam geworden, das Arbeitsverhältnis sei während der ersten zwölf Monate des Vertrages beendet worden. Des Weiteren verstoße der Beklagte nicht gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot, weil er nicht im Vertragsgebiet der Klägerin tätig sei. Dort mache er keine Konkurrenz. Die Firma H6 S7 GmbH habe er nicht abgeworben. Der Beklagte habe auch die Mitarbeiter K5 und F2 nicht angesprochen, sondern nur bei ihrem Vorstellungsgespräch begrüßt. Des Weiteren besteht nach Auffassung des Beklagten kein Anfechtungsgrund. Er habe den Vorstand H1 weder um die Aufhebung des Wettbewerbsverbots gebeten noch die Klägerin arglistig getäuscht. Die unterlassene Mitteilung, bei der niederländischen B4 B.V. tätig zu werden, könne ihm nicht vorgeworfen werden. Richtig sei, dass er entgegen den ursprünglichen Überlegungen nicht bei der K2 P2 AG tätig geworden sei.

Das Arbeitsgericht hat in seiner angefochtenen Entscheidung den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Das Verhalten des Beklagten erfülle nicht den Tatbestand der arglistigen Täuschung. Eine Täuschung durch Schweigen wegen der unterlassenen Mitteilung des Wechsels zur B4-Gruppe könne nur dann relevant sein, wenn den Schweigenden eine Aufklärungspflicht treffe. Das sei nur der Fall, wenn besonders wichtige Umstände vorlägen, die für die Willensbildung des anderen Teils offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Die Beschäftigung des Beklagten bei der Firma K2 P2 AG habe für die Klägerin nicht den großen Stellenwert gehabt, den diese ihr jetzt beimesse. Sonst hätte sie die Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung nicht abgeschlossen, ohne dass diese auch von der Firma P2 mit unterzeichnet worden wäre. Darüber hinaus ergebe sich aus Nr. 6 der Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, der Beklagte könne nicht nur für die Firma K2 P2 AG tätig werden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Seite 5 f., Bl. 97 f. d. A.) Bezug genommen.

Das Urteil wurde der Klägerin am 3. Dezember 2009 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 7. Dezember 2009 eingelegte und mit dem am 29. Januar 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Die Klägerin hält die Bedenken des Arbeitsgerichts gegen die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots im Hinblick auf § 9.3 Anstellungsvertrag für unbegründet. Durch die Zusatzvereinbarung hätten die Parteien zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass die Vorbeschäftigungszeit des Beklagten als Geschäftsführers der A1 Z1 GmbH auf die Beschäftigungszeit als Niederlassungsleiter angerechnet werden und für alle Rechtsfragen, bei denen es auf die Dauer der Zusammenarbeit ankomme, der Stichtag 15. September 1999 maßgeblich sein solle. Dies gelte auch für § 9.3 Anstellungsvertrag. Hinsichtlich der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei es falsch, ausschließlich die Variante “Täuschung durch Schweigen” zu prüfen. Der Vorstand H1 sei nicht durch Schweigen, sondern durch vorsätzliches Handeln getäuscht worden sei. Diese Täuschung sei auch ursächlich für den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung gewesen. Die Aufnahme des Hinweises “etwaige sonstige Arbeitgeber” entstamme dem ersichtlichen Bemühen, die Kundenschutzvereinbarung möglichst umfassend zu formulieren. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass für die Entscheidung über die Aufhebung oder Beibehaltung des Wettbewerbsverbots eines langjährig im Vertrieb beschäftigten Mitarbeiters die Information über seinen neuen Arbeitgeber und seinen neuen Aufgabenkreis von entscheidender Bedeutung sei. Im Übrigen behauptet die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags, dass der Beklagte die von ihr dargelegten Wettbewerbsverstöße begangen habe. Abschließend vertritt sie die Auffassung, dass in dem Fall, dass eine Anfechtung der Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung ausscheide, der Beklagte es zumindest deswegen zu unterlassen habe, für einen Zeitraum von zwei Jahren geschäftliche Kontakte zu Kundenunternehmungen der Klägerin herzustellen und zu unterhalten. Hilfsweise sei er deshalb entsprechend zu verurteilen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum – 2 Ga 43/09 – vom 24. November 2009, zugestellt am 1. Dezember 2009, abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, es bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für den Fall der Zuwiderhandlung bis zum 30. September 2011 zu unterlassen, irgendeine unmittelbare oder mittelbare, selbständige oder unselbständige, beratende oder unterstützende Tätigkeit für ein Unternehmen der B4-Gruppe, insbesondere die B4 P1 S8 GmbH, N3 1, 56789 K4, zu entfalten, insbesondere die Anwerbung von Kunden und Arbeitnehmern für die Geschäftszweige Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsvermittlung und Outsourcing in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, des Weiteren insbesondere die Abwerbung von Kunden-Unternehmen und/oder Arbeitnehmern der Klägerin in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach Auffassung des Beklagten fehle es schon am Verfügungsgrund, weil die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist voll ausgeschöpft habe. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens verteidigt er Im Übrigen die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Abgesehen davon sei die Kundenschutzvereinbarung unwirksam, weil sie keine Karenzentschädigung vorsehe. Es handele sich dabei um ein nachvertragliches Wettbewerbsverbots. Im Übrigen bestreitet der Beklagte weiterhin, sich wettbewerbswidrig gegenüber der Klägerin zu verhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zur Glaubhaftmachung vorgelegten diversen eidesstattlichen Versicherungen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts am 24. November 2009 sowie des Landesarbeitsgerichts am 23. März 2009 Bezug genommen.
Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat – jedenfalls im Ergebnis – zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt.

1. Eine Anfechtung der Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann nicht aus den vom Arbeitsgericht genannten Gründen abgelehnt werden. Der substantiierte und vom Beklagten nicht bzw. nur pauschal bestrittene Vortrag der Klägerin umfasst bereits erstinstanzlich ausschließlich den Vorwurf, dass der Beklagte von sich aus durch wiederholt falsche Angaben über seine künftige Beschäftigung die Klägerin getäuscht und dadurch die Aufhebung des Wettbewerbsverbots erreicht hat. Maßgeblich für den Vorwurf der Klägerin ist nicht, dass der Beklagte die Mitteilung eines Wechsels zu einem unmittelbaren Wettbewerber unterlassen hat. Zwar trifft es nicht zu, dass den Beklagten eine Aufklärungspflicht trifft. Eine Nebenverpflichtung des Arbeitnehmers, mit dem der Arbeitgeber ein Wettbewerbsverbot vereinbart hat, diesen bereits vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitzuteilen, bei welchem Arbeitgeber er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses beschäftigt sein wird, besteht nicht (vgl. LAG Hamm, 1. Dezember 2009, 14 SaGa 59/09, juris) und lässt sich auch nicht vertraglich vereinbaren (vgl. BAG, 2. Dezember 1968, 3 AZR 204/67, AP HGB § 74 a Nr. 3; 26. Oktober 1978, 3 AZR 649/77, AP HGB § 75 a Nr. 3). Die Berechtigung, eine Auskunft über die spätere Beschäftigung nicht erteilen zu müssen, bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, von sich aus seinem Arbeitgeber eine nicht beabsichtigte Beschäftigung vorzuspiegeln, welche diesen wegen der daraus vermeintlich nicht bestehenden Konkurrenzsituation dazu veranlasst, ein vereinbartes Wettbewerbsverbot einvernehmlich aufzuheben.

2. Der Beklagte ist zur Unterlassung von Wettbewerb nicht verpflichtet, weil das in dem Anstellungsvertrag vom 19. Januar 2009 vereinbarte Wettbewerbsverbot gemäß § 9.3 Anstellungsvertrag nicht gilt.

a) Gemäß § 9.3 Anstellungsvertrag gilt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht, wenn das Vertragsverhältnis während der ersten zwölf Monate der Beschäftigung beendet wird. Laut § 1.1 Anstellungsvertrag beginnt das Vertragsverhältnis am 1. Januar 2009. Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2009 gekündigt. Zum Zeitpunkt der Beendigung mit Ablauf der Kündigungsfrist hat es noch keine zwölf Monate bestanden, das Wettbewerbsverbot galt noch nicht.

b) Etwas anderes folgt nicht aus der Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 19. Januar 2009, auf die in § 1.1 Anstellungsvertrag verwiesen wird. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich daraus bezüglich § 9.3 Anstellungsvertrag nicht eindeutig, dass Stichtag für alle Rechtsfragen, bei denen es auf die Dauer der Zusammenarbeit ankommt, der 15 September 1999 sein sollte.

aa) Nach § 1.1 Anstellungsvertrag beginnt “das Vertragsverhältnis am 01.01.2009”, § 9.3 Anstellungsvertrag nimmt auf “das Vertragsverhältnis” Bezug. Am Ende von § 1.1 Anstellungsvertrag wird auf die Zusatzvereinbarung verwiesen. Diese Zusatzvereinbarung enthält im Hinblick auf § 9.3 Anstellungsvertrag zwei widersprüchliche Regelungen. Zwar haben die Parteien darin vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 15. September 1999 besteht. Jedoch heißt es sodann ausdrücklich, dass mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 die Bestimmungen des neuen Anstellungsvertrages gelten. Dazu gehört § 9.3 Anstellungsvertrag.

(1) Satz 1 der Zusatzvereinbarung regelt, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit dem 15. September 1999 besteht. Diese Regelung ist eine Folge des Umstands, dass der Beklagte zuvor als Geschäftsführer tätig war. Ohne ausdrückliche Vereinbarung kam eine Anrechnung dieser Zeit nicht ohne Weiteres in Betracht. Für beide Parteien bestand im Hinblick auf die beabsichtigte weitere Zusammenarbeit ein in dieser Lage typisches Interesse, den Sachverhalt zu regeln. Das könnte dafür sprechen, dass grundsätzlich der Wille der Parteien darauf gerichtet war, für die Fragen, bei denen es auf die Beschäftigungsdauer ankommt, die Vorbeschäftigungszeit als Geschäftsführer für das Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Insbesondere im Hinblick auf die Frage des Kündigungsschutzes bestand hieran ein Interesse für einen Arbeitnehmer wie den Beklagten, der von einer Geschäftsführerposition in ein Arbeitsverhältnis wechselt und deswegen ein erhebliches Bedürfnis nach einer klaren Regelung der Anrechnung dieser Dienstzeit hat. Aber auch aus Sicht der Klägerin hatte eine solche Vereinbarung Sinn, weil aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit eine klare Regelung der Beschäftigungszeit auch für sie interessengerecht war. Bezogen auf das Wettbewerbsverbot ist es zudem nachvollziehbar, dass ein Arbeitgeber wie die Klägerin bei einer Führungskraft wie dem Beklagten ein typisches Interesse daran hat, bei einem Wechsel von der Position als Geschäftsführer in die eines Niederlassungsleiters mit vergleichbaren Verantwortungsbereich eine ohnehin bestehendes Wettbewerbsverbot fortzusetzen. Das spricht dafür, die in § 9.3 Anstellungsvertrag enthaltene Formulierung, “wenn das Vertragsverhältnis während der ersten zwölf Monate der Beschäftigung beendet wird”, dahin auszulegen ist, dass sie auch durch die gemäß § 1.1 Anstellungsvertrag in Verbindung mit Satz 1 der Zusatzvereinbarung zu berücksichtigende Beschäftigungszeit des Beklagten als Geschäftsführer erfüllt wird.

(2) Das ändert jedoch nichts daran, dass infolge von Satz 2 der Zusatzvereinbarung, wonach die Bestimmungen des neuen Anstellungsvertrags ab dem 1. Januar 2009 gelten, auch die Auslegung in Betracht kommt, dass für die Geltung des arbeitsvertraglichen Wettbewerbsverbots zunächst eine einjährige Tätigkeit als Niederlassungsleiter Voraussetzung sein sollte. § 9.3 Anstellungsvertrag gehört zu den in Satz 2 der Zusatzvereinbarung genannten neuen Bestimmungen. Für seine Anwendbarkeit sprechen die erheblichen inhaltlichen Abweichungen zu dem Wettbewerbsverbot, welches im GmbH-Geschäftsführervertrag enthalten ist. Der räumliche Geltungsbereich ist um das Bundesland Baden-Württemberg erweitert worden. Darüber hinaus wurden die Bereiche, in denen der Klägerin Konkurrenz gemacht werden kann, durch den Klammerzusatz “insbesondere in den Bereichen Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitsvermittlung, Outsourcing” konkretisiert. Weiter enthält das Wettbewerbsverbot im GmbH-Geschäftsführervertrag keine Regelung der Frage einer Beteiligung an konkurrierenden Unternehmen. Die zeitliche Geltungsdauer wurde von ein auf zwei Jahre verlängert. Dies bedeutet für einen Arbeitnehmer wie den Beklagten eine erhebliche zeitliche Ausweitung der Beschränkung seiner beruflichen Betätigung für den Fall des Ausscheidens aus dem Anstellungsverhältnis bei der Klägerin. Für die Klägerin folgte daraus eine erhebliche Erhöhung des Betrags der zu zahlenden Karenzentschädigung. Neben den inhaltlichen Änderungen des Wettbewerbsverbots unterlag auch die künftig beabsichtigte Tätigkeit als Niederlassungsleiter Veränderungen, insbesondere durch die Erweiterung des Verantwortungsbereichs um eine weitere Niederlassung im Bundesland Baden-Württemberg. Im Hinblick auf den letztlich nicht vollständig vergleichbaren Status als Geschäftsführer einerseits, als Niederlassungsleiter mit Einzelprokura andererseits erscheint es plausibel, diese neue Form der zudem arbeitsvertraglichen Zusammenarbeit dadurch für den Beklagten akzeptabler zu machen, dass er für einen begrenzten Zeitraum nicht dem inhaltlich veränderten und ihn stärker einschränkenden nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterlag. Dementsprechend kommt es auch in Betracht, die in § 9.3 Anstellungsvertrag enthaltene Formulierung, “wenn das Vertragsverhältnis während der ersten zwölf Monate der Beschäftigung beendet wird”, dahin auszulegen ist, dass hierfür gemäß § 1.1 Anstellungsvertrag in Verbindung mit Satz 2 der Zusatzvereinbarung als Beginn der Beschäftigung der 1. Januar 2009 maßgeblich ist.

bb) Bei der Regelung des § 9.3 Anstellungsvertrag handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Klägerin trägt selbst vor, dass es sich bei dem Anstellungsvertrag um ein Formular für Neueinstellungen handelt. Dementsprechend findet die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders gehen. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, 10 AZR 1/08, NZA-RR 2009, 576). Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305 c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a.a.O.; 20. Januar 2010, 10 AZR 914/08, juris). Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Unklarheit, die auf einer mehrdeutigen Auslegung der Vertragsklausel des § 9.3 Anstellungsvertrag beruht. Dass diese Unklarheit besteht, weil zur Auslegung eine weitere Vertragsklausel sowie eine Individualabrede heranzuziehen sind, führt nicht zu einer Widersprüchlichkeit dieser Bestimmungen.

cc) Anhaltspunkte dafür, welcher dieser beiden Auslegungen der Vorzug zu geben ist, bestehen nicht. Insoweit geht es gerade zu Lasten der Klägerin, dass sie das Naheliegende versäumt hat, nämlich aus dem von ihr verwendeten Formular § 9.3 Anstellungsvertrag zu streichen. Hierfür trägt sie als Verwenderin des Formulars die Verantwortung und die daraus resultierenden Folgen. Rechtsfolge des Verstoßes gegen die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB ist, dass als Zeitpunkt des Beginns der ersten zwölf Monate der Beschäftigung in § 9.3 Anstellungsvertrag der 1. Januar 2009 gilt. Angesichts der unklaren Regelung in der Zusatzvereinbarung kann die Klägerin sich nicht darauf berufen, dass die § 9.3 Anstellungsvertrag vorausgesetzte Zeit von zwölf Monaten bis zur Geltung des Wettbewerbsverbots aufgrund einer in Satz 1 der Zusatzvereinbarung vereinbarten Anrechnung der Beschäftigung ab 15. September 1999 bereits erfüllt ist. Dies führt dazu, dass zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Beklagten am 30. September 2009 ein wirksames Wettbewerbsverbot noch nicht bestand.

3. Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der in § 9.4 Anstellungsvertrag vereinbarten Karenzentschädigung.

a) Nach dem derzeitigen Stand ist eine der gesetzlichen Regelung des § 74 Abs. 2 HGB entsprechende Karenzentschädigung nicht zugesagt, mit der Folge, dass das Wettbewerbsverbot unverbindlich ist.

aa) Bei der Berechnung der gesetzlich geschuldeten Karenzentschädigung sind zwei Berechnungsmethoden zu unterscheiden. Hinsichtlich der festen Vergütungsbestandteile kommt es allein auf den letzten Monatsbetrag bzw. den letzten Zeitraum, der der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung zugrunde liegt, an. Hinsichtlich der variablen Gehaltsbestandteile wie zum Beispiel Provisionen ist gemäß § 74 b Abs. 2 HGB der Durchschnitt der letzten drei Jahre anzusetzen (Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 5. Auflage, Rn. 257 f. 266; Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 34. Auflage, 2010, § 74 b Rn. 3; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Boecken, HGB, 2. Auflage 2007, § 74 b Rn. 11 ff.; ErfK/Schaub/Oetker, 10. Auflage, 2010, § 74 b Rn. 3, 5; HWK/Diller 3. Auflage 2008, § 74 HGB Rn. 84 ff., § 74 b Rn. 5 ff., Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 13. Auflage, 2009, § 58 Rn. 74; HK-ArbR/Schütte/Schlegel, § 74 b HGB Rn. 11, 14 f.). Wegen der nach § 74 Abs. 2 HGB vorgegebenen Jahresbezogenheit sind bei festen Vergütungsbestandteile die letzten Monats-, Wochen- oder Tagesbezüge als die zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen mit dem entsprechenden Faktor (12, 52, 365) zu multiplizieren (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Boecken, a.a.O., § 74 b Rn. 11; ErfK/Schaub/Oetker, a.a.O., § 74 b Rn. 5; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, a.a.O.). Dementsprechend findet eine Tariferhöhung im letzten Monat vor dem Ausscheiden bei der Berechnung der gesetzlichen Karenzentschädigung im vollen Umfang bei den festen Vergütungsbestandteilen Berücksichtigung (Bauer/Diller, a.a.O.; Rn. 262; HWK/Diller, a.a.O., § 74 Rn. 86, § 74 b Rn. 5).

bb) Gerade der zuletzt genannte Gesichtspunkt verdeutlicht die abweichende Regelung, welche die Klägerin bei der Zusage der Karenzentschädigung aufgrund der von ihr vorformulierten Regelung in § 9.4 vorgenommen hat. Danach steht dem Beklagten als Karenzentschädigung ein Betrag in Höhe von 50 % der vertragsmäßigen Leistungen zu, die er innerhalb der letzten zwölf Monate vor seinem Ausscheiden bezogen hat. Anders als in dem von der erkennenden Kammer des Berufungsgerichts entschiedenen Fall (25. November 2008, 14 SaGa 41/08, juris) wird dem Wortlaut der Bestimmung nach zwar nicht auf den Durchschnitt der letzten zwölf Monate für die Berechnung Karenzentschädigung abgestellt. Allerdings lässt die von der Klägerin verwendete Klausel genau eine solche Auslegung zu. Maßgeblich für die Berechnung der Karenzentschädigung sollen die in dem Zeitraum von zwölf Monaten vor Ausscheiden bezogenen Leistungen sein. Dann liegt es aber nahe, dass die auch schon im GmbH-Geschäftsführervertrag vorgesehene Berechnungsmethode der Karenzentschädigung Anwendung finden sollte, wonach das in den letzten zwölf Monaten vor dem Ausscheiden bezogene Jahresentgelt Grundlage sein soll. Damit wird auf einen Durchschnittsbezug aus einem längeren, jedoch von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Zeitraum abgestellt. Es kommt weder hinsichtlich der bezogenen festen Vergütung ausschließlich auf den letzten Abrechnungszeitraum noch hinsichtlich der variablen Vergütungsbestandteile ausschließlich auf den Dreijahreszeitraum des § 74 b Abs. 2 HGB an. Zusagen, die für die Berechnung der Höhe der Karenzentschädigung auf den Durchschnitt der Vergütungsleistungen innerhalb eines abweichend von § 74 Abs. 2, § 74 b Abs. 2 HGB bestimmten Zeitraums abstellen und lediglich die Hälfte dieses Durchschnitts zusagen, sind aber unwirksam. Dass gilt für Zusagen wie “die Hälfte der Bezüge im Durchschnitt der letzten drei Jahre” (vgl. BAG, 5. August 1966, 3 AZR 154/66, AP HGB § 74 Nr. 19) oder die Hälfte “der während der letzten sechs Monate durchschnittlich erzielten Honorare” (vgl. Hess. LAG, 12. Juni 1995, 10 Sa 1159/94, juris). Die Zusage der Hälfte der “Durchschnittsbezüge der letzten zwölf Monate” oder der “zuletzt bezogenen Jahresvergütung” ist ebenso wenig ausreichend im Hinblick auf § 74 Abs. 2 HGB (vgl. Bauer/Diller a.a.O., Rn. 299; Gamerschlag, NJW 1989, 2870; a.A. Winterstein, NJW 1989, 1463, ). Die von der Klägerin verwendete Formulierung entspricht nicht dem gesetzlichen Leitbild des § 74 Abs. 2 HGB.

cc) Etwas anderes folgt nicht aus der unter § 9.6 enthaltenen Regelung, dass im Übrigen für das Wettbewerbsverbot die Vorschriften des HGB über Wettbewerbsverbote (§ 74 – 75 c HGB) entsprechend gelten sollen. Zwar wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart, wenn ausdrücklich keine Entschädigung für die Dauer des Wettbewerbsverbots zugesagt wird, die Parteien aber vereinbart haben, dass im Übrigen die gesetzlichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten sollen (vgl. BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, AP HGB § 74 Nr. 80). Dies gilt für die Höhe der zugesagten Karenzentschädigung selbst dann, wenn in der Vereinbarung nur ” die Hälfte der zuletzt erhaltenen Monatsbezüge” zugesagt wird und im Übrigen die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten sollen (vgl. BAG, 9. Januar 1990, 3 AZR 110/88, AP HGB § 74 Nr. 59). Wenn nicht besondere Umstände zu einer anderen Auslegung zwingen, ist anzunehmen, dass die Parteien eine rechtswirksame Wettbewerbsabrede treffen wollen und mit der Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB die Zahlung von Karenzentschädigung in gesetzlicher Mindesthöhe verabreden (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist durch den Aufbau der Regelung in § 9 Anstellungsvertrag ein anderes Auslegungsergebnis naheliegend. § 9.4 Anstellungsvertrag wird eine sowohl vom gesetzlichen Wortlaut als auch inhaltlich abweichende Regelung zu Höhe der Karenzentschädigung aufgrund der dort beschriebenen Berechnungsweise formuliert. Danach folgen Regelungen zum Verzicht auf das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sowie zur Aufhebung für den Zeitpunkt, in dem der Beklagte in Ruhestand tritt. Wenn danach in der vorletzten Nummer der Wettbewerbsvereinbarung bestimmt wird, dass im Übrigen die §§ 74 – 75 c HGB Anwendung finden sollen, legt schon der Wortlaut nahe, dass die gesetzlichen Bestimmungen nur dann Anwendung finden, soweit zuvor keine abweichende individuelle Vereinbarung getroffen wurde (vgl. BAG, 4. Juni 1985, 3 AZR 265/83, AP HGB § 74 Nr. 50; LAG Hamm, 25. November 2008, a.a.O.; LAG Düsseldorf, 10. Dezember 2002, 8 Sa 1151/02, NZA 2003, 570, ). Aus einer pauschalen Bezugnahme auf §§ 74 ff. HGB lässt sich für die Auslegung einer Klausel im Rahmen einer Wettbewerbsvereinbarung nichts herleiten (vgl. BAG, 5. September 1995, 9 AZR 718/93, AP HGB § 74 Nr. 67). In § 9.4 Anstellungsvertrag fehlt ein Bezug auf die zuletzt bezogene Vergütung, weil dort ausschließlich auf das Jahresentgelt abgestellt wird. Dann lässt sich anders als in dem vom BAG entschiedenen Fall (vgl. BAG, 9. Januar 1990, a.a.O.), in dem ein solcher Bezug in der Formulierung der Karenzentschädigungszusage enthalten war, aus der pauschalen Verweisung auf die §§ 74 ff. HGB nicht herleiten, dass die Klägerin die Karenzentschädigung in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe zusagen wollte. Ebenso wenig ist die Regelung in § 9.4 Anstellungsvertrag mit dem Fall vergleichbar, dass nur das Wettbewerbsverbot ausdrücklich vereinbart wird und sich die Zusage der Karenzentschädigung erst aus dem Verweis auf die §§ 74 ff. HGB ergibt (vgl. BAG, 28. Juni 2006, a.a.O.). Denn es fehlt gerade im Vertragstext an einer konkreten Bestimmung der Berechnung, welche im Widerspruch zur gesetzlichen Vorgabe steht. Dann bleibt es möglich, im Wege der Auslegung zu dem Ergebnis zu gelangen, dass ergänzend zum Wettbewerbsverbot das Gesetz und damit die dort vorgesehene Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe gelten sollen.

b) Darüber hinaus verstößt die vorformulierte Klausel in § 9.4 Anstellungsvertrag gegen § 305 c Abs. 2 BGB, was ebenfalls die Unverbindlichkeit des Wettbewerbsverbots zur Folge hat.

aa) Bei der Reglung in § 9.4 Anstellungsvertrag handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, auf welche die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB Anwendung findet.

Eine solche Unklarheit besteht hier. Selbst wenn man nicht das vorstehend genannte Auslegungsergebnis zu § 9.4 Anstellungsvertrag für eindeutig hält, scheidet auf der anderen Seite die Annahme aus, dass eindeutig eine Karenzentschädigung in gesetzlicher Höhe seitens der Klägerin dem Beklagten mit dieser Vertragsklausel zugesagt wurde. Denn sowohl das eine als auch das andere Auslegungsergebnis kommen ernsthaft in Betracht und keines verdient den klaren Vorzug (vgl. BAG, 10. Dezember 2008, a.a.O.).

Ist die Auslegung einer Wettbewerbsvereinbarung im Hinblick auf die Höhe der Karenzentschädigung mehrdeutig, weil sowohl eine § 74 Abs. 2 HGB entsprechende als auch nicht entsprechende Zusage vorliegen kann, geht die dadurch geschaffene Unklarheit, ob eine der Höhe nach gesetzeskonforme Karenzentschädigung vorliegt, gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des die Allgemeine Geschäftsbedingung verwendenden Arbeitgeber. Es ist dann von der Zusage einer zu niedrigen Karenzentschädigung auszugehen mit der Folge, dass das vereinbarte Wettbewerbsverbot zwar nicht nichtig, aber unverbindlich gemäß § 74 Abs. 2 HGB ist. (vgl. LAG Hamm, 25 November 2008, 14 SaGa 41/08, juris; 4. November 2008, 14 Sa 818/08, juris). Dementsprechend kann der Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nachvertraglich Wettbewerb betreiben, an das unverbindliche Wettbewerbsverbot ist er nicht gebunden.

bb) Soweit die Klägerin im Hinblick auf den erst im Termin erteilten Hinweis eine Schriftsatzfrist zu diesem Punkt beantragt hat, war dem nicht stattzugeben. Zum einen handelt es sich vorliegend um ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Zum anderen geht es um eine Rechtsfrage, die in der Literatur schon lange als problematisch behandelt wird (vgl. Bauer/Diller, a.a.O., Rn. 299; Gamerschlag, NJW 1989, 2870). Auch die Entscheidungen der erkennenden Kammer sind bereits Ende des Jahres 2008 ergangen. Unabhängig von den zuletzt genannten Entscheidungen bestand jedenfalls Veranlassung bei Abfassung des Anstellungsvertrages, die rechtliche Wirksamkeit der in § 9.4 des Anstellungsvertrags enthaltenen Klausel zur Höhe der Karenzentschädigung zu überprüfen, wenn bereits in einem Aufsatz aus dem Jahr 1989 das Abstellen auf das Jahresentgelt für problematisch erachtet wird.

4. Eine einstweilige Verfügung konnte auch nicht im Hinblick auf die Kundenschutzvereinbarung erlassen werden. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, Kunden und Arbeitnehmer der Klägerin in keiner Form zu kontaktieren.

Die Vereinbarung einer Kundenschutzklausel beschränkt den Arbeitnehmer in seiner beruflichen Betätigung. Eine solche Klausel ist nur zulässig, wenn eine Karenzentschädigung gemäß § 74 Abs. 2 HGB vereinbart wird. Eine solche Beschränkung der beruflichen Betätigung ist nichts anders als ein Wettbewerbsverbot. Der Arbeitnehmer wird dadurch gehindert, Wettbewerb im bereits bestehenden Kundenstamm des ehemaligen Arbeitgebers auszuüben (vgl. Bauer/Diller, a.a.O., Rn. 134 a, b, 147 ff. m.w.N.).

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine entschädigungslose Vereinbarung einer solchen Kundenschutzklausel aufgrund ihres auf die Unterbindung von Wettbewerb gerichteten Charakters gemäß § 74 HGB gesetzlich unzulässig. Es kommt nicht darauf an, ob überhaupt durch die Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung vom 29. September 2009 zugleich ein aus dem Anstellungsvertrag folgendes Wettbewerbsverbot aufgehoben und der Beklagte dadurch eine Gegenleistung für die Vereinbarung der Kundenschutzklausel erhielt. Zwar beschränkt eine Kundenschutzklausel letztlich nicht so umfassend die berufliche Betätigungsfreiheit des Arbeitnehmers wie ein unternehmensbezogenes Wettbewerbsverbot, das jegliche Konkurrenz in der Sparte des Arbeitgebers verbietet. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, entgegen der insoweit eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 74 HGB solche beruflichen Beschränkungen entschädigungslos zu vereinbaren.

5. Eine Untersagung der Tätigkeit des Beklagten für die B4-Gruppe folgt auch nicht aus dem im GmbH-Geschäftsführervertrag vereinbarten Wettbewerbsverbot. Dies beruht auf zwei Gründen. Zum einen ist der Geschäftsführervertrag zum 31. Dezember 2008 beendet worden, ein daraus gegebenenfalls bestehendes Wettbewerbsverbot endet, weil es nur für ein Jahr vereinbart war, mit dem Ablauf des 31. Dezember 2009. Danach kann eine Untersagung der Wettbewerbstätigkeiten nicht mehr erfolgen. Zum anderen ist das Wettbewerbsverbot aus dem GmbH-Geschäftsführervertrag nicht erst durch die Aufhebungs- und Kundenschutzvereinbarung vom 29. September 2009 aufgehoben worden, sondern bereits durch den Abschluss des Anstellungsvertrages vom 19. Januar 2009. Dies ergibt sich aus Satz 2 der Zusatzvereinbarung zum Anstellungsvertrag, wonach ab 1. Januar 2009 ausschließlich dessen Bedingungen für das Rechtsverhältnis der Parteien maßgeblich sind. Der Anstellungsvertrag hat den GmbH-Geschäftsführervertrag insgesamt einschließlich des darin geregelten Wettbewerbsverbots aufgehoben. Es ist unerheblich, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass einzelne Regelungen des nachfolgenden Vertrages bislang – möglicherweise – rechtlich wirksam geregelte Bereiche nicht ausgefüllt haben. Maßgeblich ist allein der Wille der Parteien, ihre vertraglichen Beziehungen ausschließlich auf die zuletzt vereinbarte Grundlage zu stellen.

6. Im vorliegenden Fall kam es daher nicht mehr darauf an, ob die Ausdehnung des Wettbewerbsverbots auf dem Bereich “Outsourcing” bereits wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Unwirksamkeit der Wettbewerbsvereinbarung insgesamt führt oder ob eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2, § 308, § 309 BGB nicht stattfindet, weil es sich bei einem Wettbewerbsverbot nicht um eine von Rechtsvorschriften abweichende bzw. diese ergänzende Regelung im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 handelt. Ebenso kann offen bleiben, ob durch die Ausschöpfung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist in Wettbewerbssachen der Verfügungsgrund entfällt (dagegen allgemein LAG Hamm, 16. November 2007, 14 SaGa 39/07, EzA-SD 2008, Nr. 4 11). Schließlich bedarf es keiner Klärung, ob sich der Beklagte tatsächlich wettbewerbswidrig verhalten hat.

7. Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Revision ist gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG nicht zulässig.

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